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Informationen zum Dokument  BGE 102 II 329  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
2. In erster Linie verlangen die Kläger Verzugszinsen vom Be ...
3. Die Kläger beanspruchen sodann Verzugszinsen auf den ihne ...
4. In der Klageschrift hatten die Kläger auch Verzugszinsen  ...
5. a) Im Eventualstandpunkt berufen sich die Kläger auf unge ...
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47. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 29. April 1976 i.S. Müller und Mitbeteiligte gegen Müller
 
 
Regeste
 
Herabsetzungsklage, Lidlohn, ungerechtfertigte Bereicherung.  
2. Der Lidlohnanspruch gemäss dem früheren Art. 633 ZGB kann erst bei der Teilung geltend gemacht werden. Er ist grundsätzlich nicht zu verzinsen (Erw. 3).  
3. Die Bereicherungsklage ist gegenüber den andern Klagen subsidiär (Erw. 5).  
 
Sachverhalt
 
BGE 102 II, 329 (330)Aus dem Tatbestand:
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A.- Die Eheleute Hermann Alfred und Lina Müller-Bucher hatten sieben Kinder. Am 18. Januar 1956 verkaufte Vater Müller seinem Sohn Hermann Alfred Acker- und Wiesland zum Preise von Fr. 3'500.--. Am 27. August 1958 starb Mutter Müller unter Hinterlassung eines Testamentes, in dem sie Vermächtnisse ausrichtete und bestimmte, dass ihr Ehemann von ihrem Nachlass 3/16 zu Eigentum und den Rest zur Nutzniessung oder, falls er es vorziehe, 7/16 zu Eigentum erhalten solle. Am 11. Oktober 1958 verkaufte Vater Müller seinem Sohn Hermann Alfred alle noch in seinem Eigentum stehenden Grundstücke zum Preise von Fr. 35'000.-- und gleichzeitig schloss er mit ihm einen Verpfründungsvertrag ab. Am 13. April 1963 starb er. Er hinterliess eine öffentliche letztwillige Verfügung vom 17. Januar 1959, in der er seinem Sohn Hermann Alfred die verfügbare Quote zuwies und die übrigen gesetzlichen Erben auf den Pflichtteil setzte. Sein Vermögen zur Zeit des Todes bestand in einer Geldsumme von Fr. 4'850.--.
2
B.- Am 22. Juni 1964 leiteten fünf Geschwister gegen Hermann Alfred Müller und eine Schwester eine Klage ein, mit der sie im wesentlichen verlangten, es seien die Nachlässe von Vater und Mutter Müller festzustellen und in bestimmter Weise unter die Erben zu verteilen, die Entäusserungen von Vater Müller vom 18. Januar 1956 und 11. Oktober 1958 im BGE 102 II, 329 (331)Sinne von Art. 522 ff. ZGB herabzusetzen und drei Erben zu Lasten beider Nachlässe Lidlöhne zuzusprechen.
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Der Prozess wurde durch Urteil des Bundesgerichts vom 13. Juli 1972 beendet (vgl. BGE 98 II 352 ff.). Der Vertrag vom 11. Oktober 1958 (nicht aber derjenige vom 18. Januar 1956) wurde im Sinne von Art. 527 Ziff. 1 ZGB als herabsetzbar erklärt, und Hermann Alfred Müller wurde verpflichtet, die darin enthaltene Zuwendung gemäss Art. 475 ZGB in den Nachlass des verstorbenen Vaters einzuwerfen. An Lidlöhnen wurden sodann zugesprochen: Rosa Altorfer-Müller Fr. 2'000.--, Alice Pfister-Müller Fr. 14'000.-- und Hermann Alfred Müller Fr. 20'000.-- abzüglich Fr. 16'000.-- Vorausanrechnung = Fr. 4'000.--. Für die Geschwister des Hermann Alfred Müller bzw. ihre Erben ergab sich aus dem bundesgerichtlichen Urteil ein Guthaben von insgesamt Fr. 94'421.80. Hermann Alfred Müller zahlte diesen Betrag den Miterben am 24. August 1972 aus.
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C.- Mit Klageschrift vom 28. August 1973 verlangten die Miterben des Hermann Alfred Müller von diesem gestützt auf Art. 102 ff. OR, eventuell gestützt auf Art. 62 ff. OR, 5% Verzugszinsen von Fr. 94'421.80 für die Dauer vom 22. Juni 1964 bis 24. August 1972 (d.h. vom Datum der Klageeinleitung im ersten Prozess bis zur Zahlung des genannten Betrages), total Fr. 38'581.45, zuzüglich 5% Verzugszins seit 30. September 1972. Hermann Alfred Müller beantragte die Abweisung der Klage. Das Bezirksgericht Bülach hiess die Klage am 24. Dezember 1974 gut, ausgenommen die Zinsforderung seit 30. September 1972.
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Demgegenüber wies das Obergericht des Kantons Zürich in Gutheissung einer Berufung des Beklagten mit Urteil vom 21. Oktober 1975 die Klage ab.
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D.- Gegen diesen Entscheid erhoben die Kläger kantonalrechtliche Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an das Bundesgericht. Das Kassationsgericht des Kantons Zürich trat am 29. Januar 1976 auf die Nichtigkeitsbeschwerde nicht ein.
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Mit der Berufung beantragen die Kläger die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und die Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils.
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Der Beklagte beantragt die Abweisung der Berufung und die Bestätigung des angefochtenen Urteils.
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Das Bundesgericht weist die Berufung ab.
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BGE 102 II, 329 (332)Aus den Erwägungen:
 
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a) Die Herabsetzungsklage geht auf Feststellung, dass eine letztwillige Verfügung den Pflichtteil verletzt, sowie auf Herabsetzung der fraglichen Verfügung auf das erlaubte Mass. Sie ist eine Gestaltungsklage, und das Herabsetzungsurteil hat insofern konstitutive Wirkung, als es eine neue Rechtslage begründet. Die Herabsetzung tritt als Wirkung des sie aussprechenden Urteils ein. Bis zu diesem Zeitpunkt äussert die Zuwendung ihre volle Wirksamkeit, und zwar auch dem berechtigten Erben gegenüber (TUOR, N. 8 und 10, und ESCHER, N. 14 zu den Vorbemerkungen zu Art. 522 bis 533 ZGB).
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Das Herabsetzungsurteil entfaltet seine Wirkungen also grundsätzlich erst mit dem Eintritt seiner Rechtskraft. Nach der heute herrschenden Lehrmeinung werden diese Wirkungen dann aber zurückbezogen auf den Zeitpunkt der Eröffnung des Erbganges. Die Herabsetzung der Verfügungen von Todes wegen wirkt demnach ex tunc (TUOR, N. 10, und ESCHER, N. 14 zu den Vorbemerkungen zu Art. 522 bis 533 ZGB; PIOTET, Droit successoral, Traité de droit privé suisse, IV, S. 354, 441). Dies bedeutet indessen lediglich, dass die der Herabsetzung unterliegenden Vermögenskomplexe nach ihrem Wert zur Zeit des Todes des Erblassers zu schätzen sind. Wird die Erbschaft gemäss Art. 560 ZGB beim Tod des Erblassers erworben, so muss dieser Zeitpunkt auch massgebend sein für die Festlegung ihres zahlenmässigen Umfangs, d.h. für die Feststellung der beim Tod des Erblassers vorhandenen Erbmasse, die nicht zu verwechseln ist mit der im Zeitpunkt der Teilung vorhandenen und unter die Erben zu verteilenden Teilungsmasse.
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Die rückwirkende Kraft des Herabsetzungsurteils ist dadurch begründet, dass das Recht zur Herabsetzung mit der Eröffnung des Erbganges entsteht. In diesem Zeitpunkt erwirbt der Erbe seinen Pflichtteil. Ist dieser verletzt und will der Erbe ihn wieder herstellen, so muss ein Zustand geschaffen werden, der dem entspricht, der zur Zeit der Eröffnung BGE 102 II, 329 (333)des Erbganges vorhanden war. Würde das Herabsetzungsurteil erst mit der Rechtskraft seine Wirkungen entfalten, so läge zwischen der Eröffnung des Erbganges und der Urteilsfällung ein Zeitraum, während dem der Erbe nicht zu seinem Recht gekommen wäre (STEINER, Das Erfordernis des richterlichen Urteils für die Ungültigerklärung oder Herabsetzung von Verfügungen von Todes wegen, Diss. Freiburg 1945, S. 114).
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Erwirbt der Erbe das Recht zur Herabsetzung mit der Eröffnung des Erbgangs, so kann er von diesem Zeitpunkte an die Herabsetzung geltend machen. Das Recht zur Anhebung der Herabsetzungsklage ist indessen nicht identisch mit dem Rückleistungsanspruch. Nach den Materialien und der in der Literatur einhellig vertretenen Auffassung hat das Herabsetzungsurteil nur spezifische Gestaltungskraft. Wenn (wie im vorliegenden Fall) mit der Herabsetzungsklage nicht zugleich eine Leistungsklage verbunden wurde, ist das Herabsetzungsurteil ein reines Gestaltungsurteil, das den Beklagten nicht zu einer Leistung verpflichtet, sondern dem Kläger lediglich die Grundlage gibt, um mit einer zweiten Klage seinem Leistungsanspruch zum Durchbruch zu verhelfen (TUOR, N. 13 zu den Vorbemerkungen zu Art. 522 bis 533 ZGB; ESCHER, N. 1 zu Art. 528 ZGB; STEINER, a.a.O. S. 48). Der Leistungsanspruch entsteht somit erst mit der Rechtskraft des Herabsetzungsurteils (STEINER, a.a.O. S. 114, 122 und 127).
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b) Im vorliegenden Fall erwarben demnach die Kläger das Recht zur Anhebung der Herabsetzungsklage mit dem Tod des Erblassers. Ihre Herabsetzungsklage wurde vom Bundesgericht am 13. Juli 1972 rechtskräftig entschieden. Damit erwuchs ihnen ein Leistungsanspruch, den sie von diesem Moment an geltend machen konnten, der mit andern Worten vom 13. Juli 1972 an fällig war. Am 24. August 1972 zahlte der Beklagte die vom Bundesgericht festgelegten Beträge aus. Die Kläger behaupten nicht, dass sie den Beklagten nach der Urteilsfällung und vor der Zahlung noch eigens gemahnt hätten. Der Beklagte befand sich somit nicht im Verzug und schuldete daher keine Verzugszinsen.
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c) Was die Kläger dagegen vorbringen, dringt nicht durch. Ob den Urteilsdispositiven im ersten Prozess, welche die Höhe des väterlichen und mütterlichen Nachlasses feststellten, selbständige Bedeutung oder nur die Bedeutung von Hilfsgrössen für die Ermittlung der Ansprüche der einzelnen Erben zukomme, BGE 102 II, 329 (334)ist für den Entscheid im vorliegenden Verfahren unerheblich. Die Kläger mögen ihre frühere Klage rechtlich bezeichnen, wie sie wollen, fest steht jedenfalls auf Grund der im ersten Prozess ergangenen Urteile, dass sie damals keine Leistungsklage erheben wollten. Die in jenem Prozess ergangenen Urteile waren demnach keine Leistungsurteile, weil die Rechtskraft eines Urteils nicht weiter gehen kann als die Klage selbst (GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl. S. 305 Anmerkung 30).
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Den Klägern kann darin beigepflichtet werden, dass die Gestaltungsklage in Fällen der vorliegenden Art auf den Tod des Erblassers zurückwirkt. Das ist indessen nur für die Berechnung des Herabsetzungsanspruches von Bedeutung. Soweit sie vorbringen, sie hätten ihre heute zu beurteilenden Forderungen auch schon mit der Eröffnung des Erbganges geltend machen dürfen, übersehen sie den Unterschied zwischen dem Anspruch auf Herabsetzung von Verfügungen und dem daraus erwachsenden Rückleistungsanspruch. Während der erste von der Eröffnung des Erbganges an besteht, entsteht der zweite erst mit der Rechtskraft des Herabsetzungsurteils. Vor der Ausfällung eines rechtskräftigen Herabsetzungsurteiles kann demnach keine Verzugszinsforderung geltend gemacht werden.
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Richtig ist auch, dass im ersten Prozess die Erbmasse, d.h. der Wert des Nachlasses beim Tod des Erblassers berechnet worden war. Ob dieser Wert sich dann bis zur Auszahlung, d.h. bis zur faktischen Teilung, verändert habe und ob demzufolge die Teilungsmasse grösser gewesen sei als die Erbmasse, steht im vorliegenden Fall jedoch nicht zur Diskussion. Die Kläger fordern weder Kapitalzinsen aus dem zur Erbmasse gehörenden Vermögen noch machen sie geltend, dass die Erbmasse bis zur Teilung sonstwie, z.B. konjunkturbedingt, angewachsen sei. Sie verlangen ausdrücklich und ausschliesslich Verzugszinsen, so dass lediglich geprüft werden muss, ob der Beklagte sich im Verzug befunden habe oder nicht. Das ist nach dem Gesagten nicht der Fall. Aus dem gleichen Grund ist unerheblich, ob die Kläger je den Willen hatten, dem Beklagten Zinsen zu erlassen bzw. auf solche zu verzichten.
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d) Zu erwägen wäre allenfalls, ob der Beklagte den Klägern nach den Besitzesregeln (Art. 938-940 ZGB) anteilsmässigen Ersatz der Früchte schulde, die er in der Zeit vom Erbgang bis BGE 102 II, 329 (335)zur Teilung aus dem herabsetzungspflichtigen Vermögen bezogen hat. Eine Klage auf Erstattung von Früchten haben die Kläger indessen nicht erhoben. Ihr Begehren auf Zusprechung von Verzugszinsen kann mangels hinreichender Substantiierung nicht in eine derartige Klage umgedeutet werden. Abgesehen davon stünde einer solchen Klage die Einrede der Rechtskraft entgegen. Die Kläger haben nämlich schon im ersten Berufungsverfahren ausdrücklich beantragt, der Beklagte sei zu verpflichten, zusätzlich zum Verkehrswert der Grundstücke am 13. April 1963 denjenigen Nutzen, inkl. Wertvermehrung, abzüglich allfällige Wertverminderung, sich anrechnen zu lassen, den er seit dem Todestag aus den fraglichen Grundstücken gezogen habe, resp. der den fraglichen Grundstücken zugekommen sei. Das Bundesgericht trat jedoch in seinem Urteil vom 13. Juli 1972 nicht auf diesen Antrag ein, da er nicht begründet war. Damit war die Frage der Erstattung der Vorteile, die der Beklagte aus den Grundstücken gezogen hat, endgültig entschieden.
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3. Die Kläger beanspruchen sodann Verzugszinsen auf den ihnen zugesprochenen Lidlöhnen. Dabei ist vorab zu bemerken, dass die Lidlöhne nicht vom Beklagten geschuldet sind, sondern den Nachlass als Ganzes belasten. Von einem Verzug des Beklagten mit der Bezahlung der Lidlöhne kann daher zum vornherein nicht gesprochen werden. Der Beklagte ist nur verpflichtet, den der Herabsetzung unterliegenden Betrag von Fr. 129'887.-- sowie das von ihm verwaltete Bargeld in den Nachlass einzuwerfen. Dieser Betrag ist unabhängig von der Höhe der Lidlöhne. Wären die Lidlöhne ab Todestag zu verzinsen, so würde sich einzig der an die Erben zu verteilende Nettonachlass entsprechend vermindern. Dies hätte zur Folge, dass nicht nur der Erbanteil des Beklagten, sondern auch die Anteile der Kläger reduziert werden müssten, was offensichtlich nicht der Sinn ihrer Klage ist.
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Aber auch wenn die Klage so zu verstehen wäre, könnte sie nicht gutgeheissen werden. Es ist unbestritten, dass die Lidlohnansprüche der Kläger im vorliegenden Fall nach altem Recht (dem inzwischen aufgehobenen Art. 633 ZGB) zu beurteilen sind (vgl. dazu auch BGE 100 II 433). Die Lidlohnforderung im Sinne von Art. 633 ZGB entsteht grundsätzlich mit dem Tod des Erblassers (BGE 79 II 372 f.; ESCHER, N. 25 zu Art. 633 ZGB). Mit diesem Zeitpunkt wird sie perfekt, aber BGE 102 II, 329 (336)noch nicht fällig. TUOR/PICENONI vertreten die Meinung, die Lidlohnforderung werde mit dem Tod des Erblassers auch schon klagbar (N. 11b und 27 zu Art. 633 ZGB). Dem kann insoweit beigepflichtet werden, als die Erben die Erbschaft mit dem Tod des Erblassers erwerben (Art. 560 Abs. 1 ZGB) und von diesem Zeitpunkt an die Teilung verlangen (Art. 604 Abs. 1 ZGB) und demzufolge mit einer Teilungsklage auch Lidlohnforderungen geltend machen können. Die Lidlohnforderung kann (wie im vorliegenden Fall) auch zum Gegenstand einer Feststellungsklage gemacht werden (ESCHER, N. 25 und TUOR/PICENONI, N. 11b zu Art. 633 ZGB; dazu auch BGE 57 II 148 Erw. 2). Eine in diesem Sinne verstandene Geltendmachung der Lidlohnforderung ist indessen nicht gleichbedeutend mit der Geltendmachung des Ausgleichungsanspruchs.
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Nach dem Wortlaut des Art. 633 ZGB können Kinder, die ihren Eltern im gemeinsamen Haushalt ihre Arbeit oder Einkünfte zugewendet haben, hiefür erst "bei der Teilung der Erbschaft" eine billige Ausgleichung beanspruchen. In Lehre und Rechtsprechung wird denn auch einhellig (wenn auch mit unterschiedlichen rechtlichen Begründungen) die Meinung vertreten, dass der eigentliche Ausgleichungsanspruch erst bei der Teilung geltend gemacht werden könne (BGE 79 II 372 /73, BGE 48 II 317; ESCHER, N. 25, und TUOR/PICENONI, N. 11b und 28 zu Art. 633 ZGB; ZOLLER, Lidlohnansprüche, Diss. Zürich 1969 S. 66, 142).
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Der Lidlohn im Sinne von Art. 633 ZGB kann als Ersparnis des mündigen Kindes betrachtet werden. Da die Auszahlung erst bei der Teilung, d.h. in der Regel längere Zeit nach der Arbeitsleistung erfolgt, könnte vermutet werden, dass solche Ersparnisse verzinst werden müssten. Dass der Anspruchsberechtigte zwischen seiner Arbeitsleistung und der Auszahlung des Lidlohnes einen Zinsausfall hatte, kann indessen bereits bei der Bemessung des "billigen Ausgleichs" im Sinne von Art. 633 ZGB neben andern Umständen mitberücksichtigt werden (dazu BGE 58 II 113). Nach der in der Literatur vertretenen Meinung sind eigentliche Zinsen zum fiktiv errechneten Lidlohn aber grundsätzlich nicht hinzuzurechnen, obschon der Berechtigte vielleicht die Möglichkeit gehabt hätte, einen Teil seines Arbeitslohnes in der Zwischenzeit zinstragend anzulegen (ESCHER, N. 30 und TUOR/PICENONI, N. 35 zu Art. 633 ZGB; ZOLLER, a.a.O. S. 36).
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BGE 102 II, 329 (337)Kann die Ausgleichung der Lidlohnforderung erst bei der Teilung geltend gemacht werden und sind für die Zeit vor der Teilung für die fragliche Forderung keine Zinsen geschuldet, so können für diese Zeit auch keine Verzugszinsen gefordert werden.
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Die Kläger machen allerdings geltend, das den Lidlohn festsetzende Urteil des Bundesgerichts vom 13. Juli 1972 wirke ex tunc, d.h. auf den Zeitpunkt des Erbganges zurück, so dass der Beklagte von der Geltendmachung der Lidlohnforderung an sich in Verzug befinde. Sie verkennen damit die gemachte Unterscheidung zwischen dem Entstehen der Lidlohnforderung und der Geltendmachung des Ausgleichungsanspruchs.
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Immerhin sei beigefügt, dass auch diesbezüglich von einem Verzug des Beklagten nicht gesprochen werden kann. Der Beklagte besass dieses Bargeld für die Erbengemeinschaft. Er war einzig verpflichtet, es bei der Erbteilung samt den seit dem Tod des Erblassers dazugekommenen Erträgnissen in den Nachlass einzuwerfen (vgl. BGE 69 II 370 Erw. 8). Die Kläger sagen indessen nicht, wie das Geld angelegt war und welchen Nutzen der Beklagte seit dem Todestag daraus gezogen hat. Die Erträgnisse des Barvermögens können nicht einfach dem geforderten Verzugszins gleichgesetzt werden.
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b) Nach der angeführten Rechtsprechung (Erw. 2a) äussert eine Zuwendung des Erblassers bis zum Zeitpunkt ihrer Herabsetzung ihre volle Wirksamkeit, und zwar auch dem BGE 102 II, 329 (338)berechtigten Erben gegenüber. Der Vertrag vom 11. Oktober 1958 wurde erst durch das Urteil des Bundesgerichts vom 13. Juli 1972 rechtskräftig als herabsetzbar erklärt. Bis zu diesem Zeitpunkt äusserte die Zuwendung ihre volle Rechtswirksamkeit, so dass der Beklagte daraus bis zu diesem Zeitpunkt nicht ungerechtfertigt bereichert sein konnte.
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Für die Lidlohnforderung schuldete der Beklagte nach der angeführten Lehre (Erw. 3) keine eigentlichen Zinsen. Wenn er keine solchen auszahlte, konnte er dadurch ebenfalls nicht ungerechtfertigt bereichert sein.
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c) Im übrigen hat die Klage aus ungerechtfertigter Bereicherung gegenüber den andern Klagen subsidiären Charakter. Wo eine andere Klage möglich ist, liegt nicht noch ein Bereicherungsanspruch vor (OSER/SCHÖNENBERGER, N. 2, und BECKER, N. 5/6 zu den Vorbemerkungen zu Art. 62 bis 67 OR; GUHL/MERZ/KUMMER, Das Schweizerische Obligationenrecht, 6. Aufl. S. 203).
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Im vorliegenden Fall erwarben die Erben die Erbschaft als Ganzes mit dem Tod des Erblassers (Art. 560 Abs. 1 ZGB). Sie wurden damit an allen Nachlasswerten Eigentümer zur gesamten Hand und sie blieben dies bis zum Zeitpunkt der Teilung. Der Beklagte mochte tatsächlichen Gewahrsam an einzelnen Erbschaftswerten gehabt haben, aber er besass diese nicht für sich allein, sondern für alle Erben zusammen. Wenn die Kläger ihre Ansprüche gegenüber dem Beklagten geltend machen wollten, stand ihnen die Teilungsklage zur Verfügung. Diese bezieht sich nicht nur auf die Erbmasse, sondern auf die Teilungsmasse, d.h. auf das Erbschaftsvermögen zur Zeit der Teilung, samt dem seit dem Tod des Erblassers eingetretenen Zuwachs, so wie der Beklagte im vorliegenden Fall das Vermögen für sich und die Kläger besessen hat (dazu BGE 69 II 366 Erw. 4 und 370 Erw. 8). Die Kläger hätten also die behaupteten Wertvermehrungen im Rahmen einer Teilungsklage geltend machen können. Wollte man annehmen, durch die Zahlung des Beklagten vom 24. August 1972 sei die Teilung erfolgt und die Erbengemeinschaft aufgelöst worden, wobei der Beklagte jedoch bestimmte Vermögenswerte zurückbehalten habe, die er noch herausgeben müsse, dann wäre den Klägern diesbezüglich die Erbschaftsklage im Sinne von Art. 598 ff. ZGB zur Verfügung gestanden (BGE 69 II 367 oben, dazu ESCHER, N. 13 der Vorbemerkungen zu den BGE 102 II, 329 (339)Art. 598-600 ZGB; TUOR/PICENONI, N. 12 zu Art. 598 ZGB). Konnten sie aber gestützt auf ihre Erbenstellung mit der Teilungs- oder der Erbschaftsklage gegen den Beklagten vorgehen, dann bleibt ihnen die subsidiäre Klage aus ungerechtfertigter Bereicherung versagt (vgl. analog BGE 84 II 377 f., wonach die Rückerstattungspflicht eines unrechtmässigen Besitzers sich nach Art. 938/940 ZGB und nicht nach Art. 62 ff. OR richtet). Die Berufung erweist sich somit auch in diesem Punkt als unbegründet.
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