VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 4P.130/2003  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 4P.130/2003 vom 29.10.2003
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
4P.130/2003 /lma
 
Urteil vom 29. Oktober 2003
 
I. Zivilabteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Corboz, Präsident,
 
Bundesrichterin Klett, Bundesrichter Nyffeler,
 
Gerichtsschreiber Mazan.
 
Parteien
 
A.________,
 
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt
 
Hans Suppiger, Seidenhofstrasse 12, 6003 Luzern,
 
gegen
 
B.________ AG,
 
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Alfons Frei, Adlermatte 17, Postfach 3088, 6130 Willisau,
 
Obergericht des Kantons Luzern, I. Kammer als Appellationsinstanz.
 
Gegenstand
 
Art. 9 und 29 Abs. 2 BV (Zivilprozess; willkürliche Beweiswürdigung; rechtliches Gehör),
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern, I. Kammer als Appellationsinstanz, vom 7. April 2003.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
In der Zeit vom 11. August 1995 bis zum 4. Juli 1999 wurden A.________ (Beschwerdeführer) in 48 monatlichen Raten von Fr. 1'600.-- sowie einer zusätzlichen Zahlung von Fr. 1'980.-- insgesamt Fr. 78'780.-- überwiesen. Die B.________ AG (Beschwerdegegnerin) stellte sich auf den Standpunkt, dass es sich bei diesen Zahlungen um einen Überbrückungskredit und somit um ein Darlehen handelte, welches der Beschwerdeführer zurückzuzahlen habe. Der Beschwerdeführer stellte die Rückzahlungspflicht in Abrede. Zur Begründung führte er im kantonalen Verfahren einerseits aus, die Zahlungen stammten von der C.________ AG, weshalb die Beschwerdegegnerin nicht zur Rückforderung aktivlegitimiert sei. Andrerseits machte der Beschwerdeführer geltend, dass die umstrittenen Zahlungen ausgerichtet worden seien, weil er anlässlich einer Abstimmung der Realkorporation Briseck über den Verkauf von Kiesabbaurechten zu Gunsten der Beschwerdegegnerin gestimmt habe. Von einer Pflicht, die überwiesenen Beträge zurückzuzahlen, sei nie die Rede gewesen.
 
B.
 
Mit Klage vom 19. Dezember 2000 beantragte die Beschwerdegegnerin, der Beschwerdeführer habe ihr Fr. 88'040.-- - bestehend aus Fr. 76'800.--, Fr. 1'980.-- sowie aufgelaufene Zinsen bis Ende 1999 - nebst 5% Zins seit 1. Januar 2000 zu bezahlen. Mit Urteil vom 30. Oktober 2001 verpflichtete das Amtsgericht Willisau den Beschwerdeführer, der Beschwerdegegnerin Fr. 78'780.-- nebst 5% Zins seit 23. Mai 2000 zu bezahlen; im Mehrbetrag wurde die Klage abgewiesen. Auch das Obergericht des Kantons Luzern verpflichtete den Beschwerdeführer mit Urteil vom 7. April 2003, der Beschwerdegegnerin Fr. 78'780.-- nebst 5% Zins seit 23. Mai 2000 zu bezahlen; die weitergehende Forderung der Klägerin wurde abgewiesen.
 
C.
 
Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 9. Juni 2003 beantragt der Beschwerdeführer dem Bundesgericht, das Urteil des Obergerichtes des Kantons Luzern vom 7. April 2003 aufzuheben.
 
Sowohl das Obergericht als auch die Beschwerdegegnerin beantragen, die staatsrechtliche Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Im kantonalen Verfahren war einerseits darüber zu befinden, ob die Beschwerdegegnerin überhaupt aktivlegitimiert sei, die eingeklagte Forderung geltend zu machen. Diese Frage ist nicht mehr Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens. Andrerseits war darüber zu entscheiden, ob die umstrittenen Zahlungen an den Beschwerdeführer auf einem Darlehensvertrag mit der Beschwerdegegnerin beruhten. In diesem Zusammenhang werden die Ausführungen des Obergerichtes in verschiedener Hinsicht als verfassungswidrig kritisiert.
 
2.
 
Zunächst rügt der Beschwerdeführer das angefochtene Urteil als verfassungswidrig, weil das Obergericht unter anderem auch auf die Aussagen des Zeugen X.________ abgestellt habe.
 
2.1 Im Verfahren vor Amtsgericht widersetzte sich der Vertreter des Beschwerdeführers unter Hinweis auf das Bankgeheimnis einer Einvernahme von X.________ als Zeuge. X.________ wurde daher vom Gericht darauf hingewiesen, dass er zwar grundsätzlich verpflichtet sei, als Zeuge auszusagen, sich aber auf das Bankgeheimnis berufen könne. Darauf erkärte sich X.________ bereit, die Fragen des Gerichtes zu beantworten, weigerte sich aber, auf die Ergänzungsfragen des Vertreters einzugehen, weil er von diesem abgelehnt worden sei. Die Zeugenbefragung wurde daraufhin beendet.
 
2.2 Der Beschwerdeführer macht diesbezüglich geltend, dass durch die Weigerung des Zeugen, die Ergänzungsfragen zu beantworten, das rechtliche Gehör verletzt worden sei. Wie bereits das Obergericht zutreffend festgehalten hat, ist das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers dadurch verletzt worden, dass vor Amtsgericht keine Möglichkeit bestand, dem Zeugen X.________ Ergänzungsfragen zu stellen. Soweit der Beschwerdeführer im vorliegenden Verfahren die erwähnte Gehörsverletzung im Rahmen des Verfahrens vor Amtsgericht rügt, ist indessen auf die Beschwerde nicht einzutreten, weil grundsätzlich nur der letztinstanzliche kantonale Entscheid mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden kann (Art. 86 Abs. 1 OG). In Bezug auf das Urteil des Obergerichtes kann demgegenüber keine Rede von einer Verletzung des rechtlichen Gehörs sein. Vielmehr hat das Obergericht unangefochten und zutreffend festgehalten, dass im Appellationsverfahren weder die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils noch die erneute Einvernahme des Zeugen verlangt worden sei. Wenn aber unter diesen Umständen für das Obergericht kein Anlass zu einer erneuten Einvernahme von X.________ bestand, erweist sich der Vorwurf der Verletzung des rechtlichen Gehörs von Vornherein als unbegründet.
 
2.3 Weiter rügt der Beschwerdeführer, die Zeugenaussagen von X.________ hätten nicht verwertet werden dürfen, weil dieser seine Aussagen in Verletzung von Art. 47 BankG gemacht habe. Diesbezüglich hat das Obergericht unter Hinweis auf die Literatur ausgeführt, dass die Aussagen eines Zeugen, der sich trotz Bindung ans Berufsgeheimnis - z.B. Bankgeheimnis - bereit erkläre auszusagen, prozessual verwertbar seien. Damit setzt sich der Beschwerdeführer nicht auseinander. Allein mit dem Hinweis, das Obergericht habe mit seinem Vorgehen den in Art. 29 Abs. 1 BV verankerten Anspruch auf ein faires Verfahren verletzt, ist nicht dargetan, inwiefern die durch eine Literaturstelle untermauerte Meinung des Obergerichtes verfassungswidrig sein soll (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG).
 
2.4 Soweit die Würdigung der Aussagen des Zeugen X.________ als willkürlich kritisiert wird, ist auf die Beschwerde ebenfalls nicht einzutreten. Der Beschwerdeführer begründet mit keinem Wort, inwiefern die vorsichtige und differenzierte Würdigung der Zeugenaussage seitens des Obergerichtes willkürlich sein soll (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG).
 
3.
 
Unbegründet ist die staatsrechtliche Beschwerde auch insoweit, als dem Obergericht eine Gehörsverletzung vorgeworfen wird, weil es auf die Kontroverse, ob ein von der Beschwerdegegnerin eingereichtes Schreiben, auf dem die Ehefrau des Beschwerdeführers als Absender aufgeführt sei, fingiert sei oder nicht, nicht eingegangen sei. Eine Gehörsverletzung liegt nur vor, wenn auf entscheidrelevante Vorbringen nicht eingegangen wird (BGE 120 Ib 379 E. 3b S. 383 m.w.H.). Inwieweit das betreffende Schreiben für den Verfahrensausgang relevant sein soll, wird weder geltend gemacht noch ist dies ersichtlich. Von einer Verletzung des rechtlichen Gehörs kann keine Rede sein.
 
Desgleichen erweist sich die Beschwerde insoweit als unbegründet, als dem Obergericht eine Gehörsverletzung vorgeworfen wird, weil es nicht auf den Erbvertrag eingegangen sei, in welchem Rechtsanwalt W.________ - der Hausanwalt der Beschwerdegegnerin - als Willensvollstrecker des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau eingesetzt worden sei. Inwiefern der Hinweis auf den Erbvertrag, in welchem Rechtsanwalt W.________ als Willensvollstrecker aufgeführt ist, für die Frage, ob die umstrittenen Zahlungen als rückzahlbares Darlehen zu qualifizieren sind, von Bedeutung sein sollen, wird ebenfalls weder behauptet noch ist dies ersichtlich.
 
4.
 
Schliesslich erweist sich die staatsrechtliche Beschwerde auch insoweit als unbegründet, als der Beschwerdeführer eine Gehörsverletzung rügt, weil das Obergericht insbesondere auf die Frage der Verzinsung nicht mehr eingegangen sei. Dazu ist zu bemerken, dass bereits das Amtsgericht davon ausgegangen ist, dass keine Verzinsung geschuldet sei, womit sich die Beschwerdegegnerin abgefunden hat. Unter diesen Umständen bestand keine Verpflichtung des Obergerichtes, auf die Frage der Verzinsung zurückzukommen.
 
Soweit der Beschwerdeführer schliesslich die Beweiswürdigung des Obergerichtes in Bezug auf die Aussagen des Zeugen Y.________ als willkürlich rügt, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Das Obergericht hat hinsichtlich der allgemeinen Glaubwürdigkeit des Zeugen Y.________ auf die Einschätzungen und Ausführungen des Amtsgerichtes abgestellt und anschliessend im Einzelnen dargelegt, dass die Vorbringen des Beschwerdeführers im Appellationsverfahren an der erstinstanzlichen Einschätzung nichts änderten. Mit diesen Ausführungen setzt sich der Beschwerdeführer nicht auseinander. Mit der Behauptung, verschiedene - angebliche - Widersprüche in den Aussagen des Zeugen Y.________ liessen dessen Gläubwürdigkeit "zumindest als fraglich erscheinen", ist nicht dargetan, weshalb die gegenteilige Auffassung des Obergerichtes willkürlich sein soll (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG).
 
5.
 
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die staatsrechtliche Beschwerde abzuweisen ist, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 156 Abs. 1 und Art. 159 Abs. 2 OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 4'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
3.
 
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 5'000.-- zu entschädigen.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, I. Kammer als Appellationsinstanz, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 29. Oktober 2003
 
Im Namen der I. Zivilabteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).