BGer 6B_673/2017 |
BGer 6B_673/2017 vom 02.10.2017 |
6B_673/2017
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Urteil vom 2. Oktober 2017 |
Strafrechtliche Abteilung |
Besetzung
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Bundesrichter Denys, Präsident,
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Bundesrichterinnen Jacquemoud-Rossari, Jametti,
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Gerichtsschreiber Traub.
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Verfahrensbeteiligte |
A.________,
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Beschwerdeführer,
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gegen
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Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
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Frey-Herosé-Strasse 20, Wielandhaus, 5001 Aarau,
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Beschwerdegegnerin.
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Gegenstand
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Nichtanhandnahme (gewerbsmässiger Betrug)
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Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 23. Mai 2017.
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Sachverhalt: |
A. |
A.________ reichte am 5. Juli 2016 Strafanzeige ein. Darin warf er Verwaltungsräten der konkursiten B.________ AG gewerbsmässigen Anlagebetrug vor.
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Die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau erliess am 3. Januar 2017 Nichtanhandnahmeverfügungen. Sie ging davon aus, die den Beschuldigten vorgeworfenen Betrugshandlungen seien verjährt. Damit bestehe ein Verfahrenshindernis im Sinne von Art. 310 Abs. 1 lit. b StPO.
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B. |
Das Obergericht des Kantons Aargau wies die gegen die Nichtanhandnahmeverfügung betreffend X.________ erhobene Beschwerde von A.________ ab, soweit es auf das Rechtsmittel eintrat (Entscheid vom 23. Mai 2017).
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C. |
A.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit dem Rechtsbegehren, der angefochtene Entscheid sei "wegen Willkür, Verweigerung des rechtlichen Gehörs und falscher Sachverhaltsdarstellung" aufzuheben und es sei eine ordentliche Strafuntersuchung durchzuführen. Weiter beantragt er, "es sei der 30-Mio-Betrug mit der B.________ AG als gewerbsmässiger Betrug in aufeinanderfolgenden Zeitabschnitten bis zur Konkurseröffnung vom 4. Mai 2010 zu werten".
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Erwägungen: |
1. |
1.1. |
1.1.1. Gemäss Art. 81 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde in Strafsachen berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten (lit. a) und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (lit. b). Legitimiert ist nach Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG insbesondere die Privatklägerschaft, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann. Als Privatklägerschaft gilt die geschädigte Person, die ausdrücklich erklärt, sich am Strafverfahren als Straf- oder Zivilklägerin bzw. -kläger zu beteiligen (Art. 118 Abs. 1 StPO). Geschädigt ist, wer durch die Straftat in seinen Rechten unmittelbar verletzt worden (Art. 115 Abs. 1 StPO), das heisst wer Träger des durch die verletzte Strafnorm geschützten oder zumindest mitgeschützten Rechtsgutes ist.
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Die Privatklägerschaft ist legitimiert, wenn sie bereits adhäsionsweise Zivilforderungen geltend gemacht hat. Sie muss sich mithin im Strafverfahren nicht nur als Strafklägerin (Art. 119 Abs. 2 lit. a StPO), sondern auch als Zivilklägerin (Art. 119 Abs. 2 lit. b StPO) konstituieren (vgl. etwa Urteil 6B_1162/2016 vom 27. April 2017 E. 1.1 mit Hinweisen). Als Zivilansprüche gelten solche, die ihren Grund im Zivilrecht haben und deshalb ordentlicherweise vor dem Zivilgericht durchgesetzt werden müssen. In erster Linie handelt es sich um Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung gemäss Art. 41 ff. OR. Richtet sich die Beschwerde gegen die Einstellung oder Nichtanhandnahme eines Verfahrens, wird die Privatklägerschaft vor den kantonalen Behörden indessen oftmals noch keine Zivilforderung angehoben haben. In diesen Fällen muss sie im Verfahren vor Bundesgericht darlegen, welche Zivilforderungen sie gegen die beschuldigte Person geltend machen will und aus welchen Gründen sich der angefochtene Entscheid auf diese auswirken kann. Das Bundesgericht stellt an die Begründung der Legitimation strenge Anforderungen. Genügt die Beschwerde diesen Anforderungen nicht, tritt es auf das Rechtsmittel nur ein, wenn aufgrund der Natur der in Frage stehenden Straftat ohne Weiteres ersichtlich ist, welcher Art die Zivilforderung ist (BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 4 mit Hinweisen).
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1.1.2. Der Beschwerdeführer begründet seine Legitimation in der Sache mit seiner Eigenschaft "als Straf- und Zivilkläger" resp. als Gläubiger mit einer Forderung von rund Fr. 400'000.--.
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Er macht geltend, er habe dem Beschuldigten in den Jahren 1999 und 2000 jeweils Fr. 200'000.-- zur Verwaltung durch die C.________ resp. deren Nachfolgegesellschaft B.________ AG übergeben. Daraus kann zwar geschlossen werden, inwiefern der Beschwerdeführer aus den inkriminierten Vermögensdelikten einen Schaden herleitet, für welchen er als Privatkläger Ersatz verlangt hätte. Indessen muss er auch darlegen, inwiefern der angefochtene Entscheid resp. dessen Begründung sich auf die Beurteilung eines solchen Zivilanspruchs negativ auswirken kann. Letzteres geht aus der Beschwerdeschrift nicht hervor. Damit fehlt es an einer hinreichenden Begründung der Rechtsmittellegitimation in der Sache.
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1.2. |
1.2.1. Unbekümmert um die fehlende Legitimation in der Sache selbst kann die Privatklägerschaft die Verletzung von Verfahrensrechten geltend machen, deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt. Zulässig sind Rügen formeller Natur, die von der Prüfung der Sache getrennt werden können; nicht zu hören sind solche, die im Ergebnis auf eine materielle Überprüfung des angefochtenen Entscheids abzielen. Das nach Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG erforderliche rechtlich geschützte Interesse ergibt sich diesfalls aus der Berechtigung, am Verfahren teilzunehmen (BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 5; Urteil 6B_827/2014 vom 1. Februar 2016 E. 1.1, nicht publ. in BGE 142 IV 82).
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In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das Bundesgericht verschiedentlich erkannt hat, den Parteien müsse vor dem Erlass einer Nichtanhandnahmeverfügung kein rechtliches Gehör gewährt werden, da diesem mit der vorgesehenen Beschwerdemöglichkeit genügend Nachachtung verschafft werde (Urteile 6B_342/2017 vom 4. August 2017 E. 3.2, 6B_617/2016 vom 2. Dezember 2016 E. 3.3.1 mit Hinweisen).
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1.2.2. Die entsprechenden Vorbringen in der Beschwerdeschrift richten sich in erster Linie gegen die Untersuchungsführung. Aus dem angefochtenen Entscheid ergibt sich jedoch nicht, dass der Beschwerdeführer bereits vor Vorinstanz geltend gemacht hat, die Beschwerdegegnerin habe seine Teilnahmerechte verletzt. Die Beschwerde in Strafsachen ist zulässig gegen verfahrensabschliessende Entscheide letzter kantonaler Instanzen (Art. 80 Abs. 1 und Art. 90 BGG). Der Instanzenzug muss nicht nur prozessual durchlaufen, sondern auch materiell erschöpft sein. Verfahrensrechtliche Einwendungen, die im kantonalen Verfahren hätten geltend gemacht werden können, können nach dem Grundsatz der materiellen Ausschöpfung des kantonalen Instanzenzugs vor Bundesgericht nicht mehr vorgebracht werden (BGE 135 I 91 E. 2.1 S. 93). Dem Beschwerdeführer wäre es möglich und zumutbar gewesen, seine Einwendungen in einem früheren Stadium des Verfahrens vorzubringen. Auf die erstmals vor Bundesgericht erhobene Rüge, die Beschwerdegegnerin habe seine Teilnahmerechte verletzt, kann daher mangels Ausschöpfung des kantonalen Instanzenzugs nicht eingetreten werden (vgl. etwa Urteil 6B_1397/2016 vom 4. April 2017 E. 3).
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1.3. Da die Legitimation weder in der Sache selber noch hinsichtlich der Verletzung von Verfahrensgarantien hinreichend dargetan wurde, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.
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Im Übrigen könnte auch mit Blick auf das Novenverbot nicht in der Sache eingetreten werden. Der Beschwerdeführer macht vor Bundesgericht erstmals Sachverhalte geltend, aus denen er einen erheblich späteren Beginn der Verjährungsfrist ableitet. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen indessen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Die Staatsanwaltschaft ging davon aus, die vorgeworfenen Betrugshandlungen seien verjährt, soweit es um Handlungen vor dem 1. Oktober 2002 gehe. Der Anzeiger habe bereits in den Jahren 1999 und 2000 investiert. Der Betrug sei mit der Investition in das mutmasslich kriminelle Konstrukt vollendet. Somit beruht die vorinstanzliche Schlussfolgerung, allfällige Tathandlungen betrügerischer Art, welche zu den Vermögensdispositionen des Beschwerdeführers in den Jahren 1999 und 2000 geführt haben könnten, seien zum heutigen Zeitpunkt verjährt, nicht auf einem neuen Begründungsansatz, der im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG Anlass für Noven geben könnte.
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2. |
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. Der Beschwerdeführer wird ausgangsgemäss kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG).
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Demnach erkennt das Bundesgericht: |
1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
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2. Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
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3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt.
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Lausanne, 2. Oktober 2017
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Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
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des Schweizerischen Bundesgerichts
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Der Präsident: Denys
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Der Gerichtsschreiber: Traub
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