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Informationen zum Dokument  BGer 6B_299/2007  Materielle Begründung
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BGer 6B_299/2007 vom 11.10.2007
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
6B_299/2007 /rom
 
Urteil vom 11. Oktober 2007
 
Strafrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Schneider, Präsident,
 
Bundesrichter Wiprächtiger, Zünd,
 
Gerichtsschreiber Briw.
 
Parteien
 
X.________,
 
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Eduard M. Barcikowski,
 
gegen
 
A.________ Versicherung
 
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Heinz Klarer,
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Postfach, 8090 Zürich.
 
Gegenstand
 
Betrug,
 
Beschwerde in Strafsachen gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 10. April 2007.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Am 4. August 1990 prallte ein Reisecar in das Heck eines Personenwagens, auf dessen Rücksitz X.________ sass. Ihr warf die Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich mit Anklageschrift vom 7. Oktober 2005 vor, sie habe einen Betrug begangen, indem sie nach dem Verkehrsunfall in zahlreichen medizinischen Untersuchungen (seit dem 22. Juli 1991 bis zum 15. Dez. 1995) ein Schleudertrauma simuliert habe. Infolge dieser Täuschung habe die Motorfahrzeughaftpflichtversicherung des Unfallverursachers (Art. 58 Abs. 1 SVG) Leistungen von 1,4 Mio. Franken erbracht.
 
X.________ bestritt diese Vorwürfe.
 
B.
 
Das Bezirksgericht Zürich fand sie am 30. März 2006 des Betrugs im Sinne von Art. 146 Abs. 1 StGB schuldig und bestrafte sie mit 18 Monaten Gefängnis bedingt mit einer Probezeit von 2 Jahren. Es verpflichtete sie zu Schadenersatzzahlungen von Fr. 1'394'012,95 an die Haftpflichtversicherungsgesellschaft.
 
Das Obergericht des Kantons Zürich bestätigte im Berufungsverfahren am 10. April 2007 den Schuldspruch wegen Betrugs und bestrafte sie mit 2 Jahren Freiheitsstrafe. Es schob den Vollzug der Freiheitsstrafe mit einer Probezeit von 2 Jahren auf und bestätigte die Verurteilung zu Schadenersatz.
 
C.
 
X.________ erhebt "Berufung" beim Bundesgericht und beantragt, das Urteil des Obergerichts aufzuheben, die Sache im Sinne der Erwägungen zurückzuweisen oder sie freizusprechen, die Kosten- und Entschädigungsdispositive entsprechend dem Verfahrensausgang anzupassen und die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Die Nichtigkeitsbeschwerde an das Kassationsgericht des Kantons Zürich ist gegen Urteile und Erledigungsbeschlüsse des Obergerichts als erster Instanz zulässig (§ 428 des Gesetzes betreffend des Strafprozess des Kantons Zürich; StPO/ZH) und somit beim angefochtenen Urteil ausgeschlossen. Dieses ist letztinstanzlich (Art. 80 Abs. 1 BGG). Wie in der vorinstanzlichen Rechtsmittelbelehrung angegeben, ist die Beschwerde in Strafsachen das zulässige Bundesrechtsmittel (Art. 78 ff. BGG). Die unzutreffende Bezeichnung des Rechtsmittels schadet nicht. Die Beschwerdelegitimation ist gegeben (Art. 81 Abs. 1 lit. a und b Ziff.1 BGG).
 
2.
 
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG).
 
Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es prüft aber die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem Recht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Diese Anforderungen entsprechen denjenigen des früheren Bundesrechtspflegegesetzes (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG), so dass nur klar und detailliert erhobene und belegte Rügen geprüft und auf rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid nicht eingetreten wird (zur Veröffentlichung bestimmter BGE 1C_3/2007 vom 20. Juni 2007, E. 1.4.2; Urteil 6B_78/2007 vom 4. Juni 2007, E. 1.2 mit Verweisung auf BGE 130 I 258 E. 1.3; ferner BGE 129 I 113 E. 2.1; 127 I 38 E. 3c).
 
"Offensichtlich unrichtig" im Sinne von Art. 97 BGG bedeutet "willkürlich" (vgl. Botschaft zur Totalrevision der Bundesrechtspflege vom 28. Februar 2001, BBl 2001 4338; BGE 1C_3/2007, a.a.O., E. 1.2.2; Urteil 6B_48/2007 vom 12. Mai 2007, E. 1; Urteil 6B_78/2007, a.a.O.). Insbesondere im Rahmen der Anfechtung wegen Verletzung von Art. 9 BV bleibt die bisherige Rechtsprechung zum Willkürbegriff massgebend. Willkür liegt vor, wenn der angefochtene kantonale Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist. Dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 131 I 467 E. 3.1; 132 I 13 E. 5.1, 175 E. 1.2).
 
3.
 
Die Beschwerdeführerin hatte beantragt, es seien von der Versicherungsgesellschaft alle internen medizinischen Akten, welche sich zur Simulation äusserten, beizuziehen. Die Vorinstanz lehnt diesen Beweisantrag ab, weil einerseits davon ausgegangen werden könne, dass die Versicherung über keine wesentlichen internen Akten medizinischer Art verfüge, die sie den Untersuchungsbehörden nicht zur Verfügung gestellt hätte, und andererseits diese Akten nicht entlastend wirken würden, weil sie nur bestätigen könnten, dass die Versicherung den damals vorhandenen medizinischen Beurteilungen geglaubt und Leistungen erbracht hatte (angefochtenes Urteil S. 9).
 
Die Beschwerdeführerin wendet zwar zutreffend ein, es stehe nicht fest, dass kein weiteres Gutachten existiere. Für eine gegenteilige Annahme fehlen aber tragfähige Hinweise. So anerkennt sie jetzt ebenfalls, dass das angebliche Gutachten von Prof. B.________, das ein Zeuge genannt hatte, nicht existiert. Es fällt auf, dass sich offenbar in keinem der zahlreichen erstellten Gutachten und Berichte ein Hinweis auf ein weiteres Gutachten findet. Die Vorinstanz weist zu Recht darauf hin, dass die Versicherung Leistungen erbracht hat und mithin beim damaligen medizinischen Kenntnisstand nicht von einer Simulation ausgegangen ist. Das bedarf keiner weiteren Beweisführung. Ebenso lässt sich annehmen, dass die Versicherung aufgrund ihres Prozessinteresses Unterlagen, die ihren Standpunkt einer Simulation stützen, eingereicht hätte, wenn sie existieren würden. Der Vorwurf, mit der "Unterdrückung der Unterlagen" sei der Fundus der medizinischen Ausgangsdaten für die Begutachtung manipuliert worden, gründet auf spekulativen Annahmen. Die Abweisung dieses nicht beweiserheblichen Beweisbegehrens erscheint nicht willkürlich (vgl. BGE 124 I 208 E. 4a; 120 Ib 379 E. 3b; 119 Ib 492 E. 5b/bb).
 
4.
 
Die Beschwerdeführerin bringt vor, im Untersuchungsverfahren seien Zeugeneinvernahmen willentlich verzögert worden, damit sich die Zeugen, welche sich bereits weitestgehend in Berichten und einer polizeilichen Einvernahme festgelegt hätten, in einer späteren Befragung an möglichst wenig erinnern würden, so dass die Gefahr von Widersprüchen habe verringert werden können, um leichter eine Verurteilung erreichen zu können (Beschwerde S. 8). Die Untersuchungsbehörden hätten bewusst in dieser Weise die Verteidigungsmöglichkeiten, insbesondere das konventionsrechtlich geschützte (und in casu gewährte) Fragerecht sowie die so genannte Waffengleicheit (vgl. BGE 131 I 476 E. 2.2), ihres Inhaltes entleert.
 
Dieser Vorwurf, der einzig auf den Zeitablauf gestützt wird, ist nicht nachvollziehbar. Wie bereits das Bezirksgericht stellt die Vorinstanz eine (eher leichte) Verletzung des Beschleunigungsgebots fest, findet aber keine Anhaltspunkte für eine bewusste Untersuchungsstrategie zum Nachteil der Beschwerdeführerin. Die der Staatsanwaltschaft von der Beschwerdeführerin unterstellte Motivation erscheint in keiner Weise plausibel. Weil keine Anhaltspunkte für eine unzulässige Untersuchungsmethode ersichtlich sind, geht die Vorinstanz mit Recht von der Verwertbarkeit auch der untersuchungsrichterlichen Zeugeneinvernahmen aus (angefochtenes Urteil S. 16 ff., 21).
 
Die Beschwerdeführerin verzichtet auf die Geltendmachung einer willkürlichen Würdigung der Aussagen von Zeugen und Auskunftspersonen (dazu angefochtenes Urteil S. 26 ff.), behauptet aber eine unfaire Verfahrenssituation (Beschwerde S. 17 f.). Wie erwähnt, hat die Vorinstanz eine Verletzung des Beschleunigungsgebots und insoweit eine Verletzung des fairen Verfahrens im Sinne von Art. 29 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK anerkannt und mit einer sechsmonatigen Herabsetzung der Freiheitsstrafe berücksichtigt. Sie hat somit der Verfahrensdauer Rechnung getragen.
 
5.
 
Die Beschwerdeführerin wirft Prof. Dr. med. C.________, dem Verfasser des Zweitgutachtens vom 18. Oktober 2004, Befangenheit vor und macht damit eine Unverwertbarkeit seines Gutachtens geltend. Soweit ersichtlich, geht sie dabei von einer zutreffenden Auslegung des kantonalen Rechts (unten E. 5.1.2) durch die Vorinstanz aus und macht insbesondere auch nicht geltend, dass dieses weiter gehen würde als die als verletzt gerügten Garantien von Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 29 Abs. 1 BV.
 
5.1 Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte prüft Rügen, die sich auf Sachverständigenbeweise beziehen, gestützt auf Art. 6 Ziff. 1 EMRK und berücksichtigt dabei auch die Garantien von Art. 6 Ziff. 3 EMRK (BGE 127 I 73 E. 3f S. 80; 125 II 541 E. 4a). Verfassungsrechtlich ist eine Befangenheit des gerichtlichen Experten grundsätzlich nach Massgabe der allgemeinen Verfahrensgarantien von Art. 29 Abs. 1 BV zu beurteilen. Es ist nicht restlos geklärt, inwieweit auch die Kriterien von Art. 30 Abs. 1 BV heranzuziehen sind, die in strenger Weise den Anspruch auf ein unabhängiges und unparteiisches Gericht gewährleisten.
 
5.1.1 Gerichtliche Expertisen können entscheidenden Einfluss auf den Ausgang eines gerichtlichen Verfahrens haben. Der Experte teilt dem Gericht aufgrund seiner Sachkunde entweder Erfahrungs- oder Wissenssätze seiner Disziplin mit, erforscht für das Gericht erhebliche Tatsachen oder zieht sachliche Schlussfolgerungen aus bereits bestehenden Tatsachen. Er ist Entscheidungsgehilfe des Gerichts, dessen Wissen er durch besondere Kenntnisse aus seinem Sachgebiet ergänzt (BGE 118 Ia 144 E. 1c). Der Anlass, einen Sachverständigen zubestellen, ist die Erkenntnis mangelnden eigenen Wissens beim Gericht (Hans-Heiner Kühne, Strafprozessrecht, 7. Auflage, Heidelberg 2007, S. 492). Weil sich Gerichte in gewissem Umfang auf die gutachterlichen Äusserungen verlassen können müssen, ist es besonders wichtig, dass die Angaben und Einschätzungen von einem möglichst unabhängigen und nicht vorbefassten Experten stammen (Andreas Donatsch/Claudine Cavegn, Entwicklungen im Strafprozessrecht, SJZ 103/2007 S. 410). Die Beweiswürdigung und die Beantwortung der sich stellenden Rechtsfragen muss aber in jedem Fall Sache des Gerichts bleiben. Gerichtlichen Gutachten kommt jedoch hohe Bedeutung zu (BGE 118 Ia 144 E. 1c). Dies um so mehr, als das Gericht nicht ohne triftige Gründe von einem Gerichtsgutachten abweichen darf (BGE 130 I 337 E. 5.4.2; 128 I 81 E. 2 S. 86). Daher ist es naheliegend, im Strafverfahren an den gerichtlichen Gutachter jedenfalls hinsichtlich seiner Unparteilichkeit die gleichen Anforderungen zu stellen, wie sie Art. 30 Abs. 1 BV für Gerichtspersonen normiert. So liesse sich auch die auf Art. 4 aBV zurückgehende und Kriterien von Art. 58 aBV beiziehende bundesgerichtliche Rechtsprechung verstehen, wonach niemand als Sachverständiger beigezogen werden darf, der als Richter abgelehnt werden könnte (BGE 127 I 73 E. 3f/bb S. 81 f. mit Hinweisen). Die spezifische Rechtsprechung zu Art. 30 Abs. 1 BV darf indessen nicht unbesehen auf nicht richterliche Personen und Behörden bzw. auf die Garantien von Art. 29 Abs. 1 BV übertragen werden (Urteil 1B_22/2007 vom 29. Mai 2007, E. 3.3; Urteil 1P.787/2005 vom 6. Juni 2006, E. 3.1.1 und 3.1.2; Urteil 1P.294/2002 vom 9. August 2002, E. 3). So beurteilt sich auch die Unabhängigkeit des Untersuchungsrichters, der eine Strafuntersuchungs- und Anklagefunktion wahrnimmt, nicht nach Art. 30 Abs. 1 BV, sondern nach Art. 29 Abs. 1 BV, wobei dieser Bestimmung hinsichtlich der Unparteilichkeit im Sinne der Unabhängigkeit und Unbefangenheit allerdings ein mit Art. 30 Abs. 1 BV weitgehend übereinstimmender Gehalt zukommt. Amtet der Untersuchungsrichter aber in richterlicher Funktion, ist Art. 30 Abs. 1 BV anwendbar (BGE 127 I 196 E. 2b). Entscheidend ist die Fragestellung im Einzelfall (vgl. BGE 125 I 119 E. 3 S. 122 ff. zum früheren Recht). Immerhin kann auch nach dieser einschränkenden Praxis des Bundesgerichts der Unbefangenheit und Objektivität eines forensischen Gutachters (unter gewissen Gesichtspunkten) eine ähnliche Bedeutung zukommen wie der richterlichen Unabhängigkeit und Unparteilichkeit (Urteil 1B_22/2007, a.a.O.). Demnach ist klar zu stellen: Art. 30 Abs. 1 BV betrifft das "Gericht" und dient insbesondere der Konkretisierung und grundrechtlichen Absicherung der "richterlichen Unabhängigkeit" im Sinne von Art. 191c BV (Giovanni Biaggini, Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Zürich 2007, Art. 30 N 2 und Art. 191c N 1). Der Experte ist nicht Richter. Die Anforderungen an seine Unbefangenheit ergeben sich daher aus dem Anspruch auf ein faires Verfahren gemäss Art. 29 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK.
 
5.1.2 Auch nach dem Zürcher Recht ist auf strengste Unparteilichkeit und Unabhängigkeit zu achten, wobei - grundsätzlich - die gleichen Ausschluss- und Ablehungsgründe wie bei den Richtern gelten (Niklaus Schmid, Strafprozessrecht, 4. Auflage, Zürich 2004, S. 232). Denn gemäss § 111 StPO/ZH darf niemand als Sachverständiger zugezogen werden, der als Richter abgelehnt werden könnte. Damit wird auf die entsprechenden Ausschluss- bzw. Ablehnungsgründe gemäss §§ 95 und 96 des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 13. Juni 1976 (GVG/ZH) verwiesen. Gemäss § 96 Ziff. 3 und 4 GVG/ZH kann ein Sachverständiger abgelehnt werden, wenn zwischen ihm und einer Partei "Feindschaft" besteht oder "andere Umstände vorliegen, die ihn als befangen erscheinen lassen". Liegen solche Gründe vor, kann das Gutachten nicht verwertet werden. Entscheidend ist nicht das subjektive Empfinden des Betroffenen, sondern ein in objektiver Weise nachvollziehbares Misstrauen gegenüber der jeweiligen Person. Der Verdacht der Befangenheit muss als objektiv begründet erscheinen. Ein Sachverständiger kann insbesondere durch den Inhalt bzw. die Art seiner Äusserung den Anschein der Befangenheit erwecken (angefochtenes Urteil S. 56 f. mit Hinweisen auf Andreas Donatsch/Niklaus Schmid, Kommentar zur Strafprozessordnung des Kantons Zürich, Lieferung Dez. 1997, § 111 NN 16 und 17).
 
5.1.3 Diese Rechtsauffassung entspricht der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, auf die sie sich auch stützt. Befangenheit ist anzunehmen, wenn Umstände vorliegen, die geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit eines Richters bzw. eines Sachverständigen zu erwecken. Es braucht nicht nachgewiesen zu werden, dass dieser tatsächlich befangen ist. Es genügt vielmehr, wenn Umstände vorliegen, die den Anschein der Befangenheit und die Gefahr der Voreingenommenheit objektiv zu begründen vermögen (BGE 125 II 541 E. 4a; 125 I 119 E. 3a; ferner BGE 127 I 196 E. 2b).
 
5.2 Die Beschwerdeführerin bestreitet die fachliche Qualifikation des Gutachters vor Bundesgericht nicht. Im kantonalen Verfahren hatte dieser den Eindruck, sie werde angezweifelt (Stellungnahme zur Eingabe des Verteidigers vom 21. Juni 2005, S. 1, sowie Zeugeneinvernahme vom 24. August 2005, S. 2). Die Beschwerdeführerin stützt den Vorwurf der Befangenheit indessen hauptsächlich auf zwei Äusserungen des Gutachters bei der Beantwortung von Zusatzfragen des Verteidigers im Gutachten (Stichwort: "de facto") und bei der Zeugeneinvernahme am 24. August 2005 (Videosequenz).
 
5.2.1 Selbst wenn ein Prozessbeteiligter scharfe Kritik an der Gutachtertätigkeit oder an der Person des Gutachters übt, kann daraus nicht auf Befangenheit des Experten geschlossen werden. Eine solche könnte aber angenommen werden, wenn sich dieser zu unsachlicher Polemik gegen den Kritiker verleiten liesse (Donatsch/Schmid, a.a.O., § 111 N 20). Wie das Bundesgericht im Zusammenhang mit dem Anspruch auf einen unabhängigen und unbefangenen Untersuchungsrichter ausgeführt hat, können zwar nicht bloss ungeschickte Äusserungen, wohl aber eine Vorverurteilung oder gegen eine Verfahrenspartei gerichtete negative Bemerkungen den Anschein der Befangenheit begründen (BGE 127 I 196 E. 2d).
 
5.2.2 Der Zweitgutachter beantwortete Frage 18 der Verteidigung (Wie stellen Sie sich zur Meinung von Prof. D.________ in seinem Gutachten [...], wonach die Beurteilung, ob eine Simulation oder Aggravation vorliegt, grundsätzlich nichts mit dem Fachgebiet des Begutachters zu tun habe?) in seinem Gutachten (S. 38) wie folgt:
 
Ich kann die Meinung von Prof. D.________ nachvollziehen, da es sich um eine Verhaltensauffälligkeit handelt, die er dem Verhaltensspezialisten, dem Psychiater zur Beurteilung überlassen will. Vor diesem Hintergrund wird Aggravation und Simulation primär in der psychiatrischen und psychosomatischen Literatur abgehandelt. De facto nimmt aber Prof. D.________ eine Simulation an (siehe Seite 33 des Gutachtens vom 27.08.2002, d.h. folgendes Zitat: "In der Entwicklung bestehen zu viele Diskrepanzen und Inkonsistenzen, als dass eine Simulation, Täuschung oder Aggravation ausgeschlossen werden könnte"). Es macht den Anschein, dass es Prof. D.________ primär um eine Second Opinion gegangen ist. Wie bereits früher erläutert, bin ich der Ansicht, welche auch aus der relevanten Literatur abgeleitet werden darf, dass die Simulation grundsätzlich von jedem Arzt vermutet und gestützt auf Beobachtungen ausserhalb des medizinischen Settings bestätigt werden kann.
 
Die Beschwerdeführerin macht geltend, Prof. D.________ erachte die Wahrscheinlichkeit einer Simulation als unter 50 %, was in dubio pro reo zum Freispruch führe. Der Gutachter widerspreche mit der Aneinanderreihung der beiden Sätze "dass eine Simulation nicht ausgeschlossen werden könne" und "de facto nehme Prof. D.________ eine Simulation an" den Gesetzen der Logik. Die Vorinstanz verharmlose und verniedliche diese krasse Differenz, weil sie sonst Befangenheit annehmen müsste (Beschwerde S. 11).
 
Die Vorinstanz stellt fest, der Gutachter begründe, wie er die beanstandete Aussage gemeint habe. Der Ausdruck "de facto" bedeute "tatsächlich bestehend". Nach der wörtlichen Bedeutung erweise sich die Ausdrucksweise als ungenau. Er habe auf die von Prof. D.________ festgestellten Verdachtsmomente einer Simulation hinweisen wollen. Nach den konkreten Umständen könne damit kein Anschein einer Befangenheit oder Voreingenommenheit objektiv begründet werden. Diese Beurteilung der Vorinstanz ist nicht zu beanstanden. Der Gutachter hat seine Einschätzung dargelegt.
 
Selbst wenn die Argumentation der Beschwerdeführerin unterstellt wird, dass Prof. D.________ eine Wahrscheinlichkeit von unter 50 % für eine Simulation angenommen habe, während der Gutachter von einer 100 % sicheren Simulation ausgehe, liesse sich dennoch nicht (auch nicht im vorliegenden Zusammenhang) eine Befangenheit damit begründen, dass der Gutachter in seiner Stellungnahme vom 21. Juni 2005 (S. 2) zudem ausgeführt hatte:
 
Daraus leitet sich auch die Tatsache ab, dass die Schlussfolgerungen des Gutachtens von Prof. D.________ im Wesentlichen übernommen werden, aber wohl im Lichte der eigenen Feststellungen analysiert werden müssen.
 
Damit erklärt der Gutachter entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht, "dass gar keine Differenz bestehen würde" (Beschwerde S. 11), sondern dass er die Schlussfolgerungen "im Wesentlichen" übernehme, dass sie aber im Lichte der eigenen Feststellungen analysiert werden müssen. Der zitierten Äusserung unmittelbar vorangehend hielt er fest, der "wesentliche Unterschied" zum Gutachten von Prof. D.________ liege insbesondere darin, dass jener ein Aktengutachten verfasst habe, während sein Gutachten ausser auf zugestellten Akten auf klinischen und testpsychologischen Untersuchungen basiere. Trotz der Übernahme jenes Gutachtens "im Wesentlichen", was aber noch "im Lichte der eigenen Feststellungen analysiert werden müsse", spricht der Zweitgutachter somit auch von einem "wesentlichen Unterschied" und begründet diese Feststellung. Es lässt sich kein Widerspruch ableiten, der auf Befangenheit schliessen liesse.
 
Die Beschwerdeführerin will schliesslich eine Befangenheit auch darin erkennen, dass der Gutachter die "de facto"-Äusserung nicht korrigiert habe, obwohl das für ihn kein Problem gewesen wäre, wenn er sich sachlich und objektiv verhalten hätte; er habe das nicht über sich gebracht, weil er befürchtet habe, dies könnte zugunsten der Angeklagten sein. Diese Argumentation ist konstruiert und überzeugt nicht. Die Beschwerdeführerin unterstellt dem Gutachter eine Motivation, für die es keine Anhaltspunkte gibt. In den angeführten Zitaten begründet dieser seinen Standpunkt offen. Die Vorinstanz setzt sich mit diesen Vorbringen der Verteidigung auseinander, so dass auch eine Verletzung von Art. 9 und [recte] 29 BV sowie Art. 6 Ziff. 1 EMRK im Sinne einer "Verweigerung der Waffengleichheit" (Beschwerde S. 12) nicht ersichtlich ist.
 
5.2.3 Die Beschwerdeführerin macht weiter geltend, der Gutachter habe sich durch gezielte und bewusste Übertreibungen bemüht, seiner Schlussfolgerung einer Simulation, die von derjenigen von Prof. D.________ abweiche, gegen die Angeklagte Geltung zu verschaffen. Diesen Vorwurf stützt sie hauptsächlich auf die Bewertung einer Videosequenz im Zweitgutachten vom 18. November 2004, S. 13:
 
Weiter eine Aufnahme im Bett, wo die Patientin ganz locker diverse Körperhaltungen mit dem Oberkörper aufnimmt und sich einmal mit relativ grosser Wucht zurück in das Kopfkissen wirft (eine Handlung, welche bei schmerzhaften Empfindungen im Kopf-Nackenbereich bzw. Schulterbereich kaum möglich wäre).
 
In der Zeugeneinvernahme vom 24. August 2005 (S. 6) erklärte der Gutachter zudem:
 
Für einen echten Schleudertraumatiker wäre es völlig undenkbar, sich rückwärts auf ein Bett fallen zu lassen, mit dem Kopf aufzuschlagen, wenn man bedenkt, dass dieser Schlag eine grössere Wucht haben dürfte als der Aufprall beim Unfall. Wie gesagt, für einen Schleudertraumatiker völlig, wobei völlig 3 Mal unterstrichen, auch unter dem Einfluss von Medikamenten undenkbar.
 
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Man muss noch einmal sagen, dass ein echter Schleudertraumatiker eine brüske Manipulation an der Halswirbelsäule nicht toleriert. Und hierbei bei diesem Rückwärtsfallenlassen auf das Bett ist die Wucht auf die Halswirbelsäule dermassen stark, dass dies nicht möglich ist.
 
Die Vorinstanz führt dazu aus, der Gutachter habe im Gutachten einfach von einer relativ grossen Wucht geschrieben. Hingegen erweise sich die im Konjunktiv geäusserte Einschätzung der Aufprallkräfte in der Zeugeneinvernahme als eindeutig nicht zutreffend. Nach dem physikalischen Privatgutachten sei die mittlere Verzögerung beim Unfall etwa um den Faktor 10 grösser gewesen als bei der Videosequenz. Diese unzutreffende Quantifizierung der Kräfte gehöre zur Kategorie von Unzulänglichkeiten, die von den Parteien richtig gestellt werden könnten, die aber den Anschein der Befangenheit nicht zu begründen vermöchten (angefochtenes Urteil S. 60).
 
Der Gutachter hat in einer Vorbemerkung in seinem Gutachten (S. 2) ausgeführt, obwohl unfallanalytisch für die Beschwerdeführerin ein "hoher Delta-v von 30 km/h" berechnet worden sei, müsse berücksichtigt werden, dass nicht nur die Geschwindigkeitsänderung für die Beschwerdenentwicklung der somatischen Symptome, sondern das Alter, die Position im Fahrzeug, Sitzposition, Kopfposition, Tragen von Gurten etc. für den individuellen Verlauf nach jedem Unfall verantwortlich seien. Er hat damit die Bedeutung der reinen Geschwindigkeitsdifferenz für die somatischen Konsequenzen relativiert. Indessen ist mit der Vorinstanz von einer unzutreffenden Quantifizierung der Aufprallkräfte in der Videosequenz auszugehen. Das wurde im Verfahren geklärt. Damit ist über die Simulationsfrage selber aber nichts entschieden. Es können kleinere Geschwindigkeitsdifferenzen ein Schleudertrauma verursachen (beispielsweise betrug im von Stefan A. Dettwiler [Leichte Auffahrkollision mit Schleudertrauma: Kürzung wegen Vorzustand?, HAVE 1/2005 S. 43] besprochenen Urteil des Bundesgerichts 4C.222/204 vom 14. Sept. 2004 die Differenz [Delta-v] bei der Kollision weniger als 7,5 km/h), während grössere Differenzen nicht zu einer solchen Verletzung führen müssen. Es bedarf deshalb der individuellen Beurteilung. Die Beschwerdeführerin stellt die Aussage des Gutachters nicht in Frage, dass ein echter Schleudertraumatiker ein derart brüskes Rückwärtsfallenlassen auf das Bett nicht tolerieren würde.
 
Zusammengefasst hält die Beschwerdeführerin fest, mit dieser ausserhalb seines Fachgebiets liegenden, eine "massivste Übertreibung darstellenden Aussage", von der er genau gewusst habe, dass sie nicht zutreffe, habe der Gutachter seine Simulationsthese untermauern wollen. Sein Verhalten sei klar persönlich gegen die Angeklagte motiviert gewesen. Diese Argumentation überzeugt weiterhin nicht. Der - ärztliche - Gutachter schätzt die Aufprallwucht auf dem Bett physikalisch unzutreffend ein. Das ist ein sachlicher Fehler. Mehr ergibt sich aus diesem ganzen Argumentationszusammenhang nicht (das Bezirksgericht bezeichnet dies in seinem Urteil S. 70 letztlich als irrelevant). Der Gutachter blieb bei seinem Standpunkt einer Simulation (Zeugeneinvernahme vom 24. August 2005, S. 7). Sein Aussageverhalten angesichts der engagierten Fragen der Verteidigung (Urteil des Bezirksgerichts S. 76) erscheint weder auffällig noch unsachlich und ergibt keinen Anlass zur Annahme einer Befangenheit. Ein sachfremdes Interesse am Verfahrensausgang ist nicht ersichtlich (Urteil des Bezirksgerichts S. 74, 77).
 
Schliesslich verkennt die Vorinstanz den Zusammenhang des gerügten Sachverhalts mit der Frage nach der Möglichkeit schmerzlindernder Wirkung von Medikamenten an den Gutachter keineswegs, weist sie doch (wie bereits der Gutachter) ausdrücklich darauf hin (angefochtenes Urteil S. 59). Das Gehörsrecht ist nicht verletzt.
 
6.
 
Für die Würdigung der Bilder und Videoszenen nimmt die Vorinstanz entgegen der Beschwerde zutreffend eine eigene Beurteilungskompetenz an (oben E. 5.1.1), soweit dies nicht ein medizinisches Fachwissen voraussetzt (angefochtenes Urteil S. 15, 62; vgl. S. 38 - 40).
 
Für den Fall, dass nicht anzunehmen wäre, dass sich die Vorinstanz gutachterliche Fähigkeiten angemasst habe, ginge es aber nach der Beschwerdeführerin darum, dass die Vorinstanz "den gleichen Sachverhalt zweimal zuungunsten der Angeklagten berücksichtigt und insofern auch den Grundsatz verletzt, dass man für einen Sachverhalt nur einmal bestraft werden darf, resp. ein Sachverhalt nur einmal in gleicher Weise zuungunsten der Angeklagten berücksichtigt werden darf und nicht kumuliert werden kann, weil sowohl der Richter als auch der Experte ihn beurteilt haben" (Beschwerde S. 19). Das Vorbringen ist nicht stichhaltig. Das Gericht hat das gesamte Beweismaterial zu würdigen. Dazu zählen auch die Gutachten. Das verletzt weder das Doppelverwertungsverbot noch den Grundsatz ne bis in idem.
 
7.
 
Die Vorinstanz führt aus, das Bezirksgericht habe festgehalten, dass die von der Verteidigung hervorgehobene unterschiedliche Folgerung im Gutachten von Prof. D.________ (dass eine Simulation, Täuschung oder Aggravation nicht ausgeschlossen werden könne) sowie im Zweitgutachten (dass eine Täuschung angenommen und von einer Simulation gesprochen werden müsse) "in ihrem Kerngehalt keinen Widerspruch" enthalte (angefochtenes Urteil S. 54 lit. b sowie S. 55 lit. e). Sie hält abschliessend fest, die bezirksgerichtliche Würdigung der beiden Gutachten erweise sich als durchaus zutreffend und korrekt. Es könne "vorab" darauf verwiesen werden (angefochtenes Urteil S. 55 lit. f). Prof. D.________ habe klar festgehalten, dass die geltend gemachten Verletzungen mit den diversen Fotos, Observationen und Beobachtungen aus somatischer Sicht nicht in Einklang zu bringen seien. Es bestünden sehr viele Diskrepanzen und Inkonsistenzen, die den Verdacht aufkommen liessen, dass zumindest zum Teil eine Täuschung vorliege (angefochtenes Urteil S. 61). Dies ist eine wörtliche Übernahme der Schlussfolgerung von Prof. D.________ in seinem Gutachten vom 27. August 2002, S. 27. Nach der Vorinstanz ist diese Schlussfolgerung durchaus als eine die Beschwerdeführerin belastende fachärztliche Beurteilung zu werten. Sie stehe nicht im Widerspruch zu den wesentlichen Schlussfolgerungen im Zweitgutachten (angefochtenes Urteil S. 61).
 
Die Beschwerdeführerin wirft der Vorinstanz vor, ihre Annahme, dass die beiden Gutachten "in ihrem Kerngehalt keinen Widerspruch" enthielten, sei willkürlich. Nach dem Gutachten von Prof. D.________ liege die Wahrscheinlichkeit einer Simulation unter 50 %. Nach dem Grundsatz in dubio pro reo genüge dies nicht (Beschwerde S. 19 f.).
 
Diese wahrscheinlichkeitstheoretische Argumentation geht an der Sache vorbei. Prof. D.________ stellt kein Wahrscheinlichkeitskalkül auf. Das ist eine Interpretation der Beschwerdeführerin. Die Vorinstanz wertet die Schlussfolgerung von Prof. D.________ willkürfrei als eine die Beschwerdeführerin belastende fachärztliche Beurteilung. Prof. D.________ erklärte einerseits, es bestünden zu viele Diskrepanzen und Inkonsistenzen, als dass eine Täuschung ausgeschlossen werden könne, und andererseits, es bestünden sehr viele Diskrepanzen und Inkonsistenzen, die den Verdacht aufkommen liessen, dass, zumindest zum Teil, eine Täuschung vorliege. Prof. D.________, der "beim besten Willen keinerlei somatische Behinderungen" feststellen konnte, regte in seinem Gutachten (S. 27, 28) an, ein psychiatrisches Obergutachten einzuholen. Somit durfte der Zweitgutachter auch annehmen, dass es Prof. D.________ um eine Second Opinion gegangen sei (oben E. 5.2.2). Es ist Aufgabe des Zweitgutachters, diese Verdachtssituation zu klären. Nach diesem Zweitgutachten hat sich der Verdacht erhärtet: Es nimmt eine Täuschung an. Es besteht somit kein Widerspruch. Das Zweitgutachten liegt vielmehr in der Linie des Erstgutachtens: Es verfestigt dessen Verdacht zur Sicherheit. Allerdings hält die Beschwerdeführerin zutreffend fest, dass eine Täuschung aus der Sicht von Prof. D.________ nicht nachgewiesen ist. Das nimmt aber auch die Vorinstanz nicht an.
 
Das Bezirksgericht, auf das die Vorinstanz verweist, kam zum Ergebnis, dass eine vergleichende Gesamtwürdigung der beiden Gutachten keine erheblichen Widersprüche, sondern allenfalls unterschiedliche Formulierungen und Wertungen offenlege:
 
Am deutlichsten mag dies bei der Folgerung von Prof. D.________ sein, wonach eine Simulation, Täuschung oder Aggravation nicht ausgeschlossen werden könne, und jener von Prof. C.________, wonach eine Täuschung angenommen und von einer Simulation gesprochen werden müsse. In ihrem Kerngehalt beinhalten diese Äusserungen aber keinen Widerspruch. Ein solcher würde vorliegen, wenn Prof. D.________ aufgrund seiner Erkenntnisse eine Simulation, Täuschung oder Aggravation ausgeschlossen hätte. Bereits Prof. D.________ hatte aber in seinem Gutachten sehr deutlich erhebliche Zweifel am Verhalten der Angeklagten mit einleuchtender Begründung der Diskrepanzen zwischen Angaben und Realität zum Ausdruck gebracht, so dass seine vorsichtig formulierte Schlussfolgerung eher zu erstaunen vermag. Aufgrund der gesamten Ausführungen von [Prof.] D.________ liegt der Schluss auf eine Simulation recht nahe; [...].
 
Diese Beurteilung des Bezirksgerichts (Urteil S. 73) - die im Gesamtzusammenhang der bezirksgerichtlichen Beweiswürdigung zu lesen ist - erscheint in keiner Weise als willkürlich.
 
8.
 
Unbehelflich sind die Einwendungen der Beschwerdeführerin hinsichtlich weiterer nachträglich eingereichter Belege, die Prof. D.________ noch nicht vorgelegen hätten (Beschwerde S. 20 f.). Es ist eine offene Frage, ob und inwiefern sie dessen Begutachtung hätten beeinflussen können. Mit diesen Belegen dürften jene gemeint sein, auf die das angefochtene Urteil S. 61 mit Hinweis auf das Plädoyer S. 28 (act. 64 S. 28) verweist. Die Beschwerdeführerin zeigt nicht auf, inwiefern die Annahme der Vorinstanz willkürlich sein sollte, dass die Belege die "Schlussfolgerung von Prof. D.________, dass eine Simulation nicht ausgewiesen sei" (act. 64 S. 28), in wesentlicher Weise stützen könnten. Für Prof. D.________ war die "fast dreijährige Latenz" (sein Gutachten vom 27. August 2002, S. 24) nur eines der Elemente, das zu Zweifeln Anlass gab. Der Zweitgutachter seinerseits hat nicht (nur) wegen dieses beschwerdefreien Intervalls, das aufgrund der Belege nur noch 1,5 statt rund 3 Jahre gedauert haben soll (act. 64 S. 28), auf Simulation geschlossen. Für ihren Standpunkt scheint sich die Beschwerdeführerin im Plädoyer (a.a.O.) auf die Beurteilung im bezirksgerichtlichen Urteil S. 50 zu stützen. Soweit auf dieses Vorbringen eingetreten werden kann (oben E. 2, zweiter Abs.), ist eine Willkür nicht ersichtlich.
 
9.
 
Die Beschwerdeführerin wirft der Vorinstanz in diesem Zusammenhang und an weiteren Stellen vor, sich mit ihren Vorbringen oder mit der Sache nicht hinreichend auseinander gesetzt oder das Urteil ungenügend begründet und damit Art. 6 Ziff. 1 EMRK sowie Art. 29 BV verletzt zu haben.
 
Die Begründungspflicht wird zu den Erfordernissen eines fairen Verfahrens im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK gerechnet. Der Anspruch kann verletzt sein, wenn im Dunkeln bleibt, welche Erwägungen die Entscheidung tragen. Die Begründung muss erkennen lassen, dass das Gericht den wesentlichen Vortrag der Parteien verarbeitet hat (Walter Gollwitzer, Menschenrechte im Strafverfahren, MRK und IPBPR, Berlin 2005, Art. 6 MRK N 74). Der Anspruch auf ein faires Verfahren erfordert aber keine "réponse détaillée à chaque argument" (Urteil des EGMR i.S. Robert Spang c. Schweiz vom 4. Mai 2004, Req. 45228/99; VPB 2004 2183). Nach der Rechtsprechung zu Art. 29 Abs. 2 BV müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde leiten liess und auf welche sich ihr Entscheid stützt. Sie muss sich nicht ausdrücklich mit jedem Einwand auseinander setzen, sondern kann sich auf die für den Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte beschränken (ausführlich BGE 129 I 232 E. 3.2; 126 I 97 E. 2b).
 
Diesen Begründungsanforderungen genügt das 76-seitige angefochtene Urteil mit Verweisungen auf das 105-seitige Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 30. März 2006.
 
10.
 
Die Beschwerdeführerin beantragt im Eventualstandpunkt, sie sei freizusprechen. Ein Freispruch kommt nach dem Gesagten nicht in Betracht (eine Gutheissung der Befangenheitsrüge hätte lediglich zu neuer Begutachtung führen können).
 
Gemäss Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG ist die Beschwerde hinreichend zu begründen, andernfalls wird darauf nicht eingetreten (Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen. Es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden Fragen zu prüfen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden. Auf den Schuldspruch ist somit nicht einzutreten (vgl. Urteil 6S.379/2004 vom 29. Nov. 2004).
 
Nicht einzutreten ist bei diesem Ausgang des Verfahrens auf das nicht weiter begründete Rechtsbegehren, die Kosten- und Entschädigungsdispositive entsprechend dem Verfahrensausgang anzupassen.
 
11.
 
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege kann gutgeheissen werden. Es sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 64 Abs. 1 StGB). Der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin ist aus der Bundesgerichtskasse zu entschädigen (Art. 64 Abs. 2 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen.
 
3.
 
Es werden keine Kosten erhoben.
 
4.
 
Dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin, Rechtsanwalt Eduard M. Barcikowski, wird aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'000.- ausgerichtet.
 
5.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 11. Oktober 2007
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
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