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Informationen zum Dokument  BGer I 115/2006  Materielle Begründung
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BGer I 115/2006 vom 15.06.2007
 
Tribunale federale
 
I 115/06 {T 7}
 
Urteil vom 15. Juni 2007
 
II. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
 
Bundesrichter Lustenberger, Seiler,
 
Gerichtsschreiber Fessler.
 
Parteien
 
J.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Martin Suenderhauf, Gäuggelistrasse 16, 7002 Chur,
 
gegen
 
IV-Stelle des Kantons Graubünden, Ottostrasse 24, 7001 Chur, Beschwerdegegnerin.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung,
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden vom 3. Juni 2005.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
A.a Mit Verfügungen vom 24. Oktober 2003 sprach die IV-Stelle des Kantons Graubünden dem 1951 geborenen J.________ für die Zeit vom 1. August 1997 bis 31. Oktober 1998 eine ganze Rente (Invaliditätsgrad: 75%) und ab 1. November 1998 eine halbe Rente (Invaliditätsgrad: 65 %) samt Zusatzrente für die Ehefrau und bis 30. November 1999 einer Kinderrente zu. Mit Einspracheentscheid vom 3. März 2004 bestätigte sie die Leistungen.
 
A.b
 
J.________ liess beim Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden Beschwerde einreichen und u.a. beantragen, es sei ihm ab 1. August 1997 eine ganze Invalidenrente samt Zusatzrente für die Ehefrau und eine Kinderrente bis zum Ausbildungsabschluss seines Sohnes zuzusprechen.
 
Die IV-Stelle liess sich dahingehend vernehmen, aufgrund der Vorbringen in der Beschwerde hebe sie den Einspracheentscheid vom 3. März 2004 auf. Sie werde die Einsprache neu behandeln und baldmöglichst einen neuen beschwerdefähigen Einspracheentscheid erlassen. Antragsgemäss schrieb der Gerichtspräsident mit Verfügung vom 11. Mai 2004 die Beschwerde als gegenstandslos geworden ab und sprach J.________ eine Parteientschädigung zu.
 
Am 21. Juni 2004 erliess die IV-Stelle einen neuen Einspracheentscheid, mit welchem sie die Rentenverfügungen vom 24. Oktober 2003 bestätigte. Auf das Begehren in der Einsprache um medizinische Massnahmen trat sie nicht ein.
 
B.
 
Die Beschwerde des J.________ gegen den Einspracheentscheid vom 21. Juni 2004 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden ab, soweit es darauf eintrat und soweit nicht einzelne Begehren (Anspruch auf eine Dreiviertelsrente ab 1. Januar 2004 und eine Kinderrente bis Ende Mai 2003) durch die IV-Stelle anerkannt worden waren (Entscheid vom 3. Juni 2005).
 
C.
 
J.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem hauptsächlichen Rechtsbegehren, Gerichtsentscheid und Einspracheentscheid seien aufzuheben und es sei ihm ab 1. August 1997 eine ganze Invalidenrente samt Zusatzrente für die Ehefrau und eine Kinderrente sowie auf den nachzuzahlenden Rentenbetreffnissen ab 1. Januar 2003 ein Verzugszins von 5% zuzusprechen.
 
Die IV-Stelle beantragt die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Der angefochtene Entscheid ist am 3. Juni 2005 ergangen. Das Verfahren richtet sich somit nach dem Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG). Das am 1. Januar 2007 in Kraft getretene Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (BGG [AS 2006 1205 ff.]) ist insoweit nicht anwendbar (Art. 132 Abs. 1 BGG).
 
2.
 
In formeller Hinsicht wird sinngemäss geltend gemacht, das kantonale Gericht hätte auf die Beschwerde gegen den Einspracheentscheid vom 21. Juni 2004 nicht eintreten dürfen. Mit der Aufhebung des (ersten) Einspracheentscheides vom 3. März 2004 lite pendente sei auch die Verfügungsgrundlage weggefallen. Nach Abschreibung der hiegegen erhobenen Beschwerde wegen Gegenstandslosigkeit durch die Vorinstanz hätte daher die IV-Stelle zunächst neu verfügen müssen. Das kantonale Gericht ist dem selben Einwand in der (zweiten) Beschwerde damit begegnet, es sei nicht ersichtlich, inwiefern das Vorgehen der IV-Stelle rechtswidrig sei. Insbesondere habe es nicht zu einer Schmälerung der Parteirechte des Versicherten geführt.
 
2.1 Gemäss Art. 53 Abs. 3 ATSG kann der Versicherungsträger eine Verfügung oder einen Einspracheentscheid, gegen die Beschwerde erhoben wurde, solange wiedererwägen, bis er gegenüber der Beschwerdebehörde Stellung nimmt. Damit wird die vor Inkrafttreten des Allgemeinen Teils des Sozialversicherungsrechts im erstinstanzlichen Beschwerdeverfahren der Bundessozialversicherung gültig gewesene Regelung nach Art. 58 Abs. 1 VwVG fortgeschrieben (Urteil I 653/03 vom 20. April 2004 E. 1; vgl. Ueli Kieser, ATSG-Kommentar, N 29 f. zu Art. 53). Danach soll die Verwaltung - dem Gedanken der Prozessökonomie im Sinne der Vereinfachung des Verfahrens entsprechend - lite pendente auf ihre Verfügung oder ihren Einspracheentscheid zurückkommen können, wenn diese sich, allenfalls im Lichte der Vorbringen in der Beschwerde, als unrichtig erweist. Der neue Entscheid beendet den Streit insoweit, als damit dem Begehren des Beschwerdeführers entsprochen wird. Mit Bezug auf die weiterhin streitigen Punkte wird das Verfahren fortgeführt (BGE 127 V 228 E. 2b/bb S. 232 mit Hinweisen).
 
2.2
 
2.2.1 Vorliegend hob die IV-Stelle den Einspracheentscheid vom 3. März 2004 aufgrund der Vorbringen in der hiegegen erhobenen Beschwerde auf, um die Einsprache neu zu behandeln und baldmöglichst darüber neu zu entscheiden (Vernehmlassung vom 10. Mai 2004). Damit entsprach sie indessen keinem der Anträge in der Beschwerde, auch nicht dem Eventualbegehren, die Sache zu medizinischen und erwerblichen Abklärungen und zur Neubeurteilung an die Verwaltung zurückzuweisen. Vielmehr setzte die IV-Stelle an die Stelle des die Verfügungen vom 24. Oktober 2003 bestätigenden Einspracheentscheides einen rein kassatorischen Entscheid. Dies war indessen unzulässig (vgl. BGE 131 V 407). Mit dieser Feststellung hätte daher die Vorinstanz auf die Beschwerde eintreten und sie materiell behandeln müssen anstatt das Rechtsmittel wegen Gegenstandslosigkeit abzuschreiben.
 
2.2.2 Der Einspracheentscheid tritt an die Stelle der Verfügung. Er bildet alleiniger Anfechtungsgegenstand des erstinstanzlichen Beschwerdeverfahrens (RKUV 2001 Nr. U 419 S. 102 E. 2c [U 170/00]; SVR 2005 AHV Nr. 9 S. 31 E. 1.1.3 [H 53/04]). Die Verfügung, soweit angefochten, hat mit Erlass des Einspracheentscheides jede rechtliche Bedeutung verloren. Hebt das kantonale Versicherungsgericht den Einspracheentscheid auf und weist es die Sache zu neuer Entscheidung zurück, hat die Verwaltung wiederum zuerst eine mit Einsprache anfechtbare Verfügung zu erlassen. Anders verhält es sich bei einem unzulässigen kassatorischen Einspracheentscheid. Dieser ist aufzuheben und die Verwaltung zu verpflichten, innert nützlicher Frist einen materiellen Einspracheentscheid zu erlassen (BGE 131 V 407 E. 3 in fine S. 414). Es muss nicht zuerst neu verfügt werden. Dasselbe hat auch zu gelten, wenn die Verwaltung ihren Einspracheentscheid lite pendente kassiert und das kantonale Versicherungsgericht die Beschwerde als gegenstandslos geworden abschreibt, was unangefochten bleibt. Vorliegend war daher entgegen den Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit der Aufhebung des Einspracheentscheides vom 3. März 2004 die Verfügungsgrundlage für den Erlass eines neuen Einspracheentscheides nicht weggefallen.
 
Soweit der Beschwerdeführer die Aufhebung des Einspracheentscheids vom 3. März 2004 und die vorinstanzliche Abschreibungsverfügung vom 11. Mai 2004 anficht, ist er offensichtlich verspätet.
 
3.
 
Das kantonale Gericht hat für die Zeit ab 1. November 1998 durch Einkommensvergleich (alt Art. 28 Abs. 2 IVG und Art. 16 ATSG sowie BGE 128 V 29 E. 1 S. 30 in Verbindung mit BGE 130 V 343) einen Invaliditätsgrad von 65% ([[Fr. 60'840.- - Fr. 21'335.-]/Fr. 60'840.-] x 100%; zum Runden BGE 130 V 121) ermittelt. Dies ergab bis Ende 2003 Anspruch auf eine halbe und ab 1. Januar 2004 auf eine Dreiviertelsrente (Art. 28 Abs. 1 IVG). Das Invalideneinkommen im Besonderen hat die Vorinstanz auf der Grundlage der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung 2000 des Bundesamtes für Statistik (LSE 00) bestimmt (BGE 129 V 472 E. 4.2.1 S. 475 f.; BGE 124 V 321). Dabei hat sie den Tabellenlohn (Fr. 4437.-; LSE 00 S. 31 [Monatlicher Bruttolohn von Männern für einfache und repetitive Tätigkeiten im privaten Sektor]) im Sinne von BGE 126 V 75 um 25% gekürzt. Sodann ist sie von einer trotz der gesundheitlichen Beeinträchtigungen zumutbaren Arbeitsfähigkeit von 50% in den Behinderungen angepassten Tätigkeiten gemäss der Expertise des ABI (Ärztliches Begutachtungsinstitut GmbH) vom 3. Juni 2002 ausgegangen.
 
Für die Zeit vom 1. August 1997 bis 31. Oktober 1998 hat das kantonale Gericht den von der IV-Stelle ermittelten Invaliditätsgrad von 75% bestätigt. Insoweit ist die vorinstanzliche Invaliditätsbemessung nicht angefochten. Es besteht kein Anlass zu einer näheren Prüfung von Amtes wegen (BGE 125 V 413 E. 1b und 2c S. 415 ff.; BGE 110 V 48 E. 4a S. 53; vgl. zur Bindungswirkung der Invaliditätsschätzung der Invalidenversicherung für die Unfallversicherung und die berufliche Vorsorge BGE 131 V 362 sowie BGE 132 V 1 und BGE 129 V 73).
 
4.
 
In materieller Hinsicht wird in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde in erster Linie vorgebracht, der medizinische Sachverhalt sei nicht richtig und vollständig festgestellt. Entgegen dem kantonalen Gericht erlaube das ABI-Gutachten vom 3. Juni 2002 keine zuverlässige Umschreibung der zumutbaren Arbeitsfähigkeit weder aus somatischer noch psychiatrischer Sicht. Die Expertise müsse ergänzt werden oder es sei ein Obergutachten einzuholen.
 
4.1 Gemäss dem Gutachten des ABI vom 3. Juni 2002 besteht aus rheumatologischer Sicht für körperlich schwer bis mittelschwer belastende berufliche Tätigkeiten, insbesondere im angestammten Bereich als Sanitär- und Heizungsmonteur sowie Dachdecker und Spengler eine Arbeitsunfähigkeit von 100%. Für körperlich leichte wechselbelastende Tätigkeiten beträgt die Arbeitsfähigkeit unter bestimmten Voraussetzungen maximal 50%. Aus psychiatrischer Sicht ist die Arbeitsfähigkeit nicht eingeschränkt. Aufgrund dieser Einschätzung sind kantonales Gericht und IV-Stelle von einer zumutbaren Arbeitsfähigkeit von 50% in dem Leiden angepassten Tätigkeiten ausgegangen. Dagegen wird in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu Recht vorgebracht, dass von der gutachterlich auf maximal 50% geschätzten Arbeitsfähigkeit unter den gegebenen Umständen nicht ohne weiteres auf eine mehr oder weniger dauernde Arbeitsfähigkeit von wenigstens 50% geschlossen werden kann. Vorab stellt eine Arbeitsfähigkeit von «maximal 50%» anders als die Regel eine nach unten offene und nach oben durch einen Höchstwert klar begrenzte Einschätzung dar. Es kommt dazu, dass der rheumatologische Facharzt des ABI gegenüber der letzten neurologischen Untersuchung im August 2000 eine Verschlechterung der Befunde an den unteren Extremitäten feststellte. Damals waren insbesondere die Beineigenreflexe symmetrisch auslösbar. Beim Untersuch vom 8. Mai 2002 hingegen war der ASR trotz wiederholter Prüfung unter Bahnung nicht provozierbar. Eine radiomorphologische Bestätigung des klinischen Befundes erfolgte nicht. Vielmehr stellte der rheumatologische Gutachter des ABI gestützt auf das MRI der LWS vom 28. August 2000 sowie der HWS und der oberen BWS vom 25. Juni 2001 die Verdachtsdiagnosen eines anhaltenden sensiblen radikulären Ausfallsyndroms L5/S1 rechts sowie eines cervico-radikulären Ausfallsyndroms C8 beidseits, rechts mehr als links (Bericht vom 27. Mai 2002). Die erwähnten MRI-Untersuchungen hatten keine Kompression von neuralen Strukturen ergeben. Die beiden Verdachtsdiagnosen wurden im ABI-Gutachten ebenfalls unter den Diagnosen mit Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit aufgeführt. Es ist nicht auszuschliessen, dass die maximale Arbeitsfähigkeit von 50% nur gegeben ist, wenn tatsächlich keine radikulären Ausfälle bestehen. In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, dass Frau Dr. med. B.________, Fachärztin für Physikalische Medizin und Rehabilitation, welche den Beschwerdeführer seit Juni 2003 behandelte, in ihrem Schreiben vom 9. August 2004 an das ABI etwa alle drei Wochen rezidivierende schubartige chronische Schmerzen erwähnte. Aufgrund des verschlechterten klinisch-neurologischen Befundes hätte sich zur Sicherung der Diagnose eine radiomorphologische Abklärung aufgedrängt. Die Unfallversicherungsakten der SUVA geben in diesem Zusammenhang nichts her. Abgesehen vom unteren LWS-Bereich bildete die Wirbelsäule nicht Gegenstand der unfallmedizinischen Abklärungen (vgl. insbesondere Austrittsbericht der Rehabilitationsklinik C._________ vom 20. März 1998). Erwähnenswert ist immerhin, dass im kreisärztlichen Bericht vom 23. Mai 2000 ausdrücklich eine PW-Autofahrtauglichkeit festgehalten worden war. Demgegenüber sind laut ABI-Gutachten längere Autofahrten nicht zumutbar. Schliesslich empfahlen die Experten ausdrücklich eine erneute stationäre Rehabilitation. Sie erachteten die Wahrscheinlichkeit einer Verbesserung der Restarbeitsfähigkeit durch diese Massnahme zwar als gering, ohne jedoch die Gründe hiefür anzugeben.
 
4.2 Aufgrund des Gesagten kann die vom kantonalen Gericht und von der IV-Stelle angenommene zumutbare Arbeitsfähigkeit von 50% in leidensangepassten Tätigkeiten aus somatischer Sicht nicht als hinreichend gesichert gelten. Vielmehr sind weitere rheumatologische und neurologische Abklärungen durch die Verwaltung erforderlich, allenfalls Einholung eines Ergänzungsgutachtens beim ABI. Hingegen ist der Sachverhalt in psychiatrischer Hinsicht vollständig festgestellt. Dabei ist entgegen den Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung von invalidisierendem Charakter (vgl. dazu BGE 131 V 49 und BGE 130 V 352 sowie 396) zumindest bis zum den Prüfungszeitraum begrenzenden Einspracheentscheid vom 21. Juni 2004 (BGE 131 V 353 E. 2 S. 354) zu verneinen. Es mangelt bereits an einer fachärztlich gestellten solchen Diagnose (BGE 132 V 65 E. 3.4 S. 69). Schliesslich hat es das kantonale Gericht zu Recht abgelehnt, in analoger Anwendung von Art. 6 Abs. 2 ATSG mindestens bis April 1999 von einer Erwerbsunfähigkeit von 75% auszugehen. Was hiegegen vorgebracht wird, ist nicht stichhaltig (vgl. zur Bedeutung von Art. 6 Satz 2 ATSG RKUV 2005 Nr. KV 342 S. 356 [K 42/05]). Im Übrigen sind Eingliederungsmassnahmen beruflicher Art nicht Prozessthema.
 
4.3 Auf die Einwendungen gegen den vorinstanzlichen Einkommensvergleich braucht hier mit Ausnahme des Valideneinkommens nicht weiter eingegangen zu werden. Die Fr. 60'840.- (= Fr. 26.- [Stundenlohn] x 45 [durchschnittliche Wochenarbeitszeit] x 52) beruhen auf einer telefonischen Auskunft des Arbeitgebers, festgehalten in einem internen Papier der Berufsberaterin der IV-Stelle vom 9. August 2002. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Form der Einholung von entscheidrelevanten Angaben rechtens ist (vgl. immerhin BGE 117 V 282 E. 4c S. 284 f.). Auf die fragliche telefonische Auskunft kann so oder anders nicht abgestellt werden. Gemäss IK-Auszug vom 11. Dezember 1997 arbeitete der Beschwerdeführer erstmals 1995 nach Erhalt der Jahresaufenthaltsbewilligung das ganze Jahr in der Schweiz. Die Jahre vorher weisen lediglich Eintragungen für die Monate März bis Dezember aus. Für 1995 wurden Fr. 44'256.-, für 1996 Fr. 37'044.- verabgabt. Am 16. August dieses Jahres war der Beschwerdeführer verunfallt und hatte danach nicht mehr gearbeitet. Die Lohnausweise für die Steuererklärung 1995 und 1996 deklarierten Bruttolöhne von Fr. 47'555.- und Fr. 56'957.-. In diesen Beträgen waren u.a. Taggelder von Fr. 3428.- und Fr. 18'463.- enthalten. Diese Zahlen deuten auf ein sehr unterschiedliches zeitliches Arbeitspensum hin. Im Fragebogen für den Arbeitgeber vom 12. Dezember 1997 wurde ein Stundenlohn von Fr. 26.- angegeben. Demgegenüber nannte die Firma dem Unfallversicherer gegenüber für 1999 und 2000 einen Stundenlohn von Fr. 24.-. Dazu kam ein Ferienanteil von 10,5% sowie eine Gratifikation von 50% des durchschnittlichen Monatslohns (UV-Aktennotiz vom 1. September 2000). Darauf stellte die SUVA bei der Invaliditätsbemessung ab, was das kantonale Gericht im Entscheid vom 4. Mai 2001 bestätigte. Aufgrund dieser unklaren und zum Teil widersprüchlichen Angaben zu den Lohnverhältnissen vor und nach Eintritt des Gesundheitsschadens im August 1996 lässt sich das von der Vorinstanz angenommene Valideneinkommen von Fr. 60'840.- nicht ohne weiteres bestätigen. Es bedarf diesbezüglich weiterer Abklärungen insbesondere auch zum geltend gemachten Anspruch auf einen 13. Monatslohn im Gesundheitsfall. Schliesslich ist entgegen der Vorinstanz durchaus von Bedeutung, dass die Firma 2003 den Betrieb einstellte und der Beschwerdeführer auf diesen Zeitpunkt ohnehin seine Stelle verloren hätte. Ein solcher Stellenverlust stellt einen Revisionsgrund im Sinne von Art. 17 Abs. 1 ATSG dar, welcher im Einspracheentscheid vom 21. Juni 2004 zu berücksichtigen gewesen wäre (Urteil U 181/00 vom 18. Januar 2002 E. 3b).
 
Im Sinne des Vorstehenden wird die IV-Stelle weitere Abklärungen vorzunehmen haben und danach über den streitigen Umfang der Rente neu verfügen.
 
5.
 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer Anspruch auf Parteientschädigung (Art. 159 Abs. 1 und 2 OG in Verbindung mit Art. 135 OG). Er erachtet eine Entschädigung von Fr. 3000.- zuzüglich Mehrwertsteuer als sachgerecht, ohne dies indessen zu begründen oder den tatsächlichen Vertretungsaufwand zu belegen. Die Parteientschädigung (einschliesslich Mehrwertsteuer) ist daher praxisgemäss auf Fr. 2500.- festzusetzen. Über die Höhe der Parteientschädigung für das kantonale Verfahren wird die Vorinstanz zu befinden haben.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden vom 3. Juni 2005 und der Einspracheentscheid vom 21. Juni 2004 aufgehoben werden und die Sache an die IV-Stelle des Kantons Graubünden zurückgewiesen wird, damit sie nach ergänzenden Abklärungen im Sinne der Erwägungen über die Rente der Invalidenversicherung neu verfüge.
 
2.
 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
3.
 
Die IV-Stelle des Kantons Graubünden hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Bundesgericht eine Parteientschädigung (einschliesslich Mehrwertsteuer) von Fr. 2500.- zu bezahlen.
 
4.
 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden hat die Parteientschädigung für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Prozesses festzusetzen.
 
5.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt.
 
Luzern, 15. Juni 2007
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
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