BGer 4A_256/2017
 
BGer 4A_256/2017 vom 24.11.2017
4A_256/2017
 
Urteil vom 24. November 2017
 
I. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,
Bundesrichterin Hohl, Niquille,
Gerichtsschreiber Lüthi.
 
Verfahrensbeteiligte
A.________ AG,
Beschwerdeführerin,
gegen
B.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Ernst Reber,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Krankentaggeldversicherung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts
des Kantons Bern, 2. Zivilkammer, vom 28. März 2017 (ZK 16 400).
 
Sachverhalt:
 
A.
B.________ (Kläger, Beschwerdegegner) war als Geschäftsführer bei der C.________ GmbH angestellt, die seit 1989/90 ihr festangestelltes Personal bei der A.________ AG (Beklagte, Beschwerdeführerin) krankentaggeldversichert hat. 2011 erkrankte er an Harnleiterkrebs, der im Herbst desselben Jahres entfernt wurde. Wegen einer bakteriellen Infektion musste er im Dezember 2011 erneut hospitalisiert werden. In der Folge kam es bei ihm zu depressiven Verstimmungen, aufgrund welcher er von seinem Hausarzt und dem behandelnden Psychiater ab 2. Februar 2012 arbeitsunfähig geschrieben wurde. Die erstmals seit Versicherungsabschluss für Krankentaggelder in Anspruch genommene Beklagte leistete nach einer Karenzfrist für 38 Tage (23. Februar bis Ende März 2012) ein Taggeld von insgesamt Fr. 9'995.--. Vom 12. bis 14. Juni 2012 liess sie den Kläger durch eine Detektei observieren. Am 26. Juni 2012 befragte sie ihn zu seinem Gesundheitszustand und trat am darauffolgenden Tag gestützt auf Art. 40 VVG (SR 221.229.1) vom Versicherungsvertrag zurück.
 
B.
Mit Klage vom 16. Mai 2013 beim Regionalgericht Bern-Mittelland verlangte der Kläger von der Beklagten die Bezahlung von Taggeldern; und zwar, nachdem er das Begehren im Laufe des Verfahrens modifiziert hatte, in der Höhe von Fr. 135'842.90 nebst Zins. Widerklageweise verlangte die Beklagte die Rückerstattung der bereits ausgerichteten Taggelder. Das Regionalgericht hiess mit Urteil vom 13. Juni 2016 die Klage im Umfang von Fr. 133'083.06 nebst einem gestaffelten Zins grösstenteils gut, während es die Widerklage abwies, soweit es darauf eintrat.
Das von der Beklagten mit Berufung angerufene Obergericht des Kantons Bern, 2. Zivilkammer, bestätigte mit Urteil vom 28. März 2017 das Urteil des Regionalgerichts.
 
C.
Die Beklagte beantragt mit ihrer Beschwerde in Zivilsachen vom 15. Mai 2017, das Urteil des Obergerichts sei unter Entschädigungsfolgen aufzuheben, ihre Berufung sei zu schützen (Rechtsbegehren Ziff. 1) und der Beschwerdegegner sei zu verpflichten, ihr Fr. 9'995.-- nebst Zins seit wann rechtens zu bezahlen (Rechtsbegehren Ziff. 2). Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an das Obergericht zurückzuweisen (Rechtsbegehren Ziff. 3). Während die Vorinstanz auf eine Vernehmlassung verzichtet hat, beantragt der Beschwerdegegner, die Beschwerde sei kostenfällig abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.
 
Erwägungen:
 
1.
1.1. Nebst der Aufhebung des angefochtenen Urteils beantragt die Beschwerdeführerin mit Rechtsbegehren Ziffer 1, ihre Berufung sei zu schützen. Die im kantonalen Verfahren erhobene Berufung ist vom Bundesgericht allerdings nicht zu überprüfen, kann entsprechend von diesem auch nicht "geschützt" werden. Mit diesem Begehren will die Beschwerdeführerin letztlich dasselbe erreichen, wie sie bereits mit ihrer Berufung zu erlangen suchte. Dort verlangte sie einerseits, die Klage sei abzuweisen, und andererseits, der Beschwerdegegner sei widerklageweise zur Zahlung von Fr. 9'995.-- zu verpflichten. Ihr Widerklagebegehren stellt sie vor Bundesgericht explizit, weshalb sich ihr Antrag um Schutz der Berufung nur noch auf die Klageabweisung beziehen kann. Sinngemäss begehrt sie damit also, die Klage des Beschwerdegegners sei abzuweisen. So verstanden, handelt es sich dabei um ein zulässiges reformatorisches Rechtsbegehren.
1.2. Die Beschwerdeführerin verlangt widerklageweise u.a. Zins von 5 % auf Fr. 9'995.-- "seit wann rechtens". Ein Rechtsbegehren muss grundsätzlich so bestimmt sein, dass es im Falle seiner Gutheissung zum Urteil erhoben werden kann (BGE 137 III 617 E. 4.3 S. 619; vgl. bezüglich Geldforderungen auch Art. 84 Abs. 2 ZPO). Wird Zins auf einem Betrag ab unbestimmtem Datum gefordert, handelt es sich bei dieser Zinsforderung um ein unbestimmtes Forderungsbegehren. Gründe, weshalb es der Beschwerdeführerin unmöglich oder unzumutbar gewesen wäre, das Zinsbegehren zu konkretisieren, indem sie das Datum angegeben hätte, ab dem der Zins zu laufen begonnen haben soll, werden weder geltend gemacht noch sind solche ersichtlich. Das Zinsbegehren ist damit prozessual ungenügend, weshalb darauf nicht einzutreten ist (Urteile 4C.166/2005 vom 24. August 2005 E. 1; 4D_103/2008 vom 6. November 2008 E. 3).
1.3. Abgesehen davon ist unter Vorbehalt einer rechtsgenüglichen Begründung (Art. 42 Abs. 2 BGG) auf die Beschwerde einzutreten.
 
2.
2.1. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Mit Blick auf die allgemeinen Begründungsanforderungen an eine Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) behandelt es aber grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (BGE 140 III 86 E. 2 S. 88 f. mit Hinweisen). Unerlässlich ist im Hinblick auf Art. 42 Abs. 2 BGG, dass die Beschwerde auf die Begründung des angefochtenen Entscheids eingeht und im Einzelnen aufzeigt, worin eine Verletzung von Bundesrecht liegen soll. Die beschwerdeführende Partei soll in der Beschwerdeschrift nicht bloss die Rechtsstandpunkte, die sie im kantonalen Verfahren eingenommen hat, erneut bekräftigen, sondern mit ihrer Kritik an den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz ansetzen. Dieselben Begründungsanforderungen gelten auch für die Beschwerdeantwort (BGE 140 III 86 E. 2 S. 89, 115 E. 2 S. 116; je mit Hinweis).
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Dazu gehören sowohl die Feststellungen über den streitgegenständlichen Lebenssachverhalt als auch jene über den Ablauf des vor- und erstinstanzlichen Verfahrens, also die Feststellungen über den Prozesssachverhalt (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 17 f. mit Hinweisen). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei willkürlich (BGE 140 III 115 E. 2 S. 117; 135 III 397 E. 1.5 S. 401). Überdies muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein können (Art. 97 Abs. 1 BGG).
Für eine Kritik am festgestellten Sachverhalt gilt das strenge Rügeprinzip von Art. 106 Abs. 2 BGG (BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266 mit Hinweisen). Die Partei, welche die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz anfechten will, muss klar und substanziiert aufzeigen, inwiefern diese Voraussetzungen erfüllt sein sollen (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 18 mit Hinweisen). Wenn sie den Sachverhalt ergänzen will, hat sie zudem mit präzisen Aktenhinweisen darzulegen, dass sie entsprechende rechtsrelevante Tatsachen und taugliche Beweismittel bereits bei den Vorinstanzen prozesskonform eingebracht hat (BGE 140 III 86 E. 2 S. 90 mit Hinweisen). Genügt die Kritik diesen Anforderungen nicht, können Vorbringen mit Bezug auf einen Sachverhalt, der vom angefochtenen Entscheid abweicht, nicht berücksichtigt werden (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 18).
Unter dem Titel "Sachverhalt" stellt die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde den Sachverhalt ausführlich aus ihrer Sicht dar. Die Voraussetzungen für Sachverhaltsvorbringen beachtet sie dabei allerdings nicht - das gesamte Kapitel "Sachverhalt" ist unbeachtlich. Ebenso wenig sind die weiteren Ausführungen der Beschwerdeführerin zum Sachverhalt zu berücksichtigen, soweit sie auch dabei die Anforderungen nicht einhält, indem sie etwa die erforderlichen Aktenhinweise unterlässt.
 
3.
Die Erstinstanz kam zum Schluss, der Beschwerdegegner sei vom 2. Februar 2012 bis 7. März 2013 100 % arbeitsunfähig gewesen und ab dem 8. März 2013 zu mindestens 50 %. Bei ihrer Beweiswürdigungerachtete sie insbesondere das von ihr eingeholte Gutachten als vollständig, schlüssig und überzeugend. Laut diesem habe der Beschwerdegegner während der fraglichen Zeit unter einer mittelgradigen bis schweren Depression gelitten und sei infolgedessen arbeitsunfähig gewesen. Dieser Befund werde zudem durch die zeitnah erstellten Berichte der behandelnden Fachpersonen (Hausarzt sowie Psychiater) bestätigt. Gemäss RAD-Gutachten, das im Rahmen des IV-Verfahrens eingeholt worden sei, soll hingegen bloss eine leichte depressive Episode vorgelegen haben, die bei uneingeschränkter Arbeitsfähigkeit in der bisherigen Tätigkeit die Leistungsfähigkeit um 20 % vermindert habe. Weil die Untersuchungsergebnisse darin nicht (schlüssig) begründet worden seien, mass die Erstinstanz diesem Gutachten jedoch einen geringeren Beweiswert zu. So sei beispielsweise die Diagnose ohne nachvollziehbare Anwendung der ICD-10 Kriterien gestellt worden. Nicht ausser Acht gelassen werden dürfe zudem, dass der Beschwerdegegner bei den IV-Abklärungen keine Parteirechte habe wahrnehmen können.
Die Vorinstanz setzte sich einlässlich mit der Kritik auseinander, welche die Beschwerdeführerin gegen diese Beweiswürdigung vorbrachte, verwarf diese als unbegründet und bestätigte im Ergebnis die erstinstanzliche Sachverhaltsfeststellung.
Die Beschwerdeführerin stuft die Beweiswürdigung im angefochtenen Urteil als willkürlich ein. Insbesondere sei das gerichtliche Gutachten, auf das die kantonalen Instanzen primär abgestellt hätten, unvollständig, nicht schlüssig und nicht nachvollziehbar. Denn es fehle darin an einer Auseinandersetzung mit der anderslautenden Diagnose gemäss RAD-Gutachten. Eine solche sei angezeigt gewesen, zumal die Diagnosestellung im RAD-Gutachten - entgegen der Vorinstanz - nicht zu beanstanden sei. Die Vorinstanz verweise selber darauf, dass die Untersuchungsbefunde beider Gutachter dieselben gewesen seien. Es sei daher willkürlich, wenn sie, ohne dies zu begründen, dennoch davon ausgehe, es habe eine volle Arbeitsunfähigkeit vorgelegen und nicht nur eine solche von 20 %. Der vom Gericht bestellte Gutachter habe diese Diskrepanz zwischen den Diagnosen auch auf ihre entsprechende Zusatzfrage hin nicht aufgelöst. Ein Gutachten, das nur unzureichend oder gar nicht auf Ergänzungsfragen der Parteien eingehe, sei mangelhaft.
3.1. Macht die beschwerdeführende Partei eine Verletzung des Willkürverbots geltend, genügt es nicht, wenn sie bloss ihre eigene Darstellung derjenigen der Vorinstanz gegenüberstellt und behauptet, der angefochtene Entscheid sei willkürlich (BGE 134 II 349 E. 3 S. 352 mit Hinweisen). Sie hat vielmehr im Einzelnen anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, inwiefern dieser an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet (BGE 137 V 57 E. 1.3 S. 60; 135 III 232 E. 1.2 S. 234; je mit Hinweisen). Willkür liegt dabei nicht schon vor, wenn eine andere Lösung ebenfalls in Betracht zu ziehen oder gar vorzuziehen wäre, sondern nur, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Der angefochtene Entscheid ist dabei nur aufzuheben, wenn er auch im Ergebnis und nicht nur in der Begründung verfassungswidrig ist (BGE 140 III 16 E. 2.1 S. 18 f.; 139 III 334 E. 3.2.5 S. 339; je mit Hinweisen).
Die Beweiswürdigung erweist sich als willkürlich, wenn das Gericht Sinn und Tragweite eines Beweismittels offensichtlich verkannt hat, wenn es ohne sachlichen Grund ein wichtiges und entscheidwesentliches Beweismittel unberücksichtigt gelassen hat oder wenn es auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen unhaltbare Schlussfolgerungen gezogen hat (BGE 137 III 226 E. 4.2 S. 234 mit Hinweisen). Allein dass die vom Gericht gezogenen Schlüsse nicht mit der Darstellung der beschwerdeführenden Partei übereinstimmen, belegt noch keine Willkür (BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266 mit Hinweisen). Entsprechend genügt es nicht, lediglich einzelne Beweise anzuführen, die anders als im angefochtenen Entscheid gewichtet werden sollen, und dem Bundesgericht in appellatorischer Kritik die eigene Auffassung zu unterbreiten, als ob diesem eine freie Sachverhaltsprüfung zukäme (vgl. nur etwa Urteil 4A_606/2015 vom 19. April 2016 E. 2.1).
Erachtet eine Vorinstanz ein Gutachten als schlüssig und macht sich deshalb dessen Ergebnis zu eigen, liegt nur dann Willkür vor, wenn der Gutachter gestellte Fragen nicht beantwortet hat, wenn seine Folgerungen widersprüchlich sind oder wenn das Gutachten sonstwie an offenkundigen Mängeln leidet, die das Gericht - selbst ohne Fachkunde - nicht einfach ignorieren kann. Es ist nicht Aufgabe des Bundesgerichts, zu prüfen, ob sämtliche Ausführungen im Gutachten willkürfrei sind, sondern einzig, ob sich die Vorinstanz auf das Ergebnis des Gutachtens stützen konnte, ohne dabei in Willkür zu verfallen. Liegen mehrere gerichtliche Gutachten vor und folgt die Vorinstanz einem davon, hat sie ihre Wahl zu begründen. In einem solchen Fall ist Willkür nur dann zu bejahen, wenn entweder diese Begründung unhaltbar ist oder aber das Ergebnis des von der Vorinstanz bevorzugten Gutachtens aus einem der zuvor genannten Gründe willkürlich ist (Urteil 4P.205/2003 vom 22. Dezember 2003 E. 2.1 mit Hinweisen).
3.2. Die Beschwerdeführerin erachtet das vom Gericht eingeholte Gutachten primär deshalb als unvollständig, unschlüssig und nicht nachvollziehbar, weil darin eine ausdrückliche Stellungnahme zur Diagnose im RAD-Gutachten fehle.
Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, der gerichtliche Gutachter habe das RAD-Gutachten nicht berücksichtigt, widerspricht dies den verbindlichen vorinstanzlichen Feststellungen. Wie die Beschwerdeführerin nämlich selber festhält, stellte die Vorinstanz fest, der Gutachter habe Kenntnis vom RAD-Gutachten genommen, was die Beschwerdeführerin nicht als willkürlich rügt.
Dass der Gutachter bei der Auftragserteilung instruiert worden wäre, generell oder zumindest bei einer abweichenden Beurteilung ausdrücklich zum RAD-Gutachten Stellung zu nehmen, behauptet die Beschwerdeführerin selber nicht. Solches ist auch nicht ersichtlich, zumindest nicht aus dem Gutachten, das die unterbreiteten Fragen aufführt. Aufgabe des Gutachters war vielmehr, selber eine Diagnose zu stellen und diese zu begründen, was er denn auch getan hat. Das Gutachten ist insofern nicht zu beanstanden.
Die Beschwerdeführerin macht allerdings geltend, sie habe dem Gutachter nachträglich eine Ergänzungsfrage gestellt, die ihm die Möglichkeit gegeben hätte, die Diskrepanz zwischen seiner Einschätzung und derjenigen im RAD-Gutachten zu begründen. Dennoch habe er dies nicht getan, weshalb das Gutachten an einem Mangel leide. Aus dem vorinstanzlichen Urteil ergibt sich zwar, dass die Beschwerdeführerin eine Zusatzfrage stellte, nicht aber, wie diese lautete. Die Beschwerdeführerin hält in ihrer Beschwerde ebenso wenig fest, wie ihre Frage gelautet haben soll. Sie unterlässt zudem die notwendigen Aktenhinweise auf die entsprechenden Fundstellen. Ob eine Gutheissung dieser Rüge ohne genaue Kenntnis der gestellten Frage überhaupt möglich wäre, kann offenbleiben, da ihr bereits gestützt auf die vorhandenen Angaben ohnehin kein Erfolg beschieden sein kann. Die Beschwerdeführerin hält in ihrer Beschwerde fest, der Gutachter habe in seiner Antwort seine eigene Diagnose bestätigt. Weiter habe er festgehalten, er könne seinen Unterlagen nicht mehr entnehmen, ob im RAD-Gutachten die Arbeitsunfähigkeit in Bezug auf die damalige Tätigkeit oder generell beurteilt worden sei - diese Aussage des Gutachters hielt die Vorinstanz in ihrem Urteil ebenfalls fest. Zur Diskrepanz scheint sich der Gutachter sodann mangels diesbezüglich bei ihm noch vorhandener Informationen nicht weiter geäussert zu haben. Allein deshalb ist sein Gutachten nun aber nicht in einem Sinne unvollständig (vgl. dazu auch nachfolgend), dass es willkürlich wäre, wenn darauf abgestellt würde, zumal es Aufgabe des Gerichts bleibt, sich im Rahmen der Beweiswürdigung mit sich widersprechenden Beweismitteln auseinanderzusetzen - diese Aufgabe kann nicht an einen Gutachter delegiert werden.
Die Vorinstanz stellte sodann fest, vom gerichtlichen Gutachter habe mangels ausführlicher Begründung des RAD-Gutachtens auch nicht erwartet werden können, dass er sich eingehend damit auseinandersetze. Indem er seine eigenen Schlüsse einlässlich begründet habe, sei er aber immerhin indirekt darauf eingegangen. Die Beschwerdeführerin hält an ihrer Ansicht fest, dass eine explizite Auseinandersetzung erforderlich gewesen wäre, und zwar selbst dann, wenn die Begründung des RAD-Gutachtens - entgegen ihrer Meinung - nur unzureichend gewesen sein sollte. Die Folgerung der Vorinstanz, wonach der gerichtliche Gutachter die Einschätzung des RAD-Gutachtens nicht geteilt haben soll, sei nicht nachvollziehbar und daher willkürlich - dies sei eine reine Spekulation, die sich durch keine konkreten Anhaltspunkte erhärten liesse. Dass die Vorinstanz bei der gegebenen Ausgangslage vom gerichtlichen Gutachter nicht erwartete, ausdrücklich auf das RAD-Gutachten einzugehen, ist nicht willkürlich. Zutreffend ist sodann ihre Ansicht, dass er immerhin indirekt darauf einging, indem er seine eigenen Schlüsse ausführlich begründete. Seine Begründung impliziert, dass er die abweichende Einschätzung im RAD-Gutachten und insbesondere die dortige Diagnose einer bloss leichten depressiven Episode nicht teilte. Inwiefern es sich bei diesem logischen Schluss um Spekulation handeln soll, erschliesst sich dem Bundesgericht nicht.
Weshalb sie dem gerichtlichen Gutachten und nicht dem RAD-Gutachten folgte bzw. wieso sie Zweites als weniger überzeugend erachtete, hat die Vorinstanz begründet; u.a. durch Wiedergabe der diesbezüglichen Ausführungen der Erstinstanz, denen sie nicht widersprochen hat. An einer Begründung fehlt es somit - entgegen der Beschwerdeführerin - nicht. Die Beschwerdeführerin mag die Beweiskraft des RAD-Gutachtens anders einschätzen als die kantonalen Instanzen. Als unhaltbar erweist sich die vorinstanzliche Begründung, weshalb sie dem gerichtlichen Gutachten folgte, dadurch aber nicht.
Die Vorinstanz hat somit willkürfrei eine Arbeitsunfähigkeit des Beschwerdegegners von 100 % vom 2. Februar 2012 bis 7. März 2013 und eine solche von mindestens 50 % ab dem 8. März 2013 festgestellt.
 
4.
Die Beschwerdeführerin beruft sich weiter darauf, das angefochtene Urteil verletze Art. 40 VVG. Diese Bestimmung enthalte zwei Tatbestandsvarianten; einerseits wahrheitswidrige Angaben zu anspruchsbegründenden (bzw. -mindernden) Tatsachen und andererseits zu späte oder unterlassene Mitteilungen gemäss Art. 39 VVG, d.h. Mitteilungen über solche Tatsachen, die zur Ermittlung der Umstände, unter denen das befürchtete Ereignis eingetreten ist, oder zur Feststellung der Folgen des Ereignisses dienlich sind. Vorliegend seien beide Varianten erfüllt.
4.1. Die Vorinstanz hielt fest, es treffe zwar zu, dass die Angaben des Beschwerdegegners anlässlich der Befragung vom 26. Juni 2012 deutlich vom Observationsbericht abweichen würden. Insbesondere die Antworten auf die Fragen 7 und 8 würden für die entsprechenden Observationstage durch den Observationsbericht widerlegt. Aber dies bedeute nicht automatisch, dass dadurch die Voraussetzungen von Art. 40 VVG erfüllt seien. Nachdem die geltend gemachte Arbeitsunfähigkeit beweismässig erstellt sei, sei eine betrügerische Begründung des Anspruchs auf Versicherungsleistungen nicht ersichtlich. Daran würden auch die problematischen Angaben des Beschwerdegegners auf die Fragen 7 und 8 nichts ändern. Denn die gemachten Angaben [recte: eine wahrheitsgemässe Beantwortung dieser Fragen] hätten nicht dazu geführt, dass die Beschwerdeführerin eine tiefere oder gar keine Entschädigung zu entrichten gehabt hätte. Die Auskünfte seien mit anderen Worten für die Begründetheit des Versicherungsanspruchs nicht von Bedeutung gewesen, weshalb sich die Beschwerdeführerin nicht auf Art. 40 VVG berufen könne.
 
4.2.
4.2.1. Die Beschwerdeführerin hält fest, damit habe die Vorinstanz verbindlich festgestellt, dass der Beschwerdegegner bei den Fragen 7 und 8 Falschangaben gemacht habe. Frage 7 habe seine Fahrfähigkeit betroffen, Frage 7 [recte: 8] seinen Tagesablauf. Gerade Frage 7 [recte: 8] sei durchaus geeignet, Einschätzungen zur Arbeitsfähigkeit vorzunehmen. So dränge sich auf, einer Person, die das observierte aktive Verhalten gezeigt habe, eine höhere Arbeitsfähigkeit zu attestieren, als einer, die wegen einer geäusserten Lustlosigkeit den ganzen Tag zu Hause bleibe. Indem der Beschwerdegegner die mittels Observation festgestellten Aktivitäten verschwiegen und zur Frage bezüglich Tagesablauf Falschangaben gemacht habe, habe er in objektiver Hinsicht Tatsachen i.S.v. Art. 40 VVG verschwiegen, die geeignet gewesen seien, die Leistungsfähigkeit auszuschliessen oder zu mindern. Dass die problematischen Angaben nicht dazu geführt hätten, dass sie eine tiefere oder gar keine Entschädigung auszurichten gehabt hätte, ändere hieran - entgegen der Vorinstanz - nichts. Massgeblich dafür, ob Art. 40 VVG verletzt sei, sei nicht primär, ob tatsächlich eine Arbeitsunfähigkeit bestehe; entscheidend sei vielmehr, ob die Falschangaben geeignet seien, die Leistungspflicht der Beschwerdegegnerin [recte: Beschwerdeführerin] auszuschliessen oder zu mindern. Die Vorinstanz äussere sich im Zusammenhang mit dem Observationsmaterial zwar dahingehend, dieses sei nicht geeignet, Aussagen über die Krankheit zu machen. Sie mache aber keine Ausführungen dazu, ob das vom Beschwerdegegner gezeigte Verhalten einen Einfluss auf die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit habe - und dieser Umstand sei bei Art. 40 VVG relevant. Zu fragen sei also nach dem Konnex der Falschangaben und deren Eignung, die Leistungspflicht des Versicherers zu reduzieren. Nicht massgebend sei jedoch, ob die Falschangaben einen Einfluss auf die Diagnose und die damit einhergehende Symptomatik hätten. Die Vorinstanz habe sich nicht damit auseinandergesetzt, ob sich die aktenkundigen Aktivitäten mit einer vollen Arbeitsunfähigkeit vereinbaren liessen. Sie habe nur festgehalten, dass sich aufgrund des Überwachungsmaterials keine Aussagen zur Diagnose einer Depression machen liessen. Die Falschangaben seien durchaus geeignet gewesen, ihre Leistungspflicht zu beeinflussen. Eine volle Arbeitsunfähigkeit lasse sich nämlich dem Observationsmaterial nicht entnehmen und werde von der Vorinstanz auch nicht entsprechend postuliert.
4.2.2. Vorab ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin mit ihren Ausführungen den vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt ergänzt, ohne dabei die diesbezüglichen Voraussetzungen zu beachten (vgl. E. 2.2). Dem vorinstanzlichen Urteil lässt sich nämlich nur entnehmen, dass für die Observationstage widerlegt sei, dass die Angaben des Beschwerdegegners zu den Fragen 7 und 8 zutrafen. Was Gegenstand dieser Fragen war und wie der Beschwerdegegner diese beantwortet hat, wird im angefochtenen Urteil hingegen nicht festgehalten. Die Beschwerdeführerin macht geltend, es sei dabei um die Fahrfähigkeit und den Tagesablauf des Beschwerdegegners gegangen, doch unterlässt sie die erforderlichen Aktenhinweise. Da ihre weiteren Ausführungen bezüglich Art. 40 VVG auf dieser Sachverhaltsergänzung beruhen, die nicht zu hören ist, fehlt es diesen von vornherein an einer Grundlage.
Aber selbst wenn diesem Vorbringen die sachverhaltsmässige Basis nicht fehlen würde, wäre ihm kein Erfolg beschieden. Die Beschwerdeführerin scheint damit der Ansicht zu sein, Angaben zum Tagesablauf des Versicherten seien stets als Tatsachen zu werten, welche die Leistungspflicht des Versicherers ausschliessen oder mindern könnten, auch wenn sich aus dem Tagesablauf im konkreten Fall keine Rückschlüsse auf die Arbeits (un) fähigkeit ziehen lassen. Das trifft jedoch nicht zu - anspruchsbegründende Tatsache bei der Taggeldversicherung ist die Arbeitsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit (Urteil 4A_432/2015 vom 8. Februar 2016 E. 5.2). Auch wenn der Beschwerdegegner seinen Tagesablauf so geschildert hätte, wie er an drei Tagen durch die Observation festgestellt worden ist, hätte sich an der Leistungspflicht der Beschwerdeführerin nichts geändert. Ausschlaggebend für diese war die Arbeitsunfähigkeit des Beschwerdeführers, wie sie von der Vorinstanz trotz der beobachteten Aktivitäten willkürfrei festgestellt worden ist (E. 3 hiervor). Sollte die Beschwerdeführerin mit diesem Vorbringen noch weitere Punkte gerügt haben wollen, wäre dies jedenfalls nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit geschehen, weshalb nicht darauf einzugehen ist (E. 2.1).
 
4.3.
4.3.1. Die Beschwerdeführerin macht schliesslich geltend, mit diesen Falschangaben habe der Beschwerdegegner zudem Tatsachen verschwiegen, nach denen er einerseits von ihr explizit gefragt worden sei und die folglich auf Begehren des Versicherers erfolgt seien, und die andererseits zur Feststellung der Folgen der Ereignisse dienlich seien (Art. 40 i.V.m. Art. 39 Abs. 1 VVG). Da es um eine Krankentaggeldversicherung bei Arbeitsunfähigkeit gehe, könne nicht strittig sein, dass die von ihr anlässlich der Befragung vom 26. Juni 2012 verlangten Angaben zur Feststellung der Folgen des Ereignisses (hier der Arbeitsfähigkeit [recte: Arbeitsunfähigkeit]) dienlich sein können. Bei der Prüfung der Frage, ob eine attestierte 100 %ige Arbeitsunfähigkeit wegen einer psychischen Erkrankung gerechtfertigt sei, müsse auch das Aktivitätsniveau der versicherten Person in allen vergleichbaren Lebensbereichen, sein Verhalten in der Freizeit und im Alltag abgeklärt werden. Zur Klärung dieser Rahmenbedingungen und der konkreten Aktivitäten im Alltag würden auch Fragen betreffend Aufenthalt im Betrieb, der Durchführung von Arbeitsversuchen, dem Tagesablauf, der medizinischen Behandlung, dem Gesundheitsverlauf und der während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit vorgenommenen Tätigkeiten, welche eine Affinität zum ausgeübten Beruf haben, gehören. Wenn der Versicherer solche Fragen im Rahmen der Abklärung des Sachverhalts zur Klärung der eigenen Leistungspflicht bei geltend gemachter Arbeitsunfähigkeit stelle, könne der Versicherte diesbezüglich keine falschen Angaben machen, ohne damit den objektiven Tatbestand von Art. 40 i.V.m. Art. 39 Abs. 1 VVG zu verletzen. Äusserungen zur Tagesgestaltung und zum Tagesablauf seien durchaus massgebend zur Einschätzung der Leistungs- und Arbeitsfähigkeit und daher geeignet, Bestand und Umfang der Leistungspflicht der Beschwerdeführerin i.S.v. Art. 40 VVG zu beeinflussen. Für die Relevanz dieser Angaben spreche einerseits, dass sie anlässlich einer Besprechung zur Klärung des massgeblichen Sachverhalts im Rahmen der Schadenabwicklung erfolgt seien. Andererseits müsse analog Art. 4 Abs. 3 VVG von der Vermutung der Relevanz einer Tatsache ausgegangen werden, wenn der Versicherer diese Fragen im Rahmen einer protokollarischen Befragung bei der Schadenabwicklung stelle.
4.3.2. Wie bereits festgehalten, ergänzt die Beschwerdeführerin mit ihren Angaben zum angeblichen Inhalt der Befragung vom 26. Juni 2012 den Sachverhalt, ohne die Voraussetzungen dafür zu beachten, weshalb es auch dieser Rüge an der sachverhaltsmässigen Grundlage fehlt. Es kann auf das hiervor Gesagte verwiesen werden (E. 4.2.2).
 
5.
Die Beschwerde ist demnach abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird die Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG).
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2. Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3. Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 6'000.-- zu entschädigen.
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, 2. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 24. November 2017
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Kiss
Der Gerichtsschreiber: Lüthi