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Informationen zum Dokument  BGer I 757/2002  Materielle Begründung
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BGer I 757/2002 vom 11.03.2003
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht
 
Tribunale federale delle assicurazioni
 
Tribunal federal d'assicuranzas
 
Sozialversicherungsabteilung
 
des Bundesgerichts
 
Prozess
 
{T 7}
 
I 757/02
 
Urteil vom 11. März 2003
 
IV. Kammer
 
Besetzung
 
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Ferrari; Gerichtsschreiber Hochuli
 
Parteien
 
R.________, 1970, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwältin Marianne Ott, Stadthausstrasse 39, 8400 Winterthur,
 
gegen
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, Beschwerdegegnerin
 
Vorinstanz
 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur
 
(Entscheid vom 27. September 2002)
 
Sachverhalt:
 
A.
 
R.________, geboren 1970, meldete sich im November 1999 bei der IV-Stelle des Kantons Zürich (nachfolgend: IV-Stelle) wegen seit Geburt bestehender starker Kurzsichtigkeit auf beiden Augen sowie später eingetretener Linsenunverträglichkeit zum Leistungsbezug an. Mit Verfügung vom 5. April 2001 lehnte die IV-Stelle die Übernahme der am 23. Dezember 1999 durch Dr. med. J.________ vorgenommenen beidseitigen Implantation von Vorderkammerlinsen zur Behebung der Anisomyopie und Myopie als medizinische Massnahme zu Lasten der Invalidenversicherung ab und verneinte einen Anspruch auf IV-Taggelder als akzessorische Leistung zu Eingliederungsmassnahmen.
 
B.
 
Die hiegegen erhobene Beschwerde der R.________ wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 27. September 2002 ab, nachdem die zuständige Krankenkasse auf einen Verfahrensbeitritt ausdrücklich verzichtet hatte.
 
C.
 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt R.________ unter Aufhebung des angefochtenen Entscheides und der Verwaltungsverfügung vom 5. April 2001 den vorinstanzlichen Antrag auf Übernahme der am 23. Dezember 1999 vorgenommenen Eingriffe als medizinische Massnahme erneuern.
 
Die IV-Stelle und das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) schliessen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
1.1 Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen über den Anspruch auf medizinische Eingliederungsmassnahmen (Art. 12 Abs. 1 IVG) und ein Taggeld (Art. 22 Abs. 1 IVG) sowie die hiezu ergangene Rechtsprechung (BGE 120 V 279 Erw. 3a, 115 V 194 Erw. 3, 112 V 349 Erw. 2, 105 V 19 und 149 Erw. 2a, 104 V 81 f. Erw. 1, 102 V 41 f. Erw. 1) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.
 
1.2 Zu ergänzen ist, dass das Taggeld praxisgemäss eine akzessorische Leistung zu bestimmten Eingliederungsmassnahmen ist und grundsätzlich nur ausgerichtet werden kann, wenn und solange Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung zur Durchführung gelangen (BGE 114 V 140 Erw. 1a, 112 V 16 Erw. 2a, je mit Hinweisen).
 
1.3 Anzufügen bleibt, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist, da nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (vom 5. April 2001) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 127 V 467 Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b).
 
2.
 
Streitig ist, ob die Invalidenversicherung das am 23. Dezember 1999 im Kantonsspital X.________ durchgeführte beidseitige Einsetzen von Myopie-Linsen zu übernehmen hat.
 
2.1 In der Invalidenversicherung besteht eine Leistungspflicht bei medizinischen Massnahmen (Art. 12 IVG) unter anderem nur, wenn die Massnahmen nach bewährter Erkenntnis der medizinischen Wissenschaft angezeigt sind und den Eingliederungserfolg in einfacher und zweckmässiger Weise anstreben (Art. 2 Abs. 1 Satz 2 IVV). Mit Urteil S. vom 25. Oktober 2001 (I 120/01) entschied das Eidgenössische Versicherungsgericht, dass die unter der Herrschaft des KUVG ergangene Rechtsprechung gemäss BGE 115 V 195 f. Erw. 4b (wonach eine Vorkehr, die mangels Wissenschaftlichkeit nicht als Pflichtleistung der Krankenkasse anerkannt ist, auch nicht als medizinische Massnahme nach Art. 12 IVG zu Lasten der Invalidenversicherung gehen kann) unter dem geltenden Recht des KVG analog anwendbar ist. Sodann erkannte das Gericht im genannten Urteil S. vom 25. Oktober 2001 (I 120/01), dass gestützt auf den entsprechenden Eintrag zur "Implantation von Myopie-Linsen" unter Ziffer 6 in Anhang I zur KLV (SR 832.112.31; erstmals mit den Änderungen vom 29. Juni 1999 [AS 1999 2517 ff.] in die seit 1. Januar 2000 geltende Fassung integriert) diese Vorkehr nach dem derzeitigen Erkenntnisstand die erforderlichen Voraussetzungen zur krankenversicherungsrechtlichen Anerkennung als Pflichtleistung nicht erfüllt und dieser Eingriff demzufolge praxisgemäss auch nicht als medizinische Massnahme im Sinne von Art. 12 IVG zu Lasten der Invalidenversicherung zu übernehmen ist.
 
2.2 Hat die IV-Stelle demnach die Übernahme der Myopie-Linsenimplantation als medizinische Eingliederungsmassnahme und somit auch den erhobenen Anspruch auf ein IV-Taggeld (vgl. Erw. 1.2 hievor) im Ergebnis zu Recht abgelehnt, kann offen bleiben, ob ein von der Beschwerdeführerin geltend gemachter Behandlungskomplex im Sinne von BGE 112 V 347 ff. vorliegt, ob die Myopie labiles pathologisches Geschehen darstellt und die Implantation von Myopie-Linsen nur der Behandlung dieses Leidens an sich dient (vgl. Art. 12 Abs. 1 IVG sowie nicht veröffentlichtes Urteil J. vom 22. Januar 1999 [I 466/97]) und schliesslich, ob in Bezug auf die durchgeführte Implantation von Myopie-Linsen die Dauerhaftigkeit (angesichts der z.B. längerfristig nicht auszuschliessenden Linsentrübung) des Eingliederungserfolgs als weitere Voraussetzung für die Übernahme von medizinischen Massnahmen nach Art. 12 IVG zu bejahen ist.
 
2.3 Nach dem Gesagten ist der angefochtene Entscheid, womit das kantonale Gericht die vorinstanzliche Beschwerde gegen die Verfügung der IV-Stelle vom 5. April 2001 abwies, nicht zu beanstanden.
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
 
1.
 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
2.
 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
3.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.
 
Luzern, 11. März 2003
 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
 
Die Präsidentin der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber:
 
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