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Informationen zum Dokument  BGer U 265/1998  Materielle Begründung
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BGer U 265/1998 vom 22.02.2001
 
«AZA 7»
 
U 265/98 Ge
 
IV. Kammer
 
Bundesrichter Borella, Rüedi und Bundesrichterin Leuzinger; Gerichtsschreiber Krähenbühl
 
Urteil vom 22. Februar 2001
 
in Sachen
 
H.________, 1959, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Jakob Maag, Seefeldstrasse 116, Zürich,
 
gegen
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Luzern, Beschwerdegegnerin,
 
und
 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur
 
A.- Am 23. Februar 1995 erteilte ein Gabelstaplerfahrer der 1959 geborenen H.________ eine heftige Ohrfeige auf die linke Gesichtshälfte. Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) anerkannte ihre Haftung für diesen Vorfall, kam für die Heilungskosten auf und richtete Taggelder aus. Mit Verfügung vom 14. Juni 1995 stellte sie ihre Leistungen rückwirkend per 31. Mai 1995 ein, da keine organischen Unfallfolgen mehr vorlägen. Mit Einspracheentscheid vom 14. Dezember 1995 hielt sie an ihrem Standpunkt fest, wobei sie zusätzlich feststellte, dass zwischen der psychischen Beeinträchtigung und dem versicherten Unfallereignis kein adäquater Kausalzusammenhang bestehe.
 
B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 14. August 1998 ab.
 
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt H.________ wie schon im kantonalen Verfahren weitere Versicherungsleistungen, insbesondere Taggelder auf Grund einer 100%igen Arbeitsunfähigkeit ab 1. Juni 1995 beantragen; eventuell seien ergänzende medizinische Abklärungen durchzuführen, "u.a. ein medizinisches (organisches) sowie ein neuropsychologisches und ein psychologisch-psychiatrisches Gutachten" einzuholen.
 
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung hat
 
sich nicht vernehmen lassen.
 
Die als mitinteressierte Krankenversicherung beigeladene Helsana Versicherungen AG verzichtet auf eine Stellungnahme.
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
 
1.- a) Das kantonale Gericht hat die Begriffe der für die Leistungspflicht der Unfallversicherung vorausgesetzten natürlichen (BGE 119 V 337 Erw. 1, 118 V 289 Erw. 1b, je mit Hinweisen) und adäquaten (BGE 125 V 461 f. Erw. 5a mit Hinweisen) Kausalität eines versicherten Unfallereignisses für eine darauf zurückgeführte gesundheitliche Schädigung zutreffend dargelegt. Zu ergänzen ist, dass das Vorhandensein eines natürlichen Kausalzusammenhangs als Tatfrage - auch bei Beschwerdebildern ohne organisch nachweisbare Befunde nach Schleudertraumata der Halswirbelsäule (BGE 119 V
 
335) - mit dem im Sozialversicherungsrecht allgemein erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erstellt sein muss, während die blosse Möglichkeit eines Zusammenhangs für die Begründung eines Leistungsanspruches nicht genügt (BGE 119 V 338 Erw. 1, 118 V 289 Erw. 1b, je mit Hinweisen). Um die Beantwortung einer Rechtsfrage geht es demgegenüber bei der Adäquanz von Unfallfolgen (BGE 117 V 382 Erw. 4a mit Hinweis). Hinsichtlich der Kriterien bei der Beurteilung der adäquaten Kausalität von nicht auf organisch nachweisbare Funktionsausfälle zurückzuführenden Unfallfolgen nach erlittenem Schleudertrauma der Halswirbelsäule, schleudertraumaähnlichen Einwirkungen oder Schädel-Hirntraumata mit vergleichbaren Folgen (BGE 117 V 366 ff. Erw. 6, 382 ff. Erw. 4) ist den vorinstanzlichen Ausführungen nichts beizufügen. Dasselbe gilt bezüglich der Adäquanzprüfung bei im Vordergrund stehenden psychischen Folgeschäden (BGE 115 V 138 ff. Erw. 6 und 141 f. Erw. 7; vgl. auch BGE 123 V 99 Erw. 2a mit Hinweisen).
 
b) Hinsichtlich des beweisrechtlichen Stellenwerts medizinischer Berichte von vom Versicherungsträger beschäftigten Ärzten kann ebenfalls auf die zutreffenden Erwägungen im angefochtenen Entscheid verwiesen werden. In BGE 125
 
V 352 ff. Erw. 3b findet sich überdies eine Zusammenfassung der vom Eidgenössischen Versicherungsgericht in Ergänzung zum massgebenden Prinzip der freien Beweiswürdigung (BGE 125 V 352 Erw. 3a mit Hinweisen) erarbeiteten Richtlinien für die beweisrechtliche Auswertung bestimmter Formen medizinischer Unterlagen (Gerichtsexpertisen, von Unfallversicherern eingeholte Gutachten externer Spezialärzte, Berichte versicherungsinterner Ärzte, Parteigutachten, hausärztliche Stellungnahmen).
 
2.- Nach dem Vorfall vom 23. Februar 1995 traten bei der Beschwerdeführerin Kopf-, Nacken- und Kieferschmerzen auf. Des Weiteren wurden Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen, Erbrechen, Schwitzen, unbeabsichtigtes Kopfanstossen und Geschirrzerschlagen, Seh- und Schlafstörungen, Lärmempfindlichkeit, Schwindelerscheinungen sowie starke Ermüdbarkeit angegeben. Während die SUVA davon ausgeht, dass im Zeitpunkt der erfolgten Leistungseinstellung keine organischen Unfallfolgen mehr vorlagen, will die Beschwerdeführerin das geschilderte Leidensbild auf ein zufolge der ihr widerfahrenen Tätlichkeit erlittenes Schädel-Hirntrauma mit Distorsionstrauma der Halswirbelsäule zurückführen.
 
a) Wie dem Bericht des Dr. med. L.________ über die
 
kreisärztliche Untersuchung vom 17. Mai 1995 zu entnehmen ist, ergaben die im Spital X.________ noch am Unfalltag vorgenommenen radiologischen Abklärungen der Halswirbelsäule, des Schädels und der Kiefergelenke keine Anhaltspunkte für ossäre Läsionen. Der erstbehandelnde Arzt soll lediglich eine Kontusion des Gesichtsschädels mit leichtem Hämatom unterhalb des linken Auges diagnostiziert haben. Für die geklagten Schmerzen in Nacken, Kopf, rechtem Kiefergelenk und der Halswirbelsäule konnte Dr. med. L.________ anlässlich seiner Untersuchung kein somatisches Substrat ausmachen. Dr. med. V.________ von der Abteilung Unfallmedizin der SUVA hielt es in seiner im Rahmen des Einspracheverfahrens eingeholten Stellungnahme vom 21. November 1995 zwar für möglich, dass die Beschwerdeführerin eine leichte Distorsion der Halswirbelsäule erlitten hatte; eine solche wäre aber nicht vergleichbar mit einer klassischen Beschleunigungsverletzung der Halswirbelsäule bei einem Verkehrsunfall, bei welcher wesentlich höhere Energien freigesetzt würden. Laut Dr. med. V.________ lässt sich der aktuelle Zustand rein somatogen organisch-unfallbedingt nicht mehr plausibel erklären.
 
b) Auf Grund dieser von den Ärzten, insbesondere von Dr. med. V.________, überzeugend begründeten Feststellungen ist entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin mit der SUVA davon auszugehen, dass sich weder eine Hirnschädigung noch eine Verletzung der Halswirbelsäule organisch nachweisen lassen, welche als Ursache der vorhandenen Leiden in Frage kommen könnten. Eine davon abweichende Betrachtungsweise lässt sich auch gestützt auf den im vorliegenden Verfahren neu aufgelegten Bericht des Neurologen Dr. med. H.________ vom 15. September 1998 nicht rechtfertigen, hält der Arzt darin doch lediglich einen gegenüber dem am 28. Juni 1995 erhobenen Befund praktisch gleich gebliebenen Status fest. Ebenso wenig vermag das aus dem gegen den Gabelstaplerfahrer geführten Strafverfahren stammende Attest des Dr. med. E.________ vom 22. Februar 1998 eine organische Schädigung zu belegen, die auf das Unfallgeschehen zurückzuführen wäre.
 
Wie Dr. med. V.________ in seiner Expertise vom 21. November 1995 des Weiteren schlüssig darlegt, sind von zusätzlichen Abklärungen ebenfalls keine entscheidrelevanten neuen Erkenntnisse zu erwarten, sodass davon abzusehen ist. Insbesondere besteht mangels konkreter Anhaltspunkte wie anfänglicher Bewusstlosigkeit, Amnesie und computertomo- oder elektroenzephalographisch auffälliger Befunde kein Anlass zu weiteren auf das Vorliegen einer organischen Hirnschädigung ausgerichteten medizinischen Erhebungen. Was die Ergebnisse der am 24. November 1995 im Institut für Nuklearmedizin des Spitals Y.________ erfolgten Abklärung mittels der Single Photon Emission Computed Tomography (Spect) anbelangt, ist festzuhalten, dass diese bisher auch wissenschaftlich nicht anerkannte Untersuchungsmethode nach der Rechtsprechung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts gemäss Urteil Z. vom 2. Juni 2000 (U 160/98) nicht geeignet ist, um im Rahmen der Prüfung der natürlichen Kausalität von Unfallfolgen den Beweis für das Vorliegen hirnorganischer Schädigungen zu erbringen (RKUV 2000 Nr. U 395 S. 316 = SVR 2001 UV Nr. 1 S. 1).
 
3.- Die am ehesten auf eine psychosomatische Fehlentwicklung hinweisende Symptomatik mit den geschilderten, or-
 
ganisch aber nicht erklärbaren Befunden entspricht zwar teilweise dem nach Schleudertraumata der Halswirbelsäule nicht selten beobachteten und insofern typischen Beschwerdebild. Obschon Dr. med. V.________ eine durch den Schlag ins Gesicht erlittene Distorsion der Halswirbelsäule nicht ausschliesst und insofern allenfalls ein zumindest in seinen Auswirkungen mit einem Schleudertrauma vergleichbares Ereignis angenommen werden könnte, ist nicht zu verkennen, dass im Vordergrund eindeutig eine psychische Entwicklung in Form einer Fehlverarbeitung des Erlebten steht. Unter diesen Umständen haben SUVA und Vorinstanz die Kausalitätsfrage aber zu Recht nach Massgabe der gemäss BGE 115 V 133 bei psychischen Folgeschäden anwendbaren Regeln geprüft (BGE 123 V 98).
 
a) Bei der Beurteilung des adäquaten Kausalzusammenhangs zwischen einem Unfall und der anschliessend einsetzenden psychischen Fehlentwicklung mit Einschränkung der
 
Arbeits- und Erwerbsfähigkeit ist nach der Rechtsprechung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom Unfallereignis auszugehen (BGE 115 V 138 ff. Erw. 6). Die Frage, ob sich das Unfallereignis und eine psychisch bedingte Arbeits- resp. Erwerbsunfähigkeit im Sinne eines adäquaten Verhältnisses von Ursache und Wirkung entsprechen, ist u.a. im Hinblick auf die Gebote der Rechtssicherheit und der rechtsgleichen Behandlung der Versicherten auf Grund einer objektivierten Betrachtungsweise zu prüfen. Entgegen der Argumentation in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist deshalb bei der der Adäquanzprüfung zu Grunde liegenden Unterteilung in leichte, mittlere und schwere Unfälle vom augenfälligen Geschehensablauf auszugehen. Für die von SUVA und Vorinstanz vorgenommene Zuordnung des Vorfalles vom 23. Februar 1995 zu den mittelschweren, eher in der Nähe der leichteren Unfälle liegenden Fälle - gegen welche im Übrigen nichts einzuwenden ist - waren deshalb weder die strafrechtliche Beurteilung noch die Schwere der erlittenen Persönlichkeitsverletzung noch die subjektive Einschätzung des Erlebnisses zu berücksichtigen.
 
b) Einer eingehenden Prüfung unterzogen und gestützt darauf zu Recht bestätigt hat die Vorinstanz die zuvor durch die SUVA vorgenommene Verneinung der Adäquanz des Kausalzusammenhanges zwischen der psychogenen Fehlentwicklung mit den dadurch ausgelösten Beeinträchtigungen und dem Vorfall vom 23. Februar 1995. Diesbezüglich ist den überzeugenden Ausführungen im sorgfältig begründeten kantonalen Entscheid nichts beizufügen.
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
 
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
 
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
 
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversiche-
 
rungsgericht des Kantons Zürich, dem Bundesamt für
 
Sozialversicherung und der Helsana Versicherungen AG
 
zugestellt.
 
Luzern, 22. Februar 2001
 
Im Namen des
 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts
 
Der Präsident der IV. Kammer:
 
Der Gerichtsschreiber:
 
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