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Informationen zum Dokument  BGE 100 III 19  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
1. Die VFH macht in erster Linie geltend, die Rekurrentin sei nic ...
2. Nach der allerdings seit längerer Zeit nicht mehr best&au ...
3. Die VFH macht geltend, ein Urteil, das gegenüber einer ni ...
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7. Entscheid vom 21. März 1974 i.S. Tiefkühlvereinigung Bern und Umgebung
 
 
Regeste
 
Verbindlichkeit des Konkursdekretes für die Konkursbehörden, Art. 171 SchKG.  
 
Sachverhalt
 
BGE 100 III, 19 (19)A.- Am 11. Januar 1972 wurde in Bern als Verein im Sinne von Art. 60 ZGB die Tiefkühlvereinigung Bern und Umgebung (im folgenden TKV genannt) gegründet. Die Statuten BGE 100 III, 19 (20)des Vereins enthalten unter anderem folgende Bestimmungen:
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"II. Vereinszweck Art. 2
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Die "Tiefkühlvereinigung Bern und Umgebung" bezweckt die Aufklärung ihrer Mitglieder über die wirtschaftlichen Vorteile der Gefrierkonservierung. Ganz besonders soll darauf geachtet werden, dass möglichst breite Bevölkerungskreise auch schnellverderbliche Nahrungsmittel wie Frischfleisch, Gemüse, Früchte und Fertigmahlzeiten als Notvorrat anlegen.
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Die "Tiefkühlvereinigung Bern und Umgebung" wird ihre Mitglieder ständig über die neuesten Erkenntnisse der Gefrierkonservierung auf dem laufenden halten. Die Mitglieder der "Tiefkühlvereinigung Bern und Umgebung" werden auch über die Haltung der geeigneten Kühlgeräte durch neutrale Fachleute beraten. Es soll insbesondere auch minderbemittelten Mitgliedern ermöglicht werden, eigene Tiefkühlgeräte zu halten.
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III. Mittel Art. 3
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Vereinszweck: Um die in Art. 2 umschriebenen Vereinszwecke besser erfüllen zu können, wird die "Tiefkühlvereinigung Bern und Umgebung" Lebensmittel, die sich nach Sorte und Qualität besonders gut für die Gefrierkonservierung eignen, in grösseren Mengen einkaufen und diese preisgünstig an seine Mitglieder abgeben."
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Die TKV betrieb in der Folge einen bedeutenden Handel mit Fleisch und Fleischprodukten sowie Tiefkühlgeräten. Sie eröffnete vier Metzgereifilialen in Oberwangen, Bern, Lyss und Burgdorf, die von qualifizierten Metzgern geführt wurden. Der monatliche Umsatz dieser Filialen betrug ca. Fr. 80 000.-- bis 100 000.--. Gemäss Art. 20 der Statuten sollte der Verein ins Handelsregister eingetragen werden. Das Handelsregisteramt Bern lehnte es jedoch ab, den Eintrag vorzunehmen. Ende 1972 hatte die TKV ungefähr 700 Mitglieder.
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B.- Am 29. Januar 1973 meldete die TKV beim Konkursrichter Bern den Konkurs an mit der Begründung, es bestehe eine Unterbilanz in der Höhe von ungefähr Fr. 110 000.--. Mit Schreiben vom gleichen Tag machte die Vieh-und Fleischhandels AG (im folgenden als VFH bezeichnet), eine Gläubigerin der TKV, den Konkursrichter darauf aufmerksam, dass die TKV ausschliesslich kommerzielle Zwecke verfolge, dass sie daher als einfache Gesellschaft zu betrachten sei und dass BGE 100 III, 19 (21)demzufolge ein Konkurs über sie nicht in Frage komme. Trotzdem wurde am 31. Januar 1973 in Anwendung von Art. 191 SchKG über die TKV der Konkurs eröffnet.
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Das Konkursamt Bern begann sogleich mit der Durchführung des Konkurses. Es verkaufte die leicht verderblichen Waren (Art. 243 Abs. 2 SchKG), führte die Inventaraufnahme durch, publizierte die Konkurseröffnung, lud auf den 13. März 1973 zur ersten Gläubigerversammlung ein, welche jedoch nicht beschlussfähig war, und liess sich ermächtigen, die übrigen Aktiven sofort zu verwerten, was in der Folge zum Teil auch geschah.
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C.- Mit Eingabe vom 5. April 1973 führte die VFH bei der Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern Beschwerde mit dem Begehren, der gestützt auf das Konkurserkenntnis vom 31. Januar 1973 über die TKV durchgeführte Konkurs sei als nichtig zu erklären. Die Aufsichtsbehörde hiess die Beschwerde mit Entscheid vom 25. April 1973 gut und hob den Konkurs auf.
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D.- Mit dem vorliegenden Rekurs an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts beantragt die TKV, der Entscheid der Aufsichtsbehörde sei aufzuheben und das Konkursamt Bern sei anzuweisen, den Konkurs fortzuführen.
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Die VFH stellt in ihrer Vernehmlassung den Antrag, auf den Rekurs sei nicht einzutreten; eventuell sei er abzuweisen.
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Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
 
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BGE 100 III, 19 (22)2. Nach der allerdings seit längerer Zeit nicht mehr bestätigten Rechtsprechung des Bundesgerichts sind die Konkursbehörden (Konkursbeamter und Aufsichtsbehörde) befugt, ein Konkurserkenntnis auf seine Gesetzmässigkeit zu überprüfen und die Durchführung eines Konkurses abzulehnen, wenn sie es für gesetzwidrig oder doch für offenbar gesetzwidrig halten (BGE 49 III 248 Erw. 3, BGE 45 I 53, BGE 30 I 849 Erw. 2; Entscheid vom 15. Juli 1907 i.S. Levy-Sonneborn, teilweise veröffentlicht in Archiv SchK 1908 S. 6/7 und in Monatsblätter für Betreibungs- und Konkursrecht 1908 S. 109/110; vgl. auch den Entscheid vom 4. Oktober 1907 i.S. Bernasconi, veröffentlicht in Archiv SchK 1908 S. 96/97). Im gleichen Sinne hatte bereits der Bundesrat entschieden, als er noch die Oberaufsicht über das Schuldbetreibungs- und Konkurswesen ausübte (Archiv SchK 1893 S. 4 ff. und S. 39 ff.; vgl. auch JAEGER, N. 4 zu Art. 176 sowie N. 1 und 2 zu Art. 221 SchKG; BLUMENSTEIN, Handbuch des Schweizerischen Schuldbetreibungsrechts, S. 579 N. 56). Ob an dieser Rechtsprechung festzuhalten sei, ist fraglich. Wohl kommen bei der Beurteilung von Konkursbegehren auch den Aufsichtsbehörden gewisse Kompetenzen zu. Sie haben insbesondere darüber zu entscheiden, ob die Vorschriften über den Betreibungsort eingehalten seien (BGE 96 III 33 f.), ob der Schuldner der Konkursbetreibung unterliege oder ob ein nicht handlungsfähiger Schuldner in gesetzwidriger Weise betrieben werde (Art. 173 Abs. 2 SchKG). Der Konkursrichter hat in solchen Fällen den Entscheid über das Konkursbegehren auszusetzen und die Sache den Aufsichtsbehörden zu überweisen. Die Verantwortung für die Konkurseröffnung trägt aber allein der Richter (FRITZSCHE, Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl., II, S. 106 N. 171). Wären nun die Konkursbehörden entsprechend der bisherigen Praxis befugt, das Konkurserkenntnis auf seine Gesetzmässigkeit zu überprüfen, so würde der Entscheid über das Konkursbegehren letztlich den Aufsichtsbehörden zugeschoben, was mit der im Gesetz vorgesehenen Verteilung der Kompetenzen zwischen Konkursrichter und Aufsichtsbehörden wohl kaum vereinbar sein dürfte (JAEGER, N. 1 zu Art. 221 SchKG; JAEGER-DAENIKER, N. 3 zu Art. 176 SchKG; FRITZSCHE, a.a.O.).
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Wie es sich damit im einzelnen verhält, kann indessen offen bleiben. Eine Überprüfungsbefugnis der Konkursbehörden BGE 100 III, 19 (23)dürfte jedenfalls - wenn überhaupt - höchstens dann in Frage kommen, wenn das Konkurserkenntnis offensichtlich gesetzwidrig wäre (FRITZSCHE, a.a.O.). Dies trifft im vorliegenden Fall nicht zu. Die Annahme des Konkursrichters, die Rekurrentin sei ein rechtsfähiger Verein, mag unrichtig sein; schlechthin unhaltbar ist sie nicht. Immerhin ist die Rekurrentin während eines ganzen Jahres im Rechtsleben als Verein aufgetreten. Aus ihren Statuten allein ergibt sich sodann nicht ohne weiteres, dass sie einen wirtschaftlichen Zweck verfolgt. Schliesslich lässt sich auch daraus nichts ableiten, dass sie nicht im Handelsregister eingetragen ist. Ein Verein, der für seinen (idealen) Zweck ein kaufmännisches Gewerbe betreibt, hat sich zwar gemäss Art. 61 Abs. 2 ZGB im Handelsregister eintragen zu lassen; der Eintrag ist jedoch entgegen der Ansicht der Vorinstanz und der VFH lediglich deklaratorischer Natur, so dass die Erlangung der Rechtsfähigkeit nicht davon abhängt (BGE 88 II 219 /220; TUOR/SCHNYDER/JÄGGI, Das schweizerische Zivilgesetzbuch, 8. Aufl., S. 113; EGGER, N. 4 zu Art. 61 ZGB; HEINI, in Schweizerisches Privatrecht, II, S. 535/536).
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Entscheidend aber ist, dass sich auch nach der bisherigen Praxis des Bundesgerichts die Befugnis der Konkursbehörden, das Konkurserkenntnis auf seine Gesetzmässigkeit zu überprüfen, auf die Einleitung des Konkursverfahrens beschränkt. Hat der Konkursbeamte die Durchführung des Konkurses einmal an die Hand genommen, so kann er bzw. die Aufsichtsbehörde demzufolge nicht mehr auf das Konkurserkenntnis zurückkommen, auch wenn dieses an einem Mangel leiden sollte (Entscheid vom 15. Juli 1907 i.S. Levy-Sonneborn, Archiv SchK 1908 S. 6; JAEGER, N. 4 zu Art. 176 SchKG). Im vorliegenden Fall hat das Konkursamt Bern mit der Durchführung des Konkurses bereits begonnen. Es hat das Inventar aufgenommen, die Konkurseröffnung publiziert und eine Gläubigerversammlung abgehalten. Insbesondere hat es bereits Aktiven verwertet. Das Begehren der VFH, der Konkurs sei nichtig zu erklären, ging erst 65 Tage nach der Konkurseröffnung ein. In diesem Stadium des Verfahrens konnte die Aufsichtsbehörde keinesfalls mehr auf das Konkurserkenntnis zurückkommen, auch wenn man ihr im übrigen ein Prüfungsrecht zugestehen wollte. Der angefochtene Entscheid ist daher aufzuheben und das Konkursamt Bern anzuweisen, BGE 100 III, 19 (24)das Konkursverfahren über die Rekurrentin weiterzuführen. Für dieses Ergebnis sprechen auch praktische Überlegungen. Nachdem bereits Verwertungshandlungen vorgenommen worden sind, gibt es keine andere Lösung, als den Verwertungserlös konkursmässig an die Gläubiger zu verteilen. Wollte man mit der VFH annehmen, es liege ein Vermögen ohne hinreichende Verwaltung vor und es müsse daher ein Beistand bestellt werden (Art. 393 ZGB), so würde dies ebenfalls zum Konkurs führen, denn der Beistand könnte nichts anderes tun, als beim Konkursrichter die Insolvenzerklärung abgeben (vgl. BGE 51 II 265/266).
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Nach der Rechtsprechung sind Betreibungshandlungen, die von einem nicht existierenden Gläubiger ausgehen oder die sich gegen einen nicht existierenden Schuldner richten, als nichtig zu betrachten (BGE 73 III 62, BGE 72 III 43, BGE 62 III 135, BGE 51 III 58, 66, BGE 43 III 177, BGE 41 III 2/3; V. SCHWANDER, Nichtige Betreibungshandlungen, BlSchK 1954 S. 8; FRITZSCHE, a.a.O., I, S. 53). Im vorliegenden Fall fehlt es indessen nicht an einem tauglichen Konkurssubjekt. Der Konkursrichter, der durch die Eingabe der VFH darauf aufmerksam gemacht worden war, dass die Rekurrentin möglicherweise wirtschaftliche Zwecke verfolge und daher nicht rechtsfähig sei, hat in seinem Entscheid deren Rechtsfähigkeit bejaht. Dieser Entscheid ist nach dem Gesagten für das Konkursamt und die Aufsichtsbehörden verbindlich, nachdem mit der Durchführung des Konkurses bereits begonnen worden ist. Es handelt sich dabei keineswegs um ein Nichturteil (vgl. dazu GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl., S. 227 N. 3, 71 N. 1), mag die Ansicht des Konkursrichters auch unzutreffend sein. Für das vorliegende Konkursverfahren ist daher davon auszugehen, der Rekurrentin komme die Rechtspersönlichkeit zu. Demzufolge müssen die Gläubiger, die eine Forderung gegen die Rekurrentin haben, kolloziert werden, obwohl sich ihre Forderung in Wirklichkeit möglicherweise gegen die einzelnen Vereinsmitglieder richtet. Umgekehrt kann die Konkursverwaltung, die von Gesetzes wegen befugt ist, alle zur Erhaltung und Verwertung der Konkursmasse gehörenden Geschäfte zu BGE 100 III, 19 (25)besorgen (Art. 240 SchKG), die liquiden Guthaben der Masse einziehen, ohne dass eingewendet werden könnte, die Rekurrentin sei nicht rechtsfähig.
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Im übrigen ist aber die Frage, ob der Rekurrentin die Rechtspersönlichkeit zukomme, nicht rechtskräftig entschieden. Sollten die Gläubiger einzelne Vereinsmitglieder für die Schulden der Rekurrentin belangen, so könnte der Zivilrichter frei darüber befinden, ob diese als Verein oder in Anwendung von Art. 62 ZGB als einfache Gesellschaft zu betrachten sei, für deren Verbindlichkeiten die Gesellschafter persönlich und solidarisch haften (Art. 544 Abs. 3 OR). Daraus ergibt sich übrigens, dass die VFH durch den Konkurs über die Rekurrentin in keiner Weise beschwert ist, da ihr die Möglichkeit, gegen die einzelnen Vereinsmitglieder vorzugehen, gewahrt bleibt.
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Demnach erkennt die Schuldbetr.- und Konkurskammer:
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Der Rekurs wird gutgeheissen und der angefochtene Entscheid aufgehoben; das Konkursamt Bern wird angeWiesen, das Konkursverfahren über die Rekurrentin weiterzuführen.
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