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Informationen zum Dokument  BGer U 125/2005  Materielle Begründung
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BGer U 125/2005 vom 03.05.2006
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht
 
Tribunale federale delle assicurazioni
 
Tribunal federal d'assicuranzas
 
Sozialversicherungsabteilung
 
des Bundesgerichts
 
Sozialversicherungsabteilung
 
des Bundesgerichts
 
Prozess {T 7}
 
U 125/05
 
Urteil vom 3. Mai 2006
 
IV. Kammer
 
Besetzung
 
Präsident Ursprung, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Frésard; Gerichtsschreiber Scartazzini
 
Parteien
 
Helsana Versicherungen AG, Schadenrecht, Zürichstrasse 130, 8600 Dübendorf, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Jean-Michel Duc, Didier Elsig & Marie-Chantal May, Rechtsanwälte, Avenue de la Gare 1, 1001 Lausanne,
 
gegen
 
1. SWICA Krankenversicherung AG, Rechtsdienst, Römerstrasse 38, 8401 Winterthur, Beschwerdegegnerin
 
2. V.________, 1952, Beschwerdegegner,vertreten durch Rechtsanwalt Martin Hablützel, Lutherstrasse 4, 8004 Zürich
 
Vorinstanz
 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur
 
(Entscheid vom 8. Februar 2005)
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Der 1952 geborene V.________ war seit Mai 1992 als Aussendienstmitarbeiter für die Firma X.________ tätig und bei der La Suisse Versicherung (nachfolgend: La Suisse) gegen die Folgen von Unfällen versichert. Am 28. April 1998 wurde er in einen Verkehrsunfall verwickelt, indem ein Auto von hinten auf den von ihm gelenkten, vor einer Ampel wartenden Personenwagen auffuhr. Wegen Nacken- und Halsschmerzen begab sich der Versicherte am 3. Juli 1998 in Behandlung zu Dr. med. M.________, allgemeine Medizin FMH, der ein cervicospondylogenes Syndrom bei HWS-Distorsion links diagnostizierte und ihm ab 28. April 1998 eine 50%ige Arbeitsunfähigkeit attestierte. Die La Suisse erbrachte die gesetzlichen Leistungen in Form von Heilbehandlung und Taggeld. Es folgten neurologische und neuropsychologische Untersuchungen und es wurden im Februar sowie im April 1999 MRI von Schädel und HWS durchgeführt. Mit Verfügung vom 15. Dezember 1999 teilte die La Suisse mit, mangels Kausalzusammenhangs werde ihre Leistungspflicht über den 11. Februar 1999 hinaus abgelehnt. Die dagegen von der SWICA Krankenversicherung AG (nachfolgend: SWICA), Krankenversicherer des V.________, sowie vom Versicherten selbst erhobenen Einsprachen wies die La Suisse mit Entscheid vom 24. September 2003 ab.
 
B.
 
Dagegen erhob die SWICA Beschwerde mit dem Rechtsbegehren, der Einspracheentscheid sei aufzuheben und die La Suisse sei zu verpflichten, die gesetzlichen Leistungen für die Behandlung des Versicherten zu übernehmen. Auch V.________ liess Beschwerde führen und die folgenden Anträge stellen:
 
"1. Die erwähnten Entscheide der Beschwerdegegnerin seien aufzuheben und diese sei zu verpflichten, die Leistungen im Rahmen der obligatorischen Unfallversicherung zu erbringen.
 
2. Namentlich sei die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, die Leistungen, vorab die Taggelder, zuzüglich der Verzugszinsen, sowie die Deckung der Heilungskosten, über den 11. Februar 1999 hinaus zu erbringen.
 
3. Die Beschwerdegegnerin sei überdies zu verpflichten, im Rahmen der Erwägungen der angerufenen Instanz die Rentenfrage sowie die Frage des Vorliegens eines Integritätsschadens zu prüfen.
 
Dies alles und (recte: unter) Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Beschwerdegegnerin."
 
Nach Vereinigung der beiden Prozessverfahren stellte die SWICA zusätzlich zum ursprünglichen Antrag das Rechtsbegehren, die La Suisse sei zu verpflichten, ihre Leistungen auch ab Februar 1999 zu erbringen und der Krankenversicherung seien die seither erbrachten Leistungen zurückzuerstatten, zuzüglich eines Zinses von 5 % seit 17. Januar 2000. Mit Entscheid vom 8. Februar 2005 hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die Beschwerde, soweit darauf einzutreten war, in dem Sinne teilweise gut, als in Aufhebung des Einspracheentscheides die Sache an die La Suisse zurückgewiesen wurde, damit sie über den Leistungsanspruch neu verfüge.
 
C.
 
Die La Suisse lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen, in Aufhebung des kantonalen Entscheides seien Verwaltungsverfügung und Einspracheentscheid zu bestätigen.
 
V.________ schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während die SWICA und das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung verzichten.
 
D.
 
Mit Eingabe vom 5. Oktober 2005 teilte die Helsana Versicherungen AG (nachfolgend: Helsana) dem Eidgenössischen Versicherungsgericht mit, im Rahmen einer Restrukturierung bei der Beschwerdeführerin werde die La Suisse durch die Helsana als Partei substituiert.
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Der Versicherte lässt mit Eingabe vom 29. November 2005 das Gericht um "Prüfung der Aktivlegitimation der La Suisse" ersuchen. Gemäss Übertragungserklärung der Helsana vom 5. Oktober 2005 wurde die Beschwerdeführerin durch die Helsana ab 1. Januar 2005 als Partei substituiert. Damit ist die Beschwerdelegitimation im Sinne der Rechtsprechung (BGE 131 V 365 Erw. 2.1 und 130 V 390 Erw. 2.2, 563 Erw. 3.2 in fine) von der La Suisse auf die Helsana als am Recht stehende Unfallversicherung übergegangen.
 
2.
 
Die Vorinstanz hat die Rechtsprechung zu dem für die Leistungspflicht des Unfallversicherers vorausgesetzten natürlichen Kausalzusammenhang (BGE 129 V 181 Erw. 3.1, 406 Erw. 4.3.1, 119 V 337 Erw. 1, 118 V 289 Erw. 1b, 117 V 376 Erw. 3a mit Hinweisen) zwischen dem Unfallereignis und dem eingetretenen Schaden (Krankheit, Invalidität, Tod), insbesondere auch bei Vorliegen eines Schleudertraumas der HWS und eines für diese Verletzung typischen Beschwerdebildes (BGE 117 V 360 Erw. 4b), zutreffend dargestellt. Richtig sind auch die Ausführungen des kantonalen Gerichts über die Adäquanzbeurteilung bei Unfällen und der in der Folge eingetretenen psychischen Fehlentwicklung mit Einschränkung der Arbeits- und Erwerbsfähigkeit (BGE 115 V 133; vgl. BGE 129 V 181 Erw. 3.2, 405 Erw. 2.2, 125 V 461 Ew. 5a mit Hinweisen) sowie die bei Schleudertraumen der HWS und Schädel-Hirntraumen massgebende Rechtsprechung (BGE 117 V 359 und 369). Im Weiteren hat das kantonale Gericht den Untersuchungsgrundsatz (BGE 125 V 195 Erw. 2), den Beweiswert von Arztberichten (BGE 125 V 352 Erw. 3a mit Hinweis) und den im Sozialversicherungsrecht notwendigen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 126 V 360 Erw. 5b mit Hinweisen) korrekt dargelegt. Schliesslich ist die Vorinstanz zutreffend davon ausgegangen, dass das ATSG im vorliegenden Fall anwendbar ist (BGE 130 V 446 f.). Darauf wird verwiesen.
 
3.
 
Streitig und zu prüfen ist, ob die unfallbedingten Ursachen des Gesundheitsschadens des Beschwerdegegners ab 11. Februar 1999 ihre kausale Bedeutung verloren haben (vgl. statt vieler Urteil B. vom 30. November 2004, U 222/04 Erw. 1.3). Dabei bilden Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens lediglich Leistungen von Taggeldern und Heilbehandlung aufgrund des Unfalls vom 28. April 1998.
 
3.1 Im angefochtenen Entscheid stellt die Vorinstanz fest, angesichts der medizinischen Aktenlage sei der natürliche Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und den anhaltenden Beschwerden, welche die typische Symptomatik nach einem Schleudertrauma wiederspiegeln, ausgewiesen. Aufgrund der in einem unfalldynamischen Gutachten dargelegten Kollisionsbedingungen sei von einem mittelschweren, im Grenzbereich zu den leichten Unfällen liegenden Ereignis auszugehen. Da es an einer eindeutigen Dominanz der psychischen Beschwerden fehle, sei die Adäquanz nach den für ein Schleudertrauma der HWS ohne nachweisbare Funktionsausfälle geltenden Regeln zu beurteilen. Weil die massgebenden Kriterien einerseits in gehäufter Weise vorlägen und andererseits das Merkmal des Grades und der Dauer der Arbeitsunfähigkeit in besonders ausgeprägter Weise erfüllt sei, sei die Adäquanz des Kausalzusammenhangs zwischen dem Unfall und den zum Zeitpunkt des Einspracheentscheides vorhandenen Beschwerden mit Auswirkungen auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit zu bejahen.
 
3.2 In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird demgegenüber im Wesentlichen angeführt, die Schlussfolgerungen des Gutachtens der MEDAS vom 9. Dezember 2002 seien nicht schlüssig und verschiedene Ärzte hätten die Unfallkausalität in Frage gestellt. Es treffe nicht zu, dass die Beschwerden beim Versicherten innert 24 bis 72 Stunden nach dem Unfall aufgetreten seien und eine Arbeitsunfähigkeit bewirkt hätten. Es sei das Vorliegen eines Schleudertraumas der HWS wegen zu langer Latenzzeit zu verneinen und sei nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erwiesen, dass die geltend gemachten Beschwerden in einem Kausalzusammenhang zum Unfall stünden. Vielmehr seien die Beschwerden als krankhafte Entwicklung eines Vorzustandes zu betrachten, der nicht hätte abgeklärt werden können, weil der Versicherte die Akteneinsicht verweigert habe. Schliesslich sei die Adäquanz zu verneinen, weil es sich beim fraglichen Unfall um ein leichtes Auffahrereignis ohne wesentliche unmittelbare Folgen gehandelt habe.
 
3.3 Diese Einwendungen sind nicht stichhaltig. Insbesondere hat die Vorinstanz den natürlichen Kausalzusammenhang angesichts der medizinischen Aktenlage und gestützt auf die gesamte Anamnese sowie das Gutachten der MEDAS zu Recht als ausgewiesen erachtet, wobei sie davon ausging, alle Beschwerden seien organischer Genese und mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis vom 28. April 1998 zurückzuführen. Aus der medizinischen Anamnese und dem Unfallbericht sowie den Inspektions- und Arztberichten geht zudem hervor, dass die Schulter- und Nackenschmerzen sowie Schlafstörungen wenige Stunden bzw. spätestens ein bis zwei Tage nach dem Unfallereignis auftraten und der Beschwerdegegner kurze Zeit später auch über Konzentrationsstörungen, Schwindel und Kopfschmerzen klagte. Ein diffuser zerebraler Abbau-Vorgang im Sinne eines Vorzustandes, wie ihn die Beschwerdeführerin geltend macht, kann aufgrund der medizinischen Akten und hauptsächlich eines am 16. April 1999 veranlassten MRI ausgeschlossen werden, nachdem diese Untersuchung keine Auffälligkeiten im Gehirn ergeben hatte. Wie der Versicherte in seiner Vernehmlassung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde zutreffend ausführt, hat das kantonale Gericht schliesslich auch korrekt festgestellt, dass die geforderten Kausalitätskriterien in ausgeprägtem Masse erfüllt sind, weshalb die Adäquanz des Kausazusammenhanges zu bejahen ist.
 
Unter diesen Umständen waren in Bestätigung des angefochtenen Entscheides die Voraussetzungen für die Einstellung der Versicherungsleistungen der Beschwerdeführerin ab 11. Februar 1999 nicht erfüllt.
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtskosten von Fr. 6'000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.
 
3.
 
Die Beschwerdeführerin hat dem Beschwerdegegner eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt.
 
Luzern, 3. Mai 2006
 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
 
Der Präsident der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber:
 
i.V.
 
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