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Informationen zum Dokument  BGer 2C_453/2007  Materielle Begründung
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BGer 2C_453/2007 vom 19.09.2007
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
2C_453/2007 /ble
 
Urteil vom 19. September 2007
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Merkli, Präsident,
 
Bundesrichter Müller, Karlen,
 
Gerichtsschreiber Hugi Yar.
 
Parteien
 
X.________,
 
Beschwerdeführer,
 
vertreten durch Rechtsanwältin Claudia Zumtaugwald,
 
gegen
 
Amt für Migration des Kantons Luzern, Fruttstrasse 15, 6002 Luzern,
 
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, Obergrundstrasse 46, 6002 Luzern.
 
Gegenstand
 
Wiederherstellung der Beschwerdefrist (Aufenthaltsbewilligung/Ausweisung),
 
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 21. August 2007.
 
Das Bundesgericht stellt fest und zieht in Erwägung:
 
1.
 
1.1 X.________ (geb. 1963) stammt aus Sri Lanka. Er reiste am 17. Juni 1988 unter dem falschen Namen Y.________ in die Schweiz ein, wo er erfolglos ein Asylverfahren durchlief. Vom 15. Juni 1993 bis zum 16. Juli 1996 hielt er sich illegal im Land auf, bevor er die schweizerische Mutter seiner am 24. Januar 1996 geborenen Tochter Z.________ heiratete und ihm gestützt hierauf eine Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei seiner Familie erteilt wurde. Am 1. Februar 1999 trennten sich die Ehegatten X.________; am 11. September 2004 wurde die Ehe geschieden, ohne dass es in der Zwischenzeit zu einer Wiederaufnahme des gemeinsamen ehelichen Lebens gekommen wäre.
 
1.2 Während seines Aufenthalts in der Schweiz wurde X.________ wiederholt straffällig. Das Amt für Migration des Kantons Luzern verwarnte ihn deshalb am 1. März 2000. Am 7. September 2004 verurteilte das Obergericht des Kantons Luzern X.________ wegen Erpressung, mehrfacher Freiheitsberaubung und mehrfacher Vergewaltigung zu einer Zuchthausstrafe von 3 ½ Jahren. Gestützt hierauf wies ihn das Amt für Migration des Kantons Luzern am 1. Juni 2007 auf Ende des Strafvollzugs hin aus der Schweiz aus. X.________ gelangte hiergegen am 2. August 2007 mit einem Fristwiederherstellungsgesuch und einer Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern. Dieses wies sein Gesuch am 21. August 2007 ab und trat auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde - weil offensichtlich verspätet - nicht ein.
 
1.3 X.________ beantragt vor Bundesgericht, die Verfügung des Amts für Migration vom 1. Juni 2007 für nichtig zu erklären bzw. eventuell das Urteil vom 21. August 2007 aufzuheben und die Vorinstanz anzuweisen, auf die bei ihr eingereichte Beschwerde einzutreten. Mit Formularverfügung vom 10. September 2007 sind beim Verwaltungsgericht des Kantons Luzern die Akten eingeholt worden. X.________ befindet sich seit dem 21. Juni 2007 in Ausschaffungshaft, gegen die er ebenfalls an das Bundesgericht gelangt ist (2C_423/2007); der Entscheid im entsprechenden Verfahren ergeht später.
 
2.
 
Die Eingabe gegen die Ausweisung des Beschwerdeführers erweist sich als offensichtlich unbegründet und kann ohne Weiterungen im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG erledigt werden:
 
2.1 Gemäss Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten auf dem Gebiet des Ausländerrechts unzulässig gegen Entscheide betreffend Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumen. Fehlt es an einem solchen, kann im entsprechenden Verfahren kein irgendwie gearteter Entscheid mit diesem Rechtsmittel angefochten werden (Einheit des Verfahrens; vgl. Urteile 2C_64/2007 vom 29. März 2007, E. 2; 2D_1/2007 vom 2. April 2007, E. 2; Urteil 2C_18/2007 vom 2. Juli 2007, E. 2). Der Beschwerdeführer beruft sich für den Bewilligungsanspruch auf die Beziehung zu seiner Tochter, die über die schweizerische Staatsbürgerschaft verfügt; ob das familiäre Band zu dieser hinreichend gelebt ist, um einen Anspruch auf Erneuerung seiner Aufenthaltsbewilligung in Anwendung von Art. 8 EMRK begründen zu können (vgl. das Urteil 2A.110/2007 vom 2. August 2007, E. 3), kann dahingestellt bleiben; gegen den Ausweisungsentscheid der letzten kantonalen richterlichen Instanz ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten so oder anders zulässig (vgl. Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG e contrario).
 
2.2
 
2.2.1 Nach § 36 des Gesetzes vom 3. Juli 1972 über die Verwaltungsrechtspflege des Kantons Luzern kann eine Behörde versäumte Fristen und Termine wiederherstellen, falls die Partei oder ihr Vertreter unverschuldet davon abgehalten worden ist, rechtzeitig zu handeln, und innert 10 Tagen seit Wegfall des Hindernisses ein begründetes Gesuch eingereicht und gleichzeitig das Versäumte nachgeholt wird. Wenn das Verwaltungsgericht davon ausgegangen ist, diese Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt gewesen, legte es weder das kantonale Recht willkürlich aus (vgl. zum Begriff der Willkür: BGE 133 II 249 E. 3.2 mit Hinweisen), noch verletzte es den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör und ein faires Verfahren (Art. 95 BGG).
 
2.2.2 Die Ausweisung vom 1. Juni 2007 ist dem Beschwerdeführer am 6. Juni 2007 eröffnet worden, was er unterschriftlich bestätigt hat. Die Rechtsmittelfrist von zwanzig Tagen lief demnach am 26. Juni 2007 ab, womit seine Beschwerdeeingabe vom 2. August 2007 offensichtlich verspätet erfolgte. Zwar will sich der Beschwerdeführer am 6. Juni 2007 unwohl gefühlt ("Unpässlichkeit") und in der Folge die Ausweisungsverfügung verloren bzw. verlegt haben, doch durfte die Vorinstanz willkürfrei annehmen, dass hierin kein gültiger Fristwiederherstellungsgrund lag: Der Beschwerdeführer hat bei Eröffnung der Ausweisung in keiner Weise auf sein Unwohlsein hingewiesen oder die Übersetzung des ihm ausgehändigten Schreibens verlangt; im Übrigen ist er der deutschen Sprache mächtig und kann er im Hinblick auf die verschiedenen Verfahren, in die er verwickelt war, weder als in rechtlichen Dingen noch im Umgang mit Behörden unerfahren gelten. Soweit das Verwaltungsgericht angenommen hat, dass bereits ein leichtes Verschulden der Partei bzw. ihres Vertreters eine Wiederherstellung der Frist ausschliesse, ist dies nicht zu beanstanden; auch das Bundesgericht geht in seiner Rechtsprechung hiervon aus (vgl. Art. 35 OG; "klare Schuldlosigkeit": Urteil 1P.123/2005, E. 1.2 mit Hinweisen, publ. in: ZBl 107/2006 S. 390 ff.). Dass der Beschwerdeführer die Ausweisungsverfügung verloren oder verlegt hat, belegt die Sorglosigkeit, mit der er mit diesem für ihn wichtigen Dokument umging. Auch wenn er sich in Haft befand, hätte es an ihm gelegen, dieses aufzubewahren, zu studieren und gegebenenfalls innert der Beschwerdefrist um eine Erklärung zu ersuchen, falls er es nicht verstanden haben sollte.
 
2.3 Dass ihn objektive, unverschuldete Gründe hieran gehindert hätten, vermag der Beschwerdeführer nicht darzutun: Das Migrationsamt hatte ihm zur geplanten Ausweisung über seinen damaligen Rechtsvertreter das rechtliche Gehör gewährt; dieser erklärte am 31. Mai 2007, dass auf eine Vernehmlassung verzichtet und die Ausweisung vom Beschwerdeführer akzeptiert werde. Ob das in seinem wohlverstandenen Interesse lag, hatte das Migrationsamt nicht weiter zu prüfen; eben so wenig musste es die Vertretungsbefugnis seines Anwalts vertiefter abklären, nachdem dieser zumindest bezüglich des Besuchsrechts zur Tochter bevollmächtigt war und mit dem Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der umstrittenen Verfügung in Kontakt gestanden hatte. Dass der Beschwerdeführer die Ausweisungsverfügung verloren bzw. dieser keine Bedeutung beigemessen hat, spricht eher dafür, dass er seine Ausweisung ursprünglich tatsächlich akzeptiert und sich erst nachträglich anders besonnen hat; hierzu dient die Fristwiederherstellung nicht. Vor dem Haftrichter hatte er noch erklärt, den Inhalt der Ausweisungsverfügung vom 1. Juni 2007 verstanden zu haben und nichts ergänzen oder berichtigen zu wollen. Dass und inwiefern das entsprechende Protokoll unvollständig oder falsch sein könnte, wie er heute einwendet, ist nicht ersichtlich.
 
2.4 Schliesslich ist auch die Annahme des Verwaltungsgerichts nicht unhaltbar, das Fristwiederherstellungsgesuch und die damit verbundene Beschwerde seien ihrerseits verspätet eingereicht worden: Der Beschwerdeführer beauftragte seine heutige Rechtsvertreterin am 13. Juli 2007 mit der Wahrung seiner Interessen; diese nahm am 18. Juli 2007 Einsicht in die Akten, dennoch reichte sie das Fristwiederherstellungsgesuch und die Beschwerde erst am 2. August 2007 ein. Entgegen ihren Ausführungen begann die Frist von zehn Tagen nicht erst am 27. Juli 2007 zu laufen, als sie mit ihrem Klienten ein telefonisches Instruktionsgespräch führen konnte, sondern bereits nach Einsicht in die Akten, aus denen sich alle wesentlichen Punkte - auch die Natur der Beziehungen des Beschwerdeführers zu seiner Tochter und die von ihm verpasste Beschwerdefrist - hinreichend klar ergaben. Das Verwaltungsgericht durfte somit willkürfrei das Fristwiederherstellungsgesuch abweisen, womit auf die Beschwerde gegen die Ausweisung, weil verspätet, nicht einzutreten war.
 
3.
 
3.1 Da der angefochtene Entscheid somit kein Bundes(verfassungs)recht verletzt, ist die vorliegende Beschwerde abzuweisen. Für alles Weitere kann auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3 BGG).
 
3.2 Der Beschwerdeführer beantragt für diesen Fall, ihm sei die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu gewähren. Nachdem seine Eingabe zum Vornherein keine ernsthaften Aussichten auf Erfolg hatte, kann dem Gesuch nicht entsprochen werden (vgl. Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Aufgrund der Umstände (Mittellosigkeit des Beschwerdeführers) rechtfertigt es sich indessen dennoch, keine Gerichtsgebühr zu erheben (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht
 
im Verfahren nach Art. 109 BGG:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
 
3.
 
Es werden keine Kosten erhoben.
 
4.
 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Amt für Migration des Kantons Luzern und dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 19. September 2007
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
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