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Informationen zum Dokument  BGE 89 IV 175  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Die Anklagekammer zieht in Erwägung:
1. Die Anklagekammer hat den interkantonalen Gerichtsstand auf Be ...
2. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich hat in Übe ...
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35. Entscheid der Anklagekammer vom 6. August 1963 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich
 
 
Regeste
 
Art. 351 StGB.  
 
Sachverhalt
 
BGE 89 IV, 175 (175)A.- Die Eheleute Gut in Ebikon stellten am 9./11. April 1963 bei der Bezirksanwaltschaft Zürich gegen den in Zürich wohnenden Cavallasca Strafantrag wegen einer von Zürich aus telephonisch begangenen Drohung.
1
Am 23./25. April 1963 reichte Gut gegen Cavallasca wegen Äusserungen, die dieser teils in Ebikon, teils in Zürich gemacht haben soll, beim Statthalteramt Luzern-Land Strafklage wegen Verleumdung, übler Nachrede oder Beschimpfung ein.
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Mit Schreiben vom 26. April 1963 an die Bezirksanwaltschaft Zürich vertrat das Statthalteramt Luzern-Land die Auffassung, die zürcherischen Behörden seien zuständig, den Beschuldigten auch wegen der Ehrverletzungen zu verfolgen. Die Bezirksanwaltschaft Zürich antwortete am 27. April, nach § 286 zürch. StPO seien Ehrverletzungen auf dem Wege der Privatstrafklage zu verfolgen, weshalb das in Luzern eingeleitete Verfahren nicht mit dem in Zürich hängigen Verfahren wegen Drohung vereinigt werden könne.
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In der Folge wandte sich die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern an die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich. Diese wies in der Antwort vom 11. Mai 1963 auf die Unmöglichkeit der Vereinigung eines Verfahrens wegen Ehrverletzung mit einem Verfahren wegen anderer strafbarer BGE 89 IV, 175 (176)Handlungen hin, weil Ehrverletzungsklagen im Kanton Zürich beim Friedensrichter anhängig zu machen und nachher von einem Bezirksrichter zu behandeln seien, während die andern Strafuntersuchungen von den Bezirksanwälten geführt würden; selbst wenn der Gerichtsstand Zürich für die Verfolgung der Ehrverletzung gegeben wäre, müsste Gut die Ehrverletzungsklage beim Friedensrichter in Zürich unabhängig von seiner wegen Drohung eingereichten Klage anhängig machen.
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Am 14. Mai 1963 zogen die Eheleute Gut den wegen Drohung gestellten Strafantrag zurück. Die Bezirksanwaltschaft Zürich stellte daher am 24. Mai 1963 die Untersuchung ein, und die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich stimmte ihr am 25. Mai 1963 zu.
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B.- Mit Eingabe vom 11. Juli 1963 beantragt die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern der Anklagekammer des Bundesgerichts, die Behörden des Kantons Zürich berechtigt und verpflichtet zu erklären, Cavallasca wegen der Ehrverletzungen zu verfolgen und zu beurteilen.
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C.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich stellt sich in der Vernehmlassung vom 24. Juli 1963 auf den Standpunkt, die Behörden des Kantons Luzern seien zuständig zu erklären. Sie weist auf die Einstellungsverfügung vom 24. Mai 1963 hin und macht geltend, das Verfahren wegen Ehrverletzung hätte aus den bereits erwähnten prozessualen Gründen ohnehin nicht mit dem Verfahren wegen Drohung vereinigt werden können. Übrigens wäre es unzweckmässig, wenn Gut auch noch in Zürich klagen müsste, nachdem er ein Ehrverletzungsverfahren schon in Luzern anhängig gemacht habe.
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Die Anklagekammer zieht in Erwägung:
 
1. Die Anklagekammer hat den interkantonalen Gerichtsstand auf Begehren einer Behörde nur dann zu bestimmen, wenn im Kanton, gegen den sich das Gesuch richtet, die prozessualen Voraussetzungen zur Verfolgung des Beschuldigten erfüllt sind und die Pflicht, das Strafverfahren BGE 89 IV, 175 (177)durchzuführen, daher ausschliesslich vom Entscheid über die Zuständigkeit abhängt. Das trifft dann nicht zu, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Handlung nur auf Antrag zu verfolgen ist und der Verletzte einen solchen im Kanton, gegen den sich das Gesuch richtet, in der vom dort geltenden Prozessrecht vorgeschriebenen Form nicht gestellt hat. Die Beantragung der Strafverfolgung im gesuchstellenden Kanton genügt nicht von Bundesrechts wegen, um auch den anderen Kanton zur Verfolgung zu verpflichten (BGE 73 IV 207und nicht veröffentlichte Entscheide vom 24. September 1943 i.S. Bern c. Zürich, vom 10. Juni 1949 i.S. Bern c. Zürich, vom 10. Juni 1949 i.S. Bern c. St. Gallen und vom 12. November 1952 i.S. Zürich c. St. Gallen). Denn das kantonale, nicht das eidgenössische Recht bestimmt, bei welcher Behörde der Strafantrag zu stellen und in welchem Verfahren ihm Folge zu geben sei (BGE 69 IV 93, 198;BGE 73 IV 207; BGE 86 IV 225).
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2. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich hat in Übereinstimmung mit der Bezirksanwaltschaft Zürich schon im Schreiben vom 11. Mai 1963 darauf hingewiesen, dass Cavallasca im Kanton Zürich wegen Ehrverletzung nur verfolgt werden könnte, wenn Gut gegen ihn beim Friedensrichter in Zürich Klage einreichen würde. In der Vernehmlassung vom 24. Juli 1963 stellt sie sich nebenbei ebenfalls auf diesen Standpunkt. Dass sie in erster Linie auch den Gerichtsstand Zürich bestreitet und ihrerseits einen Entscheid hierüber - im Sinne der Zuständigkeit der Behörden des Kantons Luzern - beantragt, ändert nichts. Es steht der Anklagekammer nicht zu, den Gerichtsstand für den bloss hypothetischen Fall, dass Gut nachträglich auch noch im Kanton Zürich klage, zum voraus zu bestimmen. Vorläufig hat Gut, wie die Gesuchstellerin nicht bestreitet, nur im Kanton Luzern wegen Ehrverletzung geklagt. Daher kann auf das Gesuch nicht eingetreten werden.
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