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Informationen zum Dokument  BGer 6P.21/2006  Materielle Begründung
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BGer 6P.21/2006 vom 03.07.2006
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
6P.21/2006
 
6S.63/2005 /rom
 
Urteil vom 3. Juli 2006
 
Kassationshof
 
Besetzung
 
Bundesrichter Schneider, Präsident,
 
Bundesrichter Karlen, Zünd,
 
Gerichtsschreiber Borner.
 
Parteien
 
6P.21/2006
 
W.B.________,
 
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Georg Sutter,
 
gegen
 
M.B.________,
 
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwältin Verena Mettler-Späni,
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Postfach, 8090 Zürich,
 
Kassationsgericht des Kantons Zürich, Postfach, 8022 Zürich,
 
und
 
6S.63/2005
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, 8090 Zürich,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
W.B.________,
 
Beschwerdegegner.
 
Gegenstand
 
6P.21/2006
 
Art. 29 Abs. 2 und Art. 32 Abs. 1 BV sowie Art. 6 EMRK (Strafverfahren; rechtliches Gehör, Grundsatz "in dubio pro reo"),
 
6S.63/2005
 
Strafzumessung (Art. 63 StGB); Verwahrung (Art. 43 Abs. 1 Ziff. 2 StGB),
 
Staatsrechtliche Beschwerde (6P.21/2006) gegen den Beschluss des Kassationsgerichts des Kantons Zürich vom 21. November 2005 und Nichtigkeitsbeschwerde (6S.63/2005) gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 21. Dezember 2004.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
W.B.________ wird unter anderem vorgeworfen, in der Nacht vom 18. auf den 19. Dezember 2000 seine stark drogenabhängige Schwester M.B.________ zweimal vergewaltigt zu haben. Da sie auch in der fraglichen Zeit unter Drogeneinfluss gestanden war, veranlasste der Bezirksanwalt ein psychiatrisches Gutachten zur Frage, inwiefern der allgemeine Drogenkonsum den Realitätsbezug generell bzw. der konkrete Drogen- und Medikamentenkonsum von M.B.________ ihren Realitätsbezug habe beeinflussen können. Die Verteidigung legte in der Folge ein Privatgutachten ins Recht, worauf vom amtlichen Gutachter ein Zusatzgutachten angefordert wurde.
 
B.
 
Das Bezirksgericht Winterthur verurteilte W.B.________ am 30. Januar 2002 wegen mehrfacher Vergewaltigung, mehrfachen Inzests, Körperverletzung, Sachbeschädigung, mehrfacher Drohung, Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte, Fahrens in angetrunkenem Zustand und Fahrens ohne Führerausweis zu 4 Jahren und 2 Monaten Zuchthaus sowie Fr. 90.-- Busse als Zusatzstrafe zu einer 7-monatigen Gefängnisstrafe, die das Obergericht des Kantons Bern am 13. November 2001 ausgesprochen hatte. Es schob den Vollzug der Freiheitsstrafe auf und verwahrte W.B.________ in Anwendung von Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB.
 
Auf Berufung des Verurteilten und der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich bestätigte das Obergericht des Kantons Zürich am 13. September 2002 das erstinstanzliche Urteil im Schuld- und Strafpunkt. Hingegen sah es von der Anordnung einer Verwahrung ab und ordnete eine ambulante Behandlung im Sinne von Art. 43 Ziff. 1 Abs. 1 StGB während des Strafvollzugs an.
 
Das Kassationsgericht des Kantons Zürich hiess am 21. Juni 2003 eine kantonale Nichtigkeitsbeschwerde des Verurteilten gut und wies die Sache zur Neubeurteilung an das Obergericht zurück.
 
C.
 
Nachdem das Obergericht ein zweites Zusatzgutachten veranlasst hatte, trat es am 21. Dezember 2004 auf die Anklage betreffend Fahren ohne Führerausweis nicht ein und verzichtete auf das Ausfällen einer Busse. Ansonsten bestätigte es sein Urteil vom 13. September 2002 vollumfänglich.
 
Das Kassationsgericht wies am 21. November 2005 eine kantonale Nichtigkeitsbeschwerde des Verurteilten ab, soweit es darauf eintrat.
 
D.
 
W.B.________ führt staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, der Beschluss des Kassationsgerichts sei aufzuheben.
 
Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich führt Nichtigkeitsbeschwerde und beantragt, das Urteil des Obergerichts vom 21. Dezember 2004 sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
 
Die beiden Gerichte haben auf eine Vernehmlassung verzichtet. Der Beschwerdegegner beantragt, die Nichtigkeitsbeschwerde sei abzuweisen (act. 8).
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
I. Staatsrechtliche Beschwerde
 
1.
 
Der Beschwerdeführer hatte in seiner ersten kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde gerügt, die kantonalen Instanzen hätten sich darüber hinweggesetzt, dass dem Gutachter als Leiter der Fachstelle, wo die Beschwerdegegnerin behandelt worden sei, die notwendige Distanz und Objektivität gefehlt habe. Das Kassationsgericht prüfte die Frage unter dem Gesichtspunkt, ob das Obergericht seinen Entscheid hinreichend begründet habe, und verneinte eine Verletzung der Begründungspflicht. Auf die Rüge in der zweiten Nichtigkeitsbeschwerde, der Gutachter sei befangen gewesen, trat es nicht mehr ein.
 
In der staatsrechtlichen Beschwerde behauptet der Beschwerdeführer erneut, der Gutachter sei befangen gewesen, legt aber nicht dar, weshalb das Kassationsgericht die Frage im zweiten Entscheid nochmals hätte prüfen müssen. Deshalb kann auf die Rüge nicht eingetreten werden.
 
2.
 
Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG muss eine staatsrechtliche Beschwerde die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind. Im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren prüft das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene Rügen. Auf ungenügend begründete Rügen und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein. Es genügt namentlich nicht, wenn der Beschwerdeführer mit pauschalen Vorbringen behauptet, der Entscheid des Obergerichts sei willkürlich und damit auch jener des Kassationsgerichts, der dies verneint. Er hat vielmehr im Einzelnen zu zeigen, inwiefern das Kassationsgericht zu Unrecht verneint haben soll, dass die Beweiswürdigung des Obergerichts offensichtlich unhaltbar sei, mit der tatsächlichen Situation in krassem und offensichtlichem Widerspruch stehe, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletze oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderlaufe.
 
3. Auch soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des Grundsatzes "in dubio pro reo" als Beweiswürdigungsregel geltend macht, muss er im Einzelnen aufzeigen, inwiefern das Kassationsgericht zu Unrecht verneint haben soll, dass das Obergericht im Ergebnis eine willkürliche Beweiswürdigung vornahm, d.h. den Beschwerdeführer verurteilte, obgleich bei objektiver Betrachtung des ganzen Beweisergebnisses offensichtlich erhebliche bzw. schlechterdings nicht zu unterdrückende Zweifel an seiner Schuld fortbestanden (vgl. BGE 127 I 38 E. 2a; 125 I 492 je mit Hinweisen).
 
4.
 
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Grundsatzes "in dubio pro reo". Aufgrund der gegensätzlichen Expertenmeinungen in der entscheidenden Frage, ob die Beschwerdegegnerin die zweifache Vergewaltigung tatsächlich erlebt oder lediglich fantasiert habe, seien erhebliche und unüberwindbare Zweifel an der Täterschaft des Beschwerdeführers gegeben.
 
Das Obergericht hatte den Antrag des Beschwerdeführers, es sei ein Obergutachten einzuholen, abgelehnt, weil das Privatgutachten keine erheblichen Zweifel an der Richtigkeit des amtlichen Gutachtens erwecke. Insbesondere stelle der Privatgutachter lediglich theoretische Überlegungen an, lege aber nicht dar, wie sich jemand eine Vergewaltigung mit solchen Details, wie sie die Beschwerdegegnerin geschildert habe, einbilden sollte.
 
Das Kassationsgericht trat auf die Rüge des Beschwerdeführers nicht ein, weil er sich mit der obergerichtlichen Begründung nicht auseinandergesetzt habe. Inwiefern dies doch der Fall gewesen sein sollte, legt der Beschwerdeführer nicht dar. Folglich ist auf sein Vorbringen nicht einzutreten.
 
5.
 
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Willkürverbots. Die Gutachten, auf welche sich die Entscheide stützten, seien nicht schlüssig. Die geltend gemachten Tatsachen erschütterten deren Überzeugungskraft.
 
Das Hauptgewicht der "geltend gemachten Tatsachen" kommt dem Privatgutachten zu. Dass dieses keine erheblichen Zweifel an der Richtigkeit des amtlichen Gutachtens zu erwecken vermochte, hat der Beschwerdeführer vergeblich anzufechten versucht (E. 3). Im Übrigen hat das Kassationsgericht die einzelnen Willkürvorwürfe des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen, soweit es darauf eintrat (angefochtener Entscheid S. 10 ff. Ziff. 2.3). Mit diesen Ausführungen setzt sich der Beschwerdeführer nicht detailliert auseinander.
 
Im gleichen Zusammenhang bringt der Beschwerdeführer vor, die vom Bundesgericht festgesetzten Standards für die Abklärung des Wahrheitsgehalts von Aussagen kindlicher Zeugen, welche auch für Erwachsene gälten, seien nicht eingehalten worden. Die Rüge geht an der Sache vorbei. Denn das Gutachten wurde nicht eingeholt zur Abklärung der Frage, ob die Aussagen der Beschwerdegegnerin glaubhaft seien, sondern zur Frage, inwiefern der allgemeine Drogenkonsum den Realitätsbezug generell bzw. der konkrete Drogen- und Medikamentenkonsum der Beschwerdegegnerin ihren Realitätsbezug habe beeinflussen können.
 
6.
 
Der Beschwerdeführer beanstandet, sein Anspruch auf rechtliches Gehör sei verletzt worden. Die Aussagen des Gutachters in sich und in Bezug auf die Auffassung des Privatgutachters seien derart widersprüchlich, dass ein Obergutachten hätte angeordnet werden müssen.
 
Das Kassationsgericht trat auf die entsprechende Rüge des Beschwerdeführers nicht ein (angefochtener Entscheid S. 6 f. Ziff. 1.2). Inwiefern dieses Nichteintreten zu Unrecht erfolgt wäre, legt der Beschwerdeführer nicht dar.
 
Schliesslich beanstandet der Beschwerdeführer, die kantonalen Gerichte hätten die Beschwerdegegnerin gar nie gesehen und somit auch keinen persönlichen Eindruck von der Zeugin gewinnen können. Diese Rüge erhebt der Beschwerdeführer erstmals vor Bundesgericht. Da er insoweit den Instanzenzug nicht ausgeschöpft hat, ist darauf nicht einzutreten.
 
7.
 
Nach dem Gesagten ist auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht einzutreten.
 
II. Nichtigkeitsbeschwerde
 
8.
 
Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 63 StGB. Die Vorinstanz habe die einzelnen Strafzumessungsgründe zwar korrekt erkannt, diese jedoch allzu einseitig zugunsten des Beschwerdegegners gewichtet und dadurch ihr Ermessen überschritten. Die Beschwerdeführerin betont die besonders verwerfliche und rücksichtslose Vorgehensweise des Beschwerdegegners bei den verschiedenen Delikten, weshalb sich das ausserordentlich schwere Tatverschulden stark zu seinen Ungunsten auswirken müsse. Unter Würdigung aller Strafzumessungsgründe sei die ausgefällte Strafe von 4 Jahren und 2 Monaten nicht mehr nachvollziehbar, zumal der Strafrahmen von bis zu 20 Jahren Zuchthaus nur gerade bis zu einem Viertel ausgeschöpft worden sei.
 
Wäre der Beschwerdegegner voll zurechnungsfähig gewesen, als er die Taten beging, müsste die Strafe als deutlich zu tief beurteilt werden. Im Einklang mit dem Gutachter hält die Vorinstanz dem Beschwerdegegner eine Verminderung seiner Zurechnungsfähigkeit in mittlerem Grade zugute. Nimmt man nun an, die Vorinstanz habe deswegen die hypothetische Einsatzstrafe um etwa die Hälfte herabgesetzt, wäre der Strafrahmen nicht bloss zu einem Viertel, sondern etwa zur Hälfte ausgeschöpft. Zieht man weiter in Betracht, dass die Vorinstanz selbst das erstinstanzliche Strafmass als milde bezeichnet - dieses somit auch etwas höher hätte ausfallen können - ist die Strafe von 4 Jahren und 2 Monaten immerhin nachvollziehbar. Eine milde Strafe allein genügt aber nicht, um ein kantonales Urteil aufzuheben. Insgesamt kann das Strafmass auch nicht als unhaltbar milde bezeichnet werden.
 
Damit erweist sich die Beschwerde in diesem Punkt als unbegründet.
 
9.
 
Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Vorinstanz habe Bundesrecht verletzt, indem sie lediglich eine ambulante Massnahme während des Strafvollzugs angeordnet und den Beschwerdegegner nicht verwahrt habe.
 
In Übereinstimmung mit dem Gutachter nimmt die Vorinstanz an, die Persönlichkeitsstörung des Beschwerdegegners sei zwar nicht im eigentlichen Sinne heilbar, durch eine Therapie könne jedoch eine Alkoholabstinenz erreicht und durch eine psychiatrische Gesprächstherapie das Verhalten des Beschwerdegegners in Konfliktsituationen positiv beeinflusst werden, wodurch sich die Rückfallgefahr verringere. Insoweit sei die Persönlichkeitsstörung nicht heil-, aber behandelbar. Trotz gewichtigem Sicherungsbedürfnis der Öffentlichkeit überwiege der Aspekt der Behandlungsmöglichkeit (angefochtener Entscheid S. 34 und 36 oben).
 
9.1 Die Beschwerdeführerin bestreitet die Therapiefähigkeit des Beschwerdegegners. Dieser habe sich von Januar bis September 2000 einer Gesprächstherapie unterzogen, was ihn jedoch nicht von den neuerlichen Taten abzuhalten vermocht habe. Auch seit jener Therapie seien beim Beschwerdegegner keine Ansätze zu einer Verarbeitung oder Reflexion ersichtlich, und er neige immer noch dazu, seine Taten zu bagatellisieren. Seine eigenen Bemühungen, seine Persönlichkeitsstörung mittels einer religiösen Identität anzugehen, seien als gescheitert zu betrachten. Auch eine mehrmonatige Antabuskur habe keine nachhaltige Wirkung gezeitigt. Erschwerend komme hinzu, dass das gewalttätige Verhalten des Beschwerdegegners nicht auf bestimmte Konfliktsituationen begrenzt sei, sondern der Anlass, der ihn "ausrasten" lasse, ein mehr oder weniger beliebiger sein könne, was die therapeutische Behandlung umso schwieriger gestalte. Vor allem aber könne von einer längeren Behandlung während des Strafvollzugs nicht (mehr) die Rede sein, weil der Beschwerdegegner seine Strafe von 4 Jahren und 2 Monaten bereits am 31. Mai 2005 und damit nur wenige Monate nach dem angefochtenen Entscheid vollständig verbüsst habe.
 
9.1.1 Die Vorinstanz ordnete die ambulante Massnahme bereits in ihrem Urteil vom 13. September 2002 an. Im anschliessenden Verfahren vor dem Zürcher Kassationsgericht stand die Frage der ambulanten Massnahme nicht zur Diskussion. Deshalb übernahm die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid die entsprechenden Erwägungen aus ihrem ersten Urteil und fügte lediglich an, gemäss Angaben der Verteidigung verlaufe die ambulante Massnahme bisher positiv.
 
An sich hätte die im Gutachten erwähnte längerfristige Perspektive auch beim zweiten obergerichtlichen Urteil noch vorhanden sein müssen. Da die Therapie jedoch schon nach dem ersten Urteil aufgenommen wurde, kann der Zeitraum zwischen den beiden Urteilen angerechnet werden. Mithin ergab sich bis zum Strafende ein Zeitraum von immerhin 2 ½ Jahren, weshalb die Vorinstanz von einer längeren Freiheitsstrafe bzw. einer länger dauernden Therapie ausgehen durfte. Zudem konnte sie damit rechnen, dass die noch ausstehenden Gefängnisstrafen aus dem Kanton Bern von insgesamt 15 Monaten direkt im Anschluss an das Strafende vollzogen würden, falls die ambulante Massnahme bis zu diesem Zeitpunkt noch zu wenig Wirkung gezeitigt haben sollte. Damit erhöhte sich der zu erwartende Strafvollzug resp. die Therapiedauer allenfalls gar auf 3 ¾ Jahre. Folglich ist die Rüge unbegründet, die Therapiedauer sei zu kurz angelegt gewesen.
 
9.1.2 Im Übrigen verneint die Beschwerdeführerin die Therapiefähigkeit des Beschwerdegegners hauptsächlich mit der Erfolglosigkeit früherer Behandlungen. Insoweit hat auch die Vorinstanz ihre Bedenken geäussert (angefochtener Entscheid S. 30 ff.). Sie kommt jedoch zum gegenteiligen Schluss, und zwar gestützt auf die Einschätzung des Gutachters, wonach die Thematisierung der Selbstreflexion in der Gesprächstherapie durchaus möglich sei, wegen der auf längere Zeit angelegten und kontrollierten Therapie während des Strafvollzugs und schliesslich auch aufgrund des Hinweises, dass die Therapie bisher erfolgreich verlaufe. Unter diesen Umständen hat die Vorinstanz die Therapiefähigkeit des Beschwerdegegners zu Recht bejaht.
 
9.2 Die Beschwerdeführerin stellt die Therapiewilligkeit des Beschwerdegegners in Frage. In früheren Strafverfahren habe sich mehrfach gezeigt, dass er mit der Anordnung von Massnahmen nur einverstanden gewesen sei, um dem Strafvollzug zu entgehen. Nach Aufschub der Strafen habe er die jeweiligen Behandlungen abgebrochen.
 
Dass sich der Beschwerdegegner in der Vergangenheit nur vordergründig therapiewillig zeigte, hält auch die Vorinstanz fest. Sie verweist aber auf den Gutachter, der die Therapiebereitschaft des Beschwerdegegners bejaht, und auf den Umstand, dass letzterer vor Schranken mehrfach betont habe, die Notwendigkeit einer Therapie einzusehen und sich behandeln lassen zu wollen. Auch ihre Erwägung, dass der erste Schritt in einer Therapie häufig darin bestehe, die Motivation eines Verurteilten zu festigen, ist nicht zu beanstanden. Schliesslich setzt der bis zum vorinstanzlichen Urteil anscheinend positive Verlauf der ambulanten Massnahme voraus, dass der Beschwerdegegner dazu auch bereit war.
 
Bei dieser Ausgangslage hat die Vorinstanz die Therapiewilligkeit des Beschwerdegegners zu Recht bejaht.
 
9.3 Nach dem bisher Gesagten durfte die Vorinstanz davon ausgehen, der Beschwerdegegner sei zu einer therapeutischen Behandlung fähig und bereit und dass diese im Rahmen eines längeren Strafvollzugs stattfinden werde.
 
Der Gutachter zeigte auf, welche Themenbereiche in der Gesprächstherapie aufgearbeitet werden müssten, um die Bereitschaft des Beschwerdegegners zu aggressiven Ausbrüchen zu mässigen. Auch sein Alkoholproblem bedürfe dringend einer Behandlung, und es sei unbedingt notwendig, dass er auf weiteste Sicht völlige Abstinenz übe.
 
Angesichts einer solchen Gesprächstherapie verbunden mit einer langfristigen Alkoholabstinenz war die Annahme der Vorinstanz berechtigt, so werde sich die Gefährlichkeit des Beschwerdegegners massgeblich vermindern. Dies vor allem auch, weil er sämtliche schwereren Delikte und auch die meisten früheren stets unter Alkoholeinfluss begangen hat.
 
Damit erweist sich die Nichtigkeitsbeschwerde als unbegründet.
 
III. Kosten
 
10.
 
Der Beschwerdeführer unterliegt mit seiner staatsrechtlichen Beschwerde. Er stellt ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. Da seine Begehren von vornherein aussichtslos erschienen, ist das Gesuch abzuweisen (Art. 152 OG). Folglich wird er kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Bei der Bemessung der Gerichtsgebühr ist jedoch seinen finanziellen Verhältnissen Rechnung zu tragen.
 
Soweit die Beschwerdeführerin (Nichtigkeitsbeschwerde) unterliegt, sind keine Kosten zu erheben. Der Rechtsvertreter des Beschwerdegegners ist angemessen zu entschädigen (Art. 278 Abs. 2 und 3 BStP). Sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist gegenstandslos.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2.
 
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
 
3.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen, soweit es nicht gegenstandslos geworden ist.
 
4.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 800.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
5.
 
Der Rechtsvertreter des Beschwerdegegners wird für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Bundesgerichtskasse mit Fr. 2'500.-- entschädigt.
 
6.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, dem Kassationsgericht des Kantons Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 3. Juli 2006
 
Im Namen des Kassationshofes
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
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