VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 5A_640/2010  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 5A_640/2010 vom 14.04.2011
 
Bundesgericht
 
Tribunal fédéral
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
5A_640/2010
 
Urteil vom 14. April 2011
 
II. zivilrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter L. Meyer, Bundesrichter Marazzi, Bundesrichter Herrmann,
 
Gerichtsschreiber Levante.
 
 
Verfahrensbeteiligte
 
X.________,
 
vertreten durch Fürsprecherin Annick
 
Emmenegger Brunner,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Z._______,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Adoptionsanfechtung,
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, Appellationshof, 2. Zivilkammer, vom 8. Juli 2010.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
A.a Am 14. März 1983 gebar Y.________ in Muri b. Bern die Tochter X.________. Ein Kindesverhältnis zum leiblichen Vater wurde nicht hergestellt; die Mutter gab dessen Identität nicht bekannt. Y.________ heiratete am xxxx 1985 Z.________. Mit Adoptionsentscheid der Justizdirektion des Kantons Bern vom 7. November 1988 wurde X.________ zur Adoptivtochter von Z.________ erklärt und ihr Vorname in "..." geändert.
 
A.b Im Jahre 1996 wurde die Ehe zwischen Y.________ und Z.________ geschieden. X.________ wurde unter die elterliche Sorge der Mutter gestellt. Mit der Scheidung brach der Kontakt des Kindes mit dem Adoptivvater ab. Im November 2007 gelang es X.________ Kontakt zu ihrem leiblichen Vater, V.________, libyscher Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Libyen, herzustellen. Seither stehen die beiden in regelmässigem Kontakt und besucht der leibliche Vater die Tochter alle zwei bis drei Monate.
 
A.c Am 14. August 2008 leitete X.________ beim Gerichtskreis VIII Bern-Laupen eine Klage gegen ihre Mutter und Z.________ auf Anfechtung ihrer Adoption ein und verlangte die Aufhebung des Adoptionsentscheides. Am 19. Januar 2009 genehmigte die Gerichtspräsidentin einen Vergleich, wonach "im Einverständnis aller Parteien das Kindesverhältnis zwischen X.________ und Z.________ rückwirkend aufgehoben wird", und schrieb das Verfahren als erledigt ab. Diesen Genehmigungs- und Abschreibungsbeschluss hob das Obergericht des Kantons Bern, Appellationshof, 1. Zivilkammer, von Amtes wegen auf. Das Verfahren wurde zur weiteren Behandlung an das Gerichtspräsidium zurückgewiesen. Die Parteien verzichteten in der Folge auf eine erneute Aussöhnung, worauf das Verfahren abgeschrieben wurde.
 
A.d Mit Anfechtungsklage gemäss Art. 269a ZGB vom 10. November 2009 gelangte X.________ an das Obergericht und beantragte, der Adoptionsentscheid vom 7. November 1988 und das Kindesverhältnis zwischen ihr und Z.________ seien rückwirkend aufzuheben.
 
B.
 
Mit Urteil vom 8. Juli 2010 wies das Obergericht die Klage ab mit der Begründung, dass die Mutter nicht passivlegitimiert sei und im Weiteren keine Anfechtungsgründe vorlägen.
 
C.
 
Mit Eingabe vom 13. September 2010 führt X.________ Beschwerde in Zivilsachen. Die Beschwerdeführerin beantragt dem Bundesgericht, das Urteil des Obergerichts vom 8. Juli 2010 sowie den Adoptionsentscheid vom 7. November 1988 und das Kindesverhältnis zwischen ihr und Z.________ seien rückwirkend aufzuheben. Eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
 
Z.________ als Beschwerdegegner sowie das Obergericht haben sich nicht vernehmen lassen.
 
Erwägungen:
 
1.
 
1.1 Angefochten ist ein Entscheid über die (erfolglose) Anfechtung der Adoption. Das Verfahren bezweckt die Regelung zivilrechtlicher Verhältnisse und stellt eine Zivilsache gemäss Art. 72 Abs. 1 BGG dar. Die Beschwerdeführerin hat ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheides (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung, da der angefochtene Entscheid vor der Gesetzesänderung ergangen ist; vgl. Art. 132 Abs. 1 BGG). Die Beschwerde gegen den letztinstanzlichen kantonalen und verfahrensabschliessenden Entscheid (Art. 75 Abs. 1, Art. 90 BGG) in einer nicht vermögensrechtlichen Angelegenheit ist grundsätzlich zulässig. Daran ändert nichts, dass das Obergericht (gemäss Art. 7 Abs. 4 ZPO/BE) nicht als Rechtsmittelinstanz entschieden hat, zumal die Übergangsfrist im Zeitpunkt der Entscheidfällung noch nicht abgelaufen war (Art. 75 Abs. 2, Art. 130 Abs. 2 BGG).
 
1.2 Mit vorliegender Beschwerde kann die Verletzung von u.a. Bundes- und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und b BGG). In der Beschwerdeschrift ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten ist in der Beschwerdeschrift vorzubringen und zu begründen (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 III 589 E. 2 S. 591, Rügeprinzip).
 
1.3 Mit Eingabe vom 15. Februar 2011 teilt die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht mit, dass ihre Mutter und ihr leiblicher Vater am 29. Oktober 2010 geheiratet haben. Nach Ablauf der Beschwerdefrist (Art. 100 Abs. 1 BGG) kann die Beschwerdeschrift nicht ergänzt werden. Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Berücksichtigung dieses Sachvorbringens ist unzulässig und widerspricht zudem dem Novenverbot (Art. 99 BGG).
 
2.
 
Das Obergericht hat zunächst erwogen, die Klage auf Anfechtung der vorliegenden Stiefkindadoption richte sich gegen den Adoptivvater und nicht auch gegen die Mutter, weshalb diese nicht passivlegitimiert sei. Die Klage der Beschwerdeführerin werde trotz Ablauf der Klagefrist zugelassen, weil die Verspätung aus wichtigen Gründen entschuldigt sei. In der Sache hat das Obergericht festgehalten, dass die Anfechtung der Adoption nach Art. 269 ZGB ("Fehlen der Zustimmung") vorliegend nicht in Frage komme. Die Anfechtung nach Art. 269a ZGB sei nur möglich, wenn ein anderer "schwerwiegender Mangel" vorliege. Mit dem Argument der Beschwerdeführerin, wonach die Stiefkindadoption heute nicht mehr dem Kindeswohl entspreche, könne die Adoption nicht angefochten werden. Bei den in Art. 269a ZGB genannten Mängeln handle es sich um solche, die im Zeitpunkt der Adoption bereits vorlagen. Solche Mängel seien nicht ersichtlich. Die Adoption könne ebenso wenig wie das durch Geburt entstandene Kindesverhältnis wegen der späteren Entwicklung oder Lebenslage rückgängig gemacht werden. Nichts anderes lasse sich aus dem Recht des Adoptivkindes auf Auskunft über die Personalien der leiblichen Eltern (Art. 268c ZGB) ableiten.
 
Die Beschwerdeführerin hält demgegenüber fest, dass bereits bei den Gesetzgebungsarbeiten die gerichtliche Aufhebung der Adoption nach der Mündigkeit des Kindes für den Fall, dass die Weiterführung der Adoption den Parteien nicht mehr zugemutet werden könne, diskutiert wurde. Sie macht geltend, in Art. 13 BV und Art. 8 Abs. 1 EMRK sei das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung verankert. Daraus leite sich auch ihr Recht ab, dass die Adoption aufgehoben wird, um zu ihrem leiblichen Vater eine rechtliche Beziehung herzustellen. Da sie volljährig sei, der leibliche Vater sie als Tochter anerkennen wolle und der Adoptivvater mit der Aufhebung der Adoption einverstanden sei, habe das Obergericht die Anfechtungsklage zu Unrecht abgewiesen.
 
3.
 
Anlass zur vorliegenden Beschwerde gibt die Anfechtung einer Stiefkindadoption. Die Beschwerdeführerin beruft sich auf ihr Interesse an der Herbeiführung eines Kindesverhältnisses zu ihrem leiblichen Vater und wirft dem Obergericht im Wesentlichen vor, es habe Bundesrecht bzw. die EMRK verletzt, wenn es die Anfechtungsklage abgewiesen und die rückwirkende Aufhebung der Adoption verweigert habe.
 
3.1 Die Beschwerdeführerin wurde mit Entscheid der Justizdirektion des Kantons Bern vom 7. November 1988 vom Beschwerdegegner nach Art. 264 ff. ZGB adoptiert. Diese Adoption ist - wie jede Adoption - unauflöslich. Sie kann nicht von den Adoptiveltern oder dem Adoptierten widerrufen, sondern nur durch Anfechtung oder neue (bzw. Anerkennung einer ausländischen) Adoption aufgehoben werden (HEGNAUER, Grundriss des Kindesrechts, 5. Aufl. 1999, Rz. 12.05; MEIER/STETTLER, Droit de la filiation, 4. Aufl. 2009, Rz. 259, 339 und Fn. 680; SCHOENENBERGER, in: Commentaire romand, Code civil I, 2010, N. 2 zu Art. 269 ZGB; BREITSCHMID, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, 4. Aufl. 2010, N. 1 und 2 zu Art. 269 ZGB). Umstritten ist vorliegend die Anfechtung der Adoption.
 
3.2 Die Anfechtung einer in der Schweiz ausgesprochenen Adoption untersteht schweizerischem Recht (Art. 77 Abs. 3 IPRG). Die Vorinstanz hat dem Auslandbezug (ausländische Staatsangehörigkeit des Adoptivvaters im Zeitpunkt der Adoption) zu Recht keine Bedeutung zugemessen und die Anfechtung der Adoption nach Art. 269 ff. ZGB beurteilt. Die Beschwerdeführerin stellt nicht in Frage, dass die Vorinstanz (mit Hinw. auf BREITSCHMID, a.a.O., N. 5 zu Art. 269 ZGB) in Analogie zu Art. 260a Abs. 3 ZGB geschlossen hat, die Klage des Kindes auf Anfechtung der vorliegenden Stiefkindadoption richte sich einzig gegen den Adoptivvater, und der Mutter komme keine Passivlegimation zu. Unstrittig ist die Auffassung des Obergerichts, dass die Klage trotz Ablauf der Frist nach Art. 269b ZGB zugelassen werden kann, wenn die Verspätung mit wichtigen Gründen entschuldigt wird (vgl. BGE 112 II 296 E. 4 S. 298 f.), und dass hier die Voraussetzungen für die Wiederherstellung erfüllt sind. Weiter hält die Beschwerdeführerin zu Recht fest, dass die Erklärung des leiblichen Vaters vom 9. Juni 2009, mit welcher er gegenüber dem Zivilstandsamt Kreis Bern die Beschwerdeführerin als Kind "anerkannt" hat, keine Wirksamkeit entfalten kann, da ein Kindesverhältnis zum Beschwerdegegner besteht (HEGNAUER, Grundriss, a.a.O., Rz. 7.02, 12.05).
 
3.3 Die rechtskräftige Adoption kann angefochten werden, wenn sie gesetzwidrig zustande gekommen ist, wobei für die Anfechtung einzig die Gründe nach Art. 269 und Art. 269a ZGB in Frage kommen. Eine Gutheissung der Klage hebt die Adoption rückwirkend (ex tunc) auf (HEGNAUER, Grundriss, a.a.O., Rz. 13.13, 13.17; MEIER/STETTLER, a.a.O., Rz. 339, 351).
 
3.3.1 Nach Art. 269 Abs. 1 ZGB bildet (unter Vorbehalt des Kindeswohls) das Fehlen der gesetzlich erforderlichen Zustimmung zur Adoption einen Anfechtungsgrund. Das Zustimmungsrecht muss im Zeitpunkt der Adoption bestanden haben. Kein Zustimmungsrecht hat ein leiblicher Vater, wenn - wie hier - das Kindesverhältnis zu ihm damals nicht bestanden hat (HEGNAUER, Berner Kommentar, 1984, N. 23 zu Art. 269 ZGB). Er ist allerdings über die Adoption zu informieren, damit er durch Anerkennung sein Zustimmungsrecht erwerben kann (BGE 113 Ia 271 E. 6 f. S. 275 ff.; MEIER/STETTLER, a.a.O., Rz. 288 und Fn. 536). Ob der leibliche Vater der Beschwerdeführerin diese Möglichkeit hatte, lässt sich dem angefochtenen Urteil nicht entnehmen. Die Anfechtung nach Art. 269 ZGB ist nicht weiter zu erörtern, weil der Zustimmungsberechtigte aktivlegitimiert ist, währenddem hier die Klage des Adoptivkindes zur Beurteilung steht. Dass ein Zustimmungsrecht (sei es des leiblichen Vaters oder der Beschwerdeführerin; vgl. Art. 265a Abs. 1, Art. 265 Abs. 2 ZGB) übergangen worden sei, wird im Übrigen nicht behauptet.
 
3.3.2 Abgesehen vom Fehlen der Zustimmung (Art. 269 ZGB) kann die Adoption nur angefochten werden, wenn sie an einem schwerwiegenden Mangel leidet (Art. 269a Abs. 1 ZGB). Die Beschwerdeführerin (als Adoptivkind) verfügt ohne weiteres über das Interesse, welches zur Erhebung der Anfechtungsklage nach Art. 269a ZGB notwendig ist. "Schwerwiegende Mängel" sind beispielsweise wesentliche Unterschreitung des Mindestaltersunterschiedes, Fehlen eines echten Pflegeverhältnisses, erbrechtliche Zurücksetzung anderer Personen oder Bürgerrechtserwerb als Hauptzweck, überdies Grundlagenirrtum (HEGNAUER, Grundriss, a.a.O., Rz. 13.15; MEIER/STETTLER, a.a.O., Rz. 345). Die Beschwerdeführerin ficht die Adoption mit der Begründung an, dass sie volljährig sei und der leibliche Vater sie als Tochter anerkennen wolle, so dass kein Grund bestehe, um die Aufhebung der Adoption zu verweigern, zumal auch der Adoptivvater damit einverstanden sei. Mit diesen Vorbringen behauptet die Beschwerdeführerin nicht, dass die Adoption gesetzwidrig zustande gekommen ist. Andere Gründe, auch erst nach der Adoption eingetretene, sind jedoch ausgeschlossen (HEGNAUER, Grundriss, a.a.O., Rz. 13.13). Wie das Obergericht richtig festgehalten hat, legt die Beschwerdeführerin mit ihrem Anliegen nicht dar, dass die Adoption an einem schwerwiegenden Mangel im Sinne des Gesetzes leidet. Die Abweisung der Anfechtungsklage nach Art. 269a ZGB ist nicht zu beanstanden.
 
3.3.3 An diesem Ergebnis vermag der Hinweis der Beschwerdeführerin auf die Entstehungsgeschichte des Gesetzes nichts zu ändern. Es trifft zu, dass eine Minderheit in der parlamentarischen Kommission nach der Mündigkeit des Kindes die gerichtliche Aufhebung der Adoption gestatten wollte, wenn die Weiterführung der Adoption den Parteien nicht mehr zugemutet werden könne (Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Änderung des Zivilgesetzbuches [Adoption und Art. 321 ZGB] vom 12. Mai 1971, BBl 1971 I 1200 Ziff. 3.5.4, S. 1241). Mit der Ausgestaltung der Adoption als Volladoption wurde der Eingang dieser Möglichkeit in das Gesetz jedoch als unvereinbar betrachtet. Die Unaufhebbarkeit der Adoption entspricht dem Sinn und Zweck der Volladoption: Sie bringt im Verhältnis zu den Adoptiveltern die vorbehaltlose, endgültige Bejahung des Kindes sowie die Gleichstellung zum natürlichen Kindesverhältnis zum Ausdruck (HEGNAUER, Berner Kommentar, a.a.O, N. 3 zu Art. 269 ZGB; MEIER/STETTLER, a.a.O, Rz. 259, 339). Das Obergericht hat im Bundesrecht zu Recht keine Möglichkeit erblickt, um die Aufhebung der Adoption durch die nachträgliche Veränderung der Lebensumstände zu gestatten.
 
3.4 Die Beschwerdeführerin macht schliesslich geltend, die Verweigerung der Aufhebung der Stiefkindadoption stelle eine Verletzung ihrer persönlichen Freiheit gemäss Art. 13 BV bzw. Art. 8 EMRK dar. Aus ihrem Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung fliesse der Anspruch, zu ihrem leiblichen Vater in eine rechtliche Beziehung zu treten.
 
3.4.1 Das Recht auf Achtung des Privatlebens gemäss Art. 8 EMRK umfasst wichtige Aspekte der persönlichen Identität; zu diesen gehört - unabhängig des Alters - die Kenntnis der eigenen Abstammung. Es ist anerkannt, dass der Anspruch auf Erforschung der eigenen Herkunft zum von Art. 28 ZGB gewährleisteten Schutz der Identität gehört (BGE 134 III 241 E. 5.2.1 S. 243, E. 5.3.1 S. 245, mit Hinw.). Dass ein volljähriges eheliches Kind Anspruch auf Kenntnis der eigenen Abstammung hat und mit einer Klage eigener Art durchsetzen kann (BGE 134 III 241 E. 5.3.2 S. 245), ändert jedoch nichts daran, dass die Vaterschaftsanfechtungsklage an Fristen gebunden ist (Art. 256c Abs. 3 ZGB). Diese Begrenzung der Statusklage ist grundsätzlich EMRK-konform (Urteil 5A_506/2007 vom 28. Februar 2008 E. 4.4, nicht publiziert in BGE 134 III 241, mit Hinw.). Auch ein volljähriges Adoptivkind hat das Recht, Auskunft über die Personalien der leiblichen Eltern zu verlangen (Art. 268c ZGB), ohne die Herstellung einer Statusbeziehung beanspruchen zu können. Das Gleiche gilt für das durch eine Samenspende gezeugte Kind (Art. 23 Abs. 1, Art. 27 des Bundesgesetzes über die medizinisch unterstützte Fortpflanzung; SR 810.11, FMedG). Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin enthält das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung nicht zwingend das Recht, die biologische Verbindung in ein Rechtsverhältnis umzuwandeln (LEUBA/MEIER/SANDOZ, Quelle famille pour le XXIème siècle?, in: Rapports suisses présentés au XVIème Congrès international de droit comparé, Bd. I, Zürich 2002, S. 168; vgl. LEUKERT, Die praktischen Konsequenzen des Rechts auf Kenntnis der eigenen Abstammung [...], AJP 2009 S. 592).
 
3.4.2 Weiter macht die Beschwerdeführerin sinngemäss geltend, die Verweigerung der Aufhebung der - unbestrittenermassen gesetzmässig, im Kindeswohl erfolgten - Adoption nach Erreichen der Volljährigkeit sei mit ihrem Anspruch auf Achtung des Familienlebens nach Art. 8 EMRK nicht vereinbar. Die Beschwerdeführerin übergeht, dass die Adoption eines Kindes grundsätzlich zu einem Ende des Familienlebens mit den leiblichen Eltern führt (GRABENWARTER, Europäische Menschenrechtskonvention, 4. Aufl. 2009, § 22 Rz. 17, mit Hinw.). Sodann geniessen die Beziehungen zwischen erwachsenen Kindern und ihren Eltern nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) nicht den Schutz von Art. 8 EMRK, sofern nicht ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis besteht, welches über die normalen affektiven Bindungen hinausgeht (EGMR-Urteil Nr. 39051/03 vom 13. Dezember 2007 i.S. Emonet gegen Schweiz, § 35). Vorliegend bestehen keine Anhaltspunkte, dass die Beziehungen zwischen der erwachsenen Beschwerdeführerin und ihrem leiblichen Vater vom Begriff der "Familie" im Sinne von Art. 8 EMRK erfasst werden.
 
3.4.3 Selbst wenn die Beziehung der Beschwerdeführerin zu ihrem leiblichen Vater als "Familie" von Art. 8 EMRK erfasst wäre, könnte die Verweigerung der rückwirkenden Aufhebung der Adoption nicht als unzulässige Einschränkung betrachtet werden. In den meisten Rechtsordnungen der westeuropäischen Staaten ist die Unauflöslichkeit der Volladoption vorgesehen; sie wird im Grundsatz mit den gleichen Überlegungen (vgl. E. 3.3.3) wie in der Schweiz gerechtfertigt (LAMMERANT, L'adoption et les droits de l'homme en droit comparé, Brüssel 2001, Rz. 709, 727 ff.). Auch das Europarat-Übereinkommen über die Adoption von Kindern vom 24. April 1967 (SR 0.211.221.310) verpflichtet die Mitgliedstaaten in keiner Weise, die Aufhebung der Adoption zu ermöglichen (Rapport explicatif, Convention européenne en matière d'adoption, STE Nr. 58 [www.conventions.coe.int], Ziff. 50), ebenso wenig das revidierte Übereinkommen vom 27. November 2008 (Rapport explicatif, Convention européenne en matière d'adoption [révisée], STCE Nr. 202 [www.conventions.coe.int], Ziff. 73). In der Lehre wird unter EMRK-Aspekten jedoch mit guten Gründen gefordert, dass die Unauflöslichkeit der Volladoption die Möglichkeit einer neuen Adoption nicht ausschliessen darf (LAMMERANT, a.a.O., Rz. 742 und 743). Dies trifft für das ZGB zu, welches die Aufhebung der Adoption durch eine neue Adoption erlaubt (E. 3.1). Dieses Recht auf Adoption ist nach der Rechtsprechung des EGMR diskriminierungsfrei bzw. ohne unsachliche Unterscheidungen zu gewähren (EGMR-Urteil Nr. 43546/02 vom 22. Januar 2008 i.S. E.B. gegen Frankreich, §§ 41 ff., 49). Ein Adoptionsverfahren ist jedoch nicht Gegenstand der Beurteilung, so dass sich Erörterungen über das Recht der Beschwerdeführerin, durch Adoption mit ihrem leiblichen Vater ein Kindesverhältnis herzustellen, erübrigen.
 
3.5 Nach dem Dargelegten ist nicht zu beanstanden, wenn das Obergericht zum Ergebnis gelangt ist, dass der Adoptionsentscheid vom 7. November 1988 an keinem Grund zur Anfechtung nach Art. 269 f. ZGB leidet. Die Vorinstanz hat zutreffend festgehalten, dass die Beschwerdeführerin kein Recht zur Aufhebung der Adoption hat. Die Rügen der Beschwerdeführerin sind unbegründet.
 
4.
 
Der Beschwerde in Zivilsachen ist kein Erfolg beschieden. Bei diesem Verfahrensausgang wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde in Zivilsachen wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, Appellationshof, 2. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 14. April 2011
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Die Präsidentin: Hohl
 
Der Gerichtsschreiber: Levante
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).