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20. Auszug aus dem Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts i.S. Kantonale Arbeitslosenkasse St. Gallen gegen G. und Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) |
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C 227/05 vom 8. November 2006 | |
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Regeste |
| Art. 8 Abs. 1 lit. c und e, Art. 121 lit. b AVIG; Art. 21 EFTA-Übereinkommen; Art. 1 lit. b und h, Art. 13 Abs. 2 lit. a, Art. 71 Abs. 1 lit. a und b der Verordnung Nr. 1408/71: Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit. | |
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Sachverhalt | |
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A.a Die 1958 geborene schweizerisch-liechtensteinische Doppelbürgerin G. war in den Jahren 2001 und 2002 jeweils befristet mit einem Teilpensum in der Gemeinde A. (FL) als Aushilfe angestellt. Vom 2. April 2002 bis September 2002 bezog sie im Fürstentum Liechtenstein Arbeitslosenentschädigung. Alsdann war sie vom 1. Oktober 2002 bis zur sofortigen Freistellung Ende April 2003 als Grenzgängerin in der X. AG in C. (CH) tätig. Daraufhin meldete sie sich beim Amt für Volkswirtschaft des Fürstentums Liechtenstein zum Leistungsbezug an, welches ihr vom 2. Juni 2003 bis zur Ausschöpfung des Anspruchs am 16. Januar 2004 Arbeitslosentaggelder ausrichtete.
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A.b Am 10. Februar 2004 meldete sich G. beim Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) Z. (CH) zur Arbeitsvermittlung an und beantragte Arbeitslosenentschädigung. Sie gab an, seit 1. Februar 2004 an einzelnen Tagen in der V. AG mit Kundendienstsitz in M. (CH) als kaufmännische Angestellte zu arbeiten, suche jedoch eine Vollzeitstelle. Ab 1. März 2004 bezog sie vom Amt für Soziale Dienste des Fürstentums Liechtenstein wirtschaftliche Sozialhilfe. Sodann meldete sie sich am 2. April 2004 rückwirkend ab 1. Februar 2004 in der Gemeinde C. (CH) an, ohne sich jedoch im Fürstentum Liechtenstein abzumelden. Mit Verfügung vom 9. Dezember 2004 verneinte die Kantonale Arbeitslosenkasse St. Gallen den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung ab 10. Februar 2004 mit der Begründung, die Versicherte habe ihren Lebensmittelpunkt im Fürstentum Liechtenstein, weshalb die Voraussetzungen für einen Leistungsanspruch in der Schweiz nicht erfüllt seien. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 14. Januar 2005 fest.
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C. Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die Arbeitslosenkasse Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids mit der Feststellung, dass ab 10. Februar 2004 kein Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung gegeben sei.
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G. lässt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen. Das vom Eidgenössischen Versicherungsgericht zur Vernehmlassung aufgeforderte Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) äussert sich in zustimmendem Sinne zum Rechtsmittel.
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Aus den Erwägungen: | |
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Erwägung 1 | |
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1.3 Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen der Verordnung Nr. 1408/71 über die bei Arbeitslosigkeit grundsätzlich zuständige | 9 |
1.4 Im Rahmen des die Zuständigkeit für den Fall regelnden Art. 71 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71, dass während der letzten Erwerbstätigkeit Beschäftigungs- und Wohnortstaat verschieden sind, ist zwischen so genannten echten und unechten Grenzgängern zu unterscheiden. Nach Art. 1 lit. b der Verordnung Nr. 1408/71 sind (echte) Grenzgänger Personen, die ihre Berufstätigkeit im Gebiet eines Mitglied- oder Abkommensstaates ausüben und im Gebiet eines andern Mitglied- oder Abkommensstaates wohnen, in das sie in der Regel täglich, mindestens aber einmal wöchentlich zurückkehren. Sie fallen unter Art. 71 Abs. 1 lit. a der Verordnung Nr. 1408/71. Die in Art. 71 Abs. 1 lit. b der Verordnung Nr. 1408/71 normierten "nicht Grenzgänger" ("unechte Grenzgänger") sind demgegenüber Personen, deren Wohn- und Beschäftigungsort zwar ebenfalls in zwei verschiedenen Staaten liegen, die aber nicht mindestens einmal wöchentlich an ihren Wohnort zurückkehren. Dazu zählen beispielsweise Saisonarbeitnehmende, Arbeitnehmende im internationalen Verkehrswesen, Arbeitnehmende, die ihre Tätigkeit gewöhnlich im Gebiet mehrerer Mitgliedstaaten ausüben und Arbeitnehmende, die in einem Grenzbetrieb beschäftigt sind (vgl. Beschluss Nr. 160 vom 28. November 1995 der Verwaltungskommission der Europäischen Gemeinschaften für die Soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer zur Auslegung des Art. 71 Abs. 1 lit. b Ziff. ii der Verordnung Nr. 1408/71, im Amtsblatt Nr. L 49 vom 28. Februar 1996, S. 31-33; vgl. auch Kreisschreiben des seco über die Auswirkungen des Abkommens über den freien Personenverkehr sowie des geänderten EFTA-Abkommens auf die Arbeitslosenversicherung [KS-ALE-FPV], B 46; PATRICIA USINGER-EGGER, Die soziale | 10 |
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Erwägung 2 | |
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Erwägung 3 | |
3.1 Das kantonale Gericht hat erwogen, Art. 8 Abs. 1 lit. c AVIG sei staatsvertragskonform auszulegen. Dabei genüge es, dass sich die versicherte Person regelmässig in der Schweiz aufhalte, sich den hiesigen Kontrollvorschriften unterziehe und sich dem schweizerischen Arbeitsmarkt zur Verfügung stelle. Die strittige Frage, ob die Beschwerdegegnerin ihren Lebensmittelpunkt im Februar 2004 effektiv vom Fürstentum Liechtenstein in die Schweiz verlegt hat, kann nach Auffassung der Vorinstanz offen bleiben. Als vollarbeitslose Grenzgängerin im Sinne von Art. 71 Abs. 1 lit. a Ziff. ii der Verordnung Nr. 1408/71 habe sie ein Wahlrecht | 13 |
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Das seco bezweifelt ebenfalls, dass die Beschwerdegegnerin in der Schweiz wohnt. Sie habe hier erst einen zusätzlichen Wohnort geltend gemacht, nachdem die Ansprüche auf Arbeitslosenentschädigung im Fürstentum Liechtenstein erschöpft gewesen seien. Unter diesen Umständen könne sie nicht als unechte Grenzgängerin betrachtet werden. Echte Grenzgänger im Sinne von Art. 71 Abs. 1 lit. a Ziff. ii der Verordnung Nr. 1408/71 hätten kein Wahlrecht und müssten ihren Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung im Wohnstaat geltend machen.
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4.5 Bei dieser Sachlage ist davon auszugehen, dass die Beschwerdegegnerin auch ab dem 10. Februar 2004 ihren tatsächlichen Aufenthalt weiterhin in Y. (FL) verzeichnete, wo auch ihre Tochter wohnte und wo sie gemäss eigenen Angaben einen Schwerpunkt ihrer Lebensbeziehungen aufrechterhielt. Daran vermag die Tatsache nichts zu ändern, dass sie in der Schweiz Freunde und Bekannte hat, einen grossen Teil ihrer Freizeit hier verbringt und den | 17 |
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Erwägung 6 | |
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Erwägung 7 | |
7.1 Art. 71 Abs. 1 lit. a Ziff. ii und lit. b Ziff. ii der Verordnung Nr. 1408/71 bestimmen, dass bei Vollarbeitslosigkeit echte Grenzgänger ausschliesslich und unechte Grenzgänger für den Fall, dass sie sich den Arbeitsbemühungen ihres Wohnstaates zur Verfügung stellen, Leistungen aufgrund von Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten im Beschäftigungsstaat nach dem Recht des Wohnstaates erhalten (BGE 132 V 61 E. 6.4). Diese Regelung beruht auf der Annahme, dass die Vermittlungschancen für die arbeitslose Person an ihrem Wohnort am grössten sind (EICHENHOFER, a.a.O., N. 2 f. zu Art. 71 der Verordnung Nr. 1408/71). Der unechte Grenzgänger hat die Wahl zwischen Leistungen des Beschäftigungs- oder des Wohnstaates. Dieses Wahlrecht übt er dadurch aus, dass er sich entweder der Arbeitsverwaltung des Staates der letzten Beschäftigung (Art. 71 Abs. 1 lit. b Ziff. i) oder der Arbeitsverwaltung des Wohnortstaates (Art. 71 Abs. 1 lit. b Ziff. ii) zu | 23 |
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7.3 Des Weitern hat das kantonale Gericht erwogen, die Beschwerdegegnerin sei teilarbeitslos im Sinne von Art. 10 Abs. 2 lit. b AVIG (Person, die eine Teilzeitbeschäftigung hat und eine Vollzeit- oder eine weitere Teilzeitbeschäftigung sucht), nicht aber im Sinne von | 25 |
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