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Informationen zum Dokument  BGer 1P.304/2006  Materielle Begründung
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BGer 1P.304/2006 vom 24.08.2006
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
1P.304/2006 /scd
 
Urteil vom 24. August 2006
 
I. Öffentlichrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Féraud, Präsident,
 
Bundesrichter Fonjallaz,
 
Ersatzrichterin Geigy-Werthemann,
 
Gerichtsschreiberin Schoder.
 
Parteien
 
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwältin Lisa Zaugg,
 
gegen
 
Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich, Selnaustrasse 28, Postfach, 8039 Zürich,
 
Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, Hirschengraben 15, Postfach, 8023 Zürich.
 
Gegenstand
 
Strafverfahren,
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer,
 
vom 6. März 2006.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Mit Anklageschrift vom 27. Oktober 2004 der Bezirksanwaltschaft II für den Kanton Zürich ist X.________ der mehrfachen Verbrechen und der mehrfachen Übertretung gegen das Bundesgesetz vom 3. Oktober 1951 über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe (Betäubungsmittelgesetz, BetmG; SR 812.121), der Vergehen gegen das Bundesgesetz vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20) sowie der Vergehen gegen das Bundesgesetz vom 20. Juni 1979 über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz, WG; SR 514.54) und der dazu gehörigen Verordnung angeklagt. Mit Urteil vom 13. April 2005 sprach das Bezirksgericht Zürich, 9. Abteilung, den Angeklagten der Anklage entsprechend schuldig und bestrafte ihn mit 4 Jahren Zuchthaus unter Anrechnung der Polizei-, Untersuchungs- und Sicherheitshaft sowie mit sieben Jahren Landesverweisung, deren Vollzug nicht aufgeschoben wurde. In einzelnen Anklagepunkten sprach es den Angeklagten teilweise frei, soweit es auf die Anklage eintrat.
 
B.
 
Gegen dieses Urteil führte X.________ Berufung an das Obergericht des Kantons Zürich. Die Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich beantragte Bestätigung des erstinstanzlichen Entscheids. Im Berufungsverfahren waren noch folgende Anklagepunkte zu überprüfen:
 
- Bestellung von 250 Gramm Kokain durch X.________ bei Y.________ am 11./12. Juni 2002,
 
- Übergabe von ca. Fr. 15'000.-- von X.________ an Y.________ am Abend des 21. Juni 2002 im Raum Urdorf für den Kauf von Drogen,
 
- Übernahme von 500 Gramm Kokain durch X.________ von Y.________ am 28. Juni 2002 im Raum Egerkingen,
 
- Übergabe von Fr. 10'000.-- von X.________ an Y.________ vom 11. Juli 2002 im Raum Pratteln für den Kauf weiterer Drogen,
 
- Übernahme von 500 Gramm Kokain durch X.________ von Y.________ aus der Lieferung vom 12. Juli 2002 im Raum Uster/ Dübendorf/Wallisellen oder aus der Lieferung vom 19. Juli 2002 im Raum Glattbrugg/Schlieren Zürich,
 
- Bestellung von zwei Paketen Kokain à 500 Gramm von X.________ bei Y.________ vom 25. Juli 2002,
 
- Übergabe eines Geldbetrages in unbestimmter Höhe durch X.________ an Y.________ für weitere Kokainkäufe am 5. August 2002 beim Bahnhof Solothurn,
 
- Übernahme von einem Paket mit 500 Gramm Kokain durch X.________ von Y.________ aus der Lieferung vom 5./6. August 2002 am 6. August 2002 im Raum Zürich/Kloten Umgebung.
 
Im Urteil vom 6. März 2006 stellte die I. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich fest, dass das Urteil der 9. Abteilung des Bezirksgerichts Zürich vom 13. April 2005 hinsichtlich verschiedener Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz, das ANAG sowie das Waffengesetz und die Waffenverordnung in Rechtskraft erwachsen war. Es erklärte X.________ des mehrfachen Verbrechens im Sinne von Art. 19 Ziff. 1 Abs. 5 und 6 BetmG in Verbindung mit Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG für schuldig. Hinsichtlich des Vorwurfs der Übernahme von 500 Gramm Kokain aus der Lieferung vom 12. Juli 2002 sprach es ihn frei. Es bestätigte die erstinstanzlich ausgesprochene Strafe und Nebenstrafe.
 
C.
 
Gegen dieses Urteil hat X.________ am 22. Mai 2006 staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht eingereicht mit den Anträgen, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache sei zu neuer Entscheidung an das Obergericht zurückzuweisen. Der Beschwerdeführer sei unverzüglich aus der Haft zu entlassen. Ferner ersucht der Beschwerdeführer um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren.
 
D.
 
Die Staatsanwaltschaft II und die I. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich haben auf eine Stellungnahme verzichtet.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
1.1 Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob auf eine Beschwerde einzutreten ist (BGE 131 II 58 E. 1 S. 60; 130 I 312 E. 1 S. 317; 130 II 65 E. 1 S. 67, je mit Hinweisen).
 
1.2 Das angefochtene Urteil ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid, gegen den die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte grundsätzlich zulässig ist (Art. 84 Abs. 1 lit. a und Abs. 2, Art. 86 Abs. 1 OG). Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Urteil persönlich betroffen und daher zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert (Art. 88 OG). Auf die Beschwerde ist daher grundsätzlich einzutreten.
 
1.3 Nicht einzutreten ist auf den Antrag des Beschwerdeführers, er sei unverzüglich aus der Haft zu entlassen, da die Anordnung von Haft vorliegend nicht Streitgegenstand bildet.
 
1.4 Im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde gilt das Rügeprinzip. Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen. Dabei hat der Beschwerdeführer die wesentlichen Tatsachen zu nennen und darzulegen, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). Handelt es sich um eine Willkürbeschwerde wegen Verletzung von Art. 9 BV, genügt es nicht, wenn der Beschwerdeführer bloss den angefochtenen Entscheid kritisiert, wie er dies in einem appellatorischen Verfahren tun könnte, bei dem die Rechtsmittelinstanz die Rechtsanwendung frei überprüfen kann. Er muss deutlich dartun, welche Vorschriften oder allgemein anerkannten Rechtsgrundsätze die kantonalen Behörden in einer gegen Art. 9 BV verstossenden Weise verletzt haben sollen. Auf unbegründete Rügen und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 262; 129 1 185 E. 1.6 S. 189, je mit Hinweisen).
 
Soweit der Beschwerdeführer diesen Begründungsanforderungen nicht nachkommt, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Dies gilt vorweg für die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV), welche den dargelegten Begründungsanforderungen nicht genügt.
 
2.
 
2.1 Der Beschwerdeführer wendet sich gegen seine Verurteilung wegen Drogenhandelsaktivitäten in der Zeit von Mitte Juni bis Anfang August 2002 und macht geltend, der massgebliche Sachverhalt sei unter Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV) und des Grundsatzes "in dubio pro reo" (Art. 32 Abs. 1 BV) festgestellt worden. Die übrigen Anklagepunkte, in denen das Obergericht den Beschwerdeführer schuldig sprach, sind unbestritten.
 
2.2 Der Beschwerdeführer beanstandet die Sachverhaltsermittlung betreffend den Sachverhalt vom 5./6. August 2002 (Anklage-Ziffer 1.A.8.10). Y.________ ist angeklagt, am 5./6. August 2002 eine Drogenlieferung von Amsterdam in die Schweiz durchgeführt zu haben. Dem Beschwerdeführer wird vorgeworfen, er habe sich am 5. August 2002 um 13.35 Uhr mit Y.________ beim Bahnhof Solothurn zwecks Geldübergabe getroffen. Am 6. August 2002 habe ihm Y.________ an nicht genau bekannter Örtlichkeit im Raume Zürich/Kloten Umgebung ein Paket von mindestens 500 Gramm Kokain übergeben.
 
Das Obergericht verwies nach Darlegung der vorhandenen Beweismittel in Bezug auf diesen Anklagepunkt auf die vom Bezirksgericht vorgenommene Beweiswürdigung und folgte dieser. Unter Hinweis auf die früheren Aussagen von Y.________, die es entgegen dem späteren Widerruf als glaubwürdig erachtete, bestanden für das Obergericht keine Zweifel, dass der Beschwerdeführer am 5. August 2002 Y.________ im Bereich des Bahnhofs Solothurn Drogengeld übergeben und am 6. August 2002 von Y.________ im Raum Kloten/Glattbrugg ein Paket Kokain übernommen hatte.
 
2.3 Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, Y.________ am frühen Nachmittag des 5. August 2002 in Solothurn getroffen zu haben, und räumt ein, dass dieses Treffen durch viele Telefongespräche und die Eingeständnisse der Beteiligten belegt sei. Er anerkennt zwar nicht ausdrücklich, dass es dabei, wie im angefochtenen Urteil festgehalten, zur Übergabe von Drogengeld gekommen sei, stellt dies jedoch auch nicht in Abrede. Er bestreitet jedoch, dass am 6. August 2002 ein weiteres Treffen zwischen ihm und Y.________ stattgefunden habe.
 
Unter Hinweis auf die zahlreichen Telefongespräche, die dem unbestrittenen Treffen vom 5. August 2002 vorausgingen, macht der Beschwerdeführer geltend, am 6. August 2002 sei es insgesamt nur zu drei Telefongesprächen gekommen, wovon das letzte zwischen ihm und Y.________ um 14.03 Uhr stattgefunden habe, bei welchem die beiden vereinbarten, sich um ca. 18.00 oder 19.00 Uhr abends zu treffen. Eine derartige Verabredung habe, so der Beschwerdeführer, niemals ausreichend sein können, damit er und Y.________ sich am 6. August 2002 um etwa 20.00 Uhr hätten treffen können. Y.________ habe an diesem Tag weitere Telefongespräche geführt, jedoch mit anderen Personen und nicht mit dem Beschwerdeführer. Die Bezirksanwältin habe Y.________ angeboten, ihn gegen detaillierte Angaben zu den einzelnen Drogenfahrten nach Holland unter Nennung der Mittäter vorzeitig aus der Untersuchungshaft zu entlassen, was erklären könne, dass dieser den Beschwerdeführer zu Unrecht beschuldigt habe. Ferner bestreitet der Beschwerdeführer, dass es sich bei der von Y.________ als "Grosskopf" bezeichneten Person um ihn selbst gehandelt habe. Die Annahme, er habe am Abend des 6. August 2002 von Y.________ 500 Gramm Kokain in Empfang genommen, erachtet der Beschwerdeführer als willkürlich.
 
3.
 
3.1 Art. 9 BV gewährleistet den Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür behandelt zu werden. Auf dem Gebiet der Beweiswürdigung steht den kantonalen Instanzen ein weiter Ermessensspielraum zu. Willkür in der Beweiswürdigung liegt vor, wenn die Behörde in ihrem Entscheid von Tatsachen ausgeht, die mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen, auf einem offenkundigen Fehler beruhen oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderlaufen (BGE 127 I 38 E. 2a S. 41). Dabei genügt es nicht, wenn sich der angefochtene Entscheid lediglich in der Begründung als unhaltbar erweist; eine Aufhebung rechtfertigt sich erst, wenn er auch im Ergebnis verfassungswidrig ist (BGE 132 I 13 E. 5.1 S. 17; 131 I 217 E. 2.1 S. 219, je mit Hinweisen).
 
3.2 Als Beweiswürdigungsregel besagt der aus der Unschuldsvermutung (Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK) abgeleitete Grundsatz "in dubio pro reo", auf den sich der Beschwerdeführer allerdings nur allgemein und nicht konkret im Zusammenhang mit der beanstandeten Beweiswürdigung bezüglich Anklagepunkt 1.A.8.10 beruft, dass sich der Strafrichter nicht von einem für den Angeklagten ungünstigen Sachverhalt überzeugt erklären darf, wenn bei objektiver Betrachtung Zweifel bestehen, ob sich der Sachverhalt so verwirklicht hat. Die Maxime ist verletzt, wenn der Strafrichter an der Schuld des Angeklagten hätte zweifeln müssen. Dabei sind bloss abstrakte und theoretische Zweifel nicht massgebend, weil solche immer möglich sind und absolute Gewissheit nicht verlangt werden kann. Es muss sich um erhebliche und nicht zu unterdrückende Zweifel handeln, d.h. um solche, die sich nach der objektiven Sachlage aufdrängen. Bei der Frage, ob angesichts des willkürfreien Beweisergebnisses erhebliche und nicht zu unterdrückende Zweifel hätten bejaht werden müssen und sich der Sachrichter vom für den Angeklagten ungünstigen Sachverhalt nicht hätte überzeugt erklären dürfen, greift das Bundesgericht nur mit Zurückhaltung ein, da der Sachrichter diese in Anwendung des Unmittelbarkeitsprinzips zuverlässiger beantworten kann (Urteil des Bundesgerichts 1P.428/2003 vom 8. April 2004, E. 4.2).
 
4.
 
4.1 Die kantonalen Instanzen stellten übereinstimmend auf die früheren Aussagen von Y.________ ab und betrachteten den später erfolgten Widerruf derselben als unbeachtlich. Sie nahmen dabei sehr eingehende Würdigungen des Aussageverhaltens von Y.________ vor. Das Bezirksgericht legte in seinem Urteil vom 13. April 2005 dar, dass Y.________ den Beschwerdeführer anfänglich detailliert und in Übereinstimmung mit den sich aus den Telefongesprächen ergebenden Erkenntnissen belastet habe. Aufgrund befürchteter Repressionen sei er im Verlaufe des Verfahrens unter Druck geraten, sei nervös geworden und habe erklärt, er würde sich am liebsten umbringen, er habe Angst, da er schliesslich wieder einmal aus dem Gefängnis komme. Das Obergericht liess im angefochtenen Urteil offen, aus welchen Gründen Y.________ seine früheren Aussagen geändert hatte. Es erachtete aber als möglich, dass Y.________ nach seiner Haftentlassung von Dritter Seite unter Druck geraten war. Auch wies das Obergericht darauf hin, dass das Bezirksgericht in dem gegen Y.________ geführten Verfahren in seinem Urteil vom 7. Dezember 2005, das allerdings noch nicht rechtskräftig ist, auf die früheren Aussagen von Y.________ abgestellt hatte.
 
4.2 Um seine Kritik an der Glaubwürdigkeit von Y.________ zu untermauern, weist der Beschwerdeführer auf einen Deal der Bezirksanwältin mit jenem hin. Die Bezirksanwältin habe Y.________ angeboten, ihn gegen detaillierte Aussagen zu den einzelnen Drogenfahrten von und nach Holland unter Nennung der Mittäter vorzeitig aus der Untersuchungshaft zu entlassen.
 
Das Obergericht führte im angefochtenen Urteil aus, der Umstand lasse aufhorchen, dass die Bezirksanwältin Y.________ aus der Untersuchungshaft entliess, obwohl seine Untersuchung noch keineswegs abgeschlossen war und obwohl sie mit ihrem Strafantrag von zehn Jahren letztlich habe durchblicken lassen, dass die Fortdauer der Haft auch unter dem Aspekt der Fluchtgefahr und der Verhältnismässigkeit angemessen gewesen wäre. Gemäss Protokoll der Einvernahme vom 2. Dezember 2003 erklärte die Bezirksanwältin Y.________ das Folgende: "Wir hatten die Abmachung, dass Sie die Transporte alle mit dem Sachbearbeiter im Einzelnen durchgehen würden und Sie gaben an, ein Geständnis ablegen zu wollen, daher habe ich Ihnen auch die Beendigung der Untersuchungshaft dafür angeboten, das war unser Deal".
 
4.3 Dass das Obergericht in dieser Abmachung keinen Grund sah, um nicht auf die früheren Aussagen von Y.________ abzustellen, ist jedenfalls nicht willkürlich. Zu welchem Zeitpunkt die Bezirksanwältin diesen Deal mit Y.________ machte, ist aus den Akten nicht ersichtlich. Auch der Beschwerdeführer behauptet nicht, dieser Deal sei gemacht worden, bevor Y.________ ihn belastete. Selbst wenn dies so gewesen wäre und sich Y.________ mit seinen Aussagen eine Entlassung aus der Untersuchungshaft erhoffte, ist nicht ersichtlich, warum er damit den Beschwerdeführer, der zugegebenermassen ein Freund von ihm war, hätte belasten müssen. Gleich wie er später erklärte, einem Unbekannten mit Brille aus Zürich Drogen abgegeben zu haben, hätte er diese Version schon zu Beginn vortragen können. Dass sich Y.________ möglicherweise bewusst wurde, dass er infolge seiner Aussagen in Gefahr geraten könnte, zeigte sich insbesondere nach seiner am 11. Dezember 2002 erfolgten Haftentlassung. Ab der Einvernahme vom 8. April 2003 nahm er seine früheren Aussagen gegen den Beschwerdeführer sukzessive zurück, bis er schliesslich alle seine früheren Aussagen als gelogen bezeichnete und erklärte, niemals Drogen gebracht und niemandem solche übergeben zu haben. Unglaubhaft ist insbesondere die nachträgliche Erklärung von Y.________, weshalb er den Beschwerdeführer - angeblich - zu Unrecht belastet habe. Anlässlich seiner Einvernahme vom 27. November 2003 erklärte Y.________ auf die Frage, warum der Beschwerdeführer nun nicht mehr "Grosskopf" sein solle, er habe den Beschwerdeführer am Anfang ein bisschen zu viel belastet. Der Beschwerdeführer sei sein langjähriger Freund. Er sei der Meinung gewesen, dass dieser ihm dies nicht übel nehmen würde. Über den Beschwerdeführer dürfe er aus bestimmten Gründen nicht viel sagen. Entgegen dieser Erklärung musste Y.________ sehr wohl bewusst sein, dass Belastungen, wie er sie gegen den Beschwerdeführer vorgebracht hatte, sehr schwerwiegend waren und dass dieser ihm diese Aussagen sehr wohl übel nehmen würde, zumal wenn diese nicht der Wahrheit entsprochen hätten. In Würdigung der gesamten Umstände ist es somit verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Obergericht auf die früheren Aussagen von Y.________ abstellte.
 
5.
 
5.1 Anlässlich seiner Befragung vom 11. Oktober 2002 antwortete Y.________ auf die Frage, um welchen Mann es sich gehandelt habe, den er am 6. August 2002 kurz vor seiner Verhaftung im Raume Kloten/Glattbrugg zwecks Drogenübergabe getroffen habe: "Um X.________. Ich übergab ihm damals ein Drogenpaket." Damit übereinstimmend äusserte sich Y.________ anlässlich seiner Einvernahme vom 25. November 2002. Hinsichtlich der Bezeichnung des Beschwerdeführers erklärte Y.________ anlässlich der beiden genannten Einvernahmen wie auch anlässlich der Konfrontationseinvernahme vom 10. Dezember 2002 zwischen Y.________ und Z.________ deutlich und unmissverständlich, bei "Grosskopf" handle es sich um den Beschwerdeführer. Diese Aussagen stehen in Einklang mit den abgehörten Telefongesprächen, wofür auf die eingehenden Darlegungen im angefochtenen Urteil verwiesen werden darf.
 
5.2 Der Beschwerdeführer macht diesbezüglich geltend, angesichts der zahlreichen Telefongespräche, die dem unbestrittenen Treffen zwischen ihm und Y.________ vom 5. August 2002 vorausgegangen waren, sei es nicht möglich, dass mit nur drei Gesprächen der beiden am 6. August 2002 ein Treffen auf jenen Abend habe vereinbart werden können. Dem ist entgegen zu halten, dass nachgewiesenermassen zwischen Y.________ und dem Beschwerdeführer am 6. August 2002 um 14.03 Uhr ein Telefongespräch stattfand, an welchem sie ein Treffen auf ca. 7.00 (19.00) Uhr vereinbarten. In der Folge führte Y.________ an jenem Abend ebenfalls nachgewiesenermassen weitere Telefongespräche, so insbesondere um 18.46, 19.28, 19.42, 19.51 und 19.55 Uhr mit einem unbekannten Mann, der mit der Natel easy Nummer ... telefonierte. Aus diesen Gesprächen geht hervor, dass Y.________ und der Unbekannte sich ganz in der Nähe voneinander befanden und unmittelbar vor einem Treffen standen. Auf Vorhalt dieser Rufnummer erklärte Y.________ anlässlich seiner Einvernahme vom 11. Oktober 2002: "Diese Nummer gehört dem Grosskopf." Dies bestätigt, dass es sich bei "Grosskopf" um den Beschwerdeführer handelt. Ist nach dem vorstehend Ausgeführten davon auszugehen, dass diese Aussagen von Y.________ glaubwürdig sind, so darf diese Rufnummer ohne Willkür dem Beschwerdeführer zugeordnet werden. Der Umstand, dass bei jenen Telefongesprächen die Stimme des mit Y.________ Sprechenden nicht identifiziert und als Stimme des Beschwerdeführers erkannt werden konnte, spricht entgegen der in der vorliegenden Beschwerde vorgetragenen Ansicht des Beschwerdeführers nicht gegen diese Schlussfolgerung, ist doch allgemein bekannt, dass unter Umständen eine Verbindung schlecht ist oder ein Gesprächsteilnehmer undeutlich spricht. Der sich aus den Akten ergebende Umstand, dass die Rufnummer des Gesprächspartners von Y.________ bei fünf Gesprächen im relevanten Zeitraum dem Beschwerdeführer zugeordnet werden darf und muss, lässt jedoch die Annahme, dass Y.________ am Abend des 6. August 2002 den Beschwerdeführer im Raum Zürich/Kloten Umgebung getroffen und ihm dabei das inkriminierte Drogenpaket übergab, als keineswegs willkürlich erscheinen.
 
6.
 
Aus dem Umstand, dass das Obergericht den Beschwerdeführer vom Vorwurf, er habe am 11./12. Juli 2002 von Y.________ ein Paket mit ca. 500 Gramm Kokain übernommen, freisprach, lässt sich entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nichts ableiten, woraus sich auch ein Freispruch hinsichtlich der ihm vorgeworfenen Übernahme von ca. 500 Gramm Kokain am Abend des 6. August 2002 hätte ergeben müssen. Das Obergericht hielt im angefochtenen Urteil fest, den abgehörten Telefongesprächen könne nicht entnommen werden, dass sich Y.________ und der Beschwerdeführer in den frühen Morgenstunden des 12. Juli 2002 tatsächlich getroffen hätten. Aus dem Gespräch vom 12. Juli 2002, 0.58 Uhr, ergebe sich nur, dass die beiden beabsichtigten, sich in den Morgenstunden des 12. Juli 2002 zu treffen. Im Gegensatz zur vorgeworfenen Drogenübergabe an den Beschwerdeführer vom 6. August 2002, die Y.________ mehrfach ausdrücklich zugab, beruhte das seinerzeitige Geständnis von Y.________, er habe dem Beschwerdeführer am 12. Juli 2002 zuhanden von Z.________ 500 Gramm Kokain übergeben, jedoch auf einem Irrtum der Bezirksanwältin. Richtigerweise ging es dabei um eine Drogenübergabe vom 19. Juli 2002, für die der Beschwerdeführer denn auch schuldig gesprochen wurde. Zudem untermauern die am Abend des 6. August 2002 von Y.________ mit der dem Beschwerdeführer zuzuordnenden Rufnummer ... geführten Telefongespräche dieses Geständnis, während für eine Drogenübergabe vom 12. Juli 2002 keine weiteren Beweismittel vorlagen. Eine Parallele zwischen den beiden Daten kann daher nicht gezogen werden. Die Annahme, dass es am Abend des 6. August 2002 zur Übergabe eines Pakets von ca. 500 Gramm Kokain an den Beschwerdeführer kam, erscheint auch im Lichte des Freispruchs betreffend einer Drogenübergabe vom 12. Juli 2002 nicht als willkürlich.
 
Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des Grundsatzes "in dubio pro reo" als Beweiswürdigungsregel überhaupt rechtsgenüglich gerügt hat, ist festzuhalten, dass keine erheblichen Zweifel bestehen, die geeignet wären, den Schuldspruch im Anklagepunkt 1.A.8.10 in Frage zu stellen.
 
7.
 
Was der Beschwerdeführer zu den weiteren ihm vorgeworfenen Betäubungsmitteldelikten aus dem Jahre 2002 vorbringt, genügt den Anforderungen an die Beschwerdebegründung nicht (vgl. E. 1.3 hiervor). Der Beschwerdeführer macht geltend, wenn er vom Vorwurf, er habe am 6. August 2002 ein halbes Kilogramm Kokain in Empfang genommen, freigesprochen werden müsse - was nach dem vorstehend Ausgeführten nicht zutrifft - so müsse er von sämtlichen Drogengeschäften, die er im Jahre 2002 begangen haben solle, freigesprochen werden. Wollte der Beschwerdeführer die Beweiswürdigung des Obergerichts hinsichtlich weiterer Anklagepunkte beanstanden, so wäre er gehalten gewesen, sich in jedem einzelnen Anklagepunkt mit den vorhandenen Beweismitteln und der Beweiswürdigung des Obergerichts konkret auseinanderzusetzen und darzulegen, inwiefern diese seiner Ansicht nach vor der Verfassung nicht standhalte. Die generelle Behauptung, es käme einer willkürlichen Beweiswürdigung gleich, den Beschuldigungen durch Y.________ Glauben zu schenken, genügt nicht. Auf die Vorbringen betreffend weiterer Betäubungsmitteldelikte aus dem Jahre 2002 ist daher nicht einzutreten.
 
8.
 
Zusammenfassend erweist sich die staatsrechtliche Beschwerde als unbegründet. Sie ist daher abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Verfahrensausgang hat der Beschwerdeführer die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen (Art. 156 Abs. 1 OG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen. Dem Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren kann nicht entsprochen werden, da die Beschwerde als von vorneherein aussichtslos zu betrachten ist (vgl. Art. 152 Abs. 1 und 2 OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
 
3.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
4.
 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft II sowie dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 24. August 2006
 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
 
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