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Informationen zum Dokument  BGE 111 IV 28  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
4. Der einzige Einwand, der rechtlicher Natur und daher in diesem ...
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7. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 11. Januar 1985 i.S. L. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)
 
 
Regeste
 
Art. 19 Ziff. 1 Abs. 7 BetmG. Begriff der "Finanzierung".  
 
Sachverhalt
 
BGE 111 IV, 28 (29)A.- L. und B., die sich seit längerer Zeit als Dienstkameraden kannten, absolvierten im Jahre 1980 gemeinsam den WK. Während dieses Dienstes sprach B. einerseits von finanziellen Schwierigkeiten, anderseits aber auch von vielseitigen geschäftlichen Möglichkeiten, die er in absehbarer Zeit zu realisieren gedachte. Es soll von einem Grundstück, von einer Alleinvertretung für Wohnungseinrichtungsgegenstände, von Medikamenten und Edelsteinen, aber auch von Kokain die Rede gewesen sein. B. äusserte die Absicht, das Kokain im Ausland zu holen, und zwar im Bereich zwischen Nord- und Südamerika. Am 19./20. Juni 1980 schloss L. mit B. einen Darlehensvertrag ab, worin B. für ein Darlehen von Fr. 50'000.-- quittierte, rückzahlbar Ende Juli 1980. B. erhielt effektiv von L. einen nicht mehr genau bezifferbaren Betrag von Fr. 30'000.-- bis höchstens Fr. 40'000.--, womit der innert rund sechs Wochen zu erzielende Gewinn zwischen Fr. 10'000.-- und Fr. 20'000.-- betragen hätte. Der Darlehensbetrag selber sollte nach den getroffenen Abmachungen durch die Begünstigung in einer Todesfallrisikoversicherung und durch Faustpfandrechte gesichert sein. B. führte zusammen mit zwei Komplizen am 6. Juli 1980 aus Panama via Zürich und Genf ein halbes Kilogramm Kokain in die Schweiz ein; sie verkauften diese Ware an verschiedene Personen, wurden dabei allerdings um den Erlös betrogen. Als teilweise Rückzahlung des Darlehens erhielt L. im Laufe des Jahres 1981 total Fr. 14'500.--.
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B.- Wegen seiner Mitwirkung beim Kokainhandel (Finanzierung) wurde L. vom Obergericht des Kantons Zürich am 14. März 1984 der Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz im Sinne von Art. 19 Ziff. 1 Abs. 7 in Verbindung mit Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG schuldig erklärt und zu einer Strafe von 30 Monaten Gefängnis sowie zu einer Busse von Fr. 15'000.-- verurteilt.
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Die dagegen erhobene eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wies das Bundesgericht ab, soweit es darauf eintrat.
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Aus den Erwägungen:
 
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BGE 111 IV, 28 (30)a) Den unerlaubten Verkehr mit Betäubungsmitteln finanziert, wer die notwendigen finanziellen Mittel für die Beschaffung, den Transport oder den Absatz von Betäubungsmitteln zur Verfügung stellt. Dies wird in der Regel vorsätzlich - in Kenntnis des Verwendungszwecks - oder eventualvorsätzlich - unter Inkaufnahme der als wahrscheinlich erkannten Verwendungsmöglichkeit - erfolgen. Aber auch schon die fahrlässige Begehung vermag gemäss Art. 19 Ziff. 3 BetmG die Strafbarkeit zu begründen.
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b) In der Beschwerdeschrift wird eine Einschränkung des Begriffs der Finanzierung auf jene Fälle postuliert, in welchen der Geldgeber über den Verwendungszweck genau informiert und am Risiko direkt beteiligt ist. Strafbare Finanzierung läge nach dieser These nur vor, wenn der Geldgeber nicht nur finanzielle Mittel zur Verfügung stellt, sondern am finanzierten Unternehmen direkt beteiligt ist.
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Eine solche Einschränkung des Begriffs der Finanzierung lässt sich weder aus dem Wortlaut des Gesetzes noch aus der ratio legis ableiten. Damit würden zudem schwierige Abgrenzungs- und Beweisprobleme geschaffen. Der Gesetzgeber will jedoch - gleich wie alle andern Helfer- und Vorbereitungshandlungen - auch die für den Betäubungsmittelhandel besonders wichtige Bereitstellung oder Vermittlung des notwendigen Geldes durch Art. 19 Ziff. 1 Abs. 7 BetmG strafrechtlich erfassen. Eine Einschränkung des Begriffes "Finanzierung", welche die in Kenntnis des Verwendungszwecks erfolgende blosse Darlehensgewährung von der Strafbarkeit ausschliessen und den Nachweis einer intensiveren Beteiligung ("Teilhaberschaft", Risikotragung) voraussetzen würde, stände im Widerspruch zu Sinn und Zweck des Betäubungsmittelgesetzes. Jeder Geldgeber, der weiss oder zumindest in Kauf nimmt, dass er mit seinem Darlehen, seiner Beteiligung oder seinem Geschenk den Betäubungsmittelhandel ermöglicht, macht sich der vorsätzlichen Widerhandlung im Sinne von Art. 19 Ziff. 1 Abs. 7 BetmG schuldig. Weder kriminalpolitische noch rechtsstaatliche Überlegungen vermögen eine restriktivere Interpretation der bewusst weitgefassten Strafnorm zu rechtfertigen.
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