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Informationen zum Dokument  BGer C 316/2002  Materielle Begründung
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BGer C 316/2002 vom 08.07.2003
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht
 
Tribunale federale delle assicurazioni
 
Tribunal federal d'assicuranzas
 
Sozialversicherungsabteilung
 
des Bundesgerichts
 
Prozess
 
{T 7}
 
C 316/02
 
Urteil vom 8. Juli 2003
 
II. Kammer
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Ursprung und Frésard; Gerichtsschreiber Lanz
 
Parteien
 
Amt für Arbeit, Unterstrasse 22, 9001 St. Gallen, Beschwerdeführer,
 
gegen
 
N.________, 1981,Beschwerdegegner, vertreten durch Dr. Jakob Rhyner, Rechtsanwalt, St. Gallerstrasse 5, 9470 Buchs
 
Vorinstanz
 
Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen, St. Gallen
 
(Entscheid vom 27. September 2002)
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Mit Verfügung vom 11. März 2002 stellte das Regionale Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) den 1981 geborenen N.________ für zehn Tage ab 29. Januar 2002 in der Anspruchsberechtigung auf Arbeitslosenentschädigung ein, da er einem zugewiesenen Programm zur vorübergehenden Beschäftigung zeitweilig ohne entschuldbaren Grund ferngeblieben sei.
 
B.
 
Die hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 27. September 2002 in dem Sinne teilweise gut, dass es die Dauer der Einstellung auf vier Tage reduzierte.
 
C.
 
Das Amt für Arbeit des Kantons St. Gallen führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren, die Verfügung des RAV vom 11. März 2002 sei in Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides zu bestätigen.
 
N.________ lässt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen. Das Staatssekretariat für Wirtschaft hat sich nicht vernehmen lassen.
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Das kantonale Gericht hat nach zutreffender Darlegung der massgeblichen Rechtsgrundlagen richtig erwogen, dass der Beschwerdegegner an mehreren Tagen ohne hinreichenden Grund einem ihm zugewiesenen Programm zur vorübergehenden Beschäftigung ferngeblieben und deswegen in Anwendung von Art. 30 Abs. 1 lit. d AVIG in der Anspruchsberechtigung einzustellen ist. Dies ist letztinstanzlich auch nicht mehr umstritten. Streitig und zu prüfen ist einzig das Mass der Sanktion.
 
2.
 
2.1 Die Dauer der Einstellung wird gemäss den im angefochtenen Entscheid ebenfalls korrekt wiedergegebenen Bestimmungen nach dem Grad des Verschuldens festgesetzt (Art. 30 Abs. 3 AVIG; Art. 45 Abs. 2 AVIV). Es handelt sich dabei naturgemäss um einen Ermessensentscheid. Das ihn überprüfende Sozialversicherungsgericht darf sein Ermessen nicht ohne triftigen Grund an die Stelle desjenigen der Verwaltung setzen; es muss sich bei der Korrektur auf Gegebenheiten abstützen können, welche seine abweichende Ermessensausübung als naheliegender erscheinen lassen (BGE 126 V 362 Erw. 5d und 123 V 152 Erw. 2 mit Hinweis). Ob das der Fall ist, prüft das Eidgenössische Versicherungsgericht in Streitigkeiten über die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen - und um nichts anderes handelt es sich bei der Einstellung in der Anspruchsberechtigung auf Arbeitslosenentschädigung - frei (Art. 132 lit. a OG). Diese gesetzliche Regelung übersieht der Beschwerdegegner, wenn er von einer eingeschränkten Kognition des letztinstanzlichen Gerichts im Sinne von Art. 104 OG ausgeht.
 
2.2 Vorinstanz und Parteien stufen das Verschulden des Beschwerdegegners übereinstimmend als leicht ein, womit die Einstellung nach Art. 45 Abs. 2 lit. a AVIV auf 1-15 Tagen festzusetzen ist. Die Verwaltung hält sich mit der verfügten Einstellungsdauer von zehn Tagen im mittleren Bereich dieses Rahmens und hat damit das ihr zustehende Ermessen weder überschritten, noch missbraucht oder in unangemessener Weise ausgeübt. Dies gilt ungeachtet dessen, ob der Versicherte dem Einsatzprogramm nun wie vom kantonalen Gericht angenommen sieben Tage oder wie die Beschwerdeführerin vorbringt neun Tage ferngeblieben ist. Das kantonale Gericht führt zur Begründung der im angefochtenen Entscheid vorgenommenen Reduktion der Sanktion auf vier Tage nebst bereits vom RAV berücksichtigten Gesichtspunkten lediglich an, dass die Dauer der Einstellung gemäss Verwaltungsverfügung die Dauer der Absenzen vom Einsatzprogramm übertreffe. Darin kann aber kein hinreichender triftiger Grund für eine abweichende Ermessensausübung durch die Vorinstanz gesehen werden. Denn wie in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu Recht erwähnt wird, bemisst sich die Dauer der Einstellung einzig nach dem Grad des Verschuldens (ARV 2000 Nr. 9 S. 49 Erw. 4a mit Hinweisen; Erw. 2.1 hievor). Sie kann daher beispielsweise auch die Dauer der Arbeitslosigkeit (ARV 1987 Nr. 11 S. 109 Erw. 3) oder der möglichen Bezugstage (ARV 2000 Nr. 9 S. 49 Erw. 4a) überschreiten. Da im vorliegenden Fall Faktoren, welche das Verschulden des Beschwerdegegners als geringfügiger erscheinen liessen und vom RAV fälschlicherweise nicht berücksichtigt wurden, von keiner Seite dargetan oder aus den Akten ersichtlich sind, hat das kantonale Gericht unzulässigerweise in die pflichtgemässe Ermessensausübung der Verwaltung eingegriffen. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist somit begründet.
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
 
1.
 
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid des Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen vom 27. September 2002 aufgehoben.
 
2.
 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen, der Kantonalen Arbeitslosenkasse St. Gallen und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt.
 
Luzern, 8. Juli 2003
 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
 
Die Vorsitzende der II. Kammer: Der Gerichtsschreiber:
 
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