VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGer 1P.468/2002  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
BGer 1P.468/2002 vom 09.01.2003
 
Tribunale federale
 
{T 0/2}
 
1P.468/2002 /mks
 
Urteil vom 9. Januar 2003
 
I. Öffentlichrechtliche Abteilung
 
Bundesgerichtspräsident Aemisegger, Präsident,
 
Bundesgerichtsvizepräsident Nay, Bundesrichter Féraud,
 
Gerichtsschreiberin Gerber.
 
A.________,
 
Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Prof. Dr. Enrico Riva, Münzgraben 6, Postfach 267, 3000 Bern 7,
 
gegen
 
J. und C. B.________,
 
Beschwerdegegner,
 
Gemeinde Haldenstein, 7023 Haldenstein, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Carlo Portner, Gäuggelistrasse 16, Postfach 545, 7002 Chur,
 
Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, 4. Kammer, Obere Plessurstrasse 1, 7001 Chur.
 
Baueinsprache (Unterschreitung des Grenzabstands),
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden, 4. Kammer, vom 24. April 2002.
 
Sachverhalt:
 
A.
 
Am 17. Juli 2001 ersuchten J. und C. B.________ die Gemeinde Haldenstein um Erteilung der Baubewilligung für den Neubau eines Einfamilienhauses auf der im Gebiet "Palu" in der Wohnzone W1 gelegenen Parzelle Nr. 7. Gegen das Bauvorhaben erhob A.________, Eigentümer der im Westen angrenzenden Parzelle Nr. 6, Einsprache. Er rügte die Verletzung der Grenz- und der Waldabstandsvorschriften sowie eine Überschreitung der zulässigen Firsthöhe. Am 20. September 2001 wies der Gemeindevorstand Haldenstein die Einsprache ab und erteilte gleichzeitig die Baubewilligung.
 
B.
 
Gegen die Erteilung der Baubewilligung rekurrierte A.________ an das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden. Nach Durchführung eines Augenscheins wies das Verwaltungsgericht den Rekurs am 24. April 2002 ab.
 
C.
 
Gegen den verwaltungsgerichtlichen Entscheid erhob A.________ am 16. September 2002 staatsrechtliche Beschwerde ans Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Urteils.
 
D.
 
Der Gemeindevorstand der Gemeinde Haldenstein und das Verwaltungsgericht beantragen, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Auch die Eheleute B.________ schliessen auf Abweisung der staatsrechtlichen Beschwerde. Sie beantragen zusätzlich eine Entschädigung zu ihren Gunsten nach Ermessen des Bundesgerichts, wobei ihnen gegebenenfalls Gelegenheit zu geben sei, ihre Kosten wegen der Bauverzögerung detailliert bekannt zu geben.
 
E.
 
Am 15. November 2002 nahm der Beschwerdeführer zu zwei Punkten der Vernehmlassungen der Gemeinde und der Beschwerdegegner Stellung, die seines Erachtens falsch bzw. verzerrt dargestellt worden waren.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1.
 
1.1 Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid, der sich auf kantonales und kommunales Baurecht stützt. Hiergegen steht nur die staatsrechtliche Beschwerde ans Bundesgericht offen (Art. 84 Abs. 2 OG). Der Beschwerdeführer rügt die willkürliche Anwendung einer Grenzabstandsbestimmung, die auch nachbarschützende Zwecke verfolgt. Hierzu ist er als Eigentümer des benachbarten Grundstücks, zu dem der Grenzabstand angeblich unterschritten wurde, legitimiert (Art. 88 OG). Die Legitimation zur Rüge der formellen Rechtsverweigerung ergibt sich bereits aus seiner Stellung als Partei im kantonalen Verfahren. Auf die rechtzeitig erhobene staatsrechtliche Beschwerde ist daher einzutreten.
 
1.2 Der rechtserhebliche Sachverhalt ergibt sich mit genügender Klarheit aus den Akten. Auf den beantragten Augenschein kann daher verzichtet werden.
 
2.
 
Im vorliegenden Verfahren ist nur noch die Anwendung der Vorschriften über den Grenzabstand strittig.
 
2.1 Art. 57 des Baugesetzes der Gemeinde Haldenstein vom 27. September 1996 (BG) trägt den Titel "Grenz- und Gebäudeabstand" und lautet:
 
1. Als Grenzabstand gilt bei Hochbauten jeder Art die kürzeste, waagrecht gemessene Entfernung zwischen der Umfassungswand und der Grundstücksgrenze. Der grössere Grenzabstand ist in der Regel vor der Hauptfassade oder der gegen Süden gerichteten Fassade anzuwenden. Auf den andern drei Seiten gilt der kleine Grenzabstand.
 
2. Bei eingeschossigen An- und Nebenbauten, die bei der Ermittlung der Ausnützungsziffer nicht angerechnet werden, gilt für alle Seiten der kleine Grenzabstand. Mit schriftlicher Zustimmung der Nachbarn dürfen sie bis an die Grenze gestellt werden.
 
3. Mit schriftlicher Zustimmung des Nachbarn und Genehmigung durch den Gemeindevorstand können die Grenzabstände unterschritten werden, wenn keine öffentlichen Interessen entgegenstehen. Die vom Gemeindevorstand genehmigte Vereinbarung ist im Grundbuch anzumerken.
 
4. ...[Regelung für mehrere Bauten auf demselben Grundstück]
 
5. Auskragende Gebäudeteile wie offene Balkone, Erker, Vordächer, Vortreppen usw. dürfen höchstens 1.50 m in den Grenz- und Gebäudeabstand hineinragen. Ihre Gesamtlänge darf 2/5 der Fassadenlänge nicht überschreiten.
 
In der Wohnzone W1 beträgt der grosse Grenzabstand 5 m und der kleine Grenzabstand 3 m (Art. 49 BG).
 
2.2 Für das streitige Bauvorhaben legte die Gemeinde Haldenstein den grossen Grenzabstand nicht vor die Hauptfassade gegen Südwesten (an der Grenze zum Grundstück des Beschwerdeführers), sondern auf die Nordseite der projektierten Baute, in Richtung Wald. Damit deckt sich der grosse Grenzabstand mit der Waldabstandslinie von 5 m. Auf allen übrigen Gebäudeseiten liess die Gemeinde die Einhaltung des kleinen Grenzabstands (3 m) genügen. Diese Vorgehensweise wurde vom Verwaltungsgericht geschützt. Der Beschwerdeführer rügt, dieser Entscheid sei willkürlich; zudem habe das Verwaltungsgericht seine Kognition gesetzwidrig eingeschränkt und damit seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.
 
3.
 
Schränkt eine Behörde ihre Prüfungsbefugnis in unzulässiger Weise ein, so ist darin eine Verweigerung des rechtlichen Gehörs zu sehen (BGE 117 Ia 5 E. 1a S. 7 mit Hinweisen). Wird die Kognition der Behörde durch kantonales oder kommunales Recht umschrieben, kann das Bundesgericht deren Auslegung und Anwendung jedoch nur unter dem Blickwinkel des Willkürverbots überprüfen.
 
3.1 Gemäss Art. 53 des Gesetzes vom 9. April 1967 über die Verwaltungsgerichtsbarkeit im Kanton Graubünden (Verwaltungsgerichtsgesetz; VGG) übt das Verwaltungsgericht als Rekursinstanz lediglich eine Rechtskontrolle aus; Ermessensentscheide kann sie nur auf Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens überprüfen.
 
Das Verwaltungsgericht ging davon aus, Art. 57 Abs. 1 BG räume der Gemeinde bei der Festlegung der für die Einhaltung des grossen Grenzabstands massgeblichen Fassadenseite einen Ermessens- bzw. Beurteilungsspielraum ein, den das Gericht respektieren müsse. Dagegen macht der Beschwerdeführer geltend, ob eine Ausnahmesituation vorliege, die ein Abweichen vom Regelfall zulasse, sei eine Rechtsfrage, die vom Verwaltungsgericht frei geprüft werden müsse.
 
Art. 57 Abs. 1 BG sieht vor, dass der grössere Grenzabstand "in der Regel" vor der Hauptfassade oder der gegen Süden gerichteten Fassade anzuwenden ist, Aufgrund dieses Wortlauts erscheint die Auslegung des Verwaltungsgerichts, wonach die Gemeinde in gewissen Fällen vom Regelfall abweichen dürfe und ihr insoweit ein gewisser Handlungsspielraum eingeräumt werde, jedenfalls nicht willkürlich. Ist aber das Abstellen auf die Haupt- bzw. die Südfassade nicht zwingend, so ist es auch nicht willkürlich, keine eigentliche Ausnahmesituation i.S.v. Art. 6 BG zu verlangen (Vorliegen einer unverhältnismässigen Härte), sondern ein Abweichen vom Regelfall auch aus anderen Gründen zuzulassen. Unter dieser Prämisse aber steht der Gemeinde ein gesetzlicher Ermessens- bzw. Beurteilungsspielraum zu, den das Verwaltungsgericht respektieren musste.
 
3.2 Der Beschwerdeführer rügt überdies, das Gericht habe sich mit der blossen Wiedergabe der von der Gemeinde angerufenen Gründe begnügt und diese gutgeheissen, ohne auch nur die geringste Prüfung ihrer tatsächlichen und rechtlichen Fundiertheit vorzunehmen.
 
Es trifft zu, dass die Urteilsbegründung sehr knapp gehalten ist. Das Verwaltungsgericht bringt aber zum Ausdruck, dass es die Argumente der Gemeinde für "sachgerecht und vernünftig" hält, diese also selbst überprüft hat. Diese Prüfung erfolgte aufgrund von zwei Schriftenwechseln und eines Augenscheins, an dem sich das Verwaltungsgericht ein eigenes Bild von den räumlichen Gegebenheiten machen konnte.
 
3.3 Nach dem Gesagten kann dem Verwaltungsgericht keine formelle Rechtsverweigerung und keine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) vorgeworfen werden.
 
4.
 
Zu prüfen ist deshalb, ob der Entscheid des Verwaltungsgerichts, die Gemeinde habe ihren Ermessens- bzw. Beurteilungsspielraum nicht missbraucht oder überschritten, gegen Art. 9 BV (Willkürverbot) verstösst.
 
4.1 Willkür liegt nach der Rechtsprechung nicht schon dann vor, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder sogar vorzuziehen wäre. Das Bundesgericht weicht vom Entscheid der kantonalen Instanz nur ab, wenn dieser offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 125 I 166 E. 2a S. 168; 125 II 10 E. 3a S. 15, 129 E. 5b S. 134; je mit Hinweisen). Dabei genügt es nicht, wenn sich nur die Begründung des angefochtenen Entscheides als unhaltbar erweist. Die Aufhebung eines Entscheides rechtfertigt sich nur, wenn dieser auch im Ergebnis verfassungswidrig ist (BGE 125 II 129 E. 5b S. 134; 117 Ia 135 E. 2 S. 139, je mit Hinweis).
 
4.2 Die Verlegung des grossen Grenzabstands auf die Nordfassade wurde von der Gemeinde mit der geringen Parzellengrösse, der Parzellenform, der Situierung im bereits weitgehend überbauten Bereich, dem vom Bauprojekt einzuhaltenden Waldabstand und dem überdies erforderlichen Näherbaurecht gegenüber der Quartierstrasse, der vom Bundesrecht gebotenen haushälterischen Nutzung des Baulandes sowie dem Umstand begründet, dass das Grundstück sonst praktisch nicht mehr überbaubar gewesen wäre. Das Verwaltungsgericht hielt diese Auslegung und Anwendung von Art. 57 Abs. 1 BG für sachgerecht und vernünftig; sie liege jedenfalls in dem der Gemeinde zustehenden Beurteilungs- und Ermessensspielraum.
 
4.3 Der Beschwerdeführer rügt, die im Baugesetz vorgesehene Möglichkeit, den grossen Grenzabstand entgegen der Regel nicht vor die Hauptfassade bzw. vor die gegen Süden gerichtete Fassade zu legen, sei in willkürlicher Weise zur Anwendung gebracht worden, nämlich ohne Vorliegen einer Ausnahmesituation, zur Erreichung eines durch das Gesetz nicht vorgesehenen Zweckes und in Missachtung der legitimen Schutzanliegen des Nachbarn. Die von der Gemeinde gegebene Begründung für die Ausnahmebewilligung, wonach das Grundstück Nr. 7 ohne die gewährte Sonderbehandlung gar nicht oder nicht zweckmässig überbaut werden könne, sei evident falsch: Bei einer Zurückversetzung der Südfassade um 2 m könne ein bescheideneres, aber noch immer vernünftig dimensioniertes Gebäude mit einer Gebäudefläche von 70 m2 erstellt werden. Für die Ausnahmebewilligung seien vielmehr fiskalische Interessen ausschlaggebend gewesen: Die Gemeinde habe ihre Stellung als Baubehörde dazu missbraucht, um durch eine "Optimierung" der baupolizeilichen Rahmenbedingungen für das Grundstück Nr. 7 den Verkaufserlös zu maximieren. Die nachbarliche Zielsetzung der Abstandsvorschriften sei dabei missachtet worden: Gemäss Art.57 Abs. 3 BG könnten die gesetzlichen Grenzabstände nur mit Zustimmung des betroffenen Nachbarn unterschritten werden; dieser habe somit eine eigentliche Vetoposition. Es sei willkürlich, den in Art. 57 Abs. 1 BG enthaltenen Ausnahmevorbehalt dafür einzusetzen, ein Näherbaurecht zu erlangen, welches man auf dem gesetzlich vorgegebenen Weg nicht hätte erhalten können. Es sei überdies, gemessen an der Zielsetzung des Nachbarschutzes, offensichtlich sinn- und zweckwidrig, den grossen Grenzabstand auf eine Seite zu verlegen, deren Gegenseite nicht eine Nachbarbaute, sondern ein Waldstück einnimmt, mit der Folge, dass sich grosser Grenzabstand und Waldabstand überdecken. Schliesslich missachte der angefochtene Entscheid in willkürlicher Weise die bestehende Siedlungsstruktur des Quartiers Palu, in dem alle bestehenden Gebäude den reglementarischen grossen Grenzabstand an der südwest- bzw. südöstlichen Hauptfassade einhalten.
 
4.4 Aus dem in den Akten liegenden Grundbuchplan ergibt sich Folgendes: Die Parzelle Nr. 7 gehört mit 388.5 m2 zu den kleinsten des Quartiers Palu. Sie weist eine unregelmässige Form auf, deren längste Seite im Südwesten liegt, d.h. an der Grenze zum Grundstück des Beschwerdeführers. Im Nordosten ist die Parzelle zu ca. einem Viertel mit Wald bedeckt; im Süden grenzt sie an die Quartierstrasse Palu, die ihrerseits am Waldrand liegt.
 
Die Überbaubarkeit der Parzelle wird durch den nordöstlich und südlich (jenseits der Quartierstrasse) befindlichen Wald und den davon einzuhaltenden Waldabstand beschränkt. Müsste zusätzlich der grosse Grenzabstand von 5 m nach Südwesten - der längsten noch überbaubaren Seite - eingehalten werden, könnte noch eine Baute von maximal 70 m2 Grundfläche erstellt werden. Da in der Zone W1 ein Vollgeschoss bergseits (Art. 49 BG), ein Untergeschoss (Art. 55 Abs. 2 BG) und ein Dachgeschoss von maximal 2/3 der Grundfläche (Art. 55 Abs. 2 BG) zulässig sind, wäre auf der Parzelle eine Baute mit einer Bruttogeschossfläche von maximal 116 m2 (ohne Anrechnung des Untergeschosses) möglich (vgl. Beilage 21 der Gemeinde). Ein derartiges Haus wäre zwar klein im Vergleich zu den übrigen Häusern des Quartiers, könnte aber dennoch angemessenen Wohnraum für eine Familie bieten. Es lässt sich jedenfalls nicht sagen, die Parzelle sei bei Einhaltung des grossen Grenzabstands überhaupt nicht mehr überbaubar.
 
Dann aber dient die Verlegung des grossen Grenzabstands lediglich der Erhöhung der baulichen Ausnützung des Grundstücks. Dies ist offensichtlich kein zulässiger Grund für eine Abweichung von der Regel: Jede Abstandsvorschrift schränkt zwangsläufig die Überbaubarkeit einer Parzelle ein; der Wunsch nach einer besseren Ausnützung des Grundstücks kann deshalb für sich allein nicht genügen, um den grossen Grenzabstand, der in erster Linie nachbarschützende Funktion hat, abweichend von der Regel gemäss Baugesetz zu verlegen. Dies gilt erst recht für eine Verlegung auf die von den Nachbarbauten abgewandte, an den Wald angrenzende Nordfassade.
 
5. Erweist sich somit die vom Verwaltungsgericht geschützte Begründung der Gemeinde als willkürlich, ist zu prüfen, ob der Entscheid auch im Ergebnis willkürlich ist, d.h. mit einer anderen willkürfreien Begründung aufrechterhalten werden kann.
 
5.1 Die Gemeinde weist in ihrer Vernehmlassung darauf hin, dass die geplante Baute aufgrund ihrer fünfeckigen Form zwei Fassaden nach Süden aufweist: eine Südwest- und eine Südostfassade, weshalb sie die Einhaltung des grossen Grenzabstands auch auf der Südostseite hätte verlangen können. Auch in diesem Fall müsste die Baute auf der Südwestseite, zur Grenze des Beschwerdeführers hin, nur den kleinen Grenzabstand einhalten.
 
Art. 57 Abs. 1 BG sieht als Regel vor, dass der grosse Grenzabstand vor der Haupt- oder der Südfassade einzuhalten sei, räumt der Baubehörde also insofern ein Wahlrecht ein. Im vorliegenden Fall ist allerdings die Südwestfassade zugleich Hauptfassade, wie das Verwaltungsgericht aufgrund der Anordnung der Wohnräume und der Firstrichtung des geplanten Hauses festgehalten hat. Fallen somit im Südwesten Haupt- und Südfassade zusammen, drängt es sich auf, die Einhaltung des grossen Grenzabstands auf dieser Seite zu verlangen. Es ist nicht ersichtlich und wird von der Gemeinde auch nicht dargelegt, welche Gründe dafür gesprochen hätten, die Einhaltung des grossen Grenzabstands stattdessen an der zur Strasse und zum Wald gerichteten Südostfassade zu verlangen. Die blosse Tatsache, dass die Gemeinde Eigentümerin der südöstlich angrenzenden Parzelle ist und deshalb auf die Einhaltung des grossen Grenzabstands hätte verzichten können (Art. 57 Abs. 3 BG), kann jedenfalls für sich allein nicht ausschlaggebend sein: Für die Verlegung des grossen Grenzabstands kommt es gemäss Art. 57 Abs. 1 BG in erster Linie auf die Ausgestaltung und geographische Ausrichtung der geplanten Baute an; weiter fallen nachbarschützende Erwägungen in Betracht (Lage der Nachbarbauten), nicht aber die Dispenswillig- oder -unwilligkeit des jeweiligen Nachbarn.
 
5.2 Die Gemeinde weist darauf hin, dass die bewilligte Baute den Beschwerdeführer kaum beeinträchtige. Dies mag zutreffen. Verlangt jedoch das Baugesetz der Gemeinde die Einhaltung eines gewissen Grenzabstands, so genügt es für die Verletzung von Art. 9 BV, wenn dieser Grenzabstand willkürlich unterschritten wird. Nicht erforderlich ist dagegen, dass dies im Ergebnis zu untragbaren baurechtlichen Zuständen führt.
 
6.
 
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde gutzuheissen und der angefochtene Entscheid aufzuheben. Bei diesem Ausgang des Verfahrens tragen die privaten Beschwerdegegner die Gerichtskosten (Art. 156 OG) und müssen den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren entschädigen (Art. 159 OG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
 
1.
 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden, 4. Kammer, vom 24. April 2002 aufgehoben.
 
2.
 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird den Beschwerdegegnern auferlegt. Sie haften zu gleichen Teilen als Solidarschuldner.
 
3.
 
Die Beschwerdegegner haben den Beschwerdeführer als Solidarschuldner für das bundesgerichtliche Verfahren mit insgesamt Fr. 2'000.-- zu entschädigen.
 
4.
 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Gemeinde Haldenstein und dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, 4. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
 
Lausanne, 9. Januar 2003
 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
 
des Schweizerischen Bundesgerichts
 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
 
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).