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Informationen zum Dokument  BGer U 509/2000  Materielle Begründung
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BGer U 509/2000 vom 21.07.2003
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht
 
Tribunale federale delle assicurazioni
 
Tribunal federal d'assicuranzas
 
Sozialversicherungsabteilung
 
des Bundesgerichts
 
Prozess
 
{T 7}
 
U 509/00
 
Urteil vom 21. Juli 2003
 
II. Kammer
 
Besetzung
 
Präsident Schön, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Kernen; Gerichtsschreiber Fessler
 
Parteien
 
S.________, 1934, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Armin Schätti, Marktplatz 2, 5734 Reinach,
 
gegen
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin
 
Vorinstanz
 
Versicherungsgericht des Kantons Aargau, Aarau
 
(Entscheid vom 22. November 2000)
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Der 1934 geborene S.________ arbeitete seit 1. Mai 1973 in der Firma X.________, einem der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) unterstellten Betrieb. Am 18. Mai 1990 meldete das Unternehmen der Kreisagentur Aarau der SUVA, ihr Arbeitnehmer habe am 15. Januar 1988 zu Hause einen Unfall erlitten. Dabei sei der Sehnerv verletzt worden. Der Vorfall wurde wie folgt beschrieben:"Beim Verlassen des Hauses hat Herr S.________ den Kopf an der Aussenlampe angeschlagen. Es herrschte damals ein heftiges Schneetreiben." Die Abklärungen ergaben, dass S.________ am 12. September 1989 nach einer intrakapsulären Kataraktextraktion eine Vorderkammerlinse rechts implantiert worden war. Wegen Verdachts einer toxischen Reaktion wurde die Linse am 30. November 1989 in der Augenklinik des Spitals Y.________ wieder explantiert. Im Austrittsbericht vom 12. Dezember 1989 wurde u.a. die Diagnose "Verdacht auf partielle Opticusatrophie re" gestellt. Der Visus rechts betrug knapp 0,1 und es bestand ein "Strabismus divergens rechts ex anopsia". Die SUVA kam für die Heilungskosten auf und richtete für die Zeit vom 12. September 1989 bis 14. Januar 1990 sowie für sieben einzelne Tage bis Mitte August 1991 Taggelder aus. Im Weitern sprach sie dem Versicherten mit Verfügung vom 13. August 1992 eine Integritätsentschädigung von Fr. 28'560.- (Integritätseinbusse: 35 %) zu (Befund: "Funktionelle Erblindung des rechten Auges bei kosmetischer Entstellung desselben. Intaktes Partnerauge" [Medizinische Beurteilung vom 22. Juli 1992]).
 
Am 29. September 1993 wurde S.________ im Rahmen einer Kataraktoperation eine Hinterkammerlinse links implantiert. Ein halbes Jahr später, am 10. März 1994, schliesslich wurde, wiederum in der Augenklinik des Spitals Y.________, eine Augenmuskeloperation rechts zur Korrektur des konsekutiven "Strabismus divergens re" durchgeführt. Damit konnte allerdings nicht ein Parallelstand mit binokularem Einfachsehen erreicht werden und es verblieb eine störende Diplopie. Am 6. Juli 1994 wurde die (unfallbedingte) Behandlung am rechten Auge abgeschlossen. Zwei Tage später schied S.________ aus gesundheitlichen Gründen aus der Firma aus, nachdem er seit 29. Juni 1993 nicht mehr im Betrieb gearbeitet hatte.
 
Mit Verfügung vom 16. März 1995 verneinte die SUVA den Anspruch auf eine Invalidenrente. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 21. August 1995 fest. Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 22. Dezember 1995 ab. Das Eidgenössische Versicherungsgericht hob mit Urteil vom 15. Januar 1998 Gerichts- und Einspracheentscheid auf und wies die Sache an die SUVA zurück, damit sie, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, über den Anspruch auf eine Invalidenrente neu verfüge.
 
Am 11. Juni 1998 wurde S.________ in der Augenklinik des Spitals Z.________ und am 15. Juni 1998 vom Neurologen und Psychiater Dr. med. C.________ untersucht. Gestützt auf das ophthalmologische Gutachten vom 28. Juli 1998 sowie die psychiatrische Expertise vom 8. Oktober 1998 verneinte die SUVA mit Verfügung vom 5. Februar 1999 den Anspruch auf eine Invalidenrente mangels adäquatem Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall vom 15. Januar 1998 und den geltend gemachten psychischen Problemen. In gleichem Sinne lautete der Einspracheentscheid vom 8. Juni 1999.
 
B.
 
Die von S.________ hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau nach Vernehmlassung der SUVA mit Entscheid vom 22. November 2000 ab.
 
C.
 
S.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Rechtsbegehren, der kantonale Gerichtsentscheid sei aufzuheben und es sei ihm eine Invalidenrente aufgrund einer Erwerbsunfähigkeit von 100 % zuzusprechen.
 
Die SUVA beantragt die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung verzichtet.
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Im Streite liegt der Anspruch auf eine Invalidenrente gemäss Unfallversicherungsgesetz. Dabei stellt sich in erster Linie die Frage, ob psychische Störungen gegeben sind, die in natürlicher und adäquat kausaler Weise auf den Unfall vom 15. Januar 1988 zurückzuführen sind.
 
2.
 
Im Urteil vom 15. Januar 1998 (U 40/96) werden der Begriff des natürlichen Kausalzusammenhanges zwischen Unfall, Gesundheitsschaden und dadurch bedingten Einschränkungen der Arbeits- und Erwerbsfähigkeit als einer Voraussetzung der Leistungspflicht des Unfallversicherers, sowie die Rechtsprechung zur Adäquanzbeurteilung bei psychischen Beeinträchtigungen, namentlich wenn der betreffende Unfall dem mittleren Bereich zuzuordnen ist (vgl. BGE 115 V 140 Erw. 6c/aa und bb; ferner BGE 117 V 383 f. Erw. 4b und c) dargelegt. Darauf wird verwiesen. Zu ergänzen ist, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist. Nach dem massgebenden Zeitpunkt des Einspracheentscheides (hier: 8. Juni 1999) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen haben unberücksichtigt zu bleiben (BGE 127 V 467 Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b, 116 V 248 Erw. 1a).
 
3.
 
Das kantonale Gericht hat erwogen, auf Grund des Geschehensablaufs und der dabei erlittenen unmittelbaren Verletzungen sei der Vorfall vom 15. Januar 1988 dem Bereich der leichten Unfälle zuzuordnen. Ein Anschlagen des Kopfes an einem Gegenstand, welches eher geringfügige direkte Verletzungen (kurze Benommenheit, Beule am Kopf, Augenflimmern während kurzer Zeit, eventuell knöcherne Verletzung des rechten Sehnervkanals) nach sich gezogen habe, und ein allfälliger Sturz zu Boden seien nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht geeignet, erhebliche psychische Gesundheitsstörungen hervorzurufen. Unter diesen Umständen sei die Adäquanzfrage nur zu prüfen, wenn sich aus dem Unfall unmittelbare Folgen ergäben, die eine psychische Fehlentwicklung nicht mehr als offensichtlich unfallunabhängig erscheinen liessen (z.B. Komplikationen, verzögerter Heilungsverlauf, lange Arbeitsunfähigkeit). Davon könne indessen vorliegend nicht gesprochen werden. Keine der als geringfügig zu bezeichnenden direkten Verletzungen habe eine medizinische Behandlung notwendig gemacht oder zu einer Einschränkung der Arbeitsfähigkeit geführt. Die Ursachen und Umstände, welche zu einer depressiven Entwicklung führten, seien zweifellos anderer Natur und könnten höchstens als mittelbare Folgen des Ereignisses vom 15. Januar 1988 betrachtet werden. Einerseits lägen die Hauptursachen für die Verschlechterung der Sehkraft beider Augen beim Eintritt des grauen Stars (Cataracta senilis) und bei der zu Komplikationen führenden ersten Star-Operation rechts am 12. September 1989. Die psychische Dekompensation und ein Nervenzusammenbruch seien alsdann erst im Frühjahr 1993 erfolgt, als sich auch der Visus des linken Auges zu verschlechtern begonnen habe und eine weitere Operation notwendig geworden sei. Anderseits seien Veränderungen in der beruflichen Funktion sowie die Ankündigung einer Verdienstreduktion konkurrierende Ursachen für die Entwicklung einer Depression und den Beginn der dauernden Arbeitsunfähigkeit ab Ende Juni 1993 gewesen. Bei dieser Sachlage hätten sich aus dem Unfall keine unmittelbaren Folgen ergeben, die eine psychische Fehlentwicklung als nicht mehr offensichtlich unfallunabhängig erscheinen liessen. Somit erübrige sich die Prüfung der Adäquanzfrage und sei diese ohne weiteres zu verneinen.
 
4.
 
4.1 In tatsächlicher Hinsicht hat als erstellt zu gelten, dass der Beschwerdeführer am 15. Januar 1988 beim Verlassen des Hauses den Kopf an der Aussenlampe anschlug. Dabei wurde der Sehnerv rechts verletzt, was zu einer partiellen Opticusatrophie führte. Erkannt wurde die Verletzung frühestens Ende November 1989, als dem Versicherten die erst zwei Monate zuvor im Rahmen einer Staroperation eingesetzte Vorderkammerlinse rechts wegen eines postoperativ aufgetretenen zystoiden Maculaödems wieder herausgenommen werden musste. Nachdem der Visus rechts bei der letzten ärztlichen Kontrolle im Oktober 1984 - voll auskorrigierbar - 1,0 und unmittelbar vor dem ersten Eingriff am rechten Auge am 29. September 1989 noch 0,25 betrug, konnte bei Abschluss der Behandlung am 6. Juli 1994 mit bester Korrektur ein Visus von nicht mehr als 0,1 erreicht werden. Neben der hochgradigen Fehlsichtigkeit verblieb, ebenfalls unfallbedingt, eine störende Diplopie, welche indessen mit einer Prismenbrille subjektiv minimalisiert werden konnte (vgl. Erw. 4 des Urteils vom 15. Januar 1998 [U 40/96]).
 
4.2 Davon, dass die Opticusläsion und die funktionelle Blindheit rechts mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf den Unfall vom 15. Januar 1988 zurückzuführen sind, war auch das kantonale Gericht im Entscheid vom 22. Dezember 1995 ausgegangen. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz im angefochtenen Entscheid indessen ist der unfallbedingte, praktisch vollständige Verlust des Visus rechts für die Adäquanzfrage von Bedeutung. Dabei kann offen bleiben, ob der Augenschaden deshalb nicht für die Qualifizierung des Vorfalles vom 15. Januar 1988 als leichter, mittelschwerer oder schwerer Unfall relevant ist, weil erst im November 1989 im Rahmen der gemäss Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht indizierten Star-Behandlung die Verdachtsdiagnose einer partiellen Opticusatrophie gestellt worden war. So oder anders ist aus nachstehenden Gründen die funktionelle Blindheit rechts als unmittelbare Unfallfolge zu betrachten, die eine psychische Fehlentwicklung nicht mehr als offensichtlich unfallunabhängig erscheinen lässt (vgl. RKUV 1998 Nr. U 297 S. 244 Erw. 3b mit Hinweisen, 1992 Nr. U 154 S. 249 Erw. 2c).
 
In Erw. 5a des Urteils vom 15. Januar 1998 hat das Eidgenössische Versicherungsgericht unter Hinweis auf das unveröffentlichte Urteil H. vom 10. April 1990 (U 25/87) festgestellt, der praktisch vollständige Verlust des Visus rechts stelle eine Verletzung von besonderer Art und Schwere dar, welcher die Eignung nicht abgesprochen werden könne, eine psychische Fehlentwicklung auszulösen. Diese Beurteilung wird durch das psychiatrische Gutachten des Dr. med. C.________ vom 8. Oktober 1998 gestützt. Danach ist die unfallbedingte Schädigung des rechten Auges überwiegend wahrscheinlich zumindest teilursächlich für die gesundheitlichen Probleme, derentwegen der Beschwerdeführer ab 29. Juni 1993 vom Hausarzt zu 100 % arbeitsunfähig geschrieben wurde. Wörtlich führt Dr. med. C.________ aus: "Wäre das rechte Auge nicht posttraumatisch geschädigt gewesen, hätte er mit grosser Wahrscheinlichkeit wie vorher mit einem Auge eine genügende Leistung erbringen können, und es wäre nicht zur Ankündigung einer Lohnreduktion und auch nicht zu einem Zusammenbruch gekommen mit der nachfolgenden andauernden Arbeitsunfähigkeit." Dass erst die im Frühjahr 1993 aufgetretenen Sehprobleme links zur psychischen Dekompensation in Form einer "Anpassungsstörung mit Angst und Depression gemischt (ICD-F10 43.22)" führten, ändert nichts an der Teilursächlichkeit des praktisch vollständigen Verlusts des Visus rechts. Umgekehrt ist auf Grund der Akten nicht anzunehmen, dass zwischen der Katarakt des linken Auges und dem "Strabismus divergens re" ein Zusammenhang besteht. Der Visus links nach dem Eingriff vom 29. September 1993 betrug 1,0 (Gutachten Augenklinik Spital Z.________ vom 28. Juli 1998). Ist aber im Sinne des Vorstehenden objektiv die Eignung des praktisch vollständigen Visusverlust sowie der Diplopie rechts, eine psychische Fehlentwicklung auszulösen, zu bejahen, hat die hiefür (teil-)ursächliche Opticusläsion als unmittelbare Unfallfolge zu gelten, welche diesen gesundheitlichen Verlauf nicht mehr als offensichtlich unfallunabhängig erscheinen lässt.
 
4.3 Für die Prüfung der Adäquanzfrage sind die Kriterien heranzuziehen, welche für Unfälle im mittleren Bereich gelten (RKUV 1998 Nr. U 297 S. 244 Erw. 3b).
 
4.3.1 Der Vorfall vom 15. Januar 1988 spielte sich nicht unter dramatischen Begleitumständen ab. Hingegen ist er in dem Sinne besonders eindrücklich, als die Opticusläsion zur funktionellen Blindheit des rechten Auges führte. Dazu kommt ein ebenfalls unfallbedingter Strabismus divergens. Dass der praktisch vollständige Verlust des Visus eine Verletzung besonderer Art und Schwere darstellt, welcher die Eignung nicht abgesprochen werden kann, psychische Fehlentwicklungen auszulösen, ist in Erw. 4.2 dargelegt worden.
 
4.3.2 Im Weitern ist die Dauer der ärztlichen Behandlung zwar insofern als lang zu bezeichnen, als zwischen dem ersten und letzten operativen Eingriff am rechten Auge viereinhalb Jahre liegen (12. September 1989 bis 10. März 1994). Diese Zeitspanne allein lässt indessen nicht den Schluss auf eine ungewöhnlich lange Behandlungsdauer zu. Vielmehr kommt es darauf, welche diagnostischen und therapeutischen Massnahmen von welcher Dauer und Intensität effektiv durchgeführt wurden. Beschränken sich die Vorkehren im Wesentlichen auf Untersuchungen, regelmässige Kontrollen und die Verordnung von Medikamenten (Schmerzmitteln, Psychopharmaka etc.), kann nicht von einer ärztlichen Behandlung im Sinne der Rechtsprechung zur Unfalladäquanz psychischer Beschwerden gesprochen werden, wie auch im Einspracheentscheid vom 8. Juni 1999 unter Hinweis auf das nicht publizierte Urteil A. vom 14. Dezember 1998 (U 16/98) richtig festgehalten wird.
 
Dem Beschwerdeführer wurde am 12. September 1989 nach einer intrakapsulären Kataraktextraktion eine Vorderkammerlinse rechts implantiert. In der Folge entwickelte sich ein Maculaödem, welches mit zwölf retrobulbären Injektionen von Celestone an zwölf aufeinander folgenden Tagen behandelt wurde. Wegen Verdachts einer toxischen Reaktion wurde die Linse am 30. November 1989 Aarau wieder explantiert (Spitalaufenthalt vom 29. November bis 6. Dezember 1989). Nachdem für den 14. Dezember 1989 eine erste ambulante Kontrolle vorgesehen war und der Beschwerdeführer die Arbeit Mitte Januar 1990 vollumfänglich wieder aufgenommen hatte, folgten 1990 und 1991 sechs weitere ambulante Kontrollen. Gemäss Verwaltungsgerichtsbeschwerde besuchte der Versicherte im Zeitraum März bis Dezember 1993 an acht Tagen die Sehschule der Augenklinik des Spitals Y.________ und/oder er hatte beim Chefarzt einen Termin. Eine erneute ärztliche Behandlung setzte sodann im Herbst 1993 wieder ein. Im November und Dezember 1993 wurde dem Beschwerdeführer Botulinumtoxin in den rechten Augenmuskel gespritzt, um die Stellung des Auges zu korrigieren. Diese Massnahme brachte keinen Erfolg, weshalb am 10. März 1994 im Rahmen eines stationären Spitalaufenthalts eine Augenmuskeloperation rechts zur Korrektur des konsekutiven "Strabismus divergens re" durchgeführt wurde (Spitalaufenthalt vom 10. bis 11. März 1994 mit anschliessender voller Arbeitsunfähigkeit während 14 Tagen). Am 6. Juli 1994 wurde die Behandlung abgeschlossen. Es folgten wiederum regelmässige ambulante Kontrollen. Versuche einer Korrektur der verbliebenen Diplopie mit Prismengläsern und mittels einer Linse brachten keine länger dauernde Besserung. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die eigentliche ärztliche Behandlung jeweils wenige Monate dauerte. Dazwischen und nach dem Abschluss im Juli 1994 waren regelmässige Kontrollen erforderlich. Bei dieser Sachlage kann nicht von einer ungewöhnlich langen Dauer der Behandlung gesprochen werden.
 
4.3.3 Der Heilungsverlauf ist dadurch gekennzeichnet, dass nach der Implantation der Linse am 12. September 1989 sich ein Maculaödem bildete, welches durch medikamentöse Behandlung zum Verschwinden gebracht werden konnte. Wegen Verdachts einer toxischen Reaktion musste sodann die Linse wieder herausgenommen werden. Dass der Heilungsverlauf im Sinne der Adäquanzrechtsprechung schwierig und mit erheblichen Komplikationen verbunden war, kann indessen nicht gesagt werden.
 
4.3.4 Das Kriterium der körperlichen Dauerschmerzen kann nicht bejaht werden. Hingegen liegen aufgrund der in den Akten beschriebenen Probleme mit dem Sehen (Bericht der Kreisagentur vom 9. Juli 1993) insofern Dauerbeschwerden vor, als unfallbedingt eine störende Diplopie besteht, die sich therapeutisch und mit Brillengläsern nicht restlos beheben lässt.
 
4.3.5 Dass Grad und Dauer der physisch (unfall-)bedingten Arbeitsunfähigkeit keine Bedeutung für die Adäquanzfrage zukommt, steht zu Recht ausser Frage. Die ab 29. Juni 1993 attestierte vollständige Arbeitsunfähigkeit war schon bald und weitgehend psychisch bedingt.
 
4.3.6 Was die Frage der ärztlichen Fehlbehandlung mit erheblicher Verschlimmerung der Unfallfolgen anbetrifft, hält Dr. med. Pajic in seinem Bericht vom 22. Dezember 1995 zwar fest, "dass man alle Behandlungen am rechten Auge inclusiv der Staroperation nicht gemacht hätte, wenn man den Bescheid über das Schädeltrauma und der Verletzung des Sehnervkanals vorgängig gewusst hätte". Daraus kann indessen nicht gefolgert werden, das Nichterkennen der Opticusläsion stelle einen Fehler des behandelnden Arztes dar. Im Übrigen hätte gemäss Gutachten der Augenklinik des Spitals Z.________ vom 28. Juli 1998 die Sehnervschädigung auch bei früherer Behandlung nicht günstig beeinflusst werden können. Als Gründe hiefür werden die im Laufe der Entwicklung verlorene Fähigkeit der Nervenzellen, sich zu teilen, sowie die fehlenden Behandlungsmöglichkeiten im damaligen Zeitpunkt genannt. Die Tatsache allein, dass die ständig störende, nicht ganz korrigierbare Diplopie und auch das Maculaödem auf den Eingriff vom 12. September 1989 zurückzuführen sind, ist nicht entscheidend.
 
4.4 Auf Grund einer Gesamtwürdigung kommt dem Unfall vom 15. Januar 1988 keine massgebende Bedeutung für die psychischen Beeinträchtigungen im Sinne der Rechtsprechung zur Unfalladäquanz psychischer Beschwerden zu. Das kantonale Gericht hat somit zu Recht den Anspruch auf eine Invalidenrente mangels adäquatem Kausalzusammenhang zwischen Unfall und (psychogener) Anpassungsstörung verneint.
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
 
Luzern, 21. Juli 2003
 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
 
Der Präsident der II. Kammer: Der Gerichtsschreiber:
 
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