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Informationen zum Dokument  BGer C 66/2006  Materielle Begründung
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BGer C 66/2006 vom 19.05.2006
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht
 
Tribunale federale delle assicurazioni
 
Tribunal federal d'assicuranzas
 
Sozialversicherungsabteilung
 
des Bundesgerichts
 
Prozess {T 7}
 
C 66/06
 
Urteil vom 19. Mai 2006
 
III. Kammer
 
Besetzung
 
Präsident Ferrari, Bundesrichter Lustenberger
 
und Seiler; Gerichtsschreiberin Polla
 
Parteien
 
S.________, 1946, Beschwerdeführer,
 
gegen
 
Unia Arbeitslosenkasse, Monbijoustrasse 61,
 
3007 Bern, Beschwerdegegnerin
 
Vorinstanz
 
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern
 
(Entscheid vom 16. Januar 2006)
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Mit Verfügung vom 21. Juli 2005 verneinte die Arbeitslosenkasse Unia die Anspruchsberechtigung des 1946 geborenen S.________ auf Arbeitslosenentschädigung ab 1. Juni 2005 mangels eines anrechenbaren Arbeitsausfalles. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 30. August 2005 fest.
 
B.
 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 16. Januar 2006 ab.
 
C.
 
S.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem sinngemässen Rechtsbegehren, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids und des Einspracheentscheids seien ihm Arbeitslosentaggelder zuzusprechen.
 
Die Arbeitslosenkasse und das Staatssekretariat für Wirtschaft haben auf eine Vernehmlassung verzichtet.
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Die Vorinstanz hat die gesetzlichen Voraussetzungen des Anspruchs auf Arbeitslosenentschädigung (Art. 8 Abs. 1 AVIG), insbesondere die ganze oder teilweise Arbeitslosigkeit (Art. 8 Abs. 1 lit. a und Art. 10 AVIG) sowie der anrechenbare Arbeitsausfall (Art. 8 Abs. 1 lit. b und Art. 11 Abs. 1 AVIG), zutreffend dargelegt. Richtig wiedergegeben wird auch die Rechtsprechung zur Anrechenbarkeit des Arbeitsausfalles bei Versicherten, welche ihre Tätigkeit vereinbarungsgemäss nur auf Aufforderung des Arbeitgebers aufnehmen (BGE 107 V 61 f. Erw. 1; ARV 2002 S. 106 Erw. 1b mit Hinweisen; Nussbaumer, Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Bd. Soziale Sicherheit, S. 45 Rz 105 und S. 49 Rz 117). Darauf wird verwiesen.
 
2.
 
Unbestrittenermassen ist der Beschwerdeführer seit November 1994 bei der K.________ AG als Verkäufer im Aussendienst mit einem Salär auf reiner Provisionsbasis tätig. Seit ca. Juni 2004 reduzierte der Versicherte sein Vollzeitpensum um 50 %, wobei er in dem am 5. Juni 2005 gestellten Antrag auf Arbeitslosenentschädigung angab, bereit und in der Lage zu sein, im Umfang von 50 % einer Vollzeitstelle zu arbeiten. Mit der Vorinstanz ist festzustellen, dass gestützt auf den am 7. Mai 1998 unterzeichneten Zusammenarbeitsvertrag mit der Arbeitgeberin weder ein minimaler noch überhaupt ein Anspruch auf Arbeit oder Lohnzahlung besteht. Arbeitslosenversicherungsrechtlich wesentlich ist, dass sich die Arbeitsleistung ohne Zusicherung eines durchschnittlichen oder minimalen Beschäftigungsgrades nach der anfallenden Arbeit richtet, sodass die in Erw. 1 zitierte Rechtsprechung zur Arbeit auf Abruf Anwendung findet. Aufgrund der eingereichten Lohnabrechnungen ist ersichtlich, dass die rechtsprechungsgemäss erforderliche Regelmässigkeit der Arbeitseinsätze zur Ermittlung einer normalen Arbeitszeit nicht vorliegt. Es sind nicht nur beim ordentlichen Beobachtungszeitraum von 12 Monaten (vgl. Ziff. B 47 des Kreisschreibens des seco über die Arbeitslosenentschädigung [KS ALE]) erhebliche Einkommensschwankungen zu verzeichnen (von minimal Fr. 550.- [Brutto-Provision exkl. Spesen] im Monat Mai 2005 bis Fr. 2'326.90 [Brutto-Provision exkl. Spesen] im Monat Februar 2005), sondern noch erheblichere bei einem längeren Beobachtungszeitraum über zwei Jahre hinweg (Fr. 7'150.- [Brutto-Provision exkl. Spesen] im Monat Juni 2003). Weil sich somit im Falle des Beschwerdeführers keine individuelle normale Arbeitszeit feststellen und auch kein anrechenbarer Arbeitsausfall im Sinne von Art. 8 Abs. 1 lit. b AVIG ermitteln liess, verneinte die Vorinstanz den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung. Dieser zutreffenden Begründung kann das Eidgenössische Versicherungsgericht lediglich beifügen, dass der Beschwerdeführer auch nichts zu seinen Gunsten aus dem Umstand ableiten kann, dass er gemäss seinen Angaben im vorinstanzlichen Verfahren vom 27. Dezember 2003 bis 17. Januar 2005 unfallbedingt krankgeschrieben war und ein Unfalltaggeld auf der Grundlage einer 50%igen Arbeitsfähigkeit erhalten hatte. Denn den Lohnabrechnungen kann entnommen werden, dass die Lohnschwankungen einerseits schon vor dem Unfall erheblich waren (Fr. 1'845.- im Monat Mai 2003 [Brutto-Provision exkl. Spesen]; Fr. 7'150.- im Monat Juni 2003 [Brutto-Provision exkl. Spesen]) und auch die Monate nach dem Unfall starke Einkommensschwankungen aufweisen (Fr. 2'541.70 im Monat Februar 2005 [Brutto-Provision exkl. Spesen]; Fr. 550.- im Monat Mai 2005 [Brutto-Provision exkl. Spesen]), welche überdies die Reduktion des Arbeitspensums um 50 % nicht (linear) wiederspiegeln. Der Beschwerdeführer erlitt nach dem Gesagten keinen eigentlichen Arbeitsausfall, sondern auf Grund der offenbar geringeren Anzahl Verkaufsabschlüsse einzig Einkommensausfälle. Die ausgewiesenen Lohnschwankungen sind aber dem vorliegenden Arbeitsverhältnis immanent und folglich hinzunehmen. Bei dieser Sach- und Rechtslage verneinten Vorinstanz und Verwaltung zu Recht den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung.
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, dem beco Berner Wirtschaft, Arbeitslosenkasse, und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt.
 
Luzern, 19. Mai 2006
 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
 
Der Präsident der III. Kammer: Die Gerichtsschreiberin:
 
i.V.
 
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