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Informationen zum Dokument  BGE 124 IV 127  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die Vorinstanz stellte für den Kassationshof verbindlich  ...
2. a) Die Beschwerde richtet sich ausschliesslich gegen den Schul ...
3. a) Gemäss Art. 286 StGB wird mit Gefängnis bis zu ei ...
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23. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 30. April 1998 i.S. H. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)
 
 
Regeste
 
Art. 286 StGB und 305 Abs. 1 StGB; Hinderung einer Amtshandlung; Selbstbegünstigung.  
 
Sachverhalt
 
BGE 124 IV, 127 (127)Das Obergericht des Kantons Zürich erklärte H. mit Urteil vom 8. November 1996 in zweiter Instanz der einfachen Körperverletzung, der Hinderung einer Amtshandlung sowie der groben Verletzung von Verkehrsregeln schuldig und verurteilte ihn zu einer Strafe von 30 Tagen Gefängnis, mit bedingtem Strafvollzug unter Ansetzung einer Probezeit von 3 Jahren, sowie zu einer Busse von Fr. 2'000.--. Ferner verpflichtete ihn das Obergericht zur Zahlung einer Genugtuung von Fr. 1'000.-- an die Geschädigte. Deren Schadenersatzbegehren verwies es auf den Zivilweg.
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Gegen diesen Entscheid führt H. eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, es sei das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Mit Beschluss vom 24. Oktober 1997 wies das Kassationsgericht des Kantons Zürich eine von H. erhobene kantonale Nichtigkeitsbeschwerde ab.
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Mit Entscheid vom heutigen Datum hat der Kassationshof eine in derselben Sache eingereichte staatsrechtliche Beschwerde abgewiesen, soweit er darauf eintrat.
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BGE 124 IV, 127 (128)Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
1. Die Vorinstanz stellte für den Kassationshof verbindlich (Art. 277bis Abs. 1 BStP) und ohne Willkür fest, der Beschwerdeführer habe am 4. August 1992 den Personenwagen der Geschädigten überholt, sei unmittelbar vor deren Fahrzeug rechts eingebogen und habe grundlos einen Vollstopp gerissen, so dass die Geschädigte ihren Wagen mittels Vollbremsung habe anhalten müssen, um eine Kollision zu vermeiden. In der Folge habe der Beschwerdeführer die in ihrem Wagen sitzende Geschädigte heftig beschimpft und ihr mit der geballten Faust ins Gesicht geschlagen, was zu diversen Verletzungen geführt habe. Der Polizist W., der den Vorfall aus einer Entfernung von ca. 7-8 m beobachtet hatte, habe den Beschwerdeführer mit lauter Stimme und unter Vorzeigen seines Polizeiausweises zur Vorlegung seiner Ausweispapiere aufgefordert. Dieser habe sich aber in seinem Wagen eingeschlossen und sei davongefahren.
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Im einzelnen rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung der Art. 1, 286 sowie 305 StGB. Er macht geltend, das blosse Nichtvorzeigen des Ausweises und das Davonfahren, d.h. das Nichtbeachten von Strafverfolgungsanordnungen, stelle eine reine Selbstbegünstigung dar, die nur dann eine Sanktion gemäss Strafgesetzbuch nach sich ziehen dürfe, wenn - wie etwa bei der Vereitelung einer amtlich angeordneten Blutprobe - das Gesetz explizit als lex specialis eine besondere positive Mitwirkungspflicht enthalte. Dies sei bei der blossen Aufforderung, einen Ausweis vorzuweisen, um damit die Einleitung der Strafverfolgung wegen einer Handgreiflichkeit zu ermöglichen, nicht der Fall. Unter Berufung auf eine Lehrmeinung Stratenwerths wendet er sich gegen die Rechtsprechung des Bundesgerichts, wonach zwar die Selbstbegünstigung als solche straflos bleibe, nicht aber ein allfälliges weiteres mit ihr verbundenes Delikt. Diese Einschränkung sei formal und unbehelflich, zumal die Begünstigung praktisch immer in der Behinderung von Amtshandlungen, nämlich solchen, die der Strafverfolgung oder dem Straf- oder Massnahmenvollzug dienten, bestehe. Aus der Straflosigkeit der Selbstbegünstigung ergebe sich mithin, dass die Hinderung einer Amtshandlung, die eine blosse Selbstbegünstigung darstelle, nicht strafbar sei. Eine andere Auffassung verletze auch Art. 1 StGB, da BGE 124 IV, 127 (129)sich die Rechtsadressaten darauf verlassen dürften, dass das Strafgesetzbuch widerspruchsfrei angewendet werde und eine Handlung, die gemäss Art. 305 StGB straflos sei, nicht nach Art. 286 StGB mit einer strafrechtlichen Sanktion geahndet werde.
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b) Die Vorinstanz verweist für die rechtliche Würdigung der für das Bundesgericht verbindlichen tatsächlichen Feststellungen (Art. 277bis Abs. 1 BStP) vorab auf die Erwägungen des Einzelrichters in Strafsachen des Bezirksgerichts Affoltern. Hinsichtlich der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Hinderung einer Amtshandlung verneinte sie einen Sachverhaltsirrtum sowie eine notstandsähnliche Situation und führte aus, das Obergericht habe bereits im Jahre 1974 und in einem nichtveröffentlichten Beschluss vom 30. April 1990 erkannt, dass sich der Hinderung einer Amtshandlung auch schuldig mache, wer als Fahrzeuglenker einem Polizeibeamten das Vorweisen des Führer- oder Fahrzeugausweises verweigere und davonfahre. Obwohl Selbstbegünstigung als solche straflos bleibe, lasse die Kontrollfunktion der Polizei in Anbetracht der Gefahren im Strassenverkehr, namentlich auch im Hinblick auf die Aufdeckung von Autodiebstählen etc., die Ausweiskontrolle als unausweichlich erscheinen. Diese erweise sich deshalb als wesentliche Begleithandlung für den Vollzug einer amtlichen Aufgabe und falle daher unter den Begriff der Amtshandlung im Sinne von Art. 286 StGB. Der ebenfalls den Strassenverkehr betreffenden Straftatbestand der Vereitelung der Blutprobe im Sinne von Art. 91 Abs. 3 des Bundesgesetzes über den Strassenverkehr (SVG; SR 741.01) lasse überdies erkennen, dass auch der Gesetzgeber die Selbstbegünstigung nicht konsequent für straflos erkläre.
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3. a) Gemäss Art. 286 StGB wird mit Gefängnis bis zu einem Monat oder mit Busse bestraft, wer eine Behörde, ein Mitglied einer Behörde oder einen Beamten an einer Handlung hindert, die innerhalb ihrer Amtsbefugnisse liegt. Der Tatbestand der Hinderung einer Amtshandlung ist ein Erfolgsdelikt. Dabei ist nicht erforderlich, dass der Täter die Handlung einer Amtsperson überhaupt verunmöglicht; es genügt, dass er deren Ausführung erschwert, verzögert oder behindert. Nicht nach Art. 286 StGB strafbar ist indes, wer den mit der Amtshandlung angestrebten Erfolg vereitelt, ohne dieselbe als solche zu behindern. Die Bestimmung unterscheidet sich von Art. 285 StGB dadurch, dass der Täter weder Drohungen ausstösst noch Gewalt anwendet. Die Abgrenzung gegenüber dem Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen im Sinne von Art. 292 StGB erfolgt dadurch, dass eine blosse Unfolgsamkeit nicht genügt. Die Hinderung BGE 124 IV, 127 (130)einer Amtshandlung erfordert vielmehr eine Widersetzlichkeit, die sich in gewissem Umfang in einem aktiven Tun ausdrückt. Wer die Amtshandlung weder gewaltsam noch durch Drohung behindert, sondern sich bloss darauf beschränkt, einer amtlichen Aufforderung nicht Folge zu leisten oder am Ort der Ausführung gegen die Art der Amtshandlung Einsprache zu erheben, ohne tatsächlich in diese einzugreifen, erfüllt den Tatbestand nicht (BGE 120 IV 136 E. 2a mit zahlreichen Hinweisen).
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b) Der Beschwerdeführer anerkennt, dass sein Verhalten grundsätzlich den Tatbestand von Art. 286 StGB objektiv und subjektiv erfüllt. Er macht indessen geltend, der Schuldspruch wegen Hinderung einer Amtshandlung verletze Bundesrecht, weil sich aus Art. 305 StGB e contrario ergebe, dass die Begünstigung der eigenen Person nicht strafbar sei.
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aa) Nach Art. 305 Abs. 1 StGB wird mit Gefängnis bestraft, wer jemanden der Strafverfolgung, dem Strafvollzug oder einer im Gesetz vorgesehenen Massnahme entzieht. Aus dem Wortlaut der Bestimmung ergibt sich, dass der Täter einen andern als sich selbst begünstigen muss. Nach unbestrittener Auffassung von Lehre und Rechtsprechung bleibt daher die Selbstbegünstigung als solche straflos. Ist allerdings mit der Selbstbegünstigung ein allfälliges weiteres Delikt verbunden, so bleibt dieses nach der Rechtsprechung strafbar (BGE 118 IV 254 E. 5 S. 260; 115 IV 230 E. 1 je mit Hinweisen).
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bb) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zur Frage der Selbstbegünstigung im Zusammenhang mit der Hinderung einer Amtshandlung bildet der Umstand, dass der Täter, welcher sich durch Flucht einer Strafverfolgung zu entziehen versucht, sich selbst begünstigt, unter dem Gesichtspunkt des Art. 286 StGB keinen Grund für Straffreiheit. Zwar trifft zu, dass derjenige, der sich der Strafverfolgung oder dem Vollzug einer Strafe entzieht, nicht nach Art. 305 StGB bestraft wird. Das bedeutet indes nicht, dass er in jedem Fall in den Genuss der Straffreiheit kommt. Denn seine Handlung kann zusätzlich einen anderen Straftatbestand erfüllen, was insbesondere dann der Fall ist, wenn die Flucht - vom Flüchtigen beabsichtigt - bewirkt, dass ein Beamter an der Vornahme einer ihm obliegenden Amtshandlung gehindert wird. So macht sich etwa der Verurteilte nach Art. 286 StGB strafbar, welcher, um dem mit seiner Überführung ins Gefängnis betrauten Polizeibeamten zu entkommen, die Flucht ergreift und jenen derart an der Erfüllung seines Auftrages hindert. Die Gründe, die in einem solchen Fall der Anwendung von Art. 305 StGB entgegenstehen, gelten im Hinblick BGE 124 IV, 127 (131)auf Art. 286 StGB nicht (BGE 85 IV 142 E. 2; BGE 120 IV 136 E. 2a a.E.).
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cc) Diese Rechtsprechung ist in der Literatur mehrheitlich auf Ablehnung gestossen. So meint etwa schon Schwander, die blosse Flucht des Strafverfolgten könne nicht geahndet werden, auch wenn dadurch die Verhaftung erschwert werde; denn Selbstbegünstigung sei straffrei (SCHWANDER, Das schweizerische Strafgesetzbuch, 2. Aufl., Zürich 1964, S. 489 N. 745). STRATENWERTH führt aus, dass die Begünstigung praktisch immer in der Behinderung von Amtshandlungen bestehe, nämlich solchen, die der Strafverfolgung oder dem Straf- oder Massnahmenvollzug dienten. Wenn die Selbstbegünstigung straflos sein solle, dürfe Art. 286 StGB folglich auf die Erschwerung von derartigen Amtshandlungen, wie der Zuführung zum Strafvollzug oder der Durchsuchung eines Autos auf Deliktsspuren, durch den Betroffenen gerade keine Anwendung finden (STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Bes. Teil II, 4. Aufl., Bern 1995, § 49 N. 12; vgl. auch TRECHSEL, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, 2. Aufl., Zürich 1997, N. 6 zu Art. 286 StGB, der die Rechtsprechung als zirkelschlüssig bezeichnet). Mit derselben Begründung wird die Rechtsprechung (entgegen der Auffassung von CORBOZ, Les principales infractions, S. 348 N. 16) schliesslich auch von Rehberg kritisiert (REHBERG, Strafrecht IV, 2. Aufl., Zürich 1996, S. 357 letzter Satz und 358 oben).
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LOGOZ (Commentaire du Code pénal Suisse, partie spéciale II, S. 718 N. 3c) - auf den sich BGE 85 IV 142 E. 2 beruft -, HAFTER (Schweizerisches Strafrecht, Bes. Teil, 2. Hälfte S. 711 und 784 ff.) und THORMANN/VON OVERBECK (Das Schweizerische Strafgesetzbuch, Band II S. 407 und 432 ff.) äussern sich nicht ausdrücklich zur Frage der Selbstbegünstigung im Rahmen der Hinderung einer Amtshandlung. Demgegenüber referiert CASSANI (Commentaire du droit pénal suisse, partie spéciale, Bd. 9, Art. 305 N. 24) lediglich die Rechtsprechung des Bundesgerichts (vgl. auch SCHUBARTH, Geldwäscherei - Neuland für das traditionelle kontinentale Strafrechtsdenken, in: Festschrift für Günter Bemmann, S. 435, nach welchem ein konsensfähiges Selbstbegünstigungsprinzip bisher nicht entwickelt wurde).
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dd) An der Rechtsprechung gemäss BGE 85 IV 142 ist trotz der in der Lehre vorgebrachten Kritik festzuhalten. Ob die Begünstigung tatsächlich praktisch immer mit der Hinderung einer Amtshandlung einhergeht, die bei einer einfachen Selbstbegünstigung nicht bestraft werden könne, erscheint als fraglich. So sind etwa der Ausbruch aus BGE 124 IV, 127 (132)der Untersuchungshaft oder die Flucht ins Ausland, bevor die Polizei zur Verhaftung geschritten ist, Fälle reiner Selbstbegünstigung, mit welcher als solche keine konkrete amtliche Handlung behindert wird (vgl. ANDREAS HAUSWIRTH, Die Selbstbegünstigung im schweizerischen Strafrecht, Diss. Bern 1984, S. 168 ff., 170 mit weiteren Beispielen). Die Strafbarkeit der in Selbstbegünstigung begangenen Widersetzung führt somit nicht zu einem generellen, sondern nur zu einem beschränkten Fluchtverbot, wobei sich die Beschränkung aus der ausnahmslosen Pflicht ergibt, rechtmässige amtliche Anordnungen zu befolgen (ANDREAS HAUSWIRTH, a.a.O., S. 163). Selbst wenn die einfache Selbstbegünstigung regelmässig in der Behinderung von Amtshandlungen bestünde, hätte dies, wie Hauswirth zu Recht ausführt, nicht notwendig zur Folge, dass Selbstbegünstigung stets straflos bliebe. Ob das Widersetzungsverbot für den Selbstbegünstiger nicht gilt oder ob die Straflosigkeit der Selbstbegünstigung ihre Grenze am Tatbestand des Art. 286 StGB findet, ist vielmehr eine Frage wertender Abwägung (ANDREAS HAUSWIRTH, a.a.O., S. 163). Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach der Systematik des Strafgesetzbuches die beiden Tatbestände der Hinderung einer Amtshandlung und der Begünstigung verschiedene Rechtsgüter schützen, nämlich Art. 286 StGB den Schutz der öffentlichen Gewalt und Art. 305 StGB den Schutz der Strafrechtspflege (HAUSWIRTH, a.a.O., S. 165/166; a.M. TRECHSEL, a.a.O., Art. 286 N. 6). Art. 286 StGB stellt daher genauso ein "anderes Delikt" dar wie etwa die Anstiftung einer Drittperson zu falschem Zeugnis, falsche Anschuldigung eines andern oder Irreführung der Rechtspflege. Das blosse Motiv der Selbstbegünstigung stellt aber nach allgemeiner Ansicht keinen Rechtfertigungsgrund für solche und weitere Straftaten dar (vgl. etwa REHBERG, a.a.O., S. 357 sowie TRECHSEL, a.a.O., N. 13 zu Art. 305 StGB). Kann demnach zwischen Begünstigung und Hinderung einer Amtshandlung echte Idealkonkurrenz angenommen werden (vgl. THORMANN/VON OVERBECK, a.a.O., N. 6 zu Art. 305 StGB), folgt daraus, dass die in Selbstbegünstigungsabsicht verübte Widersetzung nicht straffrei bleiben kann. Denn die Begünstigung deckt den Unrechtsgehalt einer Widersetzung nicht ab. Wollte man anders entscheiden, hiesse dies, Art. 305 StGB zu einer Schutznorm des Selbstbegünstigers zu machen. Die Bestimmung von Art. 286 StGB käme so in einer Vielzahl von Fällen nicht zur Anwendung. Die Straflosigkeit der Selbstbegünstigung darf aber nicht als Freibrief verstanden werden, jegliche Art von Amtshandlungen, insbesondere solche von Strafuntersuchungsbehörden, zu erschweren oder gar BGE 124 IV, 127 (133)zu verunmöglichen (vgl. HAUSWIRTH, a.a.O., S. 167). Zu Recht hat die Vorinstanz daher unter Verweisung auf einen Entscheid des Obergerichts des Kantons Zürich aus dem Jahre 1974 (SJZ 70/1974, S. 333 f.) angenommen, die Ausweiskontrolle bilde eine notwendige Vorbereitungshandlung für den Entscheid darüber, ob eine Verzeigung zu erfolgen habe oder nicht. Sie sei deshalb mindestens eine wesentliche Begleithandlung für den Vollzug einer amtlichen Aufgabe und falle damit unter den Begriff der Amtshandlung im Sinne von Art. 285 und 286 StGB. Die klare Verweigerung des Vorzeigens der Ausweise, insbesondere das Wegfahren zur Verunmöglichung der Kontrolle, müsse daher immer nach Art. 286 StGB bestraft werden.
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Unbehelflich ist schliesslich der Hinweis auf den Tatbestand der Vereitelung einer Blutprobe. Mit der Schaffung von Art. 91 Abs. 3 SVG, der als lex specialis der Anwendung von Art. 286 StGB vorgeht, wollte der Gesetzgeber die Vorschrift betreffend Hinderung einer Amtshandlung nicht ausser Kraft setzen. Aus dem Umstand, dass das Gesetz mit dieser Bestimmung explizit eine besondere positive Mitwirkungspflicht statuiert, lässt sich für den Tatbestand der Hinderung einer Amtshandlung nichts ableiten. Im übrigen ist Art. 91 Abs. 3 SVG strenger gefasst als Art. 286 StGB und macht sich nach dieser Bestimmung bereits derjenige Fahrzeuglenker strafbar, welcher sich der Anordnung einer Blutprobe entzieht, mit der er nach den Umständen des Falles rechnete oder mit hoher Wahrscheinlichkeit rechnen musste, während Art. 286 StGB erst mit Eintritt der Störung, also mit der Erschwerung des reibungslosen Vollzugs der Amtshandlung, zum Tragen kommt. Wer somit die Flucht ergreift, bevor er durch die Polizei aufgefordert wurde, sich auszuweisen, begeht keinen Verstoss gegen Art. 286 StGB.
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Die Beschwerde erweist sich als unbegründet.
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