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Informationen zum Dokument  BGer 1P.268/2003  Materielle Begründung
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BGer 1P.268/2003 vom 15.07.2003
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
1P.268/2003/sch
 
Urteil vom 15. Juli 2003
 
I. Öffentlichrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesgerichtspräsident Aemisegger, Präsident,
 
Bundesgerichtsvizepräsident Nay, Bundesrichter Reeb,
 
Gerichtsschreiber Pfisterer.
 
Parteien
 
A.________, zzt. in den Strafanstalten Thorberg,
 
3326 Krauchthal,
 
Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Rudolf Huber, Frutigenstrasse 2 / Maulbeerplatz, 3600 Thun,
 
gegen
 
Generalprokuratur des Kantons Bern, Hochschulstrasse 17, 3012 Bern,
 
Obergericht des Kantons Bern, 2. Strafkammer, Hochschulstrasse 17, 3012 Bern.
 
Gegenstand
 
Art. 29 BV (Strafverfahren),
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, 2. Strafkammer,
 
vom 3. Dezember 2002.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
A.________ wurde mit Urteil des Kreisgerichtes X Thun vom 13. Juni 2002 unter anderem der mehrfachen, mengenmässig qualifizierten Widerhandlung gegen das BetmG (SR 812.121) schuldig gesprochen. Er soll insgesamt mindestens 2.1 kg Heroingemisch (Reinheitsgrad unbekannt bzw. von 420 g reinem Heroin) teilweise eingeführt, verkauft und abgegeben haben. Insgesamt wurde er zu 4 ½ Jahren Zuchthaus (unter Anrechnung der erstandenen Untersuchungshaft) und zu 8 Jahren unbedingter Landesverweisung verurteilt.
 
B.
 
A.________ erklärte gegen dieses Urteil am 24. Juni 2002 die Appellation. Er beantragte im Wesentlichen wegen der Einfuhr von lediglich 1 kg Heroingemisch, wovon er insgesamt 250 g verkauft und abgegeben habe, schuldig gesprochen zu werden. Dafür und gestützt auf die rechtskräftigen Schuldsprüche sei eine Zuchthausstrafe von 3 Jahren, unter Anrechnung der Untersuchungshaft, und eine bedingte Landesverweisung von 4 Jahren auszusprechen.
 
Das Obergericht des Kantons Bern, 2. Strafkammer, erklärte A.________ mit Urteil vom 3. Dezember 2002 schuldig der mengenmässig qualifizierten Widerhandlung gegen das BetmG durch Einfuhr, Verarbeitung, Verkauf und Abgabe von ca. 2 kg Heroingemisch. Es bestätigte die Dauer der Zuchthausstrafe sowie der Landesverweisung.
 
C.
 
A.________ führt gegen diesen Entscheid staatsrechtliche Beschwerde. Er beantragt die Aufhebung des Entscheides des Obergerichtes des Kantons Bern vom 3. Dezember 2002. Zudem stellt er ein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
 
Das Obergericht des Kantons Bern verzichtet auf eine Vernehmlassung. Die Generalprokuratur des Kantons Bern beantragt die Abweisung der Nichtigkeitsbeschwerde (recte: staatsrechtlichen Beschwerde).
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Gegen den angefochtenen, kantonal letztinstanzlichen Entscheid ist die staatsrechtliche Beschwerde gegeben (Art. 86 Abs. 1 OG; § 322 ff. des Gesetzes vom 15. März 1995 über das Strafverfahren, StrV). Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten, unter Vorbehalt der nachstehenden Ausführungen.
 
2.
 
2.1 Nach Art. 90 Ziff. 1 lit. b OG hat die Beschwerde die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber zu enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze verletzt sind und inwiefern der angefochtene Entscheid nicht nur unkorrekt, sondern qualifiziert falsch ist. Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene Rügen. Auf ungenügend begründete Rügen und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein. Es genügt namentlich nicht, wenn der Beschwerdeführer behauptet, der Entscheid des Kantonsgerichts sei willkürlich. Er hat vielmehr detailliert zu zeigen, inwiefern dies der Fall sei (BGE 128 I 81 E. 2, 177 E. 2.1, je mit Hinweis).
 
2.2 Diesen Anforderungen vermag die Beschwerde nicht in allen Teilen zu genügen. Der Beschwerdeführer behauptet eine willkürliche Beweiswürdigung sowie eine Verletzung der Unschuldsvermutung. Er bringt jedoch nirgends genügend begründet vor, inwiefern das Obergericht die Unschuldsvermutung verletzt haben soll. Entsprechend ist auf diese Rüge nicht einzutreten.
 
3.
 
3.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, das Obergericht habe in willkürlicher Beweiswürdigung auf einen Bruttoumsatz von 2 kg Heroingemisch geschlossen. Er behauptet, lediglich 1 kg umgesetzt zu haben.
 
3.2 Im Bereich der Beweiswürdigung verfügt der Sachrichter über einen weiten Ermessensspielraum. Das Bundesgericht kann die Beweiswürdigung nur unter dem Gesichtswinkel des Willkürverbots prüfen. Willkür im Sinne von Art. 9 BV liegt vor, wenn die Beweiswürdigung offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, auf einem offenkundigen Versehen beruht oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Dabei genügt es nicht, wenn der angefochtene Entscheid sich nur in der Begründung als unhaltbar erweist; eine Aufhebung rechtfertigt sich erst, wenn er auch im Ergebnis verfassungswidrig ist (BGE 128 I 81 E. 2, 177 E. 2.1, je mit Hinweis).
 
3.3 Das Obergericht hat ausführlich dargelegt, weshalb es den widersprüchlichen und zum Teil nachweislich falschen Aussagen des Beschwerdeführers keinen Glauben schenkte. Aufgrund der Aussagen des Stiefsohnes des Beschwerdeführers, er habe im Oktober 2000 in der Wohnung seiner Mutter Fr. 20'000.-- bis 22'000.-- bzw. über Fr. 20'000.-- gezählt sowie jenen der Ehefrau des Beschwerdeführers hielt das Obergericht fest, der Beschwerdeführer habe weit mehr als 250 g Heroingemisch verkauft. Diese beiden Personen seien glaubwürdig, da sie sich mit ihren Aussagen selber belastet und mehrmals gleich ausgesagt hätten. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers stellte das Obergericht mit der als willkürlich kritisierten Rückrechnung nur fest, er habe mehr als 250 g Heroingemisch verkauft. Daraus hat es nicht auf den Bruttoumsatz von 2 kg Heroingemisch geschlossen.
 
Für den Schluss auf die 2 kg Heroingemisch stützte sich das Obergericht namentlich auf die Angaben der Ehefrau des Beschwerdeführers ab. Diese gab am 8. November 2000 zu Protokoll, der Beschwerdeführer habe zwei Plastiksäcke von je ca. 1 kg weissem und braunem Pulver abgewogen und in Minigrip-Säckchen abgefüllt. Das Gericht legte auch dar, weshalb es auf diese ersten Aussagen abstellte und nicht auf die späteren Darlegungen der Ehefrau, es habe sich um kleinere Mengen Heroingemisch gehandelt. Die Verurteilung beruht auch auf der Aussage des Stiefsohnes. Dieser sprach am 2. November 2000 von einer grossen, auf ca. 1 ½ kg geschätzten Menge braunem und weissem Pulver, das der Beschwerdeführer in sicher über 100 Minigrip-Säckchen zu 5 g abgepackt habe. Schliesslich habe der Beschwerdeführer unmittelbar nach seiner Festnahme von je 1 kg weissem und bräunlichem Mehl gesprochen. Mit dieser Begründung des angefochtenen Entscheides setzt sich der Beschwerdeführer nicht oder nur ungenügend auseinander. Was er in seiner Beschwerde vorbringt, geht daher weitgehend an der Sache vorbei und ist im Übrigen nicht geeignet, im Ergebnis eine willkürliche Beweiswürdigung darzutun.
 
3.4 Es ist nicht offensichtlich unhaltbar, dass das Obergericht in Würdigung des gesamten Beweismaterials erkannt hat, die Frau des Beschwerdeführers habe in seinem Auftrag 2 kg Heroingemisch aus Mailand importiert. Davon habe sie einerseits 105 g abgezweigt und der Beschwerdeführer habe andererseits seinem Stiefsohn geringfügige Mengen zum Testen übergeben. Den Rest - somit fast 1.9 kg Heroingemisch - habe der Beschwerdeführer verkauft. Die Willkürrüge ist damit unbegründet, soweit sie den Anforderungen an die Beschwerdebegründung überhaupt genügt.
 
Die vom Beschwerdeführer zuletzt erhobene Behauptung, er habe diese 1.9 kg Heroingemisch nicht verkauft, erschöpft sich in einer pauschalen Kritik am angefochtenen Urteil. Wie bereits ausgeführt, kann darauf nicht eingetreten werden (vgl. Art. 90 Ziff. 1 lit. b OG).
 
4.
 
Die staatsrechtliche Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
 
Sie ist als von vornherein aussichtslos im Sinne von Art. 152 OG zu erachten, so dass das vom Beschwerdeführer gestellte Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege abzuweisen ist.
 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 156 Abs. 1 OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
 
2.
 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
 
3.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.
 
4.
 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Generalprokuratur und dem Obergericht des Kantons Bern, 2. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 15. Juli 2003
 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
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