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Informationen zum Dokument  BGE 142 I 162  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
Erwägung 3
Erwägung 3.2
Erwägung 3.7
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15. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Miteigentümergemeinschaft A. und Mitb. gegen Stadt Luzern und Regierungsrat des Kantons Luzern (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
 
 
1C_140/2016 vom 9. November 2016
 
 
Regeste
 
Art. 27 und 94 BV; Vereinbarkeit einer Tourismuszone mit der Wirtschaftsfreiheit.  
 
Sachverhalt
 
BGE 142 I, 162 (163)A. A.A., B.A. und C.A. bilden zusammen die Miteigentümergemeinschaft A. Ihnen gehört das Grundstück Nr. 439 GB Luzern, rechtes Ufer (Parzelle des Hotels Schweizerhof). Zugleich sind sie Gesellschafter der D. & Co., welcher das Baurechtsgrundstück Nr. 4034 GB Luzern, rechtes Ufer, gehört (Bauten des Hotels Schweizerhof).
1
Die Miteigentümergemeinschaft A. und die D. & Co. erhoben am 23. Mai 2012 Einsprache gegen die geplante neue Bau- und Zonenordnung (BZO) der Stadt Luzern, die aus dem Bau- und Zonenreglement (BZR) und dem Zonenplan besteht. Die genannten Einsprecher wehrten sich gegen die vorgesehene Zuweisung der ihnen gehörenden Grundstücke zur Tourismuszone gemäss Art. 10 BZR. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:
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"Art. 10 Tourismuszone (TO)
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1 Die Tourismuszone dient dem Tourismus.
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2 Zulässig sind Bauten, Anlagen und Nutzungen insbesondere
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a. für Hotels und Restaurants
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b. für Casinos.
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3 Es können 20 Prozent der im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Bau- und Zonenordnung bewilligten, tatsächlich touristisch genutzten Fläche voraussetzungslos für Wohn- und Arbeitsnutzungen umgenutzt werden. Erstreckt sich die Tourismusnutzung auf mehrere Grundstücke, so ist die Anteilsregelung erfüllt, wenn sie auf diesen Grundstücken insgesamt eingehalten ist.
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4 Darüber hinaus sind Wohn- und Arbeitsnutzungen zulässig, soweit sie den touristischen Zweck sichern oder optimieren. Dies ist in einem von Grundeigentümern und vom Stadtrat als unabhängig anerkannten Gutachten nachzuweisen.
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5 In jedem Fall ist das Erdgeschoss oder das vom Stadtrat bezeichnete Geschoss publikumsorientiert zu nutzen."
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Am 17. Januar 2013 stimmte der Grosse Stadtrat Luzern der neuen BZO zu. Zugleich wies er die dagegen erhobenen Einsprachen ab, darunter jene der Miteigentümergemeinschaft A. und der D. & Co. In der Volksabstimmung vom 9. Juni 2013 stimmte das Stimmvolk der Stadt Luzern der neuen BZO ebenfalls zu.
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Am 3. Juni 2014 genehmigte der Regierungsrat des Kantons Luzern die Gesamtrevision der Bau- und Zonenordnung. Die Genehmigung betreffend die Tourismuszonen und die zugehörigen Nutzungsvorschriften stellte er zunächst zurück; sie erfolgte am 18. November 2014. Zugleich wies der Regierungsrat die Beschwerden der Miteigentümergemeinschaft A. sowie der D. & Co. ab.
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BGE 142 I, 162 (164)Mit Urteil vom 23. Februar 2016 wies das Kantonsgericht Luzern die von den Grundeigentümern gegen den regierungsrätlichen Genehmigungsbeschluss erhobenen Beschwerden ab.
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B. Am 24. März 2016 erheben die Miteigentümergemeinschaft A. und die D. & Co. Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht. Sie beantragen die Aufhebung des Urteils des Kantonsgerichts Luzern und des Beschlusses des Stimmvolks der Stadt Luzern vom 9. Juni 2013 in Bezug auf die Zuordnung ihrer Grundstücke zur Tourismuszone; ihre Liegenschaften seien stattdessen der Wohn- und Arbeitszone zuzuweisen. Im Eventualstandpunkt beantragen sie die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz. (...)
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
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(Auszug)
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Aus den Erwägungen:
 
 
Erwägung 3
 
3.1 In der Sache werfen die Beschwerdeführer dem Verwaltungsgericht eine Verletzung ihrer Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 und Art. 94 BV) vor. Die Kriterien für die Zuweisung der einzelnen Hotels in die Tourismuszone seien untauglich, und es fehle an einer genügenden gesetzlichen Grundlage hierfür. Die Zone sei zudem nicht raumplanerisch bedingt, weshalb eine unzulässige wirtschaftspolitische Massnahme vorliege, was mit den genannten Verfassungsbestimmungen nicht vereinbar sei. Auch sei die Nutzungseinschränkung, die Art. 10 BZR ihnen auferlege, unverhältnismässig. Sodann erachten sie die Grundsätze der Wettbewerbsneutralität und der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen als verletzt, weil andere Hotelbetriebe, die in einer direkten Konkurrenzsituation zu ihrem Betrieb stünden, nicht der Tourismuszone zugeteilt worden seien; diese genössen damit einen Wettbewerbsvorteil, weil sie von besseren Kreditkonditionen profitieren könnten.
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Erwägung 3.2
 
3.2.1 Gemäss Art. 27 Abs. 1 BV ist die Wirtschaftsfreiheit gewährleistet. Sie beinhaltet namentlich die freie Wahl des Berufes sowie den freien Zugang zu einer privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit und deren freie Ausübung (Art. 27 Abs. 2 BV; BGE 141 V 557 E. 7.1 S. 568 mit Hinweis). Die Wirtschaftsfreiheit steht natürlichen und juristischen Personen gleichermassen zu (BGE 140 I 218 E. 6.3 S. 229 mit Hinweisen). Gemäss Art. 94 Abs. 1 BV halten sich Bund und BGE 142 I, 162 (165)Kantone an den Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit. Abweichungen von diesem Grundsatz, insbesondere Massnahmen, die sich gegen den Wettbewerb richten, sind nur zulässig, wenn sie in der Bundesverfassung vorgesehen oder durch kantonale Regalrechte begründet sind (Art. 94 Abs. 4 BV). Während Art. 27 BV den individualrechtlichen Gehalt der Wirtschaftsfreiheit schützt, gewährleistet Art. 94 BV als grundlegendes Ordnungsprinzip einer auf marktwirtschaftlichen Prinzipien beruhenden Wirtschaftsordnung die systembezogene oder institutionelle Dimension der Wirtschaftsfreiheit. Diese beiden Aspekte sind freilich eng aufeinander bezogen und können nicht isoliert betrachtet werden (FELIX UHLMANN, in: Basler Kommentar, Bundesverfassung, 2015, N. 1 zu Art. 27 BV; Botschaft vom 20. November 1996 über eine neue Bundesverfassung, BBl 1997 I 175 ff. zu Art. 23, 293 Ziff. 6, 296 zu Art. 85). Eine Scharnierfunktion kommt sodann dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen und der staatlichen Wettbewerbsneutralität zu (BGE 138 I 378 E. 6.1 S. 384 f. mit Hinweisen).
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3.2.2 Die Beschwerdeführer können sich auf die Wirtschaftsfreiheit berufen, zumal sie durch die Zuweisung ihrer Grundstücke zur Tourismuszone in der freien Ausübung ihrer privatwirtschaftlichen Tätigkeit tangiert werden. Einschränkungen der Wirtschaftsfreiheit sind zulässig, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, im öffentlichen Interesse liegen, verhältnismässig sind und den Kerngehalt des Grundrechts nicht einschränken (Art. 36 BV) sowie wenn sie nicht vom Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit abweichen (Art. 94 Abs. 4 BV). Das Vorliegen eines öffentlichen Interesses und die Verhältnismässigkeit prüft das Bundesgericht bei der Beschränkung von Grundrechten frei. Es auferlegt sich aber Zurückhaltung, soweit die Beurteilung von einer Würdigung der örtlichen Verhältnisse abhängt, welche die kantonalen Behörden besser überblicken (BGE 132 II 408 E. 4.3 S. 415 f. mit Hinweisen).
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In seinem Leiturteil BGE 109 Ia 264 hat es kommunale Vorschriften über die Erstellung von Einkaufszentren als zulässig und mit der damaligen Handels- und Gewerbefreiheit (Art. 22ter aBV; heute Wirtschaftsfreiheit) vereinbar erachtet, soweit sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, im öffentlichen Interesse liegen und die BGE 142 I, 162 (166)Grundsätze der Verhältnismässigkeit und Rechtsgleichheit beachten. Nach dem damaligen Art. 22quater aBV (Raumplanungsartikel; heute: Art. 75 BV) zulässige raumplanerische Massnahmen können demnach eine Einschränkung der gewerblichen und wirtschaftlichen Betätigungsmöglichkeiten mit sich bringen. Eine solche Folge steht grundsätzlich nicht in Widerspruch zur Wirtschaftsfreiheit, solange die Massnahme raumplanerisch bedingt ist und im Zielbereich von Art. 75 BV liegt und sofern die Wirtschaftsfreiheit dadurch nicht völlig ihres Gehaltes entleert wird (a.a.O., E. 4 S. 267 mit Hinweis). Insbesondere stellt auch die Festsetzung der einzelnen Nutzungszonen und deren Begrenzung nach Bedarfskriterien keine verpönte Bedürfnisklausel dar, sondern ergibt sich aus der gesetzlichen Pflicht zur Ausscheidung von Bauzonen gemäss Art. 15 RPG (SR 700; a.a.O., E. 4a S. 267 f. mit Hinweis).
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Diese Rechtsprechung hat das Bundesgericht in BGE 111 Ia 93 betreffend einen Wohnanteilsplan der Stadt Zürich bestätigt. Es hat erwogen, der Wohnanteilsplan lasse in allen Wohnzonen und in der Kernzone Raum für eine gewerbliche Nutzung, verlange er doch nirgends einen Wohnanteil von 100 %. Die Liegenschaften der Beschwerdeführerin seien lediglich mit dem untersten Ansatz von 33 % belegt. Eine solche Regelung möge zwar die Tätigkeit von Dienstleistungsbetrieben erschweren, doch könne nicht gesagt werden, der Beschwerdeführerin werde es dadurch verunmöglicht, ihre Dienstleistung zu erbringen (a.a.O., E. 3 S. 100).
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Ebenso urteilte das Bundesgericht in einem dem vorliegenden sehr ähnlichen Fall betreffend die Stadt Genf. Angefochten war ein städtisches Reglement, das namentlich bezweckte, im vorgesehenen Perimeter die bestehende Hotelnutzung als essenziellen Bestandteil des Quartierlebens zu erhalten. Die Regelung verletzte die Wirtschaftsfreiheit nicht, zumal sie für den Fall, dass die Hotelnutzung sich als unrentabel erweisen würde, eine Ausnahme vorsah (Urteil 1P.28/1993 vom 5. November 1993 E. 4 mit Hinweisen, in: SJ 1995 S. 85). Im Urteil 1C_229/2009 vom 15. Januar 2010 E. 4 erachtete das Bundesgericht eine Reglementsbestimmung, welche den Anwendungsbereich der erwähnten Regelung auf das gesamte Stadtgebiet von Genf ausdehnte, ebenfalls als mit der Wirtschaftsfreiheit vereinbar.
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Aus den genannten sowie weiteren Urteilen ergibt sich, dass eine Massnahme, die vorwiegend raumplanerisch bedingt ist, jedoch zu einer Einschränkung der gewerblichen Betätigungsmöglichkeit führt, BGE 142 I, 162 (167)grundsätzlich nicht im Widerspruch zur Wirtschaftsfreiheit steht. Anders verhält es sich, wenn unter dem Deckmantel der Raumplanung ein Eingriff in den wirtschaftlichen Wettbewerb bezweckt wird oder die Wirtschaftsfreiheit durch die in Frage stehende Massnahme ihres Gehalts entleert würde (Urteile 1C_253/2013 vom 1. November 2013 E. 4.1, in: SJ 2014 I S. 153 und 1P.160/2004 vom 27. Januar 2005 E. 2.2 sowie die dort zitierte Rechtsprechung).
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§ 35 Abs. 3 des Planungs- und Baugesetzes des Kantons Luzern vom 7. März 1989 (SRL 735) sieht vor, dass die Bauzonen unterteilt werden können in Kern- oder Dorfzonen, Wohnzonen, Arbeitszonen, Weilerzonen, Zonen für öffentliche Zwecke, Zonen für Sport- und Freizeitanlagen, Grünzonen, Deponiezonen, Abbauzonen und Verkehrszonen. Gemäss Abs. 4 derselben Bestimmung können die Gemeinden weitere Bauzonen vorsehen. Damit besteht Raum für eine Tourismuszone, wie sie die Stadt Luzern in Art. 10 BZR vorsieht.
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Der Zonenplan und das zugehörige Reglement bilden zusammen die baurechtliche Grundordnung und sind als Ganzes zu würdigen. Es ist nicht erforderlich und auch nicht möglich, dass sich die geografische Ausdehnung einer einzelnen Zone dem Reglement selbst entnehmen lässt. Dessen Aufgabe besteht vielmehr darin, die dort zulässigen Nutzungen näher zu umschreiben. Die präzise örtliche Umgrenzung der einzelnen Zonen erfolgt im Nutzungsplan. Die Erwartung der Beschwerdeführer, aus dem Reglement oder dem Plan sollten die Abgrenzungskriterien für die jeweilige Zonenzuordnung hervorgehen, ist nicht realistisch, müsste dies doch für alle Parzellen des jeweiligen Planperimeters gelten, was sich mit einem vernünftigen Aufwand gar nicht realisieren liesse.
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Die Rüge der Beschwerdeführer, die Beschränkung der Wirtschaftsfreiheit beruhe nicht auf einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage, geht aus diesen Gründen fehl.
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BGE 142 I, 162 (168)Die Schaffung der Tourismuszone in der Stadt Luzern bezweckt unbestrittenermassen, eine (weitgehende) Umnutzung der bestehenden Hotels für Gewerbe oder als Luxuswohnungen zu verhindern. Gerade in touristisch bedeutenden Orten wie Luzern kommt der Erhaltung von Hotelbauten ein grosses öffentliches Interesse zu (BGE 136 II 204 E. 7.3 S. 213). Dieses Interesse ist an der betroffenen Lage direkt am See besonders ausgeprägt, handelt es sich dabei doch um einen städtebaulich und historisch besonders schutzwürdigen Bereich (vgl. Urteil 1P.28/1993 vom 5. November 1993 E. 4a mit Hinweisen, in: SJ 1995 S. 85). Publikumsorientierte Nutzungen tragen im Allgemeinen wesentlich zur Aufwertung und Belebung des öffentlichen Raums bei. Im vorliegenden Fall soll darüber hinaus gewährleistet werden, dass der attraktive Bereich am See der Bevölkerung und den Touristen erhalten bleibt. Gerade dem Hotel Schweizerhof kommt in dieser Hinsicht als Anfangspunkt der Hotelmeile am See für die Siedlungsstruktur der Stadt Luzern eine wichtige Bedeutung zu. Die Stadt Luzern hat offenkundig ein erhebliches Interesse daran, die Seepromenade als kulturell attraktives Zentrum zu erhalten, das auch abends belebt und für die Bevölkerung attraktiv bleibt, einem Zeitraum, in welchem Gewerbezonen mit überwiegender Büronutzung kaum mehr belebt sind. Die planerische Massnahme lässt sich namentlich unter Art. 1 Abs. 1 und 2 RPG subsumieren, wonach bei der Siedlungsentwicklung die Bedürfnisse von Bevölkerung und Wirtschaft zu beachten sowie das soziale, wirtschaftliche und kulturelle Leben zu fördern sind, aber auch unter Art. 3 Abs. 3 RPG, nach welchem Siedlungen nach den Bedürfnissen der Bevölkerung zu gestalten sind. Schliesslich hat der Regierungsrat in seinem Entscheid darauf hingewiesen, dass Hotels gegenüber Ferien- und Zweitwohnungen den Vorteil haben, dass sie die Infrastrukur weniger belasten. Auch dabei handelt es sich um ein raumplanerisches Anliegen.
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Die genannten öffentlichen Interessen sind bedeutsam und keineswegs vorgeschoben. Sie lassen faktische Auswirkungen auf die Wirtschaftstätigkeit klar in den Hintergrund treten. Wie insbesondere auch aus den folgenden Erwägungen hervorgeht, lässt sich zudem nicht behaupten, die Wirtschaftsfreiheit werde deshalb ihres Gehalts entleert.
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Auch dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Es liegt auf der Hand, dass in der Tourismuszone eine überwiegende Nutzung als Hotel oder Restaurant (oder Casino) vorgeschrieben werden muss, wenn das damit angestrebte, im öffentlichen Interesse liegende Ziel erreicht werden soll. Gemäss Art. 10 Abs. 3 BZR können 20 % der im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Bau- und Zonenordnung bewilligten, tatsächlich touristisch genutzten Fläche voraussetzungslos einer Wohn- oder Arbeitsnutzung zugeführt werden, was den betroffenen Hotelbetrieben einen Spielraum für gastgewerbefremde Umnutzungen eröffnet und damit eine gewisse Flexibilität ermöglicht. Darüber hinaus führt Art. 10 Abs. 4 BZR eine Ausnahmeregelung ein, die es erlaubt, weitere Flächen einer Wohn- oder Arbeitsnutzung zuzuführen, soweit sie den touristischen Zweck sichern oder optimieren. Dadurch besteht eine reglementarische Möglichkeit, einem betroffenen Hotelbetrieb im Falle schwerwiegender Ertragsprobleme über die Grenze von 20 % hinaus weitere Umnutzungen zu erlauben, um den Hotelbetrieb sicherzustellen. Es ist nicht einsichtig, weshalb mit dieser Regelung die Überlebensfähigkeit der unterstellten Hotelbetriebe gefährdet sein sollte; konkrete Hinweise hierfür liefern die Beschwerdeführer nicht. Insgesamt erscheint die Regelung somit hinreichend differenziert, um unterschiedlichen betrieblichen Bedürfnissen gerecht werden zu können; ob dies in jedem Einzelfall auch tatsächlich so wäre, kann nicht im Rahmen dieses Verfahrens geprüft werden.
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Zu berücksichtigen ist in dieser Hinsicht auch, dass die Hotelnutzung mit spezifischen Vorteilen verbunden ist, welche die mit der umstrittenen Planungsmassnahme einhergehende Beschränkung der Wirtschaftsfreiheit umso mehr als zumutbar erscheinen lässt. Der Regierungsrat führte dazu in seinem Entscheid aus, die Stadt Luzern habe in der Vergangenheit Hotelbetreibern verschiedene Privilegien bezüglich grossem Bauvolumen und attraktiver Lage (See- und Aussichtslage) gewährt und nennt dafür eine Reihe von Hotels aus der gehobenen Klasse, darunter auch das Hotel Schweizerhof. Zu Recht weist er darauf hin, dass sich eine derartige Privilegierung bei einer Umnutzung nicht mehr rechtfertigen liesse.
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Der Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit ist somit, entgegen der Kritik der Beschwerdeführer, nicht unverhältnismässig.
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BGE 142 I, 162 (170)Erwägung 3.7
 
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3.7.2 Nach dem Grundsatz der Wettbewerbsneutralität bzw. der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen sind Massnahmen verboten, die den Wettbewerb unter direkten Konkurrenten verzerren und dadurch nicht wettbewerbsneutral sind. Als direkte Konkurrenten gelten Angehörige der gleichen Branche, die sich mit dem gleichen Angebot an dasselbe Publikum richten, um das gleiche Bedürfnis zu befriedigen. Die Gleichbehandlung der Gewerbegenossen geht weiter als das allgemeine Rechtsgleichheitsgebot, gilt aber nicht absolut und schliesst gewisse Differenzierungen, etwa aus Gründen der Sozialpolitik, des Umweltschutzes oder der Kulturpolitik nicht aus. Eine entsprechend begründete Ungleichbehandlung muss jedoch verhältnismässig sein und soll spürbare Wettbewerbsverzerrungen vermeiden. Erforderlich ist eine Interessenabwägung (zum Ganzen: BGE 141 V 557 E. 7.2 S. 569; BGE 130 I 26 E. 6.3.3.1 S. 53; BGE 125 I 431 E. 4b/aa S. 435 f; je mit Hinweisen). Hinsichtlich des allgemeinen Rechtsgleichheitsgebots hat das Bundesgericht in konstanter Rechtsprechung festgehalten, es liege in der Natur der Raumplanung, dass die Gebiete, in denen gewisse Nutzungen erlaubt oder aber ausgeschlossen sind, irgendwie bezeichnet und von anderen Gebieten abgegrenzt werden müssen. Im Planungsrecht hat der Grundsatz rechtsgleicher Behandlung deshalb nur eine abgeschwächte Bedeutung (BGE 121 I 245 E. 6e/bb S. 249; BGE 117 Ia 302 E. 4b S. 307; BGE 116 Ia 193 E. 3b S. 195; Urteil 1C_76/2011 vom 29. Juli 2011 E. 4.1, in: SJ 2012 I S. 77; je mit Hinweisen). Dies ist auch bei der Beurteilung der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen zu berücksichtigen.
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3.7.3 Die von den Beschwerdeführern genannten Hotels, die nicht der Tourismuszone zugeteilt sind und zu denen der Schweizerhof in einem Konkurrenzverhältnis stehen soll, gehören allesamt nicht dem Luxussegment an und weisen zum Teil deutlich günstigere Übernachtungspreise auf als das Hotel Schweizerhof. Sie sprechen daher BGE 142 I, 162 (171)nicht dasselbe Kundensegment an, weshalb zweifelhaft erscheint, ob sie überhaupt als direkte Konkurrenten gelten können. Diese Frage braucht indes nicht vertieft zu werden, denn die Rüge der Ungleichbehandlung ist ohnehin unbegründet. Aus raumplanerischer Sicht ist nicht entscheidend, ob der Betrieb der Beschwerdeführer mit andern Hotels, die nicht in der Tourismuszone liegen, im Wettbewerb steht, sondern ob es planerisch vertretbare Gründe für eine andere Zonenzuordnung gibt. Dies kann nicht zweifelhaft sein. Die von den Beschwerdeführern angeführten Hotels befinden sich überwiegend jenseits der Kapellbrücke oder gar auf der andern Seite der Reuss in Bahnhofsnähe, und die betreffenden Quartiere weisen einen andern Charakter auf als die Seepromenade, was eine planerisch unterschiedliche Behandlung rechtfertigt. Dies trifft zwar nur beschränkt zu für die Hotels Hofgarten und Rebstock. Auch diese liegen aber zurückversetzt an weniger prominenter Lage, und schon allein deshalb ist auch ihre Bedeutung für das kulturelle Leben der Stadt und für den Tourismus geringer. Auch hier erweist sich die zonenmässige Ungleichbehandlung sachlich als vertretbar. Die Rüge der Verletzung des Grundsatzes der Wettbewerbsneutralität ist deshalb unbegründet. (...)
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