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Informationen zum Dokument  BGer I 677/2006  Materielle Begründung
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BGer I 677/2006 vom 29.05.2007
 
Tribunale federale
 
{T 7}
 
I 677/06
 
Urteil vom 29. Mai 2007
 
II. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
 
Bundesrichter Lustenberger, Seiler,
 
Gerichtsschreiberin Bollinger Hammerle.
 
Parteien
 
IV-Stelle des Kantons Aargau, Kyburgerstrasse 15, 5001 Aarau, Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
B.________, 1952, Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Invalidenversicherung,
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 31. März 2006.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
B.________, geboren 1952, arbeitete seit 1. Oktober 2001 als Bote bei der Firma P.________. Am 4. Juni 2004 meldete er sich unter Hinweis auf Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule und Weichteilrheuma bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons Aargau führte erwerbliche Abklärungen durch und holte einen Bericht des Hausarztes Dr. med. E.________, Allgemeine Medizin FMH, vom 6. September 2004 ein, dem eine Einschätzung des Dr. med. F.________, Rheumatologie und Innere Medizin FMH, vom 5. November 2003 beilag. Weiter richtete sie eine mündliche Anfrage an ihren Regionalen Ärztlichen Dienst (RAD; Dr. med. A.________, Allgemeine Medizin FMH) vom 3. November 2004. Mit Verfügung vom 12. November 2004 wies die IV-Stelle das Leistungsbegehren des B.________ ab. Daran hielt sie auf Einsprache des B.________ hin fest (Entscheid vom 5. Januar 2005).
 
B.
 
Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau hiess die hiegegen erhobene Beschwerde des B.________ teilweise gut, hob den Einspracheentscheid auf und wies die Sache zur weiteren Abklärung und Erlass einer neuen Verfügung an die IV-Stelle zurück.
 
C.
 
Die IV-Stelle führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides sowie die Bestätigung des Einspracheentscheides.
 
Vorinstanz, B.________ und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Vernehmlassung.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
1.1 Das Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (BGG [SR 173.110]) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205 und 1243). Da der angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).
 
1.2 Der angefochtene Entscheid betrifft Leistungen der Invalidenversicherung. Das Bundesgericht prüft daher nur, ob das kantonale Gericht Bundesrecht verletzte, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt wurde (Art. 132 Abs. 2 OG [in der Fassung gemäss Ziff. III des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Änderung des IVG, in Kraft seit 1. Juli 2006] in Verbindung mit Art. 104 lit. a und sowie Art. 105 Abs. 2 OG).
 
2.
 
2.1 Streitig und zu prüfen ist, ob das kantonale Gericht die Sache zu Recht zur Ergänzung der Abklärungen und neuen Verfügung über den Rentenanspruch an die IV-Stelle zurückgewiesen hat.
 
2.2 Die Vorinstanz stellt in für das Bundesgericht verbindlicher Weise (Art. 105 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 132 Abs. 2 OG; E. 1.2 hievor) fest, dass die medizinisch-theoretische Arbeitsfähigkeit des Versicherten unvollständig abgeklärt worden sei. Die Beschwerdeführerin habe es unterlassen, beim Rheumatologen Dr. med. F.________ eine ergänzende fachärztliche Beurteilung einzuholen, obwohl unklar bzw. fachärztlich nicht ausgewiesen sei, wie sich der Gesundheitszustand des Versicherten seit der rheumatologischen Einschätzung vom 5. November 2003 entwickelt habe. Inwiefern diese Feststellung offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen zustande gekommen sein soll, legt die Beschwerdeführerin nicht dar. Das kantonale Gericht hat - unter Hinweis darauf, dass der Hausarzt am 29. März 2005 eine Verschlechterung der gesundheitlichen Verhältnisse angegeben hatte und aus den Akten nicht hervorgeht, ob und allenfalls in welchem Masse eine Verschlimmerung zwischen der Beurteilung vom 5. November 2003 und dem Erlass des Einspracheentscheides vom 5. Januar 2005 eingetreten war - nachvollziehbar dargelegt, weshalb es die medizinischen Akten als unvollständig erachtet.
 
2.3 Daran ändert insbesondere auch der letztinstanzlich erstmals geltend gemachte Einwand der Beschwerdeführerin nichts, der Hausarzt habe am 6. September 2004 eine vollständige Arbeitsfähigkeit von mehr als 30 Tagen (4. Mai bis 24. Juni 2004) bescheinigt, weshalb der Rentenanspruch bis zum Erlass des Einspracheentscheides vom 5. Januar 2005 (gemäss Art. 29 Abs. 1 IVG in Verbindung mit 29ter IVV) noch gar nicht habe entstehen können. Der Bericht des Dr. med. E.________ vom 6. September 2004 befand sich zwar bereits im kantonalen Verfahren bei den Akten (die Vorinstanz nimmt in ihrem Entscheid [E. 2.3 und 2.6] auch darauf Bezug) und es ist diesem (e contrario) in der Tat eine Arbeitsfähigkeit vom 4. Mai bis 24. Juni 2004 zu entnehmen. Die neue tatsächliche Behauptung verstösst damit nicht gegen das Novenverbot (vgl. BGE 125 II 217 E. 3a S. 221). Indessen sind die hausärztlich attestierten Arbeitsunfähigkeiten zumindest teilweise widersprüchlich: So erklärte der Hausarzt mit Schreiben an den Ärztlichen Dienst vom 7. Mai 2004, die Arbeitstätigkeit habe (erst) am 1. März 2004 (lediglich) im Umfang von 50 % wieder aufgenommen werden können während er im Arztbericht vom 6. September 2004 für die Zeit vom 1. Januar bis 28. Februar 2004 keine Arbeitsunfähigkeit attestiert, aber schon im Arztzeugnis für die Winterthur Versicherung vom 4. Januar 2004 die Arbeitsaufnahme als Bote als unwahrscheinlich bezeichnet hatte. In Würdigung der Abwesenheitskontrolle der Arbeitgeberin (Beilage zum "Fragebogen Arbeitgeber" vom 7. September 2004), wonach der Beschwerdegegner vom 6. Oktober 2003 bis 29. Februar 2004 vollständig arbeitsunfähig, vom 1. März bis 25. Juni 2004 zu 50 % arbeitsfähig, ab 26. Juni bis 20. August 2004 wiederum vollständig arbeitsunfähig und ab 21. August 2004 zu 50 % arbeitsfähig gewesen war, ist ein wesentlicher Unterbruch der Arbeitsunfähigkeit ohnehin nicht überwiegend wahrscheinlich.
 
3.
 
Das Verfahren hat Leistungen der Invalidenversicherung zum Gegenstand und ist deshalb kostenpflichtig (Art. 134 Satz 2 OG, gültig gewesen vom 1. Juli bis 31. Dezember 2006; vgl. E. 1.1 und 1.2). Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin als unterliegender Partei aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 135 OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau, der Ausgleichskasse des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt.
 
Luzern, 29. Mai 2007
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
 
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