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Informationen zum Dokument  BGE 119 V 36  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1. a) Aufgrund der angefochtenen Verwaltungsverfügung vom 5. ...
2. Nach Art. 5 FLG haben haupt- und nebenberufliche Landwirte Ans ...
3. a) Streitig und zu prüfen ist, ob Verena Z. im vorliegend ...
4. a) Das kantonale Gericht hat für die Beurteilung der Frag ...
5. a) Der Beschwerdegegner hat im vorinstanzlichen Verfahren nich ...
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6. Urteil vom 23. Februar 1993 i.S. Ausgleichskasse des Kantons St. Gallen gegen Z. und Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen
 
 
Regeste
 
Art. 22 Abs. 1 und 3 FLG; Art. 85 Abs. 2 AHVG. Eine Beschwerde kann nicht stillschweigend zurückgezogen werden (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 1b).  
 
Sachverhalt
 
BGE 119 V, 36 (37)A.- Walter Z. ist Landwirt und bezog für seine drei Kinder, unter anderem für die am 7. Juli 1971 geborene Tochter Verena, Kinderzulagen im Sinne des Bundesgesetzes über die Familienzulagen für landwirtschaftliche Arbeitnehmer und Kleinbauern (FLG).
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Mit Mutationsmeldungen vom 31. August und 13. November 1989 teilte die Gemeindezweigstelle W. der Ausgleichskasse des Kantons St. Gallen mit, Verena Z. absolviere vom 3. Juli bis 3. Oktober 1989 ein Praktikum in einem Regionalspital, und vom 6. November 1989 bis 5. November 1992 stehe sie an einer Schule für allgemeine Krankenpflege in Ausbildung zur diplomierten Krankenschwester. In der Folge sprach die Ausgleichskasse Walter Z. für die Tochter Verena Kinderzulagen von Fr. 115.-- und ab 1. April 1990 von Fr. 135.-- zu (Verfügungen vom 27. Oktober 1989, 27. Dezember 1989, 19. Februar 1990 und 18. Mai 1990).
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Am 7. Februar 1991 meldete die Gemeindezweigstelle W. der Ausgleichskasse, Verena Z. habe das Lehrverhältnis auf den 31. Juli 1990 aufgelöst; seit Oktober 1990 habe sie eine Anstellung, im Sommer 1991 werde sie eine neue Lehre beginnen. Gestützt darauf forderte die Ausgleichskasse mit Verfügung vom 5. März 1991 die auf die Zeit vom 1. August bis 31. Dezember 1990 entfallenden Kinderzulagen für Verena in der Höhe von insgesamt Fr. 675.-- als unrechtmässig bezogen zurück.
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B.- Walter Z. reichte hiegegen Beschwerde ein mit dem Antrag auf Aufhebung der Rückforderungsverfügung. Zur Begründung führte er aus, seine Tochter habe die Lehre als Krankenschwester wegen ihrer Zuckerkrankheit Ende Juli 1990 abbrechen müssen; Anfang August 1991 werde sie eine Verwaltungslehrstelle antreten. Dazu legte er den entsprechenden Lehrvertrag mit der politischen Gemeinde N. vom 1. März 1991 ins Recht, wonach Verena Z. ab 5. August 1991 bis 4. August 1994 eine Lehre als kaufmännische Angestellte absolvieren werde.
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Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen hiess die Beschwerde nach durchgeführtem zweifachen Schriftwechsel mit Entscheid vom 26. August 1992 gut und hob die Verfügung vom 5. März 1991 auf.
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C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die Ausgleichskasse die Aufhebung des kantonalen Entscheids und die Wiederherstellung der angefochtenen Verfügung.
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Während Walter Z. sich dahingehend äussert, dass er die Kinderzulagen bereits zurückbezahlt habe und das Gericht die Angelegenheit als erledigt betrachten möge, schliesst das Bundesamt für BGE 119 V, 36 (38)Sozialversicherung (BSV) auf Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
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Auf die einzelnen Vorbringen in den Rechtsschriften wird - soweit erforderlich - in den Erwägungen eingegangen.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
 
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Mit Eingabe vom 12. März 1991 an das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen hat Walter Z. gegen die Verfügung vom 5. März 1991 unmissverständlich Beschwerde erhoben mit dem Antrag, "dass wir die ausbezahlten Zulagen behalten dürfen". In der vorinstanzlichen Replik vom 30. Mai 1991 hat er ausdrücklich "an unserem Antrag" festgehalten. Demgegenüber weist er in der Vernehmlassung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde darauf hin, es liege "nicht in unserem Willen, nochmals alles aufzurollen. Wir bezahlten die Kinderzulagen Mitte letzten Jahres retour und betrachteten damit alles für erledigt. ... Wir bitten Sie, die Angelegenheit auch als erledigt zu betrachten." Auch im Schreiben vom 27. November 1992, das er im Anschluss an die Zustellung der bundesamtlichen Vernehmlassung eingereicht hat, wiederholt Walter Z., das Geld zurückbezahlt und "dabei nichts anderes gedacht zu haben", "als die Sache sei damit erledigt". Es sei für ihn unverständlich, dass diese Angelegenheit immer weiter gezogen werde.
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b) Bei dieser Verfahrenslage fragt sich, ob das kantonale Gericht im Entscheid vom 26. August 1992 zu Recht angenommen hat, die am 12. März 1991 erhobene Beschwerde sei aufrechterhalten worden.
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Nach der Rechtsprechung kann der Beschwerderückzug nur klar, ausdrücklich und unbedingt erfolgen (BGE 111 V 158 E. 3a mit Hinweisen). Insbesondere kann die Beschwerde nicht stillschweigend zurückgezogen werden (BGE 111 V 158 E. 3b). Im vorliegenden Verfahren liegt keine ausdrückliche Rückzugserklärung des BGE 119 V, 36 (39)Walter Z. vor. Dass er sich gegen den von der Ausgleichskasse in der angefochtenen Verfügung vom 5. März 1991 in Aussicht gestellten Rückzahlungsmodus nicht zur Wehr setzte, vielmehr - wie er in der Vernehmlassung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde ausführt - die Rückforderung von 5 x Fr. 135.-- beglich, bedeutet nicht, dass er die Beschwerde zurückgezogen hätte. Das kantonale Gericht ist somit richtigerweise davon ausgegangen, dass Walter Z. seine Beschwerde aufrechterhalten hat. Mit dem Erlass des das Begehren um Aufhebung der Rückforderungsverfügung gutheissenden vorinstanzlichen Entscheids hat Walter Z. als Beschwerdeführer die Dispositionsbefugnis über den Streitgegenstand verloren. Eine solche steht ihm auch im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren nicht zu, weil nun die Ausgleichskasse gegen den sie belastenden kantonalen Entscheid Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben hat. Damit liegt nach wie vor ein tauglicher Anfechtungs- und Streitgegenstand vor, nämlich die im kantonalen Gerichtsentscheid verneinte Rückerstattungsschuld. Bei dieser Rechtslage ist es unerheblich, dass Walter Z. einerseits die Rückforderung bereits beglichen hat und anderseits im vorliegenden Verfahren geltend macht, er habe sich eigentlich damit abfinden wollen.
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b) Ausgleichskasse und Vorinstanz haben zutreffend darauf hingewiesen, dass weder das Gesetz noch die Verordnung zum FLG (FLV), noch die bundesamtlichen Erläuterungen zu den Familienzulagen BGE 119 V, 36 (40)in der Landwirtschaft (vgl. Rz. 100 bis 112 der Erläuterungen des BSV) definieren, was unter der Formulierung gemäss Art. 9 FLG "in der Ausbildung" zu verstehen ist. Übereinstimmend haben sie daher die Rechtsprechung zu Art. 25 Abs. 2 AHVG herangezogen, welche Bestimmung den Waisenrentenanspruch regelt. Diese Übernahme aus dem AHV-Recht zur Beantwortung einer nicht näher normierten Frage des Familienzulagen-Rechts ist zutreffend und sachgerecht, weil es sowohl bei der Waisenrente nach Art. 25 ff. AHVG als auch bei den Kinderzulagen nach FLG darum geht, das mit der Ausbildung verbundene Bedürfnis nach Sicherstellung der Lebensunterhaltskosten pauschal abzugelten.
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Nach Art. 25 Abs. 2 AHVG entsteht der Anspruch auf eine einfache Waisenrente am ersten Tag des dem Tode des Vaters folgenden Monats und erlischt mit der Entstehung des Anspruches auf eine Vollwaisenrente, mit der Vollendung des 18. Altersjahres oder mit dem Tode der Waise. Für Kinder, die noch in Ausbildung begriffen sind, dauert der Rentenanspruch bis zum Abschluss der Ausbildung, längstens aber bis zum vollendeten 25. Altersjahr.
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"Muss die Waise ein bestehendes Lehrverhältnis aus persönlichen oder gesundheitlichen Gründen vorzeitig auflösen, so gilt die Ausbildung nicht als unterbrochen, sofern unverzüglich eine neue Lehrstelle gesucht und die Ausbildung fortgesetzt wird (ZAK 1975 S. 375)."
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Gestützt darauf hat die Vorinstanz das Vorliegen eines für die Suspendierung der Kinderzulagen relevanten Unterbruchs der Ausbildung verneint. Zur Begründung hat sie im wesentlichen ausgeführt, Verena Z. habe ihre Lehre als Krankenschwester aus gesundheitlichen Gründen auf den 31. Juli 1990 abgebrochen. Zwischen dem Abbruch der Lehre als Krankenschwester und dem Beginn der neuen Lehre am 5. August 1991 liege somit ein Unterbruch von gut einem Jahr. Das sei nach Angaben des Walter Z. darauf zurückzuführen, BGE 119 V, 36 (41)dass seine Tochter nach dem Lehrabbruch einige Zeit benötigt habe, um sich beruflich neu zu orientieren und sich über ihren weiteren beruflichen Werdegang schlüssig zu werden. Es sei aber nach dem Abbruch der Lehre nie zweifelhaft gewesen, dass Verena Z. wieder eine neue Ausbildung in Angriff nehmen werde. Zur Dauer des Ausbildungsunterbruchs sei festzuhalten, dass Verena Z. weder habe verpflichtet werden können, an der ursprünglichen Lehrstelle bis zum Abschluss eines neuen Lehrvertrages oder gar bis zum Beginn einer neuen Lehre auszuharren, noch die kaufmännische Lehre früher hätte beginnen können, da der Lehrbeginn am 5. August 1991 offensichtlich mit Rücksicht auf den Schuljahresanfang festgesetzt worden sei. Zusammenfassend ergebe sich, dass Verena Z. in zweckmässiger und zielgerichteter Weise ausreichende Anstrengungen unternommen habe, um innert angemessener Zeit ihre abgebrochene Ausbildung in einem neuen Beruf fortzusetzen, wobei sich unter den gegebenen Umständen nicht habe vermeiden lassen, dass der Unterbruch insgesamt ein Jahr gedauert habe.
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b) Die Ausgleichskasse wendet in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ein, die Vorinstanz habe bei ihrer Interpretation der zum Ausbildungsunterbruch im AHV-Bereich entwickelten Praxis übersehen, dass nur jene Unterbrechungsgründe eine Weiterausrichtung der Waisenrente erlauben, welche die Unfähigkeit des Kindes, den eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten, andauern lassen. Ferien, Militärdienst und Krankheit würden es dem Kind nicht erlauben, eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Beim vorzeitigen Abbruch einer Ausbildung und dem darauf folgenden Beginn einer anderen Lehre treffe dies nur zu, wenn der Unterbruch so kurz sei, dass zwischenzeitlich keine Erwerbstätigkeit ausgeübt werden könne. Gerade diese Voraussetzung sei im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Verena Z. habe nicht erst am 31. Juli 1990 gewusst, dass sie ihre Ausbildung als Krankenschwester abbrechen werde. Es wäre ihr daher möglich gewesen, entweder schon auf den 1. August 1990 eine neue Lehrstelle zu suchen oder bereits ab diesem Zeitpunkt eine Anstellung anzunehmen. Sodann habe die Vorinstanz Rz. 186 RWL ausser acht gelassen, wonach Waisen, die zur Hauptsache dem Erwerb nachgehen, nicht als in Ausbildung begriffen gelten. Demzufolge müsse während der Zeit, in der Verena Z. erwerbstätig gewesen sei oder erwerbstätig hätte sein können, notwendigerweise ein zulagenrechtlich relevanter Ausbildungsunterbruch vorgelegen haben. Der Zulagenanspruch des Beschwerdegegners habe somit am 31. Juli 1990 geendet.
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BGE 119 V, 36 (42)c) Das BSV schliesslich stellt dem Ausbildungsunterbruch den Begriff des Abbruchs der Ausbildung gegenüber, welcher gemäss BGE 102 V 208 zum Erlöschen des Anspruchs auf eine Waisenrente führt. Ein solcher Abbruch der Ausbildung liege nach dem genannten Entscheid vor, wenn die Ausbildung aus eigenem Antrieb aufgegeben und später eine neue, völlig anders gerichtete Ausbildung begonnen werde. Davon sei im vorliegenden Fall auszugehen, würden doch bezüglich des Zusammenhangs zwischen der Zuckerkrankheit der Verena Z. und der Aufgabe der Ausbildung zur Krankenschwester nähere Angaben sowohl im angefochtenen Entscheid als auch in den übrigen Akten fehlen. Sodann verweist das BSV auf die in den kantonalen Familienzulagengesetzen verbreiteten Regelungen und die vom Eidg. Versicherungsgericht entwickelte Praxis über die Einkommensgrenzen des während der Ausbildung erzielten Lohnes. Hiezu vertritt es die Auffassung, eine taugliche Grundlage für die Beurteilung des Zulagenanspruchs stellten einzig die tatsächlichen Unterhaltskosten dar; denn es fehle an der Voraussetzung zur Ausrichtung der Ausbildungszulage, wenn das Kind seinen Unterhalt selber bestreiten könne. Im vorliegenden Fall seien zwar sowohl die Art der Erwerbstätigkeit als auch die Höhe des Verdienstes, welchen Verena Z. zwischen dem Abbruch der Krankenschwesterausbildung und dem Antritt der Lehre als kaufmännische Angestellte erzielt habe, unbekannt. Zu keinem Zeitpunkt sei jedoch geltend gemacht worden, dass sie aus ihrem Verdienst den Lebensunterhalt nicht habe bestreiten können. Damit fehle es an einer Anspruchsvoraussetzung für die Zulagenberechtigung.
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Die Frage, ob tatsächlich eine derartige Auskunft erteilt wurde, was die Ausgleichskasse in der vorinstanzlichen Duplik in Abrede gestellt hat, braucht indes nicht geprüft zu werden. Denn die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Berufung auf den Vertrauensschutz sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt (vgl. BGE 117 Ia 287 E. 2b, BGE 116 Ib 187 E. 3c, BGE 116 V 298, je mit Hinweisen); insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Beschwerdegegner im BGE 119 V, 36 (43)Vertrauen auf diese Auskunft bezüglich der Ausbildung seiner Tochter eine nicht wiedergutzumachende Disposition getroffen hätte. Die Auskunft, sollte sie tatsächlich in der behaupteten Form erteilt worden sein, führte lediglich dazu, dass Walter Z. den Lehrabbruch im Sommer 1990 der Verwaltung nicht meldete, was für die hier massgebliche Frage der Rückerstattung jedoch unerheblich ist.
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b) Im unveröffentlichten Urteil D. vom 28. November 1988 hat das Eidg. Versicherungsgericht die Rechtsprechung zum Ausbildungsunterbruch wie folgt zusammengefasst:
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"Wie das Eidg. Versicherungsgericht wiederholt festgehalten hat, vermag die Leistung obligatorischen Militärdienstes eine Ausbildung nicht rechtserheblich zu unterbrechen. Dies gilt nicht allein, wenn die Militärdienstleistung in ein bereits begonnenes Studium hineinfällt, sondern grundsätzlich auch dann, wenn durch sie bloss die Aufnahme des Studiums hinausgeschoben wird, wobei im letzteren falle die Überlegung massgebend ist, dass die Ausbildung mit der Maturitätsprüfung in der Regel nicht abgeschlossen wird (BGE 100 V 165; ZAK 1967 S. 551 E. 2; vgl. auch EVGE 1966 S. 92 und S. 173).
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Zur Frage, ob sich eine zeitliche Lücke zwischen Maturitätsprüfung und Militärdienstantritt, zwischen zwei Militärdienstleistungen bzw. zwischen Militärdienstende und (Wieder-)Aufnahme des Studiums auf den Rentenanspruch auswirkt, hat sich das Eidg. Versicherungsgericht wie folgt geäussert. Im Urteil F. vom 16. September 1966 hat es festgehalten, dass die Ausbildung durch eine Lücke zwischen Beendigung der Sommer-Rekrutenschule und Beginn der Frühjahrs-Unteroffiziersschule nicht unterbrochen werde (EVGE 1966 S. 174 E. 3), weil - wie später in BGE 100 V 164 E. 1 in fine und BGE 104 V 69 verdeutlicht wurde - der Militärdienst das Studium nicht während des ganzen Semesters erlaubt hätte. In gleichem Sinne entschied das Gericht im Urteil D. vom 26. Juli 1967, wobei es hier zudem auch eine rechtserhebliche Unterbrechung für die vier Monate zwischen der Beendigung der Frühjahrs-Rekrutenschule im Juni und der Immatrikulation im folgenden Oktober verneinte; das Gericht hielt ausdrücklich fest, aufgrund des weit auszulegenden Begriffs der Ausbildung wäre ein Rentenanspruch für diese ohnehin beschränkte Zeit auch dann gegeben, wenn sie bloss der Vorbereitung des Studiums gedient hätte (ZAK 1967 S. 551 E. 2). Das Gericht konnte darum die von der Verwaltung nicht weiter abgeklärte Frage offenlassen, ob der Versicherte in der Zwischenzeit möglicherweise eine bescheidene Erwerbstätigkeit ausgeübt hatte. Hingegen ging es im Urteil S. vom 6. November 1974 näher auf die Bedeutung einer solchen zwischenzeitlichen Erwerbstätigkeit ein (BGE 100 V 164). Im Falle eines Versicherten, der zwischen der Maturitätsprüfung (September 1973) und dem Beginn der Rekrutenschule (Februar 1974) vorübergehend eine Erwerbstätigkeit ausgeübt hatte, entschied das Gericht, dass ein Rentenanspruch nicht verneint werden könne "für den Fall, da in der Zeit zwischen Ende des Dienstes und Beginn des nächsten Semesters bzw. zwischen zwei BGE 119 V, 36 (44)Dienstleistungen oder zwischen Semesterende und Beginn des Militärdienstes eine lückenfüllende Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Ebensowenig wird die Ausbildung durch eine Erwerbstätigkeit, welche der Rentenansprecher nach bestandener Matur ausübt, um lediglich die Zeit bis zum Beginn des obligatorischen Militärdienstes gewinnbringend zu überbrücken, unterbrochen, vorausgesetzt, dass das Hochschulstudium oder eine andere Berufsausbildung nach Beendigung des Militärdienstes aufgenommen wird" (BGE 100 V 166). Sodann ist auf das Urteil W. vom 13. April 1978 hinzuweisen (BGE 104 V 64). Hier liess das Gericht die Frage, ob einem Versicherten für die sieben Monate zwischen der Lehrabschlussprüfung und dem Beginn eines unbestrittenermassen als Ausbildung anerkannten Sprachkurses die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zuzumuten gewesen wäre, aus der Überlegung heraus offen, dass es sich in analoger Anwendung der Grundsätze in ZAK 1967 S. 550 rechtfertige, die relativ kurze Zeitspanne nicht als rechtserheblichen Unterbruch der Ausbildung zu betrachten (BGE 104 V 69 f.). Zu diesem Ergebnis konnte das Gericht nur gelangen, weil es für die Beurteilung der Rechtserheblichkeit eines Unterbruchs - jedenfalls für eine relativ kurze Zwischenzeit - nicht darauf ankommt, ob der Versicherte einer Erwerbstätigkeit nachgeht oder nicht bzw. ob ihm in letzterem Falle die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zuzumuten gewesen wäre.
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Das BSV macht in seiner Vernehmlassung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde geltend, gemäss konstanter Praxis liege keine Unterbrechung der Ausbildung vor, sofern in der Zeit zwischen Semesterschluss und Einrücken bzw. zwischen Beendigung des Militärdienstes und Semesterbeginn oder zwischen zwei Dienstleistungen eine lückenfüllende Erwerbstätigkeit ausgeübt werde.
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Dies lässt sich BGE 100 V 164, auf den sich das BSV in diesem Zusammenhang beruft, aber nicht entnehmen. Dem zitierten Urteil liegt vielmehr die Überlegung zugrunde, dass die Ausbildung und damit der Rentenanspruch nicht unterbrochen wird, selbst wenn der Versicherte vorübergehend eine bescheidene Erwerbstätigkeit ausübt. Denn andernfalls hätte das Gericht in den Urteilen D. vom 26. Juli 1967 und W. vom 13. April 1978 die Frage nicht offenlassen können, ob der Versicherte eine zwischenzeitliche Erwerbstätigkeit ausgeübt hatte bzw. ob ihm die Aufnahme einer solchen zuzumuten gewesen wäre. Hingegen beruft sich das BSV insofern zu Recht auf BGE 100 V 164, als dem Urteil sinngemäss entnommen werden kann, dass ein rechtserheblicher Ausbildungsunterbruch nur verneint werden kann, wenn er auf äussere Umstände zurückzuführen ist (vgl. BGE 102 V 212), mithin also objektiv begründet ist."
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Gestützt darauf hat das Eidg. Versicherungsgericht einen den Anspruch zum Erlöschen bringenden Abbruch der Ausbildung verneint im Falle eines Versicherten, der im März 1986 die Maturitätsprüfung bestanden hatte und sich erst im Wintersemester 1986/87 an der Universität immatrikulierte, weil für den Sommer die Absolvierung der Rekrutenschule vorgesehen war, von der er dann allerdings kurzfristig BGE 119 V, 36 (45)aus gesundheitlichen Gründen dispensiert wurde, und weil das in Angriff genommene Ökonomiestudium in der Unterstufe auf Jahreskursen aufgebaut ist, die jeweils im Wintersemester beginnen (erwähntes Urteil D. vom 28. November 1988).
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c) Im Lichte dieser Rechtsprechung, an welcher festzuhalten ist, ergibt sich für den vorliegenden Fall folgendes: Aufgrund der glaubwürdigen Angaben des Beschwerdegegners im Administrativ- und vorinstanzlichen Verfahren darf davon ausgegangen werden, dass Verena Z. die Lehre als Krankenschwester auf Ende Juli 1990 nicht freiwillig, sondern wesentlich auch aus gesundheitlichen Gründen abbrach. Ebenso darf als glaubhaft angenommen werden, dass sie beabsichtigte, nach dem Scheitern der ersten Lehre eine neue berufliche Ausbildung aufzunehmen. Dies spricht für einen anspruchswahrenden Ausbildungsunterbruch und nicht, wie das BSV geltend macht, für einen anspruchslöschenden Ausbildungsabbruch. Hieran ändert auch die Aufnahme einer überbrückenden Erwerbstätigkeit ab Oktober 1990 grundsätzlich nichts, kommt es doch nach der dargelegten Rechtsprechung nicht darauf an, ob der Jugendliche einer Erwerbstätigkeit nachgeht oder nicht oder ob ihm im letzteren Falle die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zuzumuten gewesen wäre. Wenn nun aber, wie im vorliegenden Fall, ein langer Ausbildungsunterbruch von einem Jahr oder mehr vorliegt, und wenn - kumulativ - während dieses Ausbildungsunterbruchs eine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird, welche nicht (z.B. im Sinne eines Vorpraktikums) der Vorbereitung auf die zweite berufliche Ausbildung dient, dann kann nicht mehr gesagt werden, der Jugendliche stehe in diesem Zeitraum in Ausbildung oder sei in Ausbildung begriffen. Kurzzeitige Ausbildungsunterbrüche von einigen Monaten (mit oder ohne ausfüllende Erwerbstätigkeiten) können zulagenrechtlich nicht gleich beurteilt werden, wie erwerblich genutzte Ausbildungspausen von einem Jahr oder mehr. Im ersten Fall steht die ausbildungsbedingte Erwerbslosigkeit im Vordergrund, wogegen im zweiten Fall nicht gesagt werden kann, der den Zulagenanspruch vermittelnde Jugendliche müsse wegen der Ausbildung oder wegen der Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit, zwischen den verschiedenen Ausbildungsschritten entsprechend disponieren zu können, eine Zeit der Einkommenslosigkeit hinnehmen.
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Zusammenfassend ist deshalb festzustellen, dass die Ausgleichskasse die im Zeitraum August bis Dezember 1990 ausbezahlten Kinderzulagen zu Recht zurückgefordert hat.
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