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Informationen zum Dokument  BGE 129 IV 176  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
3. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 2 ...
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25. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern (Nichtigkeitsbeschwerde)
 
 
6S.493/2002 vom 20. März 2003
 
 
Regeste
 
Art. 23 Abs. 6 i.V.m. Art. 2 Abs. 2 ANAG und Art. 2 Abs. 1 ANAV sowie Art. 23 Abs. 4 ANAG; Meldepflicht des Gastgebers.  
 
Sachverhalt
 
BGE 129 IV, 176 (176)A.- Das Obergericht des Kantons Luzern sprach X. am 6. November 2002 im Appellationsverfahren schuldig des mehrfachen vorsätzlichen Beschäftigens von Ausländerinnen ohne Bewilligung (Art. 23 Abs. 4 ANAG), der mehrfachen Verletzung der Meldepflicht (Art. 2 Abs. 2 i.V.m. Art. 23 Abs. 6 ANAG), des mehrfachen Wirtens ohne Bewilligung BGE 129 IV, 176 (177)(§ 32 GGG/LU) und des mehrfachen verbotenen Waffentragens (Art. 33 Abs. 1 WG). Es verurteilte ihn zu einer vorzeitig löschbaren Busse von Fr. 6'000.-.
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B.- Dem Urteil liegt namentlich folgender Sachverhalt zu Grunde: In der Zeit zwischen Herbst 2000 und Frühjahr 2001 prostituierten sich im Saunaklub "B." fünf ausländische Frauen aus Polen beziehungsweise Ungarn. Gegen eine dieser Frauen bestand eine Einreisesperre. Die andern Frauen waren als Touristinnen eingereist, ohne in der Folge Schritte zur Regelung des weiteren Aufenthalts und zum Erhalt einer Aufenthaltsbewilligung zu unternehmen. X. war Geschäftsführer des Saunaklubs "B.". Die fünf Frauen prostituierten sich im Klub unter seiner Aufsicht und nach seinen Weisungen. Ohne deren Tätigkeit als Prostituierte hätte X. den Klub nicht gleichermassen erfolgreich führen können. Ferner beherbergte er die Prostituierten gegen Entgelt im Klub, ohne dies der Ortspolizei zu melden.
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C.- X. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde.
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D.- Das Obergericht des Kantons Luzern beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit überhaupt auf diese einzutreten sei. Die Staatsanwaltschaft schliesst auf Abweisung.
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Aus den Erwägungen:
 
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Art. 2 Abs. 1 ANAG regelt die Anmeldung der Ausländer in der Schweiz. Hierbei unterscheidet der Gesetzgeber zwischen den Ausländern, die zur Übersiedlung oder zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit eingereist sind, und den übrigen Ausländern. Erstere haben sich binnen acht Tagen und jedenfalls vor Antritt der Stelle, letztere vor Ablauf von drei Monaten anzumelden. Diese Bestimmung bezweckt die Information der schweizerischen Behörden über den Aufenthalt ausländischer Staatsangehöriger in der Schweiz. Die Anmeldungspflicht BGE 129 IV, 176 (178)des Betroffenen wird ergänzt durch Verpflichtungen von Dritten: Während der Arbeitgeber, der einen Ausländer beschäftigen will, sich um die Formalitäten des Arbeitsverhältnisses - insbesondere das Vorliegen einer Arbeitsbewilligung - zu kümmern hat (Art. 3 Abs. 3 ANAG), ist der Gastgeber verpflichtet, die Anwesenheit des Ausländers der zuständigen Behörde zu melden (Art. 2 Abs. 2 ANAG). Gemäss der in Art. 2 Abs. 1 ANAV gegebenen Definition ist Gastgeber im Sinne von Art. 2 Abs. 2 ANAG, "wer einer Person, die nicht in seinem Dienst steht [...], Unterkunft gewährt". Die Meldepflicht des Gastgebers nach Art. 2 Abs. 2 ANAG entfällt also, wenn dieser zugleich Arbeitgeber ist. Damit bringt der Verordnungsgeber zum Ausdruck, dass die Pflichten des Gastgebers wertungsmässig in jenen des Arbeitgebers enthalten sind. Verletzt ein Arbeitgeber, der zugleich Gastgeber ist, seine Pflichten, indem er einen Ausländer illegal beschäftigt, so macht er sich nach Art. 23 Abs. 4 ANAG strafbar. Eine zusätzliche Bestrafung wegen Verletzung der Meldepflicht hat nach dem klaren Wortlaut der Verordnung zu entfallen. Dies gilt auch deshalb, weil die Meldepflicht des Gastgebers kein weitergehendes Rechtsgut betrifft als das von Art. 23 Abs. 4 ANAG geschützte. Die Beschwerde ist demnach in diesem Punkt gutzuheissen.
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