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Informationen zum Dokument  BGer 2C_331/2007  Materielle Begründung
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BGer 2C_331/2007 vom 19.07.2007
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
2C_331/2007 /leb
 
Urteil vom 19. Juli 2007
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Hungerbühler, präsidierendes Mitglied,
 
Bundesrichter Müller, Karlen,
 
Gerichtsschreiber Uebersax.
 
Parteien
 
X.________,
 
Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Kantonales Ausländeramt St. Gallen,
 
Oberer Graben 32, 9001 St. Gallen,
 
Verwaltungsrekurskommission des Kantons
 
St. Gallen, Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, Unterstrasse 28, 9001 St. Gallen.
 
Gegenstand
 
Ausschaffungshaft gemäss Art. 13b ANAG,
 
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den Entscheid der Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen, Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, vom 11. Juni 2007.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
1.1
 
Der aus Guinea (Conakry) stammende X.________ reiste nach eigenen Angaben am 26. September 2000 illegal in die Schweiz ein und stellte hier unter falscher Identität ein Asylgesuch, das am 13. November 2000 rechtskräftig abgewiesen wurde. Trotz rechtskräftiger Wegweisung verliess er die Schweiz nicht. Am 4. Dezember 2003 anerkannte er die Vaterschaft des Kindes einer Schweizerin, die er am 6. Januar 2004 heiratete und von der er sich am 8. Februar 2006 aber wieder scheiden liess. Am 3. April 2006 wurde X.________ wegen Betäubungsmitteldelikten zu einer bedingten fünfwöchigen Gefängnisstrafe und zu einer Busse von Fr. 150.-- verurteilt. Mit Verfügung vom 24. August 2006 verweigerte das Bundesamt für Migration die Zustimmung zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung an X.________ und wies ihn aus der Schweiz weg. Das Bundesverwaltungsgericht trat auf eine dagegen erhobene Beschwerde am 2. Februar 2007 nicht ein. X.________ liess die ihm daraufhin gesetzte Ausreisefrist bis zum 20. Mai 2007 unbeachtet verstreichen. Am 6. Juni 2007 wurde er festgenommen und tags darauf wegen rechtswidrigen Aufenthalts zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt. Am 7. Juni 2007 nahm ihn das Kantonale Ausländeramt St. Gallen in Ausschaffungshaft. Der Einzelrichter an der Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen, Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, prüfte und bestätigte die Haft am 11. Juni 2007.
 
1.2 Mit als Beschwerde bezeichneter Eingabe vom 6. Juli 2007 an das Bundesgericht stellt X.________ die Anträge, den Entscheid der Verwaltungsrekurskommission aufzuheben, ihm die Aufenthaltsbewilligung, allenfalls mit Bedingungen und Auflagen, zu verlängern bzw. ihm eventuell im Falle einer Ausschaffung das Recht einzuräumen, sein Kind jährlich mindestens zwei Wochen in der Schweiz zu besuchen. Überdies stellt er ein Gesuch um unentgeltliche Prozessführung. Der Präsident der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts holte bei der Verwaltungsrekurskommission die Akten ein.
 
1.3 Die Eingabe von X.________ ist als Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gemäss Art. 82 ff. BGG gegen den Haftentscheid entgegenzunehmen. Nicht Anfechtungsobjekt ist im vorliegenden Fall die Frage der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, haben darüber doch das Bundesamt für Migration (am 24. August 2006) bzw. das Bundesverwaltungsgericht (am 2. Februar 2007) bereits rechtskräftig entschieden. Auf das entsprechende Rechtsbegehren kann daher im vorliegenden Verfahren nicht eingetreten werden. Ebenfalls nicht zu beurteilen ist hier, ob dem Beschwerdeführer das Recht einzuräumen ist, sein Kind jährlich mindestens zwei Wochen in der Schweiz zu besuchen. Das Bundesgericht kann den Wegweisungsentscheid - und damit, abgesehen von der Haftfrage, erst recht dessen Vollzug - nur dann überprüfen, wenn er offensichtlich rechtswidrig ist (vgl. Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG sowie BGE 121 II 59 E. 2c), was hier nicht der Fall ist. Immerhin kann auf die im angefochtenen Entscheid angeführte Aussage der Vertreterin des Kantonalen Ausländeramts verwiesen werden, wonach entsprechende Bewilligungen zum Besuch des Kindes praxisgemäss erteilt werden, wenn die dafür erforderlichen Voraussetzungen gegeben sind.
 
2.
 
2.1 Die zuständige Behörde kann einen Ausländer in Ausschaffungshaft nehmen bzw. in dieser belassen, wenn die Voraussetzungen von Art. 13b des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung (ANAG; SR 142.20) erfüllt sind. Danach ist erforderlich, dass ein erstinstanzlicher, nicht notwendigerweise auch rechtskräftiger Weg- oder Ausweisungsentscheid vorliegt, dessen Vollzug (z.B. wegen fehlender Reisepapiere) noch nicht möglich, jedoch absehbar ist (BGE 130 II 56 E. 1 mit Hinweisen). Zudem muss einer der in Art. 13b Abs. 1 ANAG genannten Haftgründe bestehen (BGE 125 II 369 E. 3a S. 374, 377 E. 3a S. 381; 124 II 1 E. 1 S. 3), die Ausschaffung rechtlich und tatsächlich möglich sein (Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG; BGE 130 II 56 E. 1 mit Hinweisen) und die Papierbeschaffung mit dem nötigen Nachdruck verfolgt werden (Art. 13b Abs. 3 ANAG, Beschleunigungsgebot; BGE 130 II 488 E. 4; 124 II 49 ff.). Die Haft soll als Ganzes verhältnismässig sein (BGE 130 II 56 E. 1 S. 58; 126 II 439 E. 4; 125 II 377 E. 4 S. 383).
 
2.2 Gegen den Beschwerdeführer liegt ein Wegweisungsentscheid vor, dessen Vollzug zurzeit mangels Reisepapieren aussteht, aber absehbar ist. Erfüllt ist sodann jedenfalls der Haftgrund von Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG, wonach ein Ausländer zur Sicherstellung des Wegweisungsvollzugs in Haft genommen werden kann, wenn konkrete Anzeichen befürchten lassen, dass er sich der Ausschaffung entziehen will, insbesondere weil er seiner Mitwirkungspflicht bei der Beschaffung von Reisepapieren nicht nachkommt. Der Beschwerdeführer stellte sein Asylgesuch unter falschem Namen, verschwieg dabei ein erstes erfolgloses Asylverfahren in Deutschland und gab seine wahre Identität erst im Hinblick auf die Heirat mit einer Schweizerin bekannt, als er auch plötzlich echte Identitätspapiere vorlegen konnte. Dem ersten Wegweisungsentscheid vom 13. November 2000 kam er genauso wenig nach wie nunmehr der erneuten Wegweisung, um deren Vollzug es hier geht. Dabei hat er nach eigenen Angaben seinen Reisepass zwecks Verlängerung der Gültigkeitsdauer nach Guinea gesandt, statt ihn für die Rückreise in die Heimat zu verwenden, die damit ohne weiteres möglich gewesen wäre. Das belegt, dass er nicht gewillt ist, sich den Behörden für eine Ausschaffung zur Verfügung zu halten bzw. an den dafür erforderlichen Vorbereitungen mitzuwirken. Der Beschwerdeführer wurde sodann straffällig, was ebenfalls als Indiz dafür gewertet werden kann, dass er behördlichen Anordnungen keine Folge leisten wird (vgl. BGE 122 II 49 E. 2a, 148 E. 2b/aa S. 152; 119 Ib 193 E. 2b S. 198). Was die Beziehungen des Beschwerdeführers zu seinem Kind betrifft, so sind diese nach den nicht offensichtlich unrichtigen und damit für das Bundesgericht verbindlichen (vgl. Art. 97 BGG) Feststellungen der Vorinstanz nicht derart intensiv, dass daraus zu schliessen wäre, er würde sich den Behörden an seinem Wohnort zur Verfügung halten. Ist damit der Haftgrund von Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG erstellt, kann offen bleiben, ob allenfalls noch andere Haftgründe vorliegen.
 
2.3 Auch die übrigen Voraussetzungen der Ausschaffungshaft erweisen sich als erfüllt. Insbesondere ist die Haft mit Blick auf die familiären Verhältnisse verhältnismässig, nachdem sich der Beschwerdeführer gemäss den Erwägungen des angefochtenen Entscheides bisher nicht einmal um eine regelmässige Ausübung seines Besuchsrechts bemüht hat.
 
3.
 
Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet und ist im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
 
Von der Erhebung einer Gerichtsgebühr ist beim offensichtlich bedürftigen Beschwerdeführer praxisgemäss abzusehen (vgl. Art. 65 Abs. 2 BGG). Damit kann das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung als gegenstandslos abgeschrieben werden.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht
 
im Verfahren nach Art. 109 BGG:
 
1.
 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Es werden keine Kosten erhoben.
 
3.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird als gegenstandslos abgeschrieben.
 
4.
 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Kantonalen Ausländeramt St. Gallen und der Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen, Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 19. Juli 2007
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber:
 
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