VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 2A.92/2006  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 2A.92/2006 vom 09.03.2006
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
2A.92/2006 /vje
 
Urteil vom 9. März 2006
 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Merkli, Präsident,
 
Bundesrichter Hungerbühler, Wurzburger,
 
Gerichtsschreiber Feller.
 
Parteien
 
Swissmedic, Schweizerisches Heilmittelinstitut, Postfach, 3000 Bern 9,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
X.________ AG,
 
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Heiner Bernold,
 
Eidgenössisches Departement des Innern, 3003 Bern.
 
Gegenstand
 
Rechtsverweigerungs- und Rechtsverzögerung,
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Zwischenverfügung des Eidgenössischen Departements des Innern vom 5. Oktober 2005.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
1.1 Die X.________ AG reichte am 17. Dezember 2003 bei der Swissmedic, Schweizerisches Heilmittelinstitut, ein Gesuch um Anerkennung des Phytoarzneimittels A.________ ein; es handelt sich dabei um ein Rotklee-Präparat. Nachdem Swissmedic am 7. September 2004 eine Abweisung des Gesuchs wegen Mängeln im Bereich der Qualität und des Wirksamkeitsnachweises in Aussicht gestellt hatte, zog die X.________ AG das Zulassungsgesuch zurück; Swissmedic schrieb das Zulassungsverfahren am 20. Januar 2005 vom Geschäftsverzeichnis ab.
 
Bereits am 21. Juli 2004 hatte die X.________ AG Swissmedic mitgeteilt, dass eine andere Unternehmung ein nicht registriertes Rotklee-Präparat vertreibe. Am 14. März 2005 wies sie Swissmedic darauf hin, dass weitere nicht registrierte Rotklee-Präparate auf dem Markt seien. Sie machte geltend, sie sei benachteiligt, weil sie, anders als Konkurrenten, das Registrierungsverfahren eingeleitet habe, die nach Auffassung von Swissmedic fehlenden Daten aber mangels Interesses der Lizenzgeber an der Datenbeschaffung nicht vorlegen könne. Am 30. Juni 2005 erhob die X.________ AG beim Eidgenössischen Departement des Innern Beschwerde wegen Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung gegen Swissmedic, weil diese trotz einer am 27. Oktober 2004 abgegebenen Bestätigung, die sich aufdrängenden Massnahmen seien eingeleitet worden, nichts unternommen habe. Es wurde beantragt, Swissmedic sei anzuweisen, sofort dafür zu sorgen, dass keine nicht registrierten Rotklee-Produkte auf dem schweizerischen Markt angeboten würden. Das Eidgenössische Departement des Innern trat mit Zwischenverfügung vom 5. Oktober 2005 auf die Beschwerde betreffend Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung im Sinne der Erwägungen ein und setzte Swissmedic Frist an, um ihre Stellungnahme mit den Vorakten einzureichen.
 
1.2 Gegen diese Zwischenverfügung gelangte Swissmedic entsprechend der Rechtsmittelbelehrung des Departements am 17. Oktober 2005 mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Eidgenössische Versicherungsgericht. Sie beantragte, die Zwischenverfügung sei aufzuheben und das Departement anzuweisen, die Eingabe der X.________ AG vom 30. Juni 2005 als Aufsichtsbeschwerde nach Art. 71 VwVG zu behandeln, eventuell die Eingabe betreffend Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung an die Eidgenössische Rekurskommission für Heilmittel zu überweisen und diese anzuweisen, die Eingabe als Beschwerde nach Art. 70 VwVG zu behandeln.
 
Mit Urteil vom 17. Januar 2006 trat das Eidgenössische Versicherungsgericht mangels Vorliegens einer bundessozialversicherungsrechtlichen Verfügung auf die Eingabe vom 18. Oktober (richtig: 17. Oktober) 2005 nicht ein und überwies sie an das Schweizerische Bundesgericht zur weiteren Behandlung.
 
In seiner bereits dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eingereichten Vernehmlassung beantragt das Eidgenössische Departement des Innern Abweisung der Beschwerde. Eine Vernehmlassung der X.________ AG ist nicht eingeholt worden.
 
1.3 Am 16. November 2005 hat das Eidgenössische Departement des Innern das bei ihm hängige Aufsichts- bzw. Beschwerdeverfahren sistiert.
 
2.
 
2.1 Angefochten ist eine Zwischenverfügung. Zwischenverfügungen sind mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde nur anfechtbar, sofern die Verwaltungsgerichtsbeschwerde in der Sache selbst gegeben ist (Art. 101 lit. a OG e contrario) und wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 97 OG in Verbindung mit Art. 5 und 45 Abs. 1 VwVG). Ob die Verwaltungsgerichtsbeschwerde in der Sache selbst gegeben wäre und ob ein nicht wieder gutzumachender Nachteil vorliegt, hängt insbesondere von der Natur des durch die Rechtsverweigerungs- bzw. Rechtsverzögerungsbeschwerde veranlassten Verfahrens vor dem Departement ab.
 
2.2
 
2.2.1 Das von der X.________ AG anhängig gemachte Zulassungsverfahren für ihr Rotklee-Präparat ist abgeschlossen; ein neues Verfahren hat sie nicht eingeleitet. Sodann liegt kein Zulassungsentscheid von Swissmedic für Rotklee-Präparate zugunsten von Konkurrenten der X.________ AG vor. Nach Auffassung des Departements muss diese, falls der Vertrieb der fraglichen Präparate ohne Bewilligungsverfahren faktisch gestattet bleibt, zu einer Rechtsverweigerungs- bzw. Rechtsverzögerungsbeschwerde berechtigt sein. Swissmedic geht davon aus, dass die X.________ AG bloss Anzeige bei ihr erstatten könne und im dadurch (allenfalls) ausgelösten Aufsichtsverfahren gemäss Art. 71 VwVG keine Parteistellung habe.
 
2.2.2 Swissmedic ist eine öffentlichrechtliche Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit (Art. 68 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 15. Dezember 2000 über Arzneimittel und Medizinprodukte [Heilmittelgesetz, HMG; SR 812.21]). Sie ist damit eine Verwaltungseinheit der dezentralen Bundesverwaltung (Art. 6 Abs. 1 lit. f in Verbindung mit Art. 6 Abs. 3 der Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. November 1998 [RVOV; SR 172.010.1]). Administrative Aufsichtsbehörde über Swissmedic ist das Eidgenössische Departement des Innern (Art. 28 lit. c RVOV und Anhang dazu bzw. Art. 16a der Organisationsverordnung für das Eidgenössische Departement des Innern [OV-EDI; SR 172.212.1]).
 
Mit Aufsichtsbeschwerden ist an die Aufsichtsbehörde zu gelangen (Art. 71 Abs. 1 VwVG). Sodann sind an sich auch Rechtsverweigerungs- bzw. Rechtsverzögerungsbeschwerden bei der Aufsichts-behörde einzureichen (Art. 70 Abs. 1 VwVG), welche nicht notwendigerweise mit der ordentlichen Rechtsmittelbehörde identisch ist. Steht allerdings die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht offen, ist eine Beschwerde wegen Rechtsverweigerung gegen eine Vorinstanz des Bundesgerichts bei diesem und nicht etwa bei der Aufsichtsbehörde jener Instanz einzureichen; dies ergibt sich aus der Fiktion von Art. 97 Abs. 2 OG, wonach auch das unrechtmässige Verweigern oder Verzögern einer Verfügung als Verfügung gilt (Fritz Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., Bern 1983, S. 226). Der Beschwerdeweg ans Bundesgericht ist, sofern er in der Sache gegeben ist, auch dann offen zu halten, wenn eine eidgenössische Rekurskommission als mittlere Instanz eingeschaltet ist. Diesfalls hat sich die Beschwerde betreffend Rechtsverweigerung bzw. Rechtsverzögerung gegen eine Vorinstanz einer Rekurskommission an diese zu richten; es ist der ordentliche Rechtsmittelweg zu beschreiten, wie er zur Anfechtung der (verweigerten) Verfügung gegeben wäre (vgl. VPB 67/2003 Nr. 70 S. 664, E. 1 S. 669; Urteil des Bundesgerichts 2A.94/2006 vom 27. Februar 2006 E. 2.3 mit weiteren Hinweisen).
 
Art. 70 VwVG beschlägt ausschliesslich das unrechtmässige Verweigern oder Verzögern einer Verfügung, nicht andere Unterlassungen einer Behörde. Wäre die Eingabe der X.________ AG nicht als blosse Aufsichtsbeschwerde zu betrachten, sondern müsste sie als eigentliche Rechtsverweigerungs- bzw. Rechtsverzögerungsbeschwerde entgegengenommen werden, könnte sich diese einzig auf das Ausbleiben einer Verfügung über die Zulassung oder Nichtzulassung von Rotklee-Präparaten von Konkurrenten beziehen. Gegen eine entsprechende materielle Verfügung von Swissmedic steht grundsätzlich die Beschwerde an die Eidgenössische Rekurskommission für Heilmittel offen (Art. 85 Abs. 1 HMG), gegen deren Urteil derjenige Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht erheben kann, der im Sinne von Art. 103 OG dazu legitimiert ist. Nach dem vorstehend Gesagten wäre damit nicht das Eidgenössische Departement des Innern als Aufsichtsbehörde, sondern die Eidgenössische Rekurskommission für Heilmittel zur Behandlung der Rechtsverweigerungs- und Rechtsverzögerungsbeschwerde zuständig, wobei auch die Rekurskommission die Frage der Legitimation der X.________ AG zu prüfen hätte. Die Zuständigkeit des Departements besteht bloss insoweit, als die Eingabe vom 30. Juni 2005 als Anzeige im Sinne von Art. 71 VwVG betrachtet werden kann.
 
2.2.3 Das Departement hat bisher Swissmedic bloss aufgefordert, ihre Stellungnahme zur Eingabe vom 30. Juni 2005 sowie die Vorakten einzureichen. Selbst wenn es entschieden hat, dass auf die Beschwerde betreffend Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung "im Sinne der Erwägungen" eingetreten werde, hat es weder das Vorliegen eines entsprechenden Mangels festgestellt oder sonstwie Swissmedic Fehler vorgeworfen noch diese schon zur Ergreifung konkreter Massnahmen verpflichtet. Ob solche notwendig sind, wird es - im aufsichtsrechtlichen Verfahren und ohne Miteinbezug der X.________ AG als Partei (vgl. Art. 71 Abs. 2 VwVG) - erst noch näher prüfen. Gegen diesbezügliche administrative Anweisungen wird Swissmedic übrigens nicht ohne weiteres Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen können. Soweit das Departement im weiteren Verlauf des Verfahrens definitiv die Auffassung vertreten sollte, es liege (auch) eine formelle Rechtsverweigerungs- bzw. Rechtsverzögerungsbeschwerde vor, hätte es die Sache insofern an die Eidgenössische Rekurskommission für Heilmittel zu überweisen.
 
Die Beschwerdeführerin legt nicht dar und es ist nicht erkennbar, inwiefern die angefochtene verfahrensleitende Zwischenverfügung unter diesen Umstände für sie einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil im Sinne der Rechtsprechung zu Art. 45 Abs. 1 VwVG bewirken könnte (vgl. BGE 127 II 132 E. 2 S. 136 f.; 125 II 613 E. 2-7 S. 619 ff.).
 
2.3 Nach dem Gesagten ist auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht einzutreten.
 
Kosten sind nicht zu erheben (Art. 156 Abs. 2 OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht
 
im Verfahren nach Art. 36a OG:
 
1.
 
Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nicht eingetreten.
 
2.
 
Es werden keine Kosten erhoben.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Eidgenössischen Departement des Innern, der Eidgenössischen Rekurskommission für Heilmittel sowie dem Eidgenössischen Versicherungsgericht schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 9. März 2006
 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).