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Informationen zum Dokument  BGE 117 II 286  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
4. Der Beklagte erhebt im weitern den Einwand, der Mäklerver ...
5. Der Beklagte wirft dem Obergericht schliesslich vor, zu Unrech ...
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55. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 4. Juni 1991 i.S. Kurt M. gegen Immobiliengesellschaft H. AG (Berufung)
 
 
Regeste
 
Mäklervertrag; Art. 20 Abs. 1 und 414 OR.  
2. Ist auch die übliche Provision im Sinne von Art. 414 OR auf ihre Angemessenheit nach Art. 417 OR zu überprüfen? (E. 5).  
 
Sachverhalt
 
BGE 117 II, 286 (286)Mit Kaufvertrag vom 17. Oktober 1981 erwarb Kurt M. von der O. SA mehrere mit Wohnhäusern überbaute Grundstücke in Biel. Einen Teil dieser Liegenschaften veräusserte er in der Folge weiter; die anderen verblieben in seinem Eigentum. Die Immobiliengesellschaft H. AG mit Sitz in Wil im Kanton St. Gallen beansprucht aus diesen Geschäften eine Mäklerprovision von Fr. 290'400.-- entsprechend BGE 117 II, 286 (287)3%, woran sie einen Teilbetrag von Fr. 15'000.-- als erhalten anerkannt hat.
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Nachdem die Klage der Immobiliengesellschaft H. AG am 8. November 1988 vom Bezirksgericht Pfäffikon abgewiesen worden war, sprach das Obergericht des Kantons Zürich der Klägerin auf Berufung mit Urteil vom 22. Dezember 1989 Fr. 162'000.-- nebst 5% Zins seit 1. Oktober 1985 zu. Eine vom Beklagten dagegen erhobene kantonale Nichtigkeitsbeschwerde wurde vom Kassationsgericht des Kantons Zürich am 17. Januar 1991 abgewiesen, soweit es darauf eintrat.
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Das Bundesgericht weist die vom Beklagten gegen das Urteil des Obergerichts erhobene Berufung ab.
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Aus den Erwägungen:
 
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a) Ein Vertrag ist im Sinne von Art. 20 Abs. 1 OR nichtig, falls entweder sein Gegenstand oder der Abschluss mit dem vereinbarten Inhalt oder der mittelbare Vertragszweck gegen objektives Recht verstösst. Keine Widerrechtlichkeit des Vertragsinhalts liegt jedoch im allgemeinen dann vor, wenn sich die verletzte Norm nur gegen die persönliche Beteiligung einer der Parteien am Vertrag richtet (KRAMER, N. 136 ff. zu Art. 19-20 OR; BGE 114 II 280 E. 2a mit Hinweisen). Ein gegen eine bestimmte Gesetzesnorm verstossender Vertrag ist zudem nach ständiger Praxis des Bundesgerichts nur dann nichtig, wenn dies ausdrücklich im Gesetz vorgesehen ist oder sich aus Sinn und Zweck der verletzten Norm ergibt (BGE 115 II 364 mit Hinweisen, BGE 177 II 48 E. 2a). Das gilt auch für den Fall, wo sich das Verbot gegen die Beteiligung bestimmter Personen an einem Vertrag richtet. Festzuhalten ist schliesslich, dass nicht nur der Verstoss gegen Bundesrecht, sondern auch gegen kantonale Vorschriften den Vertrag nichtig machen kann (BGE 114 II 281 E. 2a, BGE 80 II 329 E. 2).
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b) Das Bundesgericht hat es in BGE 62 II 111 E. 2b abgelehnt, einen mit ausländischen Mäklern geschlossenen Vertrag als nichtig zu erklären, obwohl die Mäkler ohne die notwendige Bewilligung der Fremdenpolizei tätig gewesen waren. Diesem Entscheid hat die BGE 117 II, 286 (288)Lehre mehrheitlich zugestimmt (KRAMER, N. 138 zu Art. 19-20 OR; OFTINGER, Gesetzgeberische Eingriffe in das Zivilrecht, ZSR NF 57/1938 II 551a; ENGEL, Traité des obligations en droit suisse, S. 194; GUHL/MERZ/KUMMER, Das Schweizerische Obligationenrecht, 7. Aufl., S. 40). Im vorliegenden Fall besteht kein Anlass, auf diese Beurteilung zurückzukommen. Folgerichtig ist ein mit einem Mäkler ohne die erforderliche kantonale Berufsausübungsbewilligung geschlossener Vertrag lediglich dann nichtig, wenn diese Folge im kantonalen Erlass ausdrücklich vorgesehen ist oder sich aus dessen Sinn und Zweck ergibt (BUCHER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 2. Aufl., S. 251 Fn. 58; VON BÜREN, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, S. 113; abweichend GAUTSCHI, N. 4b Vorbemerkungen und N. 5a zu Art. 412 OR). Vorauszusetzen ist zudem, dass die kantonale Regelung nicht gegen den Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechtes verstösst (Art. 2 ÜbBest.BV, vgl. dazu BGE 110 Ia 111).
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c) Aus diesen Gründen beurteilt sich im vorliegenden Fall nach kantonalem Recht, ob der Mäklervertrag trotz fehlender Zulassung des Mäklers zur gewerbsmässigen Mäkelei im Kanton Bern gültig ist. Bundesrecht ist einzig massgebend in bezug auf die in diesem Zusammenhang subsidiären Fragen der Rechtsbeständigkeit der kantonalen Ordnung unter dem Gesichtspunkt von Art. 2 ÜbBest.BV und der bundesrechtlichen Auswirkungen der kantonalrechtlichen Regelung auf den streitigen Anspruch. Die Anwendung kantonalen Rechts wird im Berufungsverfahren - von hier nicht gegebenen Ausnahmen abgesehen - vom Bundesgericht aber nicht überprüft (Art. 43 Abs. 1 und Art. 55 Abs. 1 lit. c OG). Das gilt auch insoweit, als mit der Berufung eine Verletzung von Art. 20 Abs. 1 OR geltend gemacht wird, denn die Anwendung dieser Bestimmung setzt voraus, dass der Mäklervertrag aufgrund der vom Beklagten angerufenen kantonalen Vorschriften als nichtig zu beurteilen ist. Die Anwendung kantonalen Rechts wird indessen vom Bundesgericht selbst dann nicht überprüft, wenn daran bundesrechtliche Folgen zu knüpfen sind (BGE 54 II 148; vgl. auch BGE 84 II 425 E. 1a, BGE 80 II 328 E. 1).
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d) Das Obergericht hat im Beweisabnahmebeschluss vom 12. Juni 1989 darauf hingewiesen, dass nach seiner Auffassung der Mäklervertrag nicht an einem Nichtigkeitsgrund leiden würde, falls die Mäklerin Vorschriften des Kantons Bern über eine BGE 117 II, 286 (289)Bewilligungspflicht verletzt haben sollte. Im angefochtenen Urteil hat das Obergericht sodann - wie das Kassationsgericht im Entscheid vom 17. Januar 1991 zutreffend feststellt - stillschweigend seine Auffassung bestätigt. Das Kassationsgericht hält im übrigen seinerseits fest, dass die vom Beklagten eingereichte Verordnung über die Liegenschaftenvermittlung des Regierungsrates des Kantons Bern vom 7. September 1976 nicht die Ungültigkeit eines Vermittlungsvertrages vorsehe, wenn die entsprechende Bewilligung nicht eingeholt worden sei. Wie bereits ausgeführt worden ist, kann das Bundesgericht die Anwendung des kantonalen Rechts durch die Vorinstanz nicht überprüfen. Auf die Berufung ist deshalb nicht einzutreten, soweit die Nichtigkeit des Mäklervertrages wegen eines Verstosses gegen dieses Recht geltend gemacht wird.
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a) Dazu ist vorweg zu bemerken, dass der Einwand, es handle sich um eine unübliche und übersetzte Provision, gemäss dem angefochtenen Urteil im kantonalen Verfahren nicht erhoben worden ist. Diese Feststellung hat der Beklagte erfolglos mit der kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde angefochten. Soweit er entsprechende Behauptungen nun im Berufungsverfahren vorbringt, ist darauf gemäss Art. 55 Abs. 1 lit. c OG nicht einzutreten. Aus dem angefochtenen Urteil geht sodann eindeutig hervor, dass das Obergericht die Provision von 3% als "üblichen Lohn" im Sinne von Art. 414 OR betrachtet. Was als solcher Lohn zu gelten hat, ist eine Tatfrage, die im Berufungsverfahren nicht überprüft werden kann (BGE 90 II 107; POUDRET, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, Bd. II, N. 4.6.1 zu Art. 63 OG). Die in diesem Zusammenhang vorgebrachten Einwände sind deshalb ebenfalls unbeachtlich.
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b) Zu erörtern bleibt lediglich, ob das Obergericht gehalten war, die Angemessenheit der üblichen Provision von 3% in analoger Anwendung von Art. 417 OR und der dazu entwickelten Praxis (vgl. BGE 111 II 369 E. 3a) von Amtes wegen zu prüfen. Diese Frage ist in der Lehre umstritten. Während GAUTSCHI die Auffassung vertritt, herabsetzbar sei nur ein vereinbarter Mäklerlohn (N. 3a zu Art. 417 OR), befürwortet WERNER SCHWEIGER die Möglichkeit einer Korrektur der Provisionshöhe durch den Richter auch dann, wenn diese aufgrund von Tarifen oder Übungen im Sinne von Art. 414 OR bestimmt wird (Der Mäklerlohn - Voraussetzungen BGE 117 II, 286 (290)und Bemessung, Diss. Zürich 1986, S. 232). Überzeugender ist indessen die Meinung von GAUTSCHI. Dafür spricht zunächst die Überlegung, dass die übliche Provisionshöhe auch bei der Bestimmung der Angemessenheit im Sinne von Art. 417 OR als Massstab dient (BGE 90 II 107 E. 11, BGE 83 II 153 E. 4c; GAUTSCHI, N. 4 zu Art. 417 OR). In die gleiche Richtung weist sodann der Grundgedanke von Art. 417 OR, der darin liegt, übermässige rechtsgeschäftliche Bindungen analog der Vorschrift von Art. 27 Abs. 2 ZGB zu verhindern (TERCIER, a.a.O., S. 410 Rz. 3177). Schliesslich richten sich die vorgebrachten Bedenken vor allem gegen eine Festsetzung der Provision aufgrund von Verbandstarifen, die einseitig die Interessen der Verbandsmitglieder berücksichtigen (SCHWEIGER, a.a.O., S. 232/3). In einem solchen Fall bedarf es aber keiner Korrekturmöglichkeit über Art. 417 OR, da autonome Tarife von Berufsverbänden, welche einseitig die Interessen einer Vertragspartei wahren, im allgemeinen nicht als Ausdruck der Verkehrsübung gelten können (JÄGGI/GAUCH, N. 403 zu Art. 18 OR).
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Die aufgeworfene Frage kann indessen im vorliegenden Fall letztlich offenbleiben, da eine Provision von 3% unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände nach der Praxis des Bundesgerichtes nicht als unverhältnismässig hoch erscheint (BGE 90 II 107 E. 11, vgl. auch BGE 112 II 460).
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