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Informationen zum Dokument  BGer 2A.291/2002  Materielle Begründung
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BGer 2A.291/2002 vom 19.03.2003
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
2A.291/2002 /mks
 
Urteil vom 19. März 2003
 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung
 
Besetzung
 
Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
 
Bundesrichter Betschart, Müller,
 
Gerichtsschreiber Wyssmann.
 
Parteien
 
AHV-Ausgleichskasse A.________,
 
Beschwerdeführerin,
 
gegen
 
Eidgenössische Steuerverwaltung, Hauptabteilung Mehrwertsteuer, Schwarztorstrasse 50, 3003 Bern,
 
Eidgenössische Steuerrekurskommission, avenue Tissot 8, 1006 Lausanne.
 
Gegenstand
 
Mehrwertsteuer 1. Quartal 1995 - 4. Quartal 1999 (Steuerausnahme),
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Eidgenössischen Steuerrekurskommission vom 15. Mai 2002.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Bei der AHV-Ausgleichskasse A.________ handelt es sich um eine Verbandsausgleichskasse im Sinne der AHV-Gesetzgebung. Aufgrund der Ergebnisse einer Kurzkontrolle durch die Eidgenössische Steuerverwaltung wurde sie am 4. Mai 2000 rückwirkend per 1. Januar 1995 im Register der Mehrwertsteuerpflichtigen eingetragen. Mit Ergänzungsabrechnung Nr. 215'434 gleichen Datums belastete die Eidgenössische Steuerverwaltung der AHV-Ausgleichskasse für die Steuerperioden 1. Quartal 1995 bis 4. Quartal 1999 eine Steuer von Fr. -.-- zuzüglich Verzugszins. Die Steuerforderung beruht auf Dienstleistungen (Umsätzen), welche die Ausgleichskasse im so genannten übertragenen Wirkungskreis gemäss Art. 63 Abs. 4 AHVG erbrachte. Es geht insbesondere um die Administrations- und Kontrolltätigkeiten (auch Prämienerhebungen), welche die Ausgleichskasse für die verbandseigene Pensionskasse, für die in Bürogemeinschaft residierende AHV-Ausgleichskasse Y.________ sowie im Zusammenhang mit Verbandsmitgliedern angebotenen Versicherungen (Krankentaggeld, Heilungskosten, Unfall, Militärentschädigung) erbringt und die nach Ansicht der Eidgenössischen Steuerverwaltung als private, auf Mandat beruhende Tätigkeiten zu versteuern sind. Mit Entscheid vom 3. Oktober 2000 und Einspracheentscheid vom 20. September 2001 bestätigte die Eidgenössische Steuerverwaltung - unter Vorbehalt der Berichtigung im Zuge einer allfälligen späteren Kontrolle - die Steuerforderung.
 
Eine Beschwerde der AHV-Ausgleichskasse A.________ wies die Eidgenössische Steuerrekurskommission mit Entscheid vom 15. Mai 2002 ab.
 
B.
 
Gegen diesen Entscheid führt die AHV-Ausgleichskasse A.________ Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht. Sie beantragt u.a., es sei die Steuernachforderung im Betrag von Fr. -.-- aufzuheben.
 
Die Eidgenössische Steuerverwaltung beantragt Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Die Eidgenössische Steuerrekurskommission verzichtete auf eine Stellungnahme.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
Gemäss Art. 4 lit. a und b der hier noch anwendbaren Verordnung über die Mehrwertsteuer vom 22. Juni 1994 (MWSTV) unterliegen der Steuer die im Inland gegen Entgelt erbrachten Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen. Art. 14 MWSTV enthält den Katalog der von der Steuer ausgenommenen Umsätze. Ist ein Umsatz von der Steuer ausgenommen, kann auf Gegenständen und Dienstleistungen, die für solche Umsätze verwendet werden, der Vorsteuerabzug nicht geltend gemacht werden (Art. 13 MWSTV). Gemäss Art. 14 Ziff. 7 MWSTV sind von der Steuer u.a. ausgenommen "die von Einrichtungen der Sozialfürsorge und Sozialhilfe sowie der sozialen Sicherheit erbrachten Leistungen ...".
 
Es ist unbestritten, dass die Leistungen, welche die Beschwerdeführerin als AHV-Verbandsausgleichskasse im angestammten, eigenen Wirkungsbereich (AHV) erbringt und abgegolten erhält, nicht zu versteuern sind. Diese Leistungen sind bereits auf Grund von Art. 14 Ziff. 7 MWSTV von der Steuer ausgenommen. Zum Bereich der "sozialen Sicherheit" zählen auch die Einrichtungen der Sozialversicherung, wie namentlich die AHV-Ausgleichskassen. Soweit der Beschwerdeführerin im eigenen Wirkungskreis zudem hoheitliche Befugnisse zukommt, was hier nicht zu entscheiden ist, entfällt nach Art. 17 Abs. 4 MWSTV die subjektive Steuerpflicht. Das ist zwischen den Parteien nicht streitig.
 
2.
 
Anders verhält es sich jedoch in Bezug auf die hier allein umstrittenen Leistungen, welche die Beschwerdeführerin im übertragenen Wirkungskreis gemäss Art. 63 Abs. 4 AHVG erbringt. Es geht um die Leistungen gegenüber den verbandseigenen Einrichtungen wie namentlich der Pensionskasse sowie für die AHV-Ausgleichskasse Y.________, für die Militärersatzkasse, die Krankentaggeldversicherung, die Heilungskostenversicherung oder für die Unfallversicherung. Diese Leistungen sind nicht solche der "sozialen Sicherheit", auch wenn es sich bei den Leistungsempfängern um Institutionen der Sozialversicherung handelt. Es geht um Vorumsätze, die gegebenenfalls beim Leistungsempfänger für nicht der Steuer unterliegende Leistungen verwendet werden, selber aber von der Steuer nicht ausgenommen sind. Werden diese Leistungen von einer privaten Unternehmung erbracht, so unterliegen sie der Steuer. Das Bundesgericht hat bei der Auslegung von Art. 14 MWSTV stets eine auf den Normsinn beschränkte, restriktive Praxis vertreten, weil Steuerausnahmen bei einer allgemeinen Verbrauchssteuer systemwidrig sind und zu Wettbewerbsverzerrungen führen können.
 
In diesem Sinne entschied das Bundesgericht am 6. Januar 2003 bereits in Bezug auf zwei andere Verbandsausgleichskassen, welche - wie die Beschwerdeführerin - Leistungen im übertragenen Wirkungskreis erbrachten (Urteile 2A.280/2002 und 2A.305/2002). In diesen Entscheiden legte das Bundesgericht u.a. dar, dass die parlamentarischen Arbeiten zum neuen Mehrwertsteuergesetz, und namentlich der am 22. Juni 2001 in Ziffer 25 ergänzte Art. 18 MWSTG, keine andere Auslegung der hier fraglichen Bestimmung (Art. 14 Ziff. 7 MWSTV) nahe legen. Die vorliegende Beschwerde gibt keinen Anlass, auf diese Rechtsprechung zurückzukommen. Das Bundesgericht zeigte in diesen Urteilen auch auf, dass die Eidgenössische Steuerverwaltung weder eine bestehende Praxis rückwirkend geändert, noch bei den AHV-Ausgleichskassen begründetes Vertrauen erweckt hat, dass die Umsätze im übertragenen Wirkungskreis von der Steuer ausgenommen seien.
 
3.
 
Von diesen Urteilen erhielt auch die Beschwerdeführerin Kenntnis. Sie wurden ihr zugestellt mit der Möglichkeit, die Beschwerde zurückzuziehen. Die Beschwerdeführerin hielt an der Beschwerde fest. Sie macht geltend, im Unterschied zum Sachverhalt, wie er den beiden Urteilen zugrunde liege, habe sie ihr Geschäft in Bürogemeinschaft mit der AHV-Ausgleichskasse Y.________ betrieben. Es sei ihr kein Fall bekannt, wo die Kosten der Bürogemeinschaft besteuert würden.
 
Dieser Einwand wurde in dieser Form in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht erhoben. Ob er zulässig ist, ist fraglich, kann aber offen bleiben. Die Beschwerdeführerin macht nicht geltend, dass sie zusammen mit der AHV-Ausgleichskasse Y.________ gemeinsam steuerpflichtig sei. Ein solcher Einwand wäre offensichtlich unzutreffend. Es handelt sich bei der Beschwerdeführerin und der AHV-Ausgleichskasse um je eigene Rechtspersönlichkeiten, die separat zu besteuern sind.
 
Vielmehr richtet sich die Rüge der Beschwerdeführerin gegen die Steuerberechnung, die nach ihrer Ansicht die gemeinschaftlichen Kosten der Bürogemeinschaft der Steuer unterstellt. Dieser Einwand betrifft die Bemessungsgrundlage. Die Eidgenössische Steuerverwaltung setzte aufgrund der Ergebnisse der Kurzkontrolle vom 3. Mai 2000 die Steuer für die fraglichen Steuerperioden auf Fr. -.-- fest, nachdem keine Steuerabrechnungen vorlagen. Im Einspracheentscheid (S. 10) führte die Eidgenössische Steuerverwaltung zur Steuerberechnung aus: "... Wie aus den Akten ersichtlich, wurde die Nachbelastung auf der Grundlage der Jahresrechnung (Verwaltungsrechnung) der Einsprecherin ermittelt. Der Inspektor hat nur die Steuer auf ... Umsätzen nachbelastet, die die Einsprecherin mit Dritten (insbesondere durch Kostenverrechnung an die Ausgleichskasse, die Pensionskasse, die Militärersatzkasse und die Versicherungsgesellschaften) erzielt hat. In diesen Kostenrechnungen sind denn stets anteilsmässig die Lohnkosten der eigenen Angestellten mitsamt den Lohnnebenkosten und selbstverständlich auch alle sonstigen Aufwendungen, die zur Erfüllung dieses Auftrages angefallen sind, enthalten."
 
Diese Ausführungen der Eidgenössischen Steuerverwaltung deuten darauf hin, dass in die Umsatzberechnung nur diejenigen Kosten eingeflossen sind, welche die Beschwerdeführerin zur Erfüllung ihres Auftrages in eigenem Namen aufwendete und tatsächlich an die Auftraggeber weiterverrechnete. Jedenfalls wäre es angesichts dieser Ausführungen im Einspracheentscheid Sache der Beschwerdeführerin gewesen, darzulegen, dass und bezüglich welcher Kosten dem Inspektor der Eidgenössischen Steuerverwaltung Fehler unterlaufen sein sollen. Die Beschwerdeführerin hat weder im Einspracheverfahren noch im vorinstanzlichen Verfahren substantiiert dargelegt, weshalb die Steuerberechnung nicht den wirklichen Verhältnissen entsprechen soll. Sie wies in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde und in ihren früheren Eingaben gegenüber der Eidgenössischen Steuerverwaltung und der Vorinstanz auf die Bürogemeinschaft hin, ohne aber zu erwähnen, dass der Ergänzungsabrechnung Nr. 215'434 auch die Kosten der Bürogemeinschaft wie beispielsweise Mietkosten und dergleichen unterstellt worden sein sollen.
 
4.
 
Die Beschwerdeführerin verlangt, dass die Eidgenössische Steuerverwaltung anhand einer Nachkontrolle die genaue Höhe der Steuer feststellt. Sie übersieht, dass die richtige und vollständige Deklaration Sache des Steuerpflichtigen ist, der gegenüber der Eidgenössischen Steuerverwaltung unaufgefordert in der vorgeschriebenen Form und Frist über die Steuer und Vorsteuer abzurechnen hat (Art. 37 MWSTV). Die Eidgenössische Steuerverwaltung ist nur Kontrollinstanz. Sie kann bei der Beschwerdeführerin eine Kontrolle durchführen, hierzu verpflichtet ist sie indessen nicht (vgl. Art. 50 MWSTV). Nichts anderes folgt aus dem Einspracheentscheid, Dispositiv Ziffer 3, wo sich die Eidgenössische Steuerverwaltung vorbehalten hat, ihre Forderung gegebenenfalls nachträglich zu berichtigen, wenn eine Kontrolle deren Unrichtigkeit ergeben sollte.
 
5.
 
Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet und im vereinfachten Verfahren nach Art. 36aOG zu erledigen. Die Kosten des Verfahrens sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht
 
im Verfahren nach Art. 36a OG:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.
 
3.
 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Eidgenössischen Steuerverwaltung sowie der Eidgenössischen Steuerrekurskommission schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 19. März 2003
 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
 
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