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Informationen zum Dokument  BGer I 322/2002  Materielle Begründung
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BGer I 322/2002 vom 07.07.2003
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht
 
Tribunale federale delle assicurazioni
 
Tribunal federal d'assicuranzas
 
Sozialversicherungsabteilung
 
des Bundesgerichts
 
Prozess
 
{T 7}
 
I 322/02
 
Urteil vom 7. Juli 2003
 
II. Kammer
 
Besetzung
 
Präsident Schön, Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Frésard; Gerichtsschreiberin Helfenstein Franke
 
Parteien
 
Bundesamt für Sozialversicherung, Effingerstrasse 20, 3003 Bern, Beschwerdeführer,
 
gegen
 
K.________, 1957, Beschwerdegegner
 
Vorinstanz
 
Verwaltungsgericht von Appenzell Ausserrhoden, Trogen
 
(Entscheid vom 20. Februar 2002)
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Der 1957 geborene, türkische Kurde K.________ war bis zu seiner Einreise in die Schweiz 1988, wo er 1989 als Flüchtling anerkannt wurde, als Buchhalter tätig. Vom 1. April 1990 bis 31. Juli 1991 war er bei der M.________ AG als Hilfsarbeiter/Baumaschinenreiniger beschäftigt. Mit Anmeldung vom 11. Juli 1991 ersuchte K.________ erstmals um Gewährung beruflicher Massnahmen durch die Invalidenversicherung, unter Hinweis auf Rückenschmerzen im Zusammenhang mit einer seit seinem 2. Lebensjahr bestehenden, schweren Wirbelsäulendeformation (welche später als Klippel-Feil-Syndrom oder groteske Kyphoskoliose der Brustwirbelsäule diagnostiziert wurde). Die IV-Regionalstelle des Kantons St. Gallen zog verschiedene Arztberichte der Dres. med. J.________ und G.________, Spital S.________, vom 8. Mai 1991, des Dr. med. P.________ vom 29. Juli 1991, einen Arbeitgeberbericht vom 7. August 1991, in welchem der Arbeitgeber K.________ für seine Arbeit als ungeeignet bezeichnete, sowie einen Bericht der internen Berufsberatungsstelle bei. Gestützt darauf wies die Ausgleichskasse des Kantons Appenzell Ausserrhoden mit Verfügung vom 3. Februar 1992 einen Anspruch auf berufliche Massnahmen, insbesondere den vom Berufsberater vorgeschlagenen Deutschkurs, mangels Invalidität ab, was mit Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Appenzell Ausserrhoden vom 6. Mai 1992 bestätigt wurde.
 
Mit erneuter Anmeldung vom 8. März 1996 ersuchte K.________ um Arbeitsvermittlung. Auch dieses Leistungsbegehren wurde nach Einholung eines Arztberichtes des Dr. med. F.________, Spezialarzt FMH für innere Medizin, vom 12. April 1996 mit Verfügung vom 4. Juni 1996 von der IV-Stelle des Kantons Appenzell Ausserrhoden (nachfolgend: IV-Stelle) abgelehnt.
 
Auf Grund der dritten Anmeldung vom 18. September 2000 zog die IV-Stelle weitere Arztberichte des Dr. med. H.________, Arzt für Allgemeinmedizin FMH, vom 21. September 2000 sowie des Dr. med. F.________ vom 18. Oktober 2000 bei, letzterer unter Beilage einer Abklärung zur Fahreignung des Dr. phil. E.________, und veranlasste eine Begutachtung durch Dr. med. G.________, Spezialarzt FMH für Orthopädie/Sportmedizin (Bericht vom 10. Januar 2001). Im Anschluss an den Vorbescheid, mit welchem die IV-Stelle K.________ eine halbe Rente gestützt auf einen Invaliditätsgrad von 50 % ab 1. Januar 2000 in Aussicht stellte, reichte K.________ einen Bericht des Dr. med. B.________ vom 21. Dezember 2000 ein. Dieser wurde Dr. med. G.________ zur Stellungnahme unterbreitet (Bericht vom 18. Juni 2001). Mit Verfügung vom 5. September 2001 hielt die IV-Stelle am Anspruch auf eine halbe Rente ab 1. Januar 2000 fest.
 
B.
 
Die hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht von Appenzell Ausserrhoden mit Entscheid vom 20. Februar 2002 gut und sprach K.________ mit Wirkung ab 1. September 1999 eine ganze Rente zu.
 
C.
 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt das Bundesamt für Sozialversicherung (nachfolgend: BSV), unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei die Verfügung der IV-Stelle vom 5. September 2001 zu bestätigen.
 
Die IV-Stelle schliesst auf Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. K.________ verzichtet auf eine Vernehmlassung. Am 9. September 2002, mithin nach Abschluss des Schriftenwechsels, wurde durch Dr. med. H.________ ein Bericht der Radiologie der Klinik N.________ vom 5. September 2002 eingereicht.
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
1.1 Das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 ist im vorliegenden Fall nicht anwendbar, da nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 5. September 2001) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 127 V 467 Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b).
 
1.2 Die Vorinstanz hat die massgebenden gesetzlichen Bestimmungen über den Invaliditätsbegriff (Art. 4 IVG), die Voraussetzungen und den Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 IVG) sowie über die Invaliditätsbemessung bei Erwerbstätigen nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 28 Abs. 2 IVG) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.
 
Zu ergänzen ist, dass das Bundesrecht nicht vorschreibt, wie die einzelnen Beweismittel zu würdigen sind. Für das gesamte Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsbeschwerdeverfahren gilt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (Art. 40 BZP in Verbindung mit Art. 135 OG; Art. 95 Abs. 2 OG in Verbindung mit Art. 113 und 132 OG; Art. 85 Abs. 2 lit. c AHVG in Verbindung mit Art. 69 IVG; Meyer-Blaser, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum IVG, Zürich 1997, S. 229). Danach haben Versicherungsträger und Sozialversicherungsrichter die Beweise frei, d.h. ohne Bindung an förmliche Beweisregeln, sowie umfassend und pflichtgemäss zu würdigen. Für das Beschwerdeverfahren bedeutet dies, dass der Sozialversicherungsrichter alle Beweismittel, unabhängig davon, von wem sie stammen, objektiv zu prüfen und danach zu entscheiden hat, ob die verfügbaren Unterlagen eine zuverlässige Beurteilung des streitigen Rechtsanspruches gestatten. Insbesondere darf er bei einander wiedersprechenden medizinischen Berichten den Prozess nicht erledigen, ohne das gesamte Beweismaterial zu würdigen und die Gründe anzugeben, warum er auf die eine und nicht auf die andere medizinische These abstellt. Hinsichtlich des Beweiswertes eines Arztberichtes ist also entscheidend, ob der Bericht für die streitigen Belange umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch die geklagten Beschwerden berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten (Anamnese) abgegeben worden ist, in der Beurteilung der medizinischen Zusammenhänge und in der Beurteilung der medizinischen Situation einleuchtet und ob die Schlussfolgerungen des Experten begründet sind. Ausschlaggebend für den Beweiswert ist somit weder die Herkunft eines Beweismittels noch die Bezeichnung der eingereichten oder in Auftrag gegebenen Stellungnahmen als Bericht oder Gutachten, sondern dessen Inhalt (BGE 125 V 352 Erw. 3a mit Hinweisen).
 
2.
 
Streitig ist die Höhe des Rentenanspruchs und dabei insbesondere die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers. Während die IV-Stelle auf Grund der Beurteilung durch Dr. med. G.________ davon ausging, der Versicherte sei in einer leichten Tätigkeit zu 50 % arbeitsfähig (Beschwerdeantwort an die Vorinstanz, S. 2), und gestützt auf ein Valideneinkommen von Fr. 38'623.- sowie ein Invalideneinkommen von Fr. 19'311.- einen Invaliditätsgrad von 50 % ermittelte, sprach die Vorinstanz dem Versicherten eine ganze Rente zu. Sie begründete dies damit, dass das Erscheinungsbild des Versicherten dermassen durch Missbildungen geprägt sei, dass er allein aus diesem Grund nicht vermittelbar sei. Das dadurch geprägte Erscheinungsbild sei nicht invaliditätsfremd und eine Tätigkeit höchstens in einer geschützten Werkstätte denkbar, weshalb der Beschwerdeführer Anspruch auf eine volle Rente habe.
 
2.1 Zunächst wendet das BSV mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu Recht ein, dass im Falle des Versicherten allein auf Grund des Erscheinungsbildes nicht von einer vollen Arbeitsunfähigkeit ausgegangen werden könne. Tatsächlich kann dies in der Absolutheit, wie das die Vorinstanz erwogen hat, nicht gesagt werden. Fälle, in denen die Arbeitsfähigkeit allein oder überwiegend vom Äusseren des Versicherten abhängt, sind nur denkbar bei Tätigkeiten mit intensivem Kundenkontakt oder wenn das Erscheinungsbild derart ist, dass es dem Arbeitgeber nicht zugemutet werden kann, diese Person einzustellen. Von beidem kann hier keine Rede sein. Soweit die Vorinstanz mit diesem direkten Schluss vom Erscheinungsbild auf die Arbeitsfähigkeit allenfalls geltend machen will, der Versicherte stosse auf Grund seines Äusseren bei der Stellenbewerbung auf Schwierigkeiten, und darum von vornherein die Vermittelbarkeit ausschliesst, kann ihr schon deshalb nicht gefolgt werden, weil - wie das BSV zu Recht einwendet - der Beschwerdeführer in der Türkei wie in der Schweiz jeweils einen ihn beschäftigenden Arbeitgeber gefunden hat.
 
2.2 Zu prüfen ist vielmehr, wie sich die Beschwerden im Sinne einer funktionellen Einbusse auf die Arbeitsfähigkeit auswirken. Während sich die involvierten Ärzte hinsichtlich der Diagnose einig sind (schwere, groteske Wirbelsäulendeformation, zum Teil als Klippel-Feil-Syndrom bezeichnet), liegen betreffend deren Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit des Versicherten unterschiedliche Stellungnahmen vor:
 
2.2.1 Bereits Dr. med. J.________ schlug in seinem Bericht vom 8. Mai 1991 eine Arbeitsadaption vor, da der Versicherte in einem leichteren Beruf früher vollständig beschwerdefrei gewesen sei, äusserte sich indes nicht weiter zur Arbeitsfähigkeit.
 
2.2.2 Dr. med. P.________ führte am 29. Juli 1991 ebenfalls lediglich aus, es stelle sich die Frage der neuen Arbeitsadaption für eine Tätigkeit, die ähnlich sein könnte wie in der Türkei (Büroarbeit).
 
2.2.3 Auf die Fragen, wie sich allfällige körperliche, geistige, psychische Einschränkungen auf die Arbeitsfähigkeit auswirkten und inwieweit und unter welchen Bedingungen die bisherige Erwerbstätigkeit noch zumutbar sei, gab Dr. med. H.________ am 21. September 2000 an, "d.h. rein physisch, durch langes Sitzen, Heben von Lasten". Zur Frage, welche Tätigkeiten trotzdem und in welchem Ausmass noch zumutbar seien, gab er an: "Gehen ohne Tragen von Lasten noch am ehesten".
 
2.2.4 Dr. med. F.________ erwog am 18. Oktober 2000, der Versicherte erfülle die Voraussetzungen für berufliche Massnahmen, indem die volle Arbeitsfähigkeit nicht mehr gegeben sei. Andererseits befürchte er, der Versicherte sei für die Einarbeitung in eine sitzende Tätigkeit, welche auch nur geringe intellektuelle und koordinative Fähigkeiten voraussetze, nicht qualifiziert. Im Rahmen der Abklärungen bezüglich Fahreignung für Personenkraftwagen habe sich herausgestellt, dass sein Auffassungsvermögen, die Reaktionsfähigkeit im Verkehr sowie die Testung im neuropsychologischen Gutachten absolut ungenügend waren, trotz bestem Willen. Somit tendiere er dazu, auf Grund der hypothetischen Überlegungen eine 50 % Berentung zu veranlassen und den kaum erfolgsversprechenden Versuch einer Wiedereingliederung nicht zu unternehmen.
 
2.2.5 Dr. med. G.________ stellte am 10. Januar 2001 fest, allgemein lasse die Brustwirbelsäule und Lendenwirbelsäule nur kleine Bewegungen zu. Er kam zum Schluss, der objektive Befund habe sich gegenüber 1991 nicht verändert. Subjektiv würden zunehmende Schmerzen im Bereich des rechten Beckenkammes/Rippenthorax als auch im Rücken geltend gemacht. Trotz dramatischem radiologischem und klinischem Befund könne aus orthopädischer Sicht von einer Arbeitsfähigkeit als Buchhalter oder in einer anderen körperlich leichteren Tätigkeit von mindestens 50 % ausgegangen werden. Die Prognose sei schwierig abzuschätzen, da beim Klippel-Feil-Syndrom erstens nur ein kleiner Teil behandlungsbedürftige Symptome entwickle und andererseits der radiologische Befund prognostisch kaum verwertbar sei.
 
2.2.6 Dr. med. B.________ schätzte den Versicherten am 21. Dezember 2000 auf Grund der schweren Wirbelsäulenmissbildungen mit den glaubhaft starken Rückenschmerzen in allen Positionen für jede Arbeit, auch für eine leichte Beschäftigung, zu 100 % arbeitsunfähig.
 
2.2.7 Zum Bericht des Dr. med. B.________ führte Dr. med. G.________ am 18. Juni 2001 aus, dieser Bericht, welcher ihm schon bei seiner Begutachtung am 9. Januar 2001 vorgelegen habe, ändere nichts an seiner Beurteilung. Auch bei imponierender Fehlstellung der Wirbelsäule mit Missbildungen dürfe nicht auf entsprechende invalidisierende Schmerzen geschlossen werden, besonders bei fehlender neurovasculärer oder cardiopulmonaler Symptomatik. Häufig sei mit einer fixierten Wirbelsäulenfehlstellung besser zu leben als mit einer beweglichen Wirbelsäule mit Instabilität. Zudem habe sich in den letzten 10 Jahren an der Wirbelsäulenfehlstellung keine Verschlechterung ergeben. Für jemanden, der selten eine stärkere Fehlstellung oder Missbildung der Wirbelsäule zu sehen bekomme, sei der Befund natürlich beeindruckend und lenke möglicherweise von einer objektiven Beurteilung der funktionellen Einbusse ab oder schliesse unwillkürlich auf eine starke Schmerzsymptomatik. Bei Unklarheiten oder einer weiteren Begutachtung wäre sicher ein Wirbelsäulenchirurg die richtige Ansprechsperson. Er sei sich bewusst, dass ein Arbeitgeber den Versicherten auf Grund des Erscheinungsbildes kaum einstellen werde. Diese Tatsache sollte aber die objektive Beurteilung der tatsächlichen theoretischen Arbeitsfähigkeit nicht beeinflussen.
 
2.3 Die Vorinstanz erwog, die IV-Stelle habe ohne weitere Abklärung auf die Beurteilung durch Dr. med. G.________ abgestellt. Es fragt sich, ob die IV-Stelle gestützt auf diese Aktenlage den Beurteilungen durch Dr. med. G.________ im Rahmen ihrer Verfügung zu Recht den Vorzug gegeben hat, wie dies das beschwerdeführende BSV mit Verweis auf deren Schlüssigkeit geltend macht.
 
2.3.1 Die Ausführungen des Dr. med. G.________, wonach auch bei imponierender Fehlstellung der Wirbelsäule mit Missbildungen nicht auf entsprechende invalidisierende Schmerzen geschlossen werden dürfe, besonders bei fehlender neurovasculärer oder cardiopulmonaler Symptomatik, sind durchaus nachvollziehbar. Auch erscheint es überzeugend, dass für jemanden, der selten eine stärkere Fehlstellung oder Missbildung der Wirbelsäule zu sehen bekomme, der Befund natürlich beeindruckend sei und möglicherweise von einer objektiven Beurteilung der funktionellen Einbusse ablenke oder unwillkürlich auf eine starke Schmerzsymptomatik schliessen lasse.
 
2.3.2 Dennoch kann auch auf diese Beurteilung nicht unbesehen abgestellt werden.
 
Einerseits erachtet Dr. med. G.________ eine sitzende Tätigkeit als dem Versicherten zumutbar, dies zwar ebenso wie offenbar Dr. med. F.________, aus dessen Angabe, er befürchte, dass der Versicherte für die Einarbeitung in eine sitzende Tätigkeit nicht qualifiziert sei, welche auch nur geringe intellektuelle und koordinative Fähigkeiten voraussetze, zu schliessen ist, auch er favorisiere eine sitzende Tätigkeit. Dies steht indes im Widerspruch zu Dr. med. H.________, der anführt, Gehen sei noch am ehesten geeignet, wie auch zur Beurteilung durch Dr. med. B.________, der eine volle Arbeitsunfähigkeit schätzt und angibt, Sitzen sei dem Versicherten maximal für 30 bis 60 Minuten zumutbar; am besten gehe es ihm beim Spazieren. Zwar vermag die Beurteilung durch Dr. med. H.________ allein gegenüber derjenigen des Dr. med. G.________ nicht zu überzeugen, sind doch seine Ausführungen zur Arbeitssähigkeit unklar (so ist nicht ersichtlich, welche Tätigkeit er mit "Gehen ohne Tragen von Lasten" im Auge hatte, vgl. 2.2.3 hievor) und ist bei deren Würdigung überdies der Erfahrungstatsache Rechnung zu tragen, dass Hausärzte mitunter im Hinblick auf ihre auftragsrechtliche Vertrauensstellung in Zweifelsfällen eher zu Gunsten ihrer Patienten aussagen (BGE 125 V 353 Erw. 3b/cc). Jedoch kann entgegen der Auffassung des BSV der Bericht des Dr. med. B.________ nicht ohne weiteres als unbeachtlich qualifiziert werden, auch wenn dabei auf Schmerzangaben des Patienten abgestellt wurde, beruht doch auch er auf einer umfassenden Untersuchung und hält die entsprechenden Ergebnisse fest. Bemängelt werden kann einzig, dass nicht differenziert ausgeführt wird, welches die Faktoren sind, welche die volle Arbeitsunfähigkeit begründen und weshalb keine leichte Tätigkeit auch nur eingeschränkt ausgeübt werden kann. Dies ist jedoch auch beim Bericht des Dr. med. G.________ insofern der Fall, als auch er nicht genauer angibt, worin die limitierenden Faktoren im Einzelnen bestehen, ob also eine leichtere Tätigkeit nur zu 50 % ausgeübt werden kann, weil es die von ihm festgestellten Bewegungseinschränkungen oder die Schmerzen nicht zulassen. Auch gibt er ebensowenig wie Dr. med. H.________ Verweisungstätigkeiten an. Gerade für die Beurteilung der dem Versicherten noch möglichen Tätigkeiten ist aber erforderlich, dass der Arzt darlegt, welche Bewegungen und Verrichtungen dem Versicherten noch zumutbar sind, dies umso mehr, als Dr. med. G.________ bei verschiedenen Bewegungen des Oberkörpers Schmerzangaben des Patienten und Einschränkungen erhoben hat, die auch bei einer leichteren, sitzenden Tätigkeit eine Rolle spielen.
 
2.3.3 Bei dieser Aktenlage lässt sich die zentrale Frage, welche Tätigkeiten dem Beschwerdeführer in welchem Ausmass noch zumutbar sind, nicht schlüssig beurteilen. Vielmehr drängt sich eine weitere Abklärung in medizinischer Hinsicht auf, vorzugsweise bei einem Spezialisten für solche Wirbelsäulendeformitäten wie die beim Versicherten vorliegenden. Dabei wird unter anderem ausdrücklich auf die noch möglichen Verrichtungen mit Bezug auf konkrete Verweisungstätigkeiten einzugehen sein. Die Sache ist zu diesem Zweck an die IV-Stelle zurückzuweisen, welche anschliessend über den Anspruch auf eine Invalidenrente neu verfügen wird.
 
Die IV-Stelle ist darauf hinzuweisen, dass zu einer rechtskonformen Invaliditätsbemessung unabdingbar gehört, dass die dafür notwendigen Einkommens- oder Prozentzahlen ermittelt werden, was mit aller Sorgfalt zu geschehen hat. Die massgebenden Zahlen sind ferner in den Akten festzuhalten, damit die versicherte Person in Erfahrung bringen kann, auf Grund welcher erwerblichen Annahmen die Verwaltung auf einen bestimmten Invaliditätsgrad erkannt hatte (114 V 313 Erw. 3a in fine, Urteil S. vom 5. März 2003, I 502/02). Die dem Einkommensvergleich in der streitigen Verfügung zu Grunde liegenden Zahlen sind allerdings nicht nachvollziehbar. So ist nicht ersichtlich, ob die IV-Stelle das Valideneinkommen gestützt auf den Arbeitgeberbericht vom 7. August 1991 ermittelt hat, in welchem ein Monatslohn von Fr. 2600.- angegeben worden war, und dabei allenfalls durch Aufrechnung mit dem Nominallohnindex der Lohnentwicklung seit 1991 Rechnung getragen hat. Auch fehlen in den Akten jegliche Angaben zur Festsetzung des Invalideneinkommens. Vielmehr ist anzunehmen, dass die IV-Stelle von der medizinischen Arbeitsunfähigkeit direkt auf den Invaliditätsgrad geschlossen hat, indem sie das Valideneinkommen um den Grad der Arbeitsunfähigkeit kürzte, so das Invalideneinkommen ermittelte und den Invaliditätsgrad auf 50 % festsetzte. Dies ist nicht zulässig (vgl. BGE 114 V 314 Erw. 3c). Die IV-Stelle wird deshalb in der neuen Verfügung anders als in der vorliegend streitigen anzugeben haben, wie sie Validen- und Invalideneinkommen ermittelt hat.
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des Verwaltungsgerichts von Appenzell Ausserrhoden vom 20. Februar 2002 und die Verfügung der IV-Stelle des Kantons Appenzell Ausserrhoden vom 5. September 2001 aufgehoben werden und die Sache an die IV-Stelle des Kantons Appenzell Ausserrhoden zurückgewiesen wird, damit sie, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, neu verfüge.
 
2.
 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht von Appenzell Ausserrhoden, der Ausgleichskasse des Kantons Appenzell Ausserrhoden und der IV-Stelle des Kantons Appenzell Ausserrhoden zugestellt.
 
Luzern, 7. Juli 2003
 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
 
Der Präsident der II. Kammer: Die Gerichtsschreiberin:
 
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