VerfassungsgeschichteVerfassungsvergleichVerfassungsrechtRechtsphilosophie
UebersichtWho-is-WhoBundesgerichtBundesverfassungsgerichtVolltextsuche...

Informationen zum Dokument  BGE 116 II 376  Materielle Begründung
Druckversion | Cache | Rtf-Version

Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
2. Die Berufung ist abgesehen von den in Art. 44 lit. a bis f und ...
3. Ist auf die Berufung nicht einzutreten, muss geprüft werd ...
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch)  
 
68. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 12. Juli 1990 i.S. T. AG gegen S. Inc. (Berufung)
 
 
Regeste
 
Anerkennung ausländischer Urteile in der Schweiz.  
 
Sachverhalt
 
BGE 116 II, 376 (376)Am 11. März 1988 klagte die in San Francisco domizilierte S. Inc. beim Zivilgericht des Kantons Basel-Stadt gegen die Basler T. AG auf Vollstreckbarerklärung eines Urteils vom 10. Juni 1985, mit dem der District Court von Nordkalifornien eine Vertragsklage der T. AG für $ 70'800.19 und eine Widerklage der S. Inc. für $ 120'060.-- Schadenersatz sowie $ 50'000.-- "punitive damages" wegen fraudulösen Verhaltens der T. AG gutgeheissen hatte, was zugunsten der S. Inc. einen Saldo von $ 99'259.81 ergab. Das BGE 116 II, 376 (377)amerikanische Urteil wurde am 1. Februar 1989 vom Zivilgericht und am 1. Dezember 1989 vom Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt für vollstreckbar erklärt.
1
Mit Berufung an das Bundesgericht beantragt die T. AG, der Entscheid des Appellationsgerichts sei aufzuheben und auf die Klage sei nicht einzutreten, weil das amerikanische Urteil wegen der zugesprochenen "punitive damages" kein reines Zivilurteil darstelle und als teilweises Strafurteil nicht auf dem Zivilrechtsweg gemäss Art. 25 ff. IPRG, sondern nach Art. 94 ff. IRSG vollstreckbar zu erklären sei. Mit ihrem Eventualantrag schliesst die T. AG auf Klageabweisung, verstosse doch die Zusprechung von "punitive damages" gegen den schweizerischen ordre public (Art. 27 IPRG). Das Bundesgericht tritt auf die Berufung nicht ein.
2
 
Aus den Erwägungen:
 
2. Die Berufung ist abgesehen von den in Art. 44 lit. a bis f und Art. 45 lit. b OG abschliessend aufgezählten Fällen nur in Zivilrechtsstreitigkeiten zulässig (Art. 44 Abs. 1 und Art. 46 OG; BGE 109 II 27 E. 1). Zu verstehen sind darunter Streitigkeiten, die in einem kontradiktorischen Verfahren ausgetragen werden, das die endgültige, dauernde Regelung zivilrechtlicher Verhältnisse zum Gegenstand hat (BGE 113 II 14 E. 2 mit Hinweisen). Streitigkeiten über die Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen ausländischer Gerichte in der Schweiz sind nach konstanter Rechtsprechung selbst dann keine Zivilrechtsstreitigkeiten, wenn sich zivilrechtliche Vorfragen stellen. Denn diese Streitigkeiten haben die Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen zum Gegenstand und nicht die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien (BGE 95 II 377 f. E. 1 mit Hinweisen).
3
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass das im Zeitpunkt des Inkrafttretens des IPRG am 1. Januar 1989 hängige Anerkennungsverfahren nach den Voraussetzungen des neuen Bundesgesetzes zu beurteilen ist (Art. 199 IPRG). Ob sich die Voraussetzungen der Anerkennung wie vor dem 1. Januar 1989 nach kantonalem Prozessrecht oder nach der abschliessenden Anerkennungsordnung des IPRG richten (Botschaft zum IPRG vom 10. November 1982, BBl 1983 I 292; HANS ULRICH WALDER, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile, in: Die allgemeinen Bestimmungen des IPRG, hrsg. von Y. Hangartner, S. 212; ANTON K. SCHNYDER, Das neue IPRG, S. 34), bleibt ohne BGE 116 II, 376 (378)Einfluss auf die Tatsache, dass es beim Anerkennungsverfahren um die Frage der Zulässigkeit der Durchsetzung ausländischer Entscheide in der Schweiz und nicht um materiellrechtliche Ansprüche geht, über die der ausländische Richter im zu vollstreckenden Urteil bereits entschieden hat.
4
5
b) Zwischen der Schweiz und den U.S.A. besteht kein Abkommen über die Vollstreckung von Zivilurteilen, so dass die Staatsvertragsbeschwerde (Art. 84 Abs. 1 lit. c OG) zum vornherein ausgeschlossen ist. Ebenfalls ausgeschlossen ist die Zuständigkeitsbeschwerde (Art. 84 Abs. 1 lit. d OG); weder Art. 25 ff. IPRG noch Art. 94 ff. IRSG (SR 351.1) enthalten bundesrechtliche Zuständigkeitsvorschriften, die bestimmen, nach welchen Kriterien im Konfliktsfall die Anerkennung ausländischer Urteile durch den Strafrichter von der Anerkennung durch den Zivilrichter abzugrenzen ist (BGE 97 I 56 f.; KÄLIN, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, S. 123; MARTI, Die staatsrechtliche Beschwerde, 4. A. 1979, S. 45). Dass das von einem amerikanischen Zivilgericht aufgrund von englischem Zivilrecht gefällte, der Klägerin als Privatperson "punitive damages" zuerkennende Urteil vom 10. Juni 1985 kein nach Art. 94 ff. IRSG zu vollstreckender Entscheid sein kann, ergibt sich im übrigen bereits aus Art. 94 Abs. 4 und Art. 95 Abs. 2 IRSG, wonach die Vollstreckung ausländischer Strafentscheide über Geldleistungen in der Schweiz auf Bussen einerseits und an den Staat zu zahlende Kosten anderseits beschränkt ist.
6
Als Beschwerdegrund bleibt die Verletzung verfassungsmässiger Rechte der Bürger (Art. 84 Abs. 1 lit. a OG). Da die Beklagte jedoch keine Verletzung eines verfassungsmässigen Rechts rügt, kommt mangels Begründung auch die Umdeutung in eine Verfassungsbeschwerde nicht in Frage (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG).
7
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR).