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Informationen zum Dokument  BGer I 100/2002  Materielle Begründung
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BGer I 100/2002 vom 02.12.2003
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht
 
Tribunale federale delle assicurazioni
 
Tribunal federal d'assicuranzas
 
Sozialversicherungsabteilung
 
des Bundesgerichts
 
Prozess
 
{T 7}
 
I 100/02
 
Urteil vom 2. Dezember 2003
 
IV. Kammer
 
Besetzung
 
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Ferrari; Gerichtsschreiber Attinger
 
Parteien
 
H.________, 1938, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bruno Häfliger, Schwanenplatz 7, 6004 Luzern,
 
gegen
 
IV-Stelle Obwalden, Brünigstrasse 144, 6060 Sarnen, Beschwerdegegnerin
 
Vorinstanz
 
Verwaltungsgericht des Kantons Obwalden, Sarnen
 
(Entscheid vom 11. Februar 2002)
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Der 1938 geborene H.________ bewirtschaftete als selbstständigerwerbender Landwirt einen Pachtbetrieb und arbeitete während der Skisaison tageweise als Skilehrer auf Abruf. Am 5. Februar 1997 zog er sich bei einem Sturz eine rechtsseitige Rotatorenmanschettenruptur zu. Im Sommer 1998 traten überdies ohne ein Unfallereignis ähnliche Beschwerden im linken Schulterbereich auf, sodass sich der Versicherte am 30. Oktober 1998 einer operativen Sanierung beider Schultern unterziehen musste. Die IV-Stelle Obwalden sprach ihm mit Verfügung vom 9. August 1999 unter Zugrundelegung eines Invaliditätsgrades von 65 % ab 1. Februar 1998 eine halbe Rente der Invalidenversicherung zu. Diese Verfügung erwuchs unangefochten in (formelle) Rechtskraft.
 
Mit Schreiben vom 17. November 1999 ersuchte H.________ unter Hinweis auf eine weitere Verschlechterung seines Gesundheitszustandes um die revisionsweise Erhöhung der bisherigen halben auf eine ganze Invalidenrente. Dieses Gesuch wurde von der IV-Stelle mit Verfügung vom 10. Januar 2001 abgelehnt, weil die Invalidität bloss 54 % betrage.
 
B.
 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Obwalden wies die dagegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 11. Februar 2002 ab.
 
C.
 
H.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag auf Zusprechung einer ganzen Invalidenrente spätestens ab 1. Mai 2000 (auf diesen Zeitpunkt hin hatte er den landwirtschaftlichen Pachtbetrieb aufgegeben, welcher von seinem älteren Sohn weitergeführt wurde).
 
Während die IV-Stelle unter Verweisung auf die Erwägungen im vorinstanzlichen Entscheid auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung.
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Das kantonale Gericht hat im angefochtenen Entscheid die massgebenden gesetzlichen Bestimmungen und Grundsätze, insbesondere diejenigen über die Invaliditätsbemessung nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 28 Abs. 2 IVG; BGE 128 V 30 Erw. 1, 104 V 136 Erw. 2a und b) und die Revision von Invalidenrenten bei wesentlicher Änderung der tatsächlichen Verhältnisse (Art. 41 IVG; BGE 125 V 369 Erw. 2, 113 V 275 Erw. 1a, je mit Hinweisen) richtig wiedergegeben. Darauf wird verwiesen.
 
Zu ergänzen ist, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist, da nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 10. Januar 2001) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 127 V 467 Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b).
 
2.
 
Der Vorinstanz ist darin beizupflichten, dass der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers zwischen dem Erlass der ursprünglichen Rentenverfügung vom 9. August 1999 und der streitigen Revisionsverfügung vom 10. Januar 2001 keine Verschlechterung erfahren hat. Auch diesbezüglich kann auf die Erwägungen im angefochtenen Entscheid verwiesen werden.
 
Hingegen ist in Übereinstimmung mit der in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vertretenen Auffassung dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Versicherte die landwirtschaftliche Pacht (wegen der seit Februar 1997 bestehenden Schulterbeschwerden) auf den 1. Mai 2000 aufgegeben hat und der Betrieb in der Folge (bis Ende März bzw. Ende April 2002) vom älteren Sohn weitergeführt wurde. Diese Betriebsübergabe stellt einen Revisionsgrund dar und zieht insofern eine Änderung der Invaliditätsbemessungsgrundlagen nach sich, als nicht mehr das ausserordentliche Bemessungsverfahren, sondern neu die allgemeine Methode des Einkommensvergleichs (Erw. 1 hievor) zur Anwendung gelangt (vgl. BGE 104 V 148, ZAK 1990 S. 519 Erw. 3b).
 
3.
 
3.1 Was das Invalideneinkommen anbelangt, ist unbestritten, dass sich der Beschwerdeführer im Hinblick auf die ihm obliegende Schadenminderungspflicht grundsätzlich nicht damit begnügen durfte, im nunmehr von seinem Sohn bewirtschafteten Pachtbetrieb einer nicht entlöhnten Tätigkeit nachzugehen. Vielmehr stellt sich die Frage, welches Erwerbseinkommen der Versicherte trotz seiner Schulterbeschwerden ab 1. Mai 2000 auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt zumutbarerweise noch hätte erzielen können. Auf Grund der vorliegenden Akten lässt sich indessen nicht beurteilen, in welchem Umfang und bezüglich welcher Tätigkeiten ausserhalb eines eigenen Landwirtschaftsbetriebs dem Beschwerdeführer noch eine Arbeitsleistung zugemutet werden kann. Die IV-Stelle wird deshalb zunächst eine medizinische Abklärung der verbliebenen Restarbeitsfähigkeit bei Ausübung einer leidensangepassten Erwerbstätigkeit nachzuholen und alsdann die erwerblichen Möglichkeiten der in Frage kommenden Verweisungstätigkeiten zu ermitteln haben.
 
3.2 Das ohne Gesundheitsschaden ab 1. Mai 2000 erzielbare sog. Valideneinkommen setzt sich zum einen aus dem hypothetischen Erwerbseinkommen des Versicherten als selbstständigerwerbender Landwirt und zum andern aus dem - ebenfalls hypothetischen - Salär aus der vor dem Unfall ausgeübten Nebenerwerbstätigkeit als Skilehrer zusammen. Was den erstgenannten Einkommensbestandteil betrifft, ist in Übereinstimmung mit Verwaltung und kantonalem Gericht von den 1996 mit dem Pachtbetrieb erzielten Erwerbseinkünften auszugehen, wovon es den nicht entlöhnten Arbeitsanteil der Familienmitglieder in Abzug zu bringen gilt (Art. 25 Abs. 2 IVV). Die IV-Stelle hat sodann zu Recht eine Aufrechnung mittels der "Bruggerzahlen" vorgenommen (allerdings sollte diese bis ins Jahr 2000 weitergeführt werden). Mit Bezug auf das Nebenerwerbseinkommen als Skilehrer macht der Beschwerdeführer geltend, es sei ihm ein (Jahres-)Salär "in der Höhe des tatsächlichen Nebeneinkommens von 1997 im Betrage von Fr. 4690.- anzurechnen", wobei er auf eine Taggeldberechnung des Unfallversicherers vom 12. Mai 1997 verweist. Auf Letztere kann jedoch nicht abgestellt werden, da im angeführten "Gesamtlohn Saison 1996/97" von Fr. 4690.- auch ein "wegen Unfall entgangener Verdienst" enthalten ist. Heranzuziehen ist deshalb auch für den Nebenverdienst der im Jahre 1996 (in den Monaten Januar bis April sowie Dezember) erzielte Lohn von insgesamt Fr. 4422.- gemäss den Angaben der Skischule X.________ vom 3. September 1998 im Fragebogen für den Arbeitgeber. Auch dieses Erwerbseinkommen ist der Nominallohnentwicklung bis 2001 anzupassen.
 
4.
 
Resultiert aus der Gegenüberstellung der beiden Vergleichseinkommen eine Invalidität von mindestens zwei Dritteln, wird die IV-Stelle die bisher ausgerichtete halbe Invalidenrente laut Art. 88a Abs. 2 IVV mit Wirkung ab 1. August 2000 auf eine ganze heraufzusetzen haben, d.h. nachdem die anspruchsbeeinflussende Änderung (Übergabe des landwirtschaftlichen Betriebs an den Sohn per 1. Mai 2000) drei Monate angedauert hat.
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Obwalden vom 11. Februar 2002 und die Verfügung vom 10. Januar 2001 aufgehoben werden und die Sache an die IV-Stelle Obwalden zurückgewiesen wird, damit diese, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, über den Rentenanspruch ab 1. August 2000 neu verfüge.
 
2.
 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
3.
 
Die IV-Stelle Obwalden hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 1500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen.
 
4.
 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Obwalden wird über eine Parteientschädigung für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Prozesses zu befinden haben.
 
5.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Obwalden, der Ausgleichskasse Obwalden und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
 
Luzern, 2. Dezember 2003
 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
 
Die Präsidentin der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber:
 
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