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Informationen zum Dokument  BGer 5P.167/2003  Materielle Begründung
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BGer 5P.167/2003 vom 25.06.2003
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
5P.167/2003 /bnm
 
Urteil vom 25. Juni 2003
 
II. Zivilabteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Raselli, Präsident,
 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Marazzi,
 
Gerichtsschreiber Möckli.
 
Parteien
 
1. A.X.________,
 
2. B.X.________,
 
3. C.X.________,
 
4. D.X.________,
 
5. E.X.________,
 
Beschwerdeführer,
 
alle vertreten durch Rechtsanwalt Victor Benovici, Goldgasse 11, 7002 Chur,
 
gegen
 
1. F.X.________,
 
2. G.X.________,
 
3. H.X.________,
 
alle drei vertreten durch Rechtsanwalt Armon Vital, Chasa Suot Vi, 7550 Scuol,
 
4. I.X.________,
 
Beschwerdegegner,
 
Kantonsgericht von Graubünden, Zivilkammer, Poststrasse 14, 7002 Chur.
 
Gegenstand
 
Art. 9 + 29 BV (Erbteilung),
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden, Zivilkammer, vom 2. September 2002.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
J.X.________ und K.X.________ haben je ein am 5. Dezember 1980 in niederländischer Sprache notariell beurkundetes Testament hinterlassen und das Erbrecht ihres Heimatstaates Niederlande für anwendbar erklärt. In keinem der Testamente findet sich ein Hinweis, dass irgendein Kind bevorzugt oder benachteiligt werden soll. J.X.________ und K.X.________ starben am 27. Juli 1994 bzw. am 3. September 1995.
 
Mit Teilungsvertrag vom 10. Mai 1999 haben die Kinder und heutigen Parteien den Nachlass geteilt, mit Ausnahme der "Saldierung des Kontokorrents von F.X.________ in der Pension X.________ AG über Fr. 122'000.-- zugunsten von F.X.________ aus dem Jahre 1985, und die Angelegenheit Y.________ sowie allfällige Gegenforderungen von F.X.________".
 
Die Familie X.________ hatte 1976 die Aktien der M.________ AG erworben, die auch Eigentümerin des Schlosses T.________ in Z.________ war. Am 26. Januar 1976 wurde der Name der Firma in "Pension X.________ AG" abgeändert und der Sitz nach Z.________ verlegt.
 
Am 21. März 1979 kaufte F.X.________ die Aktien der "Kurhaus Y.________ AG" mit Sitz in S.________. Diese verpachtete das Hotel Y.________ an die Pension X.________ AG, wobei F.X.________ und dessen Ehefrau zugleich als Geschäftsführer des Hotels beschäftigt wurden. Das Pachtverhältnis wurde auf den 31. Oktober 1982 aufgelöst. Im Geschäftsjahr 1985 löschte die Pension X.________ AG ein gegenüber F.X.________ verbuchtes Guthaben von Fr. 122'641.44.
 
B.
 
Mit Klage vom 21. November 2000 begehrten die Kläger die Feststellung, dass F.X.________ einen ausgleichspflichtigen Betrag von Fr. 122'641.44 nebst Zins in die Nachlässe seiner Eltern schulde und demnach jedem klagenden Miterben Fr. 13'626.-- nebst Zins zu bezahlen habe. Mit Urteil vom 7. März 2002 wies das Bezirksgericht Hinterrhein die Klage ab. Die dagegen erhobene Berufung wies das Kantonsgericht von Graubünden, Zivilkammer, in seinem Urteil vom 2. September 2002 ab.
 
C.
 
Dagegen haben die Kläger sowohl Berufung als auch staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Mit Letzterer verlangen sie die Aufhebung des angefochtenen Urteils. Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Ausgehend von Art. 1132 Ziff. 1 Burgerlijk Wetboek, wonach die Erben alle Schenkungen, die sie vom Erblasser erhalten haben, zum Ausgleich bringen müssen, sofern sie nicht ausdrücklich befreit worden sind, hat das Kantonsgericht zunächst befunden, die Kläger müssten den Nachweis erbringen, dass durch die Ausbuchung der fraglichen Forderung das Vermögen der Erblasser geschmälert worden sei. Unter Hinweis auf inhaltlich divergierende Beweismittel hat es sodann festgehalten, es sei nicht erwiesen, dass die Eltern sämtliche Aktien der Pension X.________ AG besessen hätten. Entsprechend sei auch nicht erstellt, dass durch die Ausbuchung allein das Vermögen der Erblasser tangiert worden sei (E. 5). In Sinne selbständiger Alternativbegründungen hat die Vorinstanz sodann festgehalten, ohnehin hätte die Ausbuchung den Vermögensstand der Pension X.________ AG verändert und eine indirekte Auswirkung auf das Privatvermögen der Erblasser sei nicht nachgewiesen (Ziff. 7). Des Weiteren hat sie auf die erstinstanzlichen Erwägungen verwiesen, wonach F.X.________ Gegenforderungen (Lohn- und Pachtzinsforderungen) gegen die Pension X.________ AG hatte, welche die ausgebuchte Forderung überstiegen (Ziff. 6). Für den (nicht bewiesenen) Fall, dass die Eltern X.________ Alleinaktionäre der Pension X.________ AG gewesen wären, hat das Kantonsgericht schliesslich erwogen, der auch nach niederländischem Recht erforderliche Wille zu unentgeltlicher Zuwendung (animus donandi) sei nicht ersichtlich. Der Schenkungswille hätte nämlich von der Pension X.________ AG ausgehen müssen und hierfür fehle jeglicher Ansatzpunkt. Ebenso wenig sei ein Annahmewille von F.X._________ für eine Schenkung erwiesen (Ziff. 8).
 
2.
 
Beruht der angefochtene Entscheid auf mehreren selbständigen Begründungen, so müssen alle angefochten werden, und zwar mit dem jeweils richtigen Rechtsmittel (BGE 105 Ib 221 E. 2c S. 224; 107 Ib 264 E. 3b S. 268; 113 Ia 94 E. 1a/bb S. 95 f.; analog für die Berufung: BGE 111 II 397 E. 2b; 115 II 300 E. 2a S. 302). Ficht der Beschwerdeführer nur eine von mehreren selbständigen Begründungen an, bleibt der angefochtene Entscheid gestützt auf die unangefochtene Begründung im Ergebnis auch dann bestehen, wenn die in der Beschwerde erhobenen Einwände begründet sind.
 
3.
 
Vorliegend äussern sich die Beschwerdeführer zu zwei der insgesamt vier Begründungen. Einerseits kritisieren sie, dass die Vorinstanz nicht von der Alleinaktionärschaft der Eltern X.________ ausgegangen ist. In diesem Zusammenhang verweisen sie im Wesentlichen auf das von F.X.________ mitunterzeichnete Schreiben vom 6. Januar 1982 (KB 13) und den Zeugen R.________ (Mitarbeiter bei der damals für die Pension X.________ AG zuständigen Treuhandfirma), die nach ihrer Ansicht das Gegenteil belegen. Andererseits machen die Beschwerdeführer geltend, die Forderung über Fr. 122'641.44 sei nicht mit Gegenforderungen von F.X.________ verrechnet, sondern abgeschrieben worden, was als Erbvorbezug zu qualifizieren sei. Sie verweisen dabei im Wesentlichen auf eine entsprechende Aussage des Wirtschaftsprüfers Q.________, auf die Aussage von O.________, wonach keine Gegenforderungen verbucht gewesen seien, sowie auf die Aussage der damaligen Ehefrau von F.X.________, wonach für diesen ein Geschäftsführerlohn von Fr. 1'000.-- abgemacht gewesen sei.
 
Wie es sich mit diesen beiden Rügen der Beschwerdeführer verhält, kann offen gelassen werden, denn mit den beiden anderen, selbständigen Alternativbegründungen setzen sie sich nicht einmal im Ansatz auseinander. Es ist dies einerseits die Erwägung, ein allfälliger Forderungsverzicht hätte primär den Vermögensstand der AG, nicht denjenigen der Erblasser verändert und eine indirekte Auswirkung auf das Privatvermögen der Erblasser sei nicht nachgewiesen, sowie andererseits das zutreffende Argument, ein Schenkungswille hätte für den Fall eines Forderungserlasses von der erlassenden Pension X.________ AG ausgehen müssen, sowie die in diesem Zusammenhang gemachte Feststellung, weder sei ein solcher Wille ersichtlich noch seitens von F.X.________ ein auf Annahme einer Schenkung gerichteter.
 
Mangels Anfechtung sämtlicher Alternativbegründungen bleibt die staatsrechtliche Beschwerde nach den in E. 2 erwähnten Grundsätzen unsubstanziiert, weshalb auf sie nicht einzutreten ist (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG).
 
4.
 
Bei diesem Ausgang ist den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftbarkeit eine reduzierte Gerichtsgebühr aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 und 7 OG). Da keine Vernehmlassung eingeholt worden ist, entfällt praxisgemäss ein Entschädigungsanspruch der obsiegenden Gegenpartei.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten.
 
2.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht von Graubünden, Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 25. Juni 2003
 
Im Namen der II. Zivilabteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber
 
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