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Informationen zum Dokument  BGer 1P_49/2007  Materielle Begründung
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BGer 1P_49/2007 vom 16.04.2007
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
1P.49/2007 /ggs
 
Urteil vom 16. April 2007
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Féraud, Präsident,
 
Bundesrichter Aemisegger, Fonjallaz,
 
Gerichtsschreiber Steinmann.
 
Parteien
 
F.________, Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Regierungsrat des Kantons Zug, Regierungsgebäude, Postfach, 6301 Zug, vertreten durch die Gesundheitsdirektion des Kantons Zug, Neugasse 2, Postfach 455, 6301 Zug,
 
Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Verwaltungsrechtliche Kammer, An der Aa 6,
 
Postfach 760, 6301 Zug.
 
Gegenstand
 
Datenschutz; Herausgabe und Vernichtung von Krankenakten,
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil
 
des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug, Verwaltungsrechtliche Kammer, vom 28. Dezember 2006.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Mit zahlreichen Schreiben verlangte F.________ von den Ambulanten Psychiatrischen Diensten des Kantons Zug (APDienste) die Herausgabe der Originalkrankenakten und die Vernichtung sämtlicher sie betreffenden Daten und untersagte den APDiensten die Anfertigung von Kopien ihrer Krankenakten. Nach mehreren Schreiben wiesen die APDienste die Begehren von F.________ mit Verfügung vom 10. April 2006 förmlich ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, die APDienste stellten ein Amt der Gesundheitsdirektion des Kantons Zug dar und unterstünden dem kantonalen Datenschutz- und Archivgesetz; diese erlaubten die definitive Herausgabe der Originalkrankenakten nicht und verpflichteten die betroffene Amtsstelle zur Aufbewahrung. Die APDienste erklärten sich indes bereit, Einsicht in die Originalkrankenakten zu gewähren und Kopien davon auszuhändigen.
 
Die von F.________ dagegen erhobene Verwaltungsbeschwerde wies der Regierungsrat des Kantons Zug am 24. Oktober 2006 ab. Er hielt fest, dass die Originalkrankenakten nach Abschluss der Behandlung im Hinblick auf eine erneute Behandlung oder aber als Beweismaterial aufbewahrt werden müssten. Falle dieses Aufbewahrungsinteresse dahin, seien die Akten grundsätzlich dem Staatsarchiv für eine Archivierung mit einer Schutzfrist von 30 bzw. 100 Jahren anzubieten. Bei fehlender Archivwürdigkeit könnten die Akten herausgegeben werden, sofern keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstünden.
 
In der Folge wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zug die Beschwerde von F.________ mit Entscheid vom 28. Dezember 2006 ab. Es ging von der Anwendbarkeit des kantonalen Datenschutzrechtes aus, hielt die Aufbewahrung der Krankenakten als Beweismittel und im Hinblick auf weitere Behandlungen für erforderlich und erachtete die Aufbewahrung auch unter dem Gesichtswinkel des kantonalen Archivgesetzes für geboten.
 
B.
 
Gegen diesen Entscheid des Verwaltungsgerichts hat F.________ beim Bundesgericht am 16. Januar 2007 staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Sie verlangt sinngemäss die Aufhebung des Verwaltungsgerichtsurteils und die Herausgabe der Originalkrankenakten. Ferner ersucht sie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
 
Das Verwaltungsgericht beantragt Abweisung der Beschwerde. Die Gesundheitsdirektion des Kantons Zug hat im Namen des Regierungsrates auf Vernehmlassung verzichtet.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Der angefochtene Entscheid des Verwaltungsgerichts ist noch im Jahre 2006 ergangen. Demnach kommt nach Art. 132 Abs. 1 des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) noch das Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG) zur Anwendung.
 
Die Beschwerdeführerin beruft sich auf die persönliche Freiheit und den Schutz der Privatsphäre im Sinne von Art. 10 Abs. 2 und Art. 13 BV. Sie setzt sich indessen mit dem angefochtenen Urteil nicht näher auseinander; die Beschwerdeschrift genügt über weite Teile den Anforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG nicht, weshalb insoweit auf die Beschwerde nicht einzutreten ist.
 
2.
 
Die APDienste haben der Beschwerdeführerin die vorbehaltlose Einsicht in die Krankenakten nicht verweigert und ihr die Aushändigung von Kopien offeriert. Streitgegenstand bildet demnach nicht die Einsicht, sondern allein die Frage, ob die Originalkrankenakten herausgegeben und bei den APDiensten vorhandenen Daten über die Beschwerdeführerin vernichtet werden müssen. Die Behandlungen der Beschwerdeführerin durch die APDienste sind nicht zu beurteilen.
 
Das Verwaltungsgericht hat in überzeugender Weise dargelegt, dass das Bundesgesetz über den Datenschutz nicht zur Anwendung gelangt und für die Beurteilung der vorliegenden Streitsache das kantonale Datenschutzgesetz (kDSG; Gesetzessammlung 157.1) massgebend ist (vgl. BGE 122 I 153 E. 2 S. 155). Die Beschwerdeführerin legt nicht dar, weshalb diese Auffassung verfassungswidrig sein soll.
 
Die Beschwerdeführerin zieht nicht in Zweifel, dass die APDienste Daten und besonders schützenswerte Daten der Beschwerdeführerin im Sinne von § 5 kDSG bearbeiten durfte. Dazu gehört auch die Aufbewahrung der Krankenakten. Das Verwaltungsgericht hat im Einzelnen dargelegt, dass die Aufbewahrung im öffentlichen Interesse liegt und vorderhand erforderlich ist. Daran vermag der Umstand nichts zu ändern, dass sich die Beschwerdeführerin inskünftig von den APDiensten nicht mehr behandeln lassen will. Damit stellt sich die Frage der Archivierung zurzeit nicht, weshalb auf die diesbezüglichen Einwände der Beschwerdeführerin nicht näher einzugehen ist. Ebenso wenig ist die Kritik der Beschwerdeführerin an den von den APDiensten geleisteten Behandlungen zu prüfen. Wie das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, kann die Beschwerdeführerin aus dem Umstand, dass sie vom Kantonsspital entsprechende Krankenakten ausgehändigt bekommen hatte, für den vorliegenden Fall nichts zu ihren Gunsten ableiten.
 
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet.
 
3.
 
Demnach ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Wegen Aussichtslosigkeit ist das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege abzuweisen. In Anbetracht der Mittellosigkeit der Beschwerdeführerin rechtfertigt es sich ausnahmsweise, auf Kosten zu verzichten.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Es werden keine Kosten erhoben.
 
3.
 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin sowie dem Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Verwaltungsrechtliche Kammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 16. April 2007
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
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