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Informationen zum Dokument  BGE 125 IV 139  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
2. Die Vorinstanz nimmt für den Kassationshof verbindlich (A ...
3. a) Nach Art. 305ter StGB macht sich der mangelnden Sorgfalt be ...
4. Im zu beurteilenden Fall ging der Beschwerdeführer nach d ...
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22. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 30. April 1999 i.S. B. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)
 
 
Regeste
 
Art. 305ter Abs. 1 StGB; mangelnde Sorgfalt bei Finanzgeschäften.  
Wer die Identität des wirtschaftlich Berechtigten nicht feststellt, obwohl er vermutet, in Wahrheit sei nicht der im Formular A als Berechtigter genannte Inhaber des eröffneten Kontos der wahre Geschäftspartner, sondern ein Dritter, macht sich der mangelnden Sorgfalt bei Finanzgeschäften schuldig (E. 4).  
 
Sachverhalt
 
BGE 125 IV, 139 (139)L.B. war bis Ende Januar 1993 für die BFZ Bankfinanz Zürich (seit Dezember 1992: Bank Austria Schweiz AG) als Mitglied der Geschäftsleitung tätig und für die Bereiche Logistik und Administration zuständig. In der Zeit um den 14. Mai 1991 eröffnete er zwei Konten lautend auf die in der ehemaligen DDR gegründeten und in Berlin domizilierten NOVUM Handelsgesellschaft mbH und TRANSCARBON Handelsgesellschaft mbH. Die für die Kontoeröffnung notwendigen Formulare A wurden von der Vertreterin der Gesellschaften R.S. unterzeichnet. L.B. nahm die Unterlagen ohne weitere Prüfung entgegen und eröffnete die Konten, obgleich in den Formularen als wirtschaftlich Berechtigte die Kontoinhaberinnen NOVUM Handelsgesellschaft mbH und TRANSCARBON Handelsgesellschaft mbH vermerkt waren, er selbst aber davon ausging, die wirtschaftlich Berechtigte sei in Wirklichkeit R.S. L.B. akzeptierte überdies in beiden Fällen ohne weitere Abklärungen BGE 125 IV, 139 (140)Handelsregisterauszüge, die noch vor der Währungsunion DDR/BRD und vor der Wiedervereinigung erstellt worden waren.
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Das Obergericht des Kantons Zürich erklärte L.B. mit Urteil vom 28. August 1997 der mangelnden Sorgfalt bei Finanzgeschäften nach Art. 305ter Abs. 1 StGB schuldig und verurteilte ihn zu einer Busse von Fr. 5'000.--.
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Gegen diesen Entscheid führt L.B. eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde, mit der er beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache zur Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Aus den Erwägungen:
 
2. Die Vorinstanz nimmt für den Kassationshof verbindlich (Art. 277bis Abs. 1 BStP) an, der Beschwerdeführer habe mit Schreiben vom 15. Mai 1991 von P.F., Direktor der damaligen Österreichischen Länderbank AG (nunmehr Z-Länderbank Bank Austria AG), Unterlagen lautend auf die NOVUM Handelsgesellschaft mbH und auf die TRANSCARBON Handelsgesellschaft mbH (nachfolgend: NOVUM bzw. TRANSCARBON) erhalten, namentlich einen von R.S. unterzeichneten Antrag zur Errichtung eines Kontos samt Formular A, eine beglaubigte Kopie des Handelsregisterauszugs beider Gesellschaften sowie eine Kopie der beglaubigten Abschrift der Gesellschafterliste. Der Beschwerdeführer habe nach seinen Ausführungen bei der Eröffnung der Konten keine Abklärungen getroffen, da sämtliche Untersuchungen in Wien gemacht worden seien und die Österreichische Länderbank der BFZ Bankfinanz Zürich, welche zum damaligen Zeitpunkt zu 51% Tochtergesellschaft der Länderbank gewesen sei, die Arbeit insofern abgenommen habe. Der Beschwerdeführer habe ausser mit P.F. keinen Kontakt mit anderen Personen, insbesondere auch nicht mit R.S. gehabt. Nach der Eröffnung der Konten habe der Beschwerdeführer diesen die via die Österreichische Länderbank erfolgten Überweisungen gutgeschrieben. Bereits im Juli 1991 habe R.S. in Wien in Anwesenheit von P.F. und dem Beschwerdeführer die ersten Gelder bar bezogen.
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Die Vorinstanz gelangt zum Schluss, der Beschwerdeführer habe seine Sorgfaltspflichten bei der Entgegennahme fremder Vermögenswerte verletzt, weil er die Konten ohne Abklärungen hinsichtlich des wirtschaftlich Berechtigten eröffnete, obwohl der Kontoeröffnungsantrag auf dem Korrespondenzweg erfolgte und R.S., welche die Eröffnungen namens der TRANSCARBON und der BGE 125 IV, 139 (141)NOVUM beantragte, Wohnsitz im Ausland hatte. Auf dem Formular A seien die beiden Handelsgesellschaften als an den einzubringenden Vermögenswerten berechtigt aufgeführt gewesen, der Beschwerdeführer habe aber als effektiv wirtschaftliche Berechtigte R.S. vermutet. Diese sei zwar P.F., nicht aber dem Beschwerdeführer persönlich bekannt gewesen. Dass R.S. mit der Muttergesellschaft in Wien langjährige Geschäftsbeziehungen gepflegt habe, könne die Tochtergesellschaft nicht ihrer Prüfungspflichten entheben. Zu keinem anderen Ergebnis führe, dass die Aufsichtskommission der Bankiervereinigung mit dem Untersuchungsbeauftragten in den Kontoeröffnungen für die beiden Handelsgesellschaften keinen Verstoss gegen die Sorgfaltspflichtsvereinbarung erblickt habe.
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3. a) Nach Art. 305ter StGB macht sich der mangelnden Sorgfalt bei Finanzgeschäften strafbar, wer berufsmässig fremde Vermögenswerte annimmt, aufbewahrt, anlegen oder übertragen hilft und es unterlässt, mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt die Identität des wirtschaftlich Berechtigten festzustellen. Die Bestimmung wurde zusammen mit dem Tatbestand der Geldwäscherei (Art. 305bis StGB) mit dem Bundesgesetz über Geldwäscherei und mangelnde Sorgfalt bei Geldgeschäften vom 23. März 1990 eingefügt und ist seit 1. August 1990 in Kraft. Sie geht auf das in der Vernehmlassung zur Revision des Vermögensstrafrechts verschiedentlich formulierte Bedürfnis zurück, den Missbrauch des Finanzplatzes Schweiz durch kriminelle Organisationen strafrechtlich zu erfassen. In diesem Sinne sprach sich der Expertenentwurf vom 15. September 1986 zunächst für eine Verfolgung der Geldwäscherei im Rahmen der Rechtspflegedelikte aus. Neben den sogenannt schweren Fällen sollte auch die grobfahrlässige Begehung strafbar sein. Der Gesetzgeber entschied sich schliesslich aufgrund von strafrechtsdogmatischen wie kriminalpolitischen Überlegungen, die fahrlässige Begehung nicht unter Strafe zu stellen, sondern zusätzlich zum Grundtatbestand der Geldwäscherei eine eigene Strafnorm zu schaffen. Unter dem Randtitel der mangelnden Sorgfalt bei Finanzgeschäften erfasst Art. 305ter StGB nunmehr Geschäfte, welche unter Verletzung der Identifikationspflicht abgeschlossen worden sind. Dieser Auffangtatbestand will wie derjenige der Geldwäscherei verhindern, dass Vermögenswerte dem Zugriff der Rechtspflege entzogen werden (Botschaft über die Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches [Gesetzgebung über Geldwäscherei und mangelnde Sorgfalt bei Geldgeschäften] vom 12.6.1989, BBl. 1989 II S. 1080f.; vgl. ferner URSULA CASSANI, Commentaire BGE 125 IV, 139 (142)du droit pénal suisse, Partie spéciale, vol. 9, Art. 305ter N. 2; CHRISTOPH GRABER, Zum Verhältnis der Sorgfaltspflichtsvereinbarung der Banken zu Art. 305ter Abs. 1 StGB, SZW 1995, 162; ferner JÜRG BEAT ACKERMANN, in: Niklaus Schmid (Hrsg.), Einziehung, Organisiertes Verbrechen, Geldwäscherei, Kommentar, Band I, Zürich 1998, Art. 305bis N. 55). Schutzobjekt des Tatbestandes ist somit die Rechtspflege, da durch den Abschluss von Geschäften ohne Identifikation des wirtschaftlich Berechtigten die staatlichen Einziehungsansprüche gefährdet werden (TRECHSEL, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, 2. Aufl. Zürich 1997, Art. 305ter N. 1; ferner ARZT, Zur Rechtsnatur des Art. 305ter, SJZ 86/1990, S. 190).
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Die Pflicht zur Identifikation des wirtschaftlich Berechtigten bzw. die Pflicht, von der Vertragspartei eine schriftliche Erklärung über den wirtschaftlich Berechtigten einzuholen, wird auch in Art. 1 lit. a sowie Art. 3 Ziff. 18 ff. der Vereinbarung über die Standesregeln zur Sorgfaltspflicht der Banken (VSB 1987 und 1992; bzw. Ziff. 22 ff. VSB 1998) erhoben. Die Zuwiderhandlung wird mit Konventionalstrafe an die Bankiervereinigung bedroht (Art. 11 VSB). Dieselbe Pflicht statuiert nunmehr auch Art. 4 Abs. 1 des Bundesgesetzes zur Bekämpfung der Geldwäscherei im Finanzsektor (Geldwäschereigesetz, GwG; s. auch Empfehlung 11 der FATF [Financial Action Task Force on Money Laundering] vom 7.2.1990; in: BERTI/GRABER, Das Schweizerische Geldwäschereigesetz, Anhang 10; Art. 3 Abs. 5 der Geldwäscherei-Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 10.6.1991, in: BERTI/GRABER, a.a.O., Anhang 9; sowie Ziff. 7 der Geldwäscherei-Richtlinie der Eidgenössischen Bankenkommission vom 18.12.1991, in: MARK PIETH [Hrsg.], Bekämpfung der Geldwäscherei, Basel 1992, S. 213 ff.).
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b) Der Tatbestand von Art. 305ter StGB ist ein abstraktes Gefährdungsdelikt. Die verbotene Handlung liegt in der Vornahme von Geldgeschäften ohne Identifikation des wirtschaftlich Berechtigten trotz besonderer Anhaltspunkte für die Nichtidentität zwischen Vertragspartner und wirtschaftlich Berechtigtem. Dabei genügt die Verletzung der Identifikationspflicht für sich allein. Ob die Vermögenswerte durch den wirtschaftlich Berechtigten allenfalls in strafrechtlich relevanter Weise erworben wurden, ist demnach ohne Bedeutung (Botschaft, BBl. 1989 II S. 1087; ferner statt vieler CASSANI, a.a.O., Art. 305ter N. 2 mit Hinweisen; ARZT, a.a.O., S. 190/192). Art. 305ter Abs. 1 StGB ist ein Begehungsdelikt. Der Schwerpunkt des Tatbestandes liegt bei den Tätigkeiten des BGE 125 IV, 139 (143)Geschäftsabschlusses, deren berufsmässige Vornahme den Handelnden als Täter qualifizieren, wenn er dabei unterlässt, mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt die Identität des wirtschaftlich Berechtigten festzustellen (so STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Bes. Teil II, 4. Aufl. Bern 1995, § 54 N. 52; ebenso TRECHSEL, a.a.O., Art. 305ter N. 6; CASSANI, a.a.O., Art. 305ter N. 11 mit weiteren Hinweisen; a.M. Botschaft, BBl. 1989 II S. 1089; MARLÈNE KISTLER, La vigilance requise en matière d'opérations financières, Diss. Lausanne 1994, S. 168; CHRISTOPH GRABER, Geldwäscherei, Diss. Bern 1990, S. 186). Durch Unterlassen wird der Tatbestand von Art. 305ter StGB erfüllt, wenn dem Täter eine Garantenstellung zukommt (vgl. hiezu Werner de Capitani, Zum Identifikationsverfahren bei Kontoeröffnungen aus dem Ausland, SJZ 89/1993, S. 23/24).
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c) Gegenstand der in Art. 305ter Abs. 1 StGB statuierten Sorgfaltspflicht ist die Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten. Der Begriff des wirtschaftlich Berechtigten ist Art. 3 der Vereinbarung über die Standesregeln zur Sorgfaltspflicht der Banken (VSB) entnommen. Danach ist für die Zuordnung der Vermögenswerte auf wirtschaftliche Gesichtspunkte abzustellen und sind formaljuristische Konstruktionen ohne Bedeutung; wirtschaftlich berechtigt ist somit derjenige, der über die Vermögenswerte faktisch bestimmen kann, dem sie mithin aus wirtschaftlicher Sicht gehören (CASSANI, a.a.O., Art. 305ter N. 16; TRECHSEL, a.a.O., Art. 305ter N. 9). Ist dem Sorgfaltspflichtigen die Identität des «wahren Geschäftspartners» (Botschaft, BBl. 1989 II S. 1089) bekannt, so scheidet eine Strafbarkeit nach Art. 305ter Abs. 1 StGB aus, selbst wenn sich nachträglich etwa die deliktische Herkunft des Vermögens herausstellen sollte. Prüft der Pflichtige sie trotz entsprechender Anhaltspunkte nicht, so macht er sich auch dann nach Art. 305ter StGB strafbar, wenn sich kein Grund ergeben sollte, an der unverfänglichen Herkunft der Vermögenswerte zu zweifeln (so STRATENWERTH, a.a.O., § 54 N. 53; GRABER, SZW 1995, S. 165).
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Das Mass der gebotenen Sorgfalt bei der Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten richtet sich nach den konkreten Umständen. Nach der Botschaft trägt diese Umschreibung den Besonderheiten der einzelnen Berufe Rechnung und liegt darin ganz allgemein eine gesetzliche Verweisung auf das Verhältnismässigkeitsprinzip. Damit soll die Grenze der zumutbaren Abklärungen markiert werden. Nach den Worten der Botschaft lässt die gesetzliche Regelung Platz für die VSB und begünstigt die Ausarbeitung von Standesregeln BGE 125 IV, 139 (144)für den Nicht-Bankensektor. Die Botschaft nimmt überdies an, es werde «der Rechtsprechung angesichts der praktischen Natur des Gebots nicht schwerfallen, entsprechende Prinzipien zu entwickeln» (Botschaft, BBl. 1989 II S. 1089 f.).
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d) Die Pflicht zur Feststellung der Identität des wirtschaftlich Berechtigten gilt nach der Sorgfaltspflichtsvereinbarung der Banken nur mit der Einschränkung, dass im Anschluss an die Identifikation des Vertragspartners Zweifel entstehen (Art. 1 lit. a, Art. 3 VSB 1987 und 1992). Grundsätzlich besteht die Vermutung, dass Vertragspartner und wirtschaftlich Berechtigter übereinstimmen. Diese Vermutung wird jedoch umgestossen, wenn ungewöhnliche Feststellungen gemacht werden (Art. 3 Ziff. 18 VSB 1987 und VSB 1992; ebenso VSB 1998 Art. 3 Ziff. 22). Zwar verweist die Botschaft hinsichtlich der Anforderungen an die Überprüfung der Identität auf die Vorbildfunktion der VSB (Botschaft, BBl. 1989 II S. 1089) und sollen die nunmehr im Geldwäschereigesetz eingeführten Sorgfaltspflichten der Finanzintermediäre nach den Worten der Botschaft den Massstab für die nach Art. 305ter Abs. 1 StGB im Rahmen von Finanzgeschäften zu beachtende Sorgfalt bilden (Botschaft zum Bundesgesetz zur Bekämpfung der Geldwäscherei im Finanzsektor vom 17.6.1996, BBl. 1996 III S. 1116, vgl. auch S. 1125 und 1155 f.). Dies kann nun freilich nicht bedeuten, dass das von der Strafnorm geforderte Mass der Sorgfalt bei der Entgegennahme von Vermögenswerten gleichsam in den diesbezüglichen Regeln der VSB aufgeht. Bei den VSB handelt es sich um Standesregeln, welche von der Schweizerischen Bankiervereinigung abgefasst werden und denen sich die unterzeichnenden Banken unterwerfen. Sie sind ein Instrument der ethischen Selbstregulierung (DE CAPITANI, SJZ 89/1993, S. 21) und dienen in erster Linie der Wahrung des Ansehens des Berufsstandes (Art. 1 VSB) und somit den Interessen der Banken, schützen aber auch im Sinne eines Selbstschutzes vor unklaren Situationen, die Schadenersatzforderungen auslösen könnten (WERNER DE CAPITANI, Praktische Auswirkungen der neuen Vorschriften über die Geldwäscherei [Art. 305bis und 305ter] auf die Banken, in: Geldwäscherei und Sorgfaltspflicht, Schriftenreihe SAV/8, Zürich 1991, S. 94). Dass sie überdies für sich in Anspruch nehmen, «den Begriff der 'nach den Umständen gebotenen Sorgfalt' bei der Entgegennahme von Vermögenswerten (Art. 305ter StGB) zu konkretisieren», bindet den Strafrichter - bei aller Anerkennung selbstregulierender Anstrengungen - nicht (vgl. auch BGE 111 Ib 126 zum Verhältnis von VSB und Art. 3 Abs. 2 BGE 125 IV, 139 (145)lit. c des Bankengesetzes). Aus dem allfälligen Verstoss einer Bank gegen die Identifikationspflichten der VSB kann daher ebenso wenig auf die Erfüllung des Tatbestands von Art. 305ter Abs. 1 StGB des einzelnen Mitarbeiters oder Organs geschlossen werden, wie umgekehrt nicht ausgeschlossen ist, dass eine Verletzung der Strafbestimmung in einem Fall vorliegt, bei dem die Aufsichtsbehörde keine Verletzung der VSB feststellt (GRABER, SZW 1995, S. 163/164, insb. FN 27). Der Grund hiefür liegt im unterschiedlichen Anwendungsbereich beider Regelungen. Die Aufsichtskommission der Bankiervereinigung ahndet unabhängig vom Verschulden des Einzelnen vorwiegend formelle Verstösse der Bank gegen die betreffenden Anordnungen. Sie sanktioniert mithin nicht die mangelhafte Identifikation des wirtschaftlich Berechtigten, sondern Mängel im Identifikationsverfahren (GRABER, SZW 1995, S. 165; vgl. auch ARZT, a.a.O., S. 191 f.; CHRISTINE EGGER TANNER, Die strafrechtliche Erfassung der Geldwäscherei, Diss. Zürich 1999, S. 278). Die VSB rückt somit den standardisierten Ablauf im Tagesgeschäft der Bank in den Vordergrund. Bei Art. 305ter Abs. 1 StGB prüft der Strafrichter demgegenüber, ob die verantwortlichen Mitarbeiter oder Organe der Bank den Vertragspartner mit der nach den jeweiligen Umständen angebrachten Sorgfalt richtig identifiziert haben. Dazu kann, muss aber nicht zwingend die Einhaltung der VSB gehören. Überdies werden nach Art. 305ter Abs. 1 StGB, unabhängig von der jeweiligen Bezeichnung, nur teilweise die selben Geschäftsvorgänge beurteilt wie nach der VSB. So werden strafrechtlich ganz allgemein die Annahme, Aufbewahrung, Anlegung und Übertragung von Vermögenswerten erfasst. Aufsichtsrechtlich beurteilt werden demgegenüber konkrete Bankoperationen, welche zudem bei der Identifikation des Vertragspartners und der Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten nicht die selben sind. Zu beachten ist schliesslich, dass die Standesregeln recht kurzlebig sind (DE CAPITANI, SJZ 89/1993, S. 21 f.) und es wohl kaum in der Absicht des Gesetzgebers gelegen hat, die Auslegung von Art. 305ter StGB an die periodischen Anpassungen der VSB zu binden. Den VSB kommt daher insgesamt lediglich die Funktion einer Auslegungshilfe zu (vgl. EGGER TANNER, a.a.O., S. 278).
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4. Im zu beurteilenden Fall ging der Beschwerdeführer nach der damals gültigen Sorgfaltspflichtsvereinbarung des Jahres 1987 vor, indem er die Identität der Vertragspartner NOVUM und TRANSCARBON anhand der beigelegten Handelsregisterauszüge überprüfte (Art. 2 Ziff. 14 VSB 1987). Dabei stellte er fest, dass als BGE 125 IV, 139 (146)einzelzeichnungsberechtigte Geschäftsführerin jeweils R.S. aufgeführt und diese zur Kontoeröffnung befugt war. Ob die beiden - ohnehin nicht besonders aussagekräftigen - ca. ein Jahr alten Handelsregisterauszüge geeignet waren, die Identität der Vertragspartner festzustellen, kann hier im Lichte der nachfolgenden Ausführungen offen bleiben. Dem Beschwerdeführer standen im Weiteren in beiden Fällen die Formulare A zur Verfügung, aus welchen die NOVUM bzw. die TRANSCARBON als wirtschaftlich Berechtigte hervorgingen. Damit ist der Beschwerdeführer hier zumindest formell nach den Bestimmungen der damals für ihn verbindlichen VSB verfahren. Zusätzliche Abklärungen wären nach der Sorgfaltspflichtsvereinbarung nur bei ernsthaften Zweifeln an der Richtigkeit der schriftlichen Erklärung des Kunden erforderlich gewesen (Art. 3 Ziff. 20 VSB 1987, vgl. auch Art. 1 lit. a VSB 1987), was hier nicht weiter zu prüfen ist. Denn Art. 305ter StGB und die VSB unterscheiden sich unter anderem wesentlich dadurch, dass die Strafnorm eine Überprüfung des wirtschaftlich Berechtigten in jedem Fall verlangt und sich nicht grundsätzlich mit der Identifikation des Vertragspartners begnügt und bloss im Zweifelsfall das Formular A bzw. entsprechende Abklärungen verlangt.
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Dem Beschwerdeführer war bekannt, dass R.S. eine langjährige Kundin der damaligen Österreichischen Länderbank in Wien war. Die Geschäftsverbindung zur BFZ in Zürich kam durch Vermittlung des Direktors der Länderbank, P.F., zu Stande. Ein direkter Kontakt zu R.S. bestand zumindest im Zeitpunkt der Kontoeröffnungen nicht; der Beschwerdeführer erhielt sämtliche Unterlagen und Informationen von P.F. Er wusste auch, dass es sich bei den Handelsgesellschaften NOVUM und TRANSCARBON um Gesellschaften mit Sitz in der DDR handelte und dass der verstorbene Ehegatte von R.S. Mitglied der Kommunistischen Partei Österreichs gewesen war. In diesem Zusammenhang versicherte ihm P.F., dass R.S. über die Werte der beiden Gesellschaften verfügen dürfe. Der Beschwerdeführer nahm daher keine eigenen Nachforschungen vor, sondern verliess sich auf die aus Wien erhaltenen Informationen. Gestützt auf die Gesellschafterliste, auf welcher einzig der Name von R.S. aufgeführt war, nahm der Beschwerdeführer an, die beiden Gesellschaften NOVUM und TRANSCARBON gehörten der Geschäftsführerin und Gesellschafterin. Als wirtschaftlich Berechtigte waren auf den beiden Formularen A die NOVUM und TRANSCARBON aufgeführt. Der Beschwerdeführer vermutete indes nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz, dass die fraglichen Vermögenswerte BGE 125 IV, 139 (147)in Wahrheit nicht den beiden Handelsgesellschaften gehörten, sondern dass wirtschaftlich Berechtigte daran R.S. war. Wer tatsächlich hinter den Gesellschaften stand, wusste er nicht. Trotz dieser Ungereimtheiten klärte der Beschwerdeführer diese Frage nicht weiter ab, sondern gab sich mit den von P.F. gelieferten Erklärungen zufrieden. Damit hat er die Identität des wirtschaftlich Berechtigten nicht festgestellt und seine Sorgfaltspflicht verletzt. Dass er R.S. als Berechtigte vermutete, genügt, wie die Vorinstanz zu Recht erkannt hat, für eine Identifizierung jedenfalls nicht.
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Nicht zu entlasten vermag den Beschwerdeführer, dass er - wenn auch nicht rechtlich abhängig - so doch wirtschaftlich auf das Mutterhaus in Wien angewiesen war. Es mag zutreffen, dass insbesondere bei Kontoeröffnungen auf dem Korrespondenzweg zuweilen eine Nachfrage durch kompetente Leute vor Ort unerlässlich ist, um den Prüfungspflichten zu genügen. Ein solches Vorgehen kann aber nicht zu einer eigentlichen Delegation der strafrechtlichen Verantwortung führen. Dies wäre mit Art. 305ter StGB nicht zu vereinbaren, welcher nur diejenige Person, die den jeweiligen Geschäftsabschluss vornimmt, zur Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten verpflichtet (a.M. DE CAPITANI, SJZ 89/1993, S. 22 ff.; KISTLER, a.a.O., S. 211 ff., 216). Eine eigentliche Delegation der Prüfungspflicht ist im vorliegenden Fall im Übrigen gar nicht erfolgt. Der Beschwerdeführer hätte somit selbst die Informationen über die NOVUM und die TRANSCARBON prüfen, und nötigenfalls mit aus eigenen Recherchen und allenfalls einer persönlichen Kontaktnahme gewonnenen Erkenntnissen ergänzen und zur Grundlage der Feststellung machen müssen, wer an den Vermögenswerten wirtschaftlich berechtigt sei. Auf die informellen Angaben von P.F. durfte er sich nicht blindlings verlassen.
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Mit dieser Vorgehensweise nahm der Beschwerdeführer trotz seiner Zweifel hinsichtlich der Identität des wirtschaftlich Berechtigten in Kauf, den ihm obliegenden Sorgfaltspflichten zuwiderzuhandeln. Trifft der Täter die Massnahmen zur Klärung der Identität, die ein sorgfältiger Bankier aufgrund der konkreten Umstände getroffen hätte, nicht, darf nach der Fassung des Tatbestandes auf Vorsatz geschlossen werden (ARZT, a.a.O., S. 192; KISTLER, a.a.O., S. 221 f.; EGGER TANNER, a.a.O., S. 285). Der Schuldspruch der Vorinstanz ist daher nicht zu beanstanden. Im Übrigen betrifft die Frage, was der Täter wusste, wollte und in Kauf nahm, sogenannte innere Tatsachen, die als Tatfrage nur im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde aufgeworfen werden kann, im Rahmen der eidgenössischen BGE 125 IV, 139 (148)Nichtigkeitsbeschwerde als tatsächliche Feststellung für das Bundesgericht hingegen verbindlich ist (Art. 273 Abs. 1 lit. b und Art. 277bis Abs. 1 BStP).
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Insgesamt verletzt das angefochtene Urteil kein Bundesrecht und erweist sich die Beschwerde als unbegründet.
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