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Informationen zum Dokument  BGE 92 I 400  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Das Bundesgesetz vom 18. Dezember 1936 über die Revision  ...
2. Die Beschwerdeführerin hat ihre Umwandlung in die Immobil ...
3. Die Bundesversammlung räumte bei der Revision des Genosse ...
4. Gemäss Art. 828 Abs. 1 OR ist die Genossenschaft eine als ...
5. Was die Beschwerdeführerin vorbringt, ändert an dies ...
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68. Urteil der I. Zivilabteilung vom 20. Dezember 1966 i.S. Vereinsdruckerei Bern gegen Regierungsrat des Kantons Bern.
 
 
Regeste
 
Umwandlung einer altrechtlichen Genossenschaft in eine Handelsgesellschaft.  
 
Sachverhalt
 
BGE 92 I, 400 (401)A.- Die Vereinsdruckerei Bern wurde unter der Herrschaft des alten Obligationenrechtes als Genossenschaft gegründet. Da sie nach den Bestimmungen des am 1. Juli 1937 in Kraft getretenen revidierten Rechtes (Art. 828 ff. OR) nicht mehr als Genossenschaft weiterbestehen kann, will sie sich in eine Aktiengesellschaft umwandeln. Am 30. September 1958 begann sie dieses Vorhaben vorzubereiten, indem sie beschloss, Anteilscheine herauszugeben. Sie liess diesen Beschluss am 14. August 1959 in das Handelsregister eintragen (SHAB vom 18. August 1959 S. 2318). Am 4. Oktober 1963 gründete sie die "Betriebsaktiengesellschaft Vereinsdruckerei Bern". Diese bezweckt "den Betrieb einer oder mehrerer Buchdruckereien, ferner die Ausführung von Druckarbeiten im Auftrag der Genossenschaft "Vereinsdruckerei Bern"". Die Betriebsaktiengesellschaft trat in alle am 1. Januar 1963 bestehenden Verträge ein, die mit dem eigentlichen Druckereibetrieb der Genossenschaft zusammenhingen, ausgenommen in den Vertrag mit der Gemeinde Bern über die Herstellung und Herausgabe des Anzeigers für die Stadt Bern (SHAB vom 28. Oktober 1963 S. 3047). Dieser Vertrag lief am 31. Dezember 1965 ab und wurde hierauf mit der Betriebsaktiengesellschaft erneuert.
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BGE 92 I, 400 (402)Am 6. Juli 1966 beschlossen die Genossenschafter der Vereinsdruckerei Bern, im Verfahren gemäss Verordnung des Bundesrates vom 29. Dezember 1939 über die Umwandlung von Genossenschaften in Handelsgesellschaften die "Immobilienaktiengesellschaft Vereinsdruckerei Bern" zu gründen, die Aktiven und Passiven der Genossenschaft auf sie übergehen zu lassen und die Genossenschaft aufzulösen. Am I 5. Juli 1966 meldete die Vereinsdruckerei Bern diese Beschlüsse zur Eintragung in das Handelsregister an.
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Der Handelsregisterführer von Bern wies die Anmeldung am 18. Juli 1966 zurück, und die Beschwerde, welche die Vereinsdruckerei Bern gegen diese Verfügung führte, wurde am 26. August 1966 vom Regierungsrat des Kantons Bern abgewiesen, im wesentlichen mit der Begründung, der Bundesrat habe die erwähnte Verordnung am 1. April 1966 zur Schaffung einer klaren Rechtslage formell ausser Kraft gesetzt, nachdem sie vorher irrtümlich über die in Art. 2 der Schluss- und Übergangsbestimmungen zum rev. OR vorgesehene Frist hinaus angewendet worden sei.
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B.- Die Vereinsdruckerei Bern führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Sie beantragt, den Entscheid des Regierungsrates aufzuheben und das Handelsregisteramt von Bern zu verhalten, die Anmeldung vom 15. Juli 1966 zur Eintragung entgegenzunehmen.
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Der Regierungsrat und das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement beantragen, die Beschwerde abzuweisen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
 
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Art. 2 ÜBest schreibt vor, Aktiengesellschaften, Kommanditaktiengesellschaften und Genossenschaften, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes im Handelsregister eingetragen seien, jedoch den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprächen, hätten binnen fünf Jahren ihre Statuten den neuen Bestimmungen anzupassen (Abs. 1), ansonst sie nach Ablauf der Frist durch den Handelsregisterführer von Amtes wegen als aufgelöst zu BGE 92 I, 400 (403)erklären seien (Abs. 3). Die erwähnte Frist wurde durch Vollmachtenbeschlüsse des Bundesrates vom 31. Oktober 1941 und 4. Oktober 1943 bis am 30. Juni 1947 verlängert.
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Art. 4 ÜBest sodann sieht vor, der Bundesrat könne allgemein oder im einzelnen Fall Vorschriften für die Umwandlung einer Genossenschaft in eine Handelsgesellschaft ohne Liquidation erlassen, wobei die Interessen der Genossenschafter und der Gläubiger angemessen zu berücksichtigen seien. Von dieser Ermächtigung machte der Bundesrat zunächst von Fall zu Fall Gebrauch. Nachher tat er es allgemein, indem er am 29. Dezember 1939 die Verordnung über die Umwandlung von Genossenschaften in Handelsgesellschaften erliess (BS 2 S. 681 ff.) (abgekürzt VUG). Sie sah nur die Möglichkeit der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft oder in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung vor und gestattete sie nur den Genossenschaften, die auf Grund ihrer Statuten ein durch Anteilscheine gebildetes Genossenschaftskapital besassen und für deren Verbindlichkeiten ausschliesslich das Genossenschaftsvermögen haftete (Art. 1). Die Verordnung trat am 1. Januar 1940 in Kraft (Art. 10), sagte jedoch über ihre Geltungsdauer nichts. Am 1. April 1966 hob der Bundesrat sie "mit sofortiger Wirkung" auf. Dieser Beschluss wurde am 12. Mai 1966 in der Sammlung der eidgenössischen Gesetze veröffentlicht (AS 1966 S. 674).
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3. Die Bundesversammlung räumte bei der Revision des Genossenschaftsrechtes den altrechtlichen Genossenschaften nicht das Recht ein, sich ohne Liquidation in eine Handelsgesellschaft umzuwandeln. Sie begnügte sich damit, die Befugnis zum Erlass entsprechender Normen an den Bundesrat zu delegieren (Art. 4 ÜBest). Mit den Worten "der Bundesrat kann..." stellte sie es dabei in dessen Ermessen, ob er von dieser Ermächtigung Gebrauch machen, also die Umwandlung ohne Liquidation überhaupt zulassen wolle. Folglich überliess sie es auch dem Ermessen des Bundesrates, diese Möglichkeit allenfalls wieder aufzuheben. Da das Bundesgericht an die von der BGE 92 I, 400 (404)Bundesversammlung erlassenen Gesetze gebunden ist (Art. 113 Abs. 3, 114bis Abs. 3 BV), muss somit davon ausgegangen werden, dass die Genossenschaften keinen verfassungsmässigen Anspruch haben, die Umwandlung in eine Handelsgesellschaft ohne Liquidation zu vollziehen. Es fragt sich nur, ob der Bundesrat das ihm durch die Delegationsnorm eingeräumte Ermessen überschritten habe, indem er durch den Beschluss vom 1. April 1966 die Verordnung über die Umwandlung von Genossenschaften in Handelsgesellschaften aufhob. Über die Zweckmässigkeit dieses Beschlusses hat es nicht zu entscheiden; damit würde es in das Ermessen des Bundesrates eingreifen (BGE 57 I 46, BGE 61 I 365, BGE 62 I 79, BGE 64 I 222 f., BGE 67 I 24, BGE 68 II 317 f., BGE 81 I 371, BGE 84 I 144, BGE 84 IV 75 f., BGE 85 IV 71, BGE 87 I 321, 435, BGE 87 IV 33 f., BGE 88 I 279 f., 307 f.).
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Das Übergangsrecht ist entgegen SIEGWART, Komm. zu Art. 620 ff., allgemeine Einleitung N. 383, nicht in der allgemeinen Bestimmung des Art. 7 Abs. 1 SchlT zum ZGB zu sehen, wonach Personenverbände, die unter dem bisherigen Recht die Persönlichkeit erlangt haben, diese unter dem neuen Recht selbst dann behalten, wenn sie nach dessen Bestimmungen die Persönlichkeit nicht erlangt hätten. Massgebend ist vielmehr die Sondernorm des Art. 2 ÜBest. Sie gestattete den Fortbestand der Pseudogenossenschaften nur während der ursprünglich auf fünf Jahre bemessenen und dann auf zehn Jahre verlängerten Übergangszeit. Denn aus der Vorschrift, dass die den gesetzlichen Bestimmungen des neuen Rechtes nicht entsprechenden Genossenschaften ihre Statuten binnen dieser Frist dem neuen Recht anzupassen hätten, ansonst der Handelregisterführer sie als aufgelöst zu erklären habe, ergibt sich, dass Genossenschaften, BGE 92 I, 400 (405)die wegen ihrer Struktur die Statuten nicht anpassen konnten oder nicht anpassen wollten, nach Ablauf der Frist aufgelöst werden mussten. Dass sie grundsätzlich nur noch während der Übergangszeit als Pseudogenossenschaften weiterbestehen konnten, ergibt sich auch daraus, dass Art. 2 Abs. 4 ÜBest den Bundesrat ermächtigte, für Versicherungs- und Kreditgenossenschaften im einzelnen Falle die Anwendbarkeit des alten Rechtes zu verlängern, wenn der Antrag vor Ablauf von drei Jahren seit dem Inkrafttreten des Gesetzes gestellt wurde. Diese Befugnis kann nur vorbehalten worden sein, damit den Versicherungs- und den Kreditgenossenschaften mehr Zeit gelassen werden könne, sich dem neuen Recht anzupassen, besonders durch Umwandlung in eine Handelsgesellschaft. Der Nationalrat wollte den Bundesrat sogar ermächtigen, solche Genossenschaften auf Gesuch hin dauernd unter altem Recht zu lassen (StenBull, NatR 1934 S.864 f.), doch schloss er sich dann der Auffassung des Ständerates an, dem diese Ausnahme zu weit ging (StenBull, StR 1935 S. 117 f., NatR 1935 S. 211). Damit wurde die unbeschränkte Weitergeltung des alten Rechtes unmissverständlich abgelehnt. Die Berichterstatter im Nationalrat stellten sich denn auch auf den Standpunkt, die Pseudogenossenschaften seien der Auflösung oder Umwandlung entgegenzuführen (StenBull, NatR 1934 S. 750 und 837-839, 1936 S. 1486).
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Aus diesem Sinne des Art. 2 ÜBest ergibt sich, dass die ohne Liquidation erfolgende Umwandlung, die der Bundesrat den Genossenschaften gemäss Art. 4 ÜBest gestatten konnte, nicht beliebig aufgeschoben werden durfte. Sie hatte während der Übergangsfrist zu erfolgen oder jedenfalls binnen drei Monaten nach der Auflösung, die der Handelsregisterführer gemäss Art. 2 Abs. 3 ÜBest beim unbenützten Ablauf dieser Frist zu erklären hatte (Art. 122 Abs. 3 HRegV). Art. 4 ÜBest wurde gerade deshalb und nur deshalb erlassen, um den von Art. 2 Abs. 1 und Abs. 3 ÜBest erfassten Pseudogenossenschaften die Umwandlung in eine Handelsgesellschaft zu erleichtern. Dass Pseudogenossenschaften Anspruch darauf hätten, unbeschränkte Zeit als solche weiterzubestehen und sich in einem beliebigen spätern Zeitpunkt ohne Liquidation umzuwandeln, wurde damit nicht gesagt. Art. 4 ÜBest wollte das Übergangsrecht des Art. 2 nicht abändern, sondern den Bundesrat nur ermächtigen, die Folgen dieser Ordnung durch Zulassung der liquidationslosen Umwandlung BGE 92 I, 400 (406)zu mildern. Das Bundesgericht hat denn auch schon in BGE 74 I 521 ausgeführt, die hier vorgesehene liquidationslose Umwandlung sei nur als Alternative zur Auflösung sinnvoll und unter der Voraussetzung, dass die Genossenschaft als solche nach dem neuen Recht nicht mehr zulässig sei.
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Auch im Schrifttum wurde von Anfang an vorwiegend die Meinung vertreten, Pseudogenossenschaften müssten sich umwandeln (GUHL, Das neue Aktiengesellschafts- und Genossenschaftsrecht der Schweiz S. 96; GUHL, Obligationenrecht, 5. Auflage, S. 632) und der Bundesrat habe die Verordnung über die Umwandlung von Genossenschaften in Handelsgesellschaften nur für die Übergangszeit gemäss Art. 2 ÜBest erlassen können (SCHERER, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, in "Sieben Vorträge über das neue OR, veranstaltet von der Basler Handelskammer" S. 123/24; HENGGELER, SAG 1939/40 S. 55-57; GAHLER, SAG 1940/41 S. 74 f.; STAUFFER, Komm. ÜBest Art. 4 N. 2, 39; P. MÜLLER, Die Umwandlung von Genossenschaften in Handelsgesellschaften S. 2; R. BÄRLOCHER, Die Umwandlung einer Genossenschaft in eine Kapitalgesellschaft S. 32 ff.; E. REGLI, Die Umwandlung in Handelsgesellschaften nach der VUG S. 41 f.; A. SENDER, Die Umwandlung von Genossenschaften in Aktiengesellschaften auf Grund der VUG S. 22; A. HÜRLIMANN, Das intertemporale Genossenschaftsrecht S. 57 f.).
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Auch der frühere Vorsteher des eidgenössischen Amtes für das Handelsregister, F. VON STEIGER, gab unter Hinweis auf StenBull, NatR 1934, S. 837 zu, dass der Gesetzgeber den Zwang zur Umwandlung altrechtlicher Genossenschaften, deren Statuten dem neuen Recht nicht angepasst werden konnten, gewünscht habe (SAG 1940/41 S. 67 f.). Er leitete aber aus Art. 7 Abs. 1 SchlT zum ZGB ab, solche Genossenschaften könnten dennoch unbeschränkt fortbestehen (SAG 1939/40 S. 61, Nachtrag zum Aufsatz von Henggeler). Er sprach die Vermutung aus, die Behörden würden keinen Zwang zur Umwandlung ausüben (SAG 1940/41 S. 67).
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Tatsächlich war der Bundesrat nachsichtig. Als er die Frist des Art. 2 Abs. 1 ÜBest nicht mehr durch Vollmachtenbeschlüsse verlängern konnte, ersetzte er am 24. März 1947 Art. 123 HRegV durch die Art. 123-123ter, die das eidgenössische Amt für das Handelsregister ermächtigten, die Verlängerung bis zu drei Jahren von Fall zu Fall aus wichtigen Gründen zu bewilligen.
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BGE 92 I, 400 (407)Ferner kam er den Versicherungs- und Kreditgenossenschaften in seiner Bewilligungspraxis nach Art. 2 Abs. 4 ÜBest entgegen. Auch verschiedene Handelsregisterführer - nicht alle - duldeten die Umwandlung von Genossenschaften im Verfahren ohne Liquidation auch noch nach dem Ablauf der Übergangszeit. Sie gingen sogar dazu über, die in der VUG vorgesehene Art der Umwandlung auch neurechtlichen Genossenschaften zu gestatten. Schliesslich holte aber der Bundesrat ein Gutachten ein. Der Gutachter, alt Bundesrichter W. Schönenberger, kam zum Schluss, Art. 4 ÜBest und die VUG seien seit dem 1. Juli 1947 nicht mehr anwendbar und die gegenteilige Verwaltungspraxis der Handelsregisterbehörden sei gesetzwidrig, desgleichen die Art. 123-123ter HRegV. In einem Kreisschreiben vom 17. Januar 1966 an die kantonalen Aufsichtsbehörden für das Handelsregister vertrat daher das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement die Auffassung, die weitere Anwendung der VUG lasse sich nicht mehr rechtfertigen; Genossenschaften könnten sich in Zukunft nur noch auf dem normalen Wege der Auflösung, Liquidation und Neugründung in Handelsgesellschaften umwandeln. Zu diesem Kreisschreiben Stellung nehmend, bemerkte F. VON STEIGER auf S. 308, Fussnote 83a, der 3. Auflage seines Werkes "Das Recht der Aktiengesellschaft in der Schweiz", der Klarheit halber wäre es wohl einfacher und sachlich richtiger gewesen, wenn der Bundesrat die Verordnung aufgehoben hätte.
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Indem der Bundesrat das am 1. April 1966 tat, zog er nur die Konsequenz aus der durch Art. 2 ÜBest geschaffenen Rechtslage. Es kann nicht die Rede davon sein, dass er damit das Ermessen überschritten habe, das ihm Art. 4 ÜBest einräumte. Eher hätte es dem Sinne dieser Norm und des Art. 2 ÜBest widersprochen, auf der weiteren Anwendung der VUG zu beharren.
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Namentlich ist unerheblich, dass Art. 4 ÜBest keine Frist vorsah; denn die zeitliche Beschränkung der Umwandlung ohne Liquidation ergab sich schon aus der Notwendigkeit der Auflösung der Genossenschaft nach Ablauf der Übergangszeit des Art. 2 ÜBest. Dass der Bundesrat die VUG noch jahrelang fortbestehen liess, sie in die Bereinigte Sammlung der Bundesgesetze und Verordnungen 1848-1947 aufnahm und sie anwendete, BGE 92 I, 400 (408)hilft der Beschwerdeführerin ebenfalls nicht. Wie eine Verwaltungsbehörde nicht verpflichtet ist, im Interesse der Gleichbehandlung der Bürger eine als unrichtig erkannte Praxis fortzusetzen (BGE 91 I 217 lit. c mit Hinweisen auf frühere Urteile, BGE 91 I 359 Erw. 6), ist der Bundesrat nicht gehalten, eine Rechtsverordnung, die sich mit den gesetzlichen Bestimmungen nicht mehr verträgt, in Kraft zu lassen.
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Die Beschwerdeführerin geht auch fehl, wenn sie glaubt, der Bundesrat hätte die VUG jedenfalls nicht mit sofortiger Wirkung aufheben dürfen, sondern hätte eine Übergangsordnung erlassen müssen, wonach ihr eine Frist zur Umwandlung in eine Handelsgesellschaft anzusetzen gewesen wäre. Frist zur Umwandlung hatte sie während der Übergangszeit des Art. 2 ÜBest, und dass der Bundesrat eine weitere Frist einzuräumen habe, besonders an Genossenschaften, die jene um nahezu zwanzig Jahre überschreiten würden, lässt sich aus dem Gesetz nicht ableiten. Daran vermag auch das Vertrauen der Beschwerdeführerin in die weitere Nachsicht des Bundesrates nichts zu ändern. Art. 4 ÜBest verpflichtete den Bundesrat nicht, seine Absicht zum Erlass oder zur Aufhebung von Bestimmungen über die liquidationsfreie Umwandlung von Genossenschaften zum voraus anzukünden. Gewiss mag die Beschwerdeführerin in ihren Erwartungen enttäuscht sein, da das langjährige gesetzwidrige Entgegenkommen des Bundesrates und der Handelsregisterbehörden gegenüber den Pseudogenossenschaften in ihr die Hoffnung erweckte, sie könne weiterhin mit der Möglichkeit liquidationsfreier Umwandlung rechnen. Indem sie sich über Art. 2 ÜBest hinwegsetzte, nahm sie aber in Kauf, eines Tages von dieser Möglichkeit nicht mehr Gebrauch machen zu können. Von einer Verletzung wohlerworbener Rechte der Genossenschaft und der Genossenschafter kann nicht die Rede sein. Die Beschwerdeführerin hat durch die gesetzwidrige Hinausschiebung ihrer Anpassung an die neue Ordnung keine Rechte erworben. Sie übertreibt übrigens, wenn sie den Eindruck zu erwecken versucht, sie habe durch langjährige Vorbereitung der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft Aufwendungen gemacht, die nun unnütz geworden seien. Was sie (seit 1958) unternommen hat, um ihre Aktiven und Passiven auf eine Betriebsaktiengesellschaft einerseits und eine Immobilienaktiengesellschaft anderseits überzuführen, ist nicht unnütz vertan. Die Betriebsaktiengesellschaft bleibt bestehen, und die Gründung BGE 92 I, 400 (409)der Immobilienaktiengesellschaft ist nach wie vor möglich. Auch ist der Beschwerdeführerin nicht verwehrt, der letzteren ihre noch vorhandenen Aktiven und Passiven als Ganzes zu übertragen und die Genossenschafter mit Aktien dieser Gesellschaft abzufinden (BGE 42 II 159). Die einzige Erschwerung besteht darin, dass sie dabei im Interesse der Gläubiger die gesetzlichen Bestimmungen über die Liquidation befolgen muss und den in Art. 9 VUG vorgeschriebenen Erlass der Handänderungs- und Registrierungsabgaben nicht mehr beanspruchen kann. Unnütz ausgegeben sind nur die Kosten des untauglichen Versuches vom 6. Juli 1966, die Liquidationsvorschriften zu umgehen. Die Beschwerdeführerin vermag aber aus der Auskunft des Handelsregisterführers von Bern vom 18. März 1966, er werde sich einer Umwandlung gemäss VUG nicht widersetzen, nichts abzuleiten. Freilich befremdet diese Auskunft, denn das Kreisschreiben des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes vom 17. Januar 1966 war schon erlassen, als sie erteilt wurde. Vom 12. Mai 1966 an konnte aber die Beschwerdeführerin wissen, dass die VUG aufgehoben worden und daher die Auskunft gegenstandslos war. Es ist nicht zu verstehen, dass sie den Versuch vom 6. Juli 1966 trotzdem unternahm. Dass der Bundesratsbeschluss vom 1. April 1966 sonderbarerweise erst am 12. Mai veröffentlicht wurde, hilft der Beschwerdeführerin ebenfalls nicht, denn sie behauptet nicht, sie habe zwischen diesen Tagen im Vertrauen auf den Fortbestand der VUG etwas unternommen, was ihr unnütze Kosten verursacht habe.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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Die Beschwerde wird abgewiesen.
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