VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer I 629/2002  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer I 629/2002 vom 02.05.2003
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht
 
Tribunale federale delle assicurazioni
 
Tribunal federal d'assicuranzas
 
Sozialversicherungsabteilung
 
des Bundesgerichts
 
Prozess
 
{T 7}
 
I 629/02
 
Urteil vom 2. Mai 2003
 
II. Kammer
 
Besetzung
 
Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Ursprung und Frésard; Gerichtsschreiberin Schüpfer
 
Parteien
 
J.________, 1953, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Thomas H. Blattmann, Reichenbach & Partner, Talacker 50, 8001 Zürich,
 
gegen
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, Beschwerdegegnerin
 
Vorinstanz
 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur
 
(Entscheid vom 25. Juli 2002)
 
Sachverhalt:
 
A.
 
J.________, geboren 1953, war ab 1984 als Polier beim Y.________ der Stadt Q.________ angestellt, bevor dieses Arbeitsverhältnis per Ende Dezember 2000 infolge "Invalidenpensionierung" aufgelöst wurde. Er meldete sich am 8. Juni 2000 bei der Invalidenversicherung an und ersuchte um Berufsberatung, Umschulung und eine Rente. Die Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich, IV-Stelle, klärte die Verhältnisse zum Leistungsbezug ab und holte dazu Arztberichte sowie eine Auskunft der Arbeitgeberin ein. Sie gewährte dem Versicherten Berufsberatung. Nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens sprach die IV-Stelle J.________ eine Viertelsrente aufgrund eines Invaliditätsgrades von 46 % ab 1. Januar 2000 zu (Verfügung vom 25. Juni 2001).
 
B.
 
Die hiegegen erhobene Beschwerde, womit der Versicherte die Ausrichtung einer halben Rente verlangte, wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 25. Juli 2002 ab.
 
C.
 
J.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei ihm ab 1. Januar 2001 eine ganze, eventuell eine halbe Rente der Invalidenversicherung auszurichten.
 
Die IV-Stelle Zürich schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung verzichtet.
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
1.1 Nach Art. 28 Abs. 1 IVG hat der Versicherte Anspruch auf eine ganze Rente, wenn er mindestens zu 66 2/3 %, auf eine halbe Rente, wenn er mindestens zu 50 % oder auf eine Viertelsrente, wenn er mindestens zu 40 % invalid ist; in Härtefällen hat der Versicherte nach Art. 28 Abs. 1bis IVG bereits bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 40 % Anspruch auf eine halbe Rente.
 
1.2 Bei erwerbstätigen Versicherten ist der Invaliditätsgrad auf Grund eines Einkommensvergleichs zu bestimmen. Dazu wird das Erwerbseinkommen, das der Versicherte nach Eintritt der Invalidität und nach Durchführung allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihm zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte, in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das er erzielen könnte, wenn er nicht invalid geworden wäre (Art. 28 Abs. 2 IVG). Der Einkommensvergleich hat in der Regel in der Weise zu erfolgen, dass die beiden hypothetischen Erwerbseinkommen ziffernmässig möglichst genau ermittelt und einander gegenübergestellt werden, worauf sich aus der Einkommensdifferenz der Invaliditätsgrad bestimmen lässt. Insoweit die fraglichen Erwerbseinkommen ziffernmässig nicht genau ermittelt werden können, sind sie nach Massgabe der im Einzelfall bekannten Umstände zu schätzen und die so gewonnenen Annäherungswerte miteinander zu vergleichen (allgemeine Methode des Einkommensvergleichs; BGE 128 V 30 Erw. 1, 104 V 136 Erw. 2a und b).
 
1.3 Um den Invaliditätsgrad bemessen zu können, ist die Verwaltung (und im Beschwerdefall das Gericht) auf Unterlagen angewiesen, die ärztliche und gegebenenfalls auch andere Fachleute zur Verfügung zu stellen haben. Aufgabe des Arztes oder der Ärztin ist es, den Gesundheitszustand zu beurteilen und dazu Stellung zu nehmen, in welchem Umfang und bezüglich welcher Tätigkeiten die versicherte Person arbeitsunfähig ist. Im Weiteren sind die ärztlichen Auskünfte eine wichtige Grundlage für die Beurteilung der Frage, welche Arbeitsleistungen der Person noch zugemutet werden können (BGE 125 V 261 Erw. 4, 115 V 134 Erw. 2, 114 V 314 Erw. 3c, 105 V 158 Erw. 1).
 
1.4 Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 in Kraft getreten. Mit ihm sind zahlreiche Bestimmungen im Invalidenversicherungsbereich geändert worden. Weil in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 127 V 467 Erw. 1), und weil ferner das Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung eines Falles grundsätzlich auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 9. Januar 2002) eingetretenen Sachverhalt abstellt (BGE 121 V 366 Erw. 1b), sind im vorliegenden Fall die bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Bestimmungen anwendbar.
 
2.
 
Da der Beschwerdeführer in einem stabilen Arbeitsverhältnis bei der Stadt Zürich tätig war, bei welchem der Lohn und die Lohnentwicklung relativ sicher festzustellen sind, sind sich die Parteien über den hypothetischen Validenlohn von Fr. 80'850.- für das Jahr 2001 einig. Streitig ist vorliegend, welche Tätigkeiten der Beschwerdeführer in welchem zeitlichen Rahmen aufgrund seiner Gesundheitsschädigung noch zu verrichten vermag und was er dabei verdienen würde (Invalideneinkommen).
 
3.
 
3.1 Sowohl die Verwaltung, als auch die Vorinstanz gehen bei ihrer Schätzung des Invalideneinkommens davon aus, dass der Beschwerdeführer an einem chronischen lumbospondylogenen Syndrom bei kleiner medialer Diskushernie LWK 4/5 und LWK 5/S1 sowie an einer Wirbelsäulenfehlform im Sinne eines lumbalen Flachrückens leidet. Dabei könne er in seiner bisherigen Tätigkeit als Polier im Tiefbau nicht mehr arbeiten, hingegen sei ihm eine leichte bis mittelschwere Tätigkeit mit einer Gewichtslimite von 15 kg ganztägig zumutbar, wenn auch vermehrte Pausen von insgesamt einer Stunde über den Tag verteilt notwendig und längeres Stehen und Sitzen zu vermeiden seien. Sie stützen sich dabei auf einen Untersuchungsbericht vom 11. August 2000 von Dr. med. P.________, Assistenzarzt, und Dr. med. K.________, Oberarzt an der Klinik des Spitals X.________, sowie auf einen Bericht über die Evaluation der arbeitsbezogenen funktionellen Leistungsfähigkeit, welcher an der selben Klinik von Dr. med. L.________, Oberarzt, und der Physiotherapeutin Ergonomie, Frau S.________, am 23. August 2000 verfasst wurde.
 
In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird dagegen gestützt auf Berichte des Hausarztes des Versicherten, Dr. med. M.________, Allgemeine Medizin FMH, vom 22. August 2000 und vom 14. September 2002 angeführt, auch für leichte Arbeiten sei er nur zu maximal 50 % arbeitsfähig. Eine ganztägige Berufstätigkeit sei auch nicht mit der Tatsache zu vereinbaren, dass er voraussichtlich bleibend einer ständigen ärztlichen Behandlung mit medizinischen und physiotherapeutischen Massnahmen bedürfe. Könne dieser Beurteilung nicht gefolgt werden, müsse eine weitere Begutachtung durchgeführt werden.
 
3.2 Entgegen den Vorbringen des Beschwerdeführers besteht keine Veranlassung von der Beurteilung seiner Arbeitsfähigkeit, wie sie sich aus den ausführlich begründeten Berichten der Klinik des Spitals X.________ vom 11./23. August 2000 hervorgeht, abzuweichen. Diese deckt sich auch mit einem Bericht von Dr. med. W.________, Oberarzt Angiologie, Rheuma-und Rehabilitationsklinik Z.________, vom 31. August 2000. Darin wird ausgeführt, der Patient sei zwar in seinem bisherigen Beruf nur noch halbtags oder weniger arbeitsfähig. In einer behinderungangepassten Tätigkeit könne er aber ganztags arbeiten. Die Einschätzung der Arbeitsfähigkeit durch die spezialisierten Ärzte überzeugt. Daran vermag auch das mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde neu aufgelegte Kurzzeugnis von Dr. med. M.________ vom 14. September 2002 nichts zu ändern. Dessen Beurteilung, wonach auch für eine angepasste Tätigkeit eine bloss 50 %ige Arbeitsfähigkeit bestehe, wird mit keinem Wort begründet. Er setzt sich auch nicht mit den Erkenntnissen der Spezialärzte auseinander, welche zumindest in der Rheumaklinik des Universitätsspitals auf einer eingehenden Testung beruhen. Da die medizinischen Akten ein klares Bild ergeben, besteht keine Veranlassung für eine weitere Begutachtung. Entgegen den Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde bestehen auch keine Anhaltspunkte, dass der Beschwerdeführer ständiger medizinischer Betreuung und Physiotherapie bedarf und dadurch in seiner Arbeitsfähigkeit weiter eingeschränkt wäre. Somit wird das Invalideneinkommen des Beschwerdeführers aufgrund einer ganztägigen leichten bis mittelschweren Tätigkeit mit häufigem Lagewechsel und ohne Heben von Lasten über 15 kg (selten) und einer zusätzlichen einstündigen Pause geschätzt.
 
4.
 
4.1 Die Verwaltung legte ihrer Berechnung des Invalideneinkommens sogenannte "DAP-Profile" über konkret vorhandene Arbeitsplätze zugrunde und hat ausgehend von fünf verschiedenen Daten einen Durchschnitt von Fr. 49'746.- errechnet. Das Invalideneinkommen wurde unter Berücksichtigung von einer Stunde zusätzlicher Pause (Abzug von 12 %) auf Fr. 43'824.- festgesetzt. Das kantonale Gericht hat die einzelnen DAP-Profile auf die ärztlich festgestellte Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers hin überpüft und seinerseits das Invalideneinkommen auf Fr. 44'462.- geschätzt. Es hat zudem festgestellt, dass keine weiteren Gründe vorliegen, welche einen zusätzlichen Abzug rechtfertigen würde, wie dies vom Beschwerdeführer gefordert wird. Im Sinne einer Plausibilitätsprüfung ist die Vorinstanz zudem zum Schluss gekommen, dass auch die Schätzung mittels Tabellenlöhne der Lohnstrukturerhebung des Bundesamtes für Statistik (LSE) - sogar unter Berücksichtigung eines hier nicht gerechtfertigten Abzuges von 25 % (vgl. BGE 126 V 75 ff., insb. S. 80 Erw. 5b/cc) - zu einer Invalidität von 48,3 % und damit zum Anspruch auf eine Viertelsrente führen würde.
 
4.2 Hiegegen bringt der Beschwerdeführer unter anderem vor, vom Durchschnittseinkommen gemäss den DAP-Profilen sei ein Abzug von 25 % vorzunehmen. Wer vermehrte Pausen machen müsse, werde überproportional schlechter entlöhnt. Zudem sei zu berücksichtigen, dass er vom Tiefbau her komme. Für eine Stelle mit leichten bis mittelschweren Tätigkeiten sei ein Branchenwechsel nötig. Er könne daher nur mit einem "Anfangslohn" rechnen. Das Abstellen auf Tabellenlöhne sei nicht geeignet, weil damit seinen besonderen gesundheitlichen Bedürfnissen nicht Rechnung getragen werden könne. Schliesslich habe im Zeitpunkt der DAP-Lohnerhebungen (Ende 1999/ Anfang 2000) kein ausgeglichener Arbeitsmarkt geherrscht. Auch daher könne darauf nicht abgestellt werden.
 
4.3 Der beschwerdeführerischen Argumentation kann vorliegend nicht gefolgt werden. Praxisgemäss ist für die Beurteilung des Invalideneinkommens für Arbeitnehmende, die nur noch eine leichte, wechselbelastende Tätigkeit ausüben können, von Niveau 4 (einfache und repetitive Arbeiten) der LSE auszugehen. Davon sind zuerst je nach Grad der Arbeitsfähigkeit und danach aufgrund weiterer Faktoren Abzüge vorzunehmen. Das kantonale Gericht hat den für das Jahr 2001 massgebenden Lohn bereits mit Fr. 55'740.- richtig berechnet. Es kann auf die diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Entscheid verwiesen werden. Davon ist zuerst ein Abzug von 12 % - entsprechend dem zeitlichen Aufwand von einer Stunde zusätzlicher Pause täglich - vorzunehmen (Fr. 49'051.-). Lohnlimitierend wirkt vorliegend, dass der Beschwerdeführer keine schweren Gewichte heben darf. Weitere von der Rechtsprechung anerkannte Abzugsgründe (vgl. hiezu BGE 126 V 75 ff.) sind nicht gegeben. Der Abzug vom Tabellenlohn ist daher auf nicht mehr als 10 % festzusetzen. Daraus folgt ein Invalideneinkommen von Fr. 44'146.- und im Vergleich zum Valideneinkommen von Fr. 80'850.- resultiert ein Invaliditätsgrad von 45,4 %, womit der verfügte Anspruch auf eine Viertelsrente besteht. Alle weitern Argumente des Beschwerdeführers vermögen daran nichts zu ändern.
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Es werden keine Kosten erhoben.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, der Ausgleichskasse des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
 
Luzern, 2. Mai 2003
 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
 
Die Vorsitzende der II. Kammer: Die Gerichtsschreiberin:
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).