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Informationen zum Dokument  BGer U 27/2005  Materielle Begründung
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BGer U 27/2005 vom 25.01.2007
 
Tribunale federale
 
{T 7}
 
U 27/05
 
Urteil vom 25. Januar 2007
 
I. sozialrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Lustenberger, präsidierendes Mitglied,
 
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Seiler,
 
Gerichtsschreiber Scartazzini.
 
Parteien
 
Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft, Hohlstrasse 552, 8048 Zürich, Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
1. H.________, 1963, vertreten durch Rechtsanwalt Fritz Dahinden, Blumenbergplatz 1, 9000 St. Gallen,
 
2. Barmenia Krankenversicherung a.G., Hauptverwaltung, Kronprinzallee 12-18, DE 42094 Wuppertal, Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
Unfallversicherung,
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 24. November 2004.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Der 1963 geborene H.________ war im Spital X.________ als Assistenzarzt Chirurgie tätig gewesen und damit bei der ELVIA-Versicherungen obligatorisch gegen die Folgen von Unfällen versichert. Am 6. Mai 1995 wurde er in eine Auffahrkollision verwickelt und zog sich dabei ein Schleudertrauma der Wirbelsäule zu. Mit Verfügung vom 29. April 2002 stellte die Allianz-Suisse (nachfolgend Allianz) als Rechtsnachfolgerin der ELVIA-Versicherungen die bisher erbrachten Leistungen auf den 8. Januar 2002 ein. Nachdem sowohl H.________ als auch die Barmenia Krankenversicherung a.G., Wuppertal, sowie die VSAO Vorsorgestiftung, Bern, dagegen Einsprache erhoben hatten, bestätigte die Allianz mit Entscheid vom 21. November 2003 die verfügte Leistungseinstellung.
 
B.
 
Dagegen liessen der Versicherte und die Barmenia Krankenversicherung a.G. Beschwerde erheben und beantragen, in Aufhebung des Einspracheentscheides sei die Allianz zu verpflichten, dem Versicherten ab dem 8. Januar 2002 weiterhin die gesetzlichen Versicherungsleistungen zu erbringen. Nachdem die Invalidenversicherung H.________ berufliche Massnahmen gewährt hatte, richtete sie ihm mit Wirkung ab 1. September 1999 eine halbe Invalidenrente gestützt auf einen Invaliditätsgrad von 61 % aus. Mit Entscheid vom 24. November 2004 hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die Beschwerde gut und stellte fest, dass die Allianz auch für Unfallfolgen für die Zeit nach dem 8. Januar 2002 leistungspflichtig ist.
 
C.
 
Gegen den kantonalen Entscheid lässt die Allianz Verwaltungsgerichtsbeschwerde erheben und beantragen, unter Kosten- und Entschädigungsfolge sei der Einspracheentscheid zu bestätigen.
 
H.________ und die Barmenia Krankenversicherung a.G. lassen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen, während das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung verzichtet.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch nach OG (Art. 132 Abs. 1 BGG; BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395).
 
2.
 
Streitig und zu prüfen ist unter dem Gesichtswinkel des in Art. 6 Abs. 1 UVG angelegten Anspruchserfordernisses der Kausalität, ob die vom Beschwerdegegner geltend gemachten Gesundheitsbeeinträchtigungen noch in einem rechtserheblichen Kausalzusammenhang zum versicherten Unfall vom 6. Mai 1995 stehen ob dieser bis längstens zum Erlass des Einspracheentscheides vom 21. November 2003, welcher die zeitliche Grenze der richterlichen Überprüfungsbefugnis bildet (BGE 121 V 366 E. 1b mit Hinweis; vgl. auch BGE 129 V 4 E. 1.2, 169 E. 1, 356 E. 1, je mit Hinweisen), über den 8. Januar 2002 hinaus weiterhin Anspruch auf Versicherungsleistungen gibt. Die zur Beurteilung der vorausgesetzten Kausalität rechtsprechungsgemäss erforderlichen Grundsätze hat das kantonale Gericht in allen Teilen zutreffend dargelegt. Es betrifft dies hauptsächlich die Frage, ob die Adäquanzbeurteilung nach den für Schleudertraumen der HWS und äquivalente Verletzungen (BGE 117 V 359 ff.) oder nach den für psychogene Unfallfolgen (BGE 115 V 133 ff.) geltenden Regeln zu erfolgen hat. Darauf wird verwiesen.
 
3.
 
3.1 Bei einer Gesamtwürdigung der eingeholten fachärztlichen Gutachten und Arztberichte, insbesondere gestützt auf das von der MEDAS Y.________ am 4. Mai 2001 erstellte Gutachten gelangte das kantonale Gericht mit zutreffender und überzeugender Begründung zum Schluss, dass der Versicherte am 6. Mai 1995 ein Schleudertrauma erlitten hatte und dass gemäss Erstbefund ein paravertebraler Hartspann, eingeschränkte Beweglichkeit der HWS und LWS sowie eine Kontusion thorakal im Bereich des Gurtes diagnostiziert wurden. Die Röntgenbefunde der Wirbelsäule hatten keinen Hinweis auf Läsionen gegeben und aus einem Bericht über eine ambulante Untersuchung an der Rehaklinik Bellikon vom 12. Februar 1997 waren folgende Diagnosen zu entnehmen: "Segmentbewegungsstörungen primär am zerviko-thorakalen Übergang, sekundär im Bereiche C1 bis C3 beidseits samt zwei Beschwerdearten: a) Einmauerungsgefühl von zerviko-thorakal bis Hinterhaupt, b) vegetative Symptomausfälle (Schlafstörung, Schwitzen, Angst, Konzentrationsstörungen, Verschwommensehen)". Ferner hat die Vorinstanz erkannt, dass die psychischen Beschwerden des Versicherten ursprünglich nicht derart ausgeprägt waren, dass die Adäquanz nach der Rechtsprechung zu den psychischen Fehlentwicklungen (BGE 115 V 133 ff.) hätte beurteilt werden sollen, sondern dass unmittelbar nach dem Unfall die somatischen Beschwerden eindeutig im Vordergrund gestanden hatten und erst gut zwei Jahre danach und nach Ausbleiben einer deutlichen Besserung des Gesundheitszustandes trotz diverser Therapien im somatischen Bereich der Versicherte psychiatrisch betreut wurde. Die entsprechenden Fachleute sind der Ansicht, dass sich die psychische Reaktion wegen der anhaltenden somatischen Schmerzen und Beeinträchtigungen eingestellt hat, und auch aus dem MEDAS-Gutachten ist keine Dominanz der psychischen Leiden herauszulesen. Das kantonale Gericht hat schliesslich erwogen, eine Beurteilung nach BGE 115 V 133 ff. würde bedingen, dass schon unmittelbar nach dem Unfall das psychische Leiden die übrigen Beschwerden in den Hintergrund treten lasse (BGE 123 V 99 E. 2a). Hier liege indessen das typische Beschwerdebild nach einem Schleudertrauma vor und sei die Adäquanz nach der Rechtsprechung gemäss BGE 117 V 359 zu prüfen, mit der Folge, dass zwischen physischen und psychischen Unfallfolgen nicht zu differenzieren sei. Nachdem die Vorinstanz den Unfall der Kategorie der mittleren Unfälle im mittleren Bereich, eventuell im Grenzbereich zu den leichten Unfällen, zugeordnet hatte, kam sie zum Schluss, dass von den zu prüfenden Adäquanzkriterien mindestens vier davon vorliegen, sodass der adäquate Kausalzusammenhang zu bejahen sei.
 
3.2 Demgegenüber bestreitet die Beschwerdeführerin, dass der Versicherte, welcher in der Zwischenzeit den Titel Facharzt FMH für Allgemeinmedizin erworben hat, ohne Unfallereignis eine mögliche chirurgische Laufbahn geplant und eingeschlagen hätte. Nach ihrem Dafürhalten ist das Unfallereignis als leicht einzustufen. Zudem macht die Allianz geltend, die Adäquanzbeurteilung müsse gemäss der Rechtsprechung zu Unfällen mit psychischer Fehlentwicklung (BGE 115 V 133 ff., 123 V 99 ff.) erfolgen. Diesbezüglich sei einerseits zu beachten, dass die anfänglichen physischen Beschwerden keine Arbeitsunfähigkeit bewirkt hatten und der Versicherte erst nach über dreieinhalb Jahren voller Arbeitstätigkeit teilweise arbeitsunfähig geworden sei. Andererseits seien bereits ein Jahr nach dem Unfall neuropsychologische Auffälligkeiten sowie Stimmungsschwankungen bemerkt worden und der Beschwerdegegner sei ab Januar 1997 konstant in psychiatrischer und psychotherapeutischer Behandlung gestanden. Diese Beeinträchtigungen würden deshalb klar im Vordergrund stehen. Schliesslich macht die Beschwerdeführerin geltend, dass weder ein Zusatzkriterium in besonders ausgeprägter Weise als gegeben betrachtet werden könne, noch seien die zu berücksichtigenden Punkte in gehäufter oder auffallender Weise erfüllt, weshalb die Adäquanz zwischen dem Unfallereignis und der ab Herbst 1998 teilweisen Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit zu verneinen sei.
 
3.3 Diese Einwände sind nicht stichhaltig und vermögen am Ergebnis des erstinstanzlichen Entscheides daher nichts zu ändern. Insbesondere hat das kantonale Gericht bei der Prüfung der einzelnen Zusatzkriterien die Erfüllung von deren vier und darunter jenes bezüglich Grad und Dauer der Arbeitsunfähigkeit zu Recht bejaht. Auch der Beschwerdegegner macht in seiner Vernehmlassung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde zutreffend geltend, die Behauptung, dass bis Oktober 1998 eine volle Arbeits- und Leistungsfähigkeit bestanden habe, im Widerspruch zu den zahlreichen medizinischen Verlaufsberichten steht. Der Beschwerdegegner führt zudem aus, die Vorinstanz habe den Verkehrsunfall richtigerweise der Kategorie der mittleren Unfälle im mittleren Bereich zugeordnet und die Beschwerdeführerin glaube nur deshalb, ein primär psychisches Beschwerdebild behaupten und damit die Vornahme der Adäquanzbeurteilung nach BGE 115 V 133 ff. fordern zu können, weil sie das zwar gemeinsam eingeholte Gutachten der MEDAS vom 4. Mai 2001 ausser Acht lasse.
 
3.4 Aus dem Gesagten ergibt sich, dass das kantonale Gericht somit richtig befunden hat, der Versicherte erfülle auch über den 8. Januar 2002 hinaus die Voraussetzungen für die Weiterausrichtung der von der Allianz zu erbringenden Versicherungsleistungen.
 
4.
 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario; BGE 127 V 106, 120 V 494 E. 3, 119 V 222 E. 4b). Dem Ausgang des letztinstanzlichen Verfahrens entsprechend steht dem obsiegenden, anwaltlich vertretenen Beschwerdegegner H.________ eine Parteientschädigung zu (Art. 159 Abs. 1 und 2 OG in Verbindung mit Art. 135 OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 6'000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.
 
3.
 
Die Beschwerdeführerin hat dem Beschwerdegegner H.________ für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt.
 
Luzern, 25. Januar 2007
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber:
 
i.V.
 
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