BGer 5A_197/2017
 
BGer 5A_197/2017 vom 21.07.2017
5A_197/2017
 
Urteil vom 21. Juli 2017
 
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Marazzi,
Gerichtsschreiber von Roten.
 
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Benedikt Schneider,
Beschwerdeführer,
gegen
B.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Leo Sigg,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Aufhebung von Miteigentum,
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Luzern, 1. Abteilung, vom 2. Februar 2017.
 
Sachverhalt:
A. A.________ und B.________ waren Miteigentümer des im Grundbuch U.________ eingetragenen Grundstücks Nr. xxx. A.________ klagte beim Bezirksgericht Willisau mit folgenden Hauptbegehren:
1. Das Miteigentum der Parteien am Grundstück Nr. xxx GB U.________ sei gerichtlich aufzuheben.
2. Es sei eine Verkehrswertschatzung durchzuführen.
3. Das Grundstück Nr. xxx GB U.________ sei (gerichtlich) öffentlich zu verkaufen oder zu versteigern. Der Erlös der Liegenschaft C.________, U.________, sei nach Abzug der Hypotheken, der Freigabe der verpfändeten Pensionskassengelder, der Lebensversicherung D.________ Police yyy und des Säule 3a Guthabens des Klägers sowie nach Abzug von Grundstückgewinnsteuern je hälftig zu teilen.
In ihrer Klageantwort stellte B.________ folgende Hauptbegehren:
1. Dem Antrag Ziffer 1 der Klage sei stattzugeben.
2. Antrag Ziffer 2 der Klage sei abzuweisen.
3. Antrag Ziffer 3 der Klage sei abzuweisen und stattdessen das Grundstück Nr. xxx GB U.________ der Beklagten zu Alleineigentum zu überschreiben.
Es sei zudem festzustellen, dass eine Ausgleichung nicht geschuldet ist.
Das Bezirksgericht Willisau hob das Miteigentum durch öffentliche Versteigerung auf und legte die Verteilungsmodalitäten fest. Alle anderweitigen Begehren der Parteien wies es ab. Die Gerichtskosten (inkl. Schlichtungsverfahren) von Fr. 25'000.-- auferlegte es den Parteien je zur Hälfte und schlug die Parteientschädigungen wett (Urteil vom 19. August 2016).
B. Am 21. September 2016 erhob A.________ Kostenbeschwerde. Er beantragte, die Gerichtskosten seien vollumfänglich B.________ aufzuerlegen und ihm sei eine Parteientschädigung von Fr. 15'133.70 zuzusprechen. Eventualiter seien die Kosten im Verhältnis 5,8 zu 1, ausmachend Fr. 21'232.50 zu Lasten von B.________ und Fr. 3'676.50 zu seinen Lasten, zu verlegen, und B.________ habe ihm eine Parteientschädigung von Fr. 10'181.20 zu bezahlen. Mit Entscheid vom 2. Februar 2017 wies das Kantonsgericht Luzern die Beschwerde ab.
C. Mit Beschwerde in Zivilsachen und subsidiärer Verfassungsbeschwerde vom 13. März 2017 wendet sich A.________ (Beschwerdeführer) an das Bundesgericht mit dem Antrag, die Gerichtskosten des erstinstanzlichen Verfahrens seien vollumfänglich B.________ aufzuerlegen und ihm sei eine Parteientschädigung von Fr. 15'133.70 zuzusprechen. Eventualiter seien die Gerichtskosten im Umfang von Fr. 3'676.50 ihm und von Fr. 21'323.50 B.________ aufzuerlegen, und diese habe ihm eine Parteientschädigung von Fr. 10'181.20 zu bezahlen. Die Kosten des oberinstanzlichen Verfahrens seien entsprechend dem Verfahrensausgang neu zu verlegen. Ausserdem beantragt der Beschwerdeführer die aufschiebende Wirkung und die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung.
B.________ (Beschwerdegegnerin) beantragte, das Gesuch um aufschiebende Wirkung abzuweisen. Mit Präsidialverfügung vom 30. März 2017 wurde das Gesuch um aufschiebende Wirkung abgewiesen.
Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten, in der Sache selbst hingegen keine Vernehmlassungen eingeholt.
 
Erwägungen:
 
1.
1.1. Angefochten ist ein letztinstanzlicher kantonaler Endentscheid (Art. 75 Abs. 1 und Art. 90 BGG) betreffend die Prozesskosten. Die Zulässigkeit der Beschwerde gegen einen Nebenpunkt, wie dies die Gerichtskosten und Parteientschädigungen darstellen, richtet sich nach der Hauptsache (BGE 134 V 138 E. 3; 138 III 94 E. 2.2). In dieser ging es um die Aufhebung von Miteigentum, mithin um eine Zivilsache im Sinne von Art. 72 Abs. 1 BGG, wogegen grundsätzlich die Beschwerde in Zivilsachen gegeben ist.
1.2. Die Beschwerde in Zivilsachen ist zulässig, wenn der Streitwert in Fällen, die - wie hier - weder das Miet- noch das Arbeitsrecht betreffen (Art. 74 Abs. 1 lit. a BGG), mindestens Fr. 30'000.-- beträgt (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Bei Beschwerden gegen Endentscheide bestimmt sich der Streitwert nach den Begehren, die vor der Vorinstanz streitig geblieben waren (Art. 51 Abs. 1 lit. a BGG). Gemeint ist damit die Hauptsache, denn Gerichtskosten und Parteientschädigungen, die als Nebenrechte geltend gemacht werden, fallen bei der Bestimmung des Streitwerts nicht in Betracht (Art. 51 Abs. 3 BGG). Diese Grundsätze gelten selbst dann, wenn vor Bundesgericht nur noch die Kosten- und/oder Entschädigungsregelung streitig ist und der vor Bundesgericht noch streitige Betrag die Mindestsumme von Fr. 30'000.-- nicht erreicht (BGE 137 III 47 E. 1.2). War hingegen vor der Vorinstanz ausschliesslich die Kosten- und Entschädigungsregelung streitig, bestimmt sich der Streitwert anhand der vor Vorinstanz strittigen Punkte (Urteil 5A_11/2017 vom 27. April 2017 E. 1.1, mit Hinweisen; BGE 143 III 46 E. 1).
1.2.1. Der Beschwerdeführer meint, weil im erstinstanzlichen Verfahren Fr. 60'677.05 an Gerichts- und Parteikosten streitig gewesen seien, gelte dies auch für das oberinstanzliche Verfahren, und dies vorliegend umso mehr als die Beschwerdegegnerin eventualiter Anschlussbeschwerde erhoben habe, und zwar ungeachtet des Umstandes, dass auf die Anschlussbeschwerde nicht eingetreten worden sei und Eventualanträge grundsätzlich nicht streitwertrelevant seien (Ziff. 4.2 der Beschwerde). Ausserdem müssten im Falle einer Rückweisung der Sache an die erste Instanz wiederum die ganzen Kosten neu verteilt werden (Ziff. 4.3 der Beschwerde). Weiter argumentiert der Beschwerdeführer (Ziff. 4.4 der Beschwerde), wenn bei der Aufteilung des Miteigentums der Streitwert bezogen auf den gesamten Betrag der Liegenschaft festgesetzt werde und nicht nur auf den Miteigentumsanteil, so müsse bei der Kostenbeschwerde konsequenterweise auf die gesamten Kosten und nicht nur auf den nicht zugesprochenen Teil abgestellt werden. Schliesslich hält der Beschwerdeführer dafür, es könne nicht sein und stelle eine Ungleichbehandlung dar, wenn ein Rechtsuchender Zugang zum ordentlichen Verfahren vor Bundesgericht erhalte, nur weil er zusätzlich zum Kostenpunkt in der Sache selbst aber irgendwelche, vielleicht von vornherein aussichtslose Begehren stelle (Ziff. 4.5 der Beschwerde).
1.2.2. Wie bereits ausgeführt, bestimmt sich der Streitwert für das bundesgerichtliche Verfahren nach den Begehren, die vor der Vorinstanz streitig geblieben sind (Art. 51 Abs. 1 lit. a BGG); daran ist das Bundesgericht gebunden (Art. 190 BV). Im oberinstanzlichen Verfahren wird der Streitwert durch das Rechtsbegehren bestimmt (Art. 91 Abs. 1 ZPO). Der Beschwerdeführer beantragte, anstelle der hälftigen Teilung der Gerichtskosten, seien diese vollumfänglich der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen (Differenz = Fr. 12'500.--). Ausserdem beantragte er, dass ihm anstelle der Wettschlagung der Parteikosten eine Entschädigung von Fr. 15'133.70 zulasten der Beschwerdegegnerin zugesprochen werde. Mithin waren vor der Vorinstanz noch insgesamt Fr. 27'633.70 streitig. Dieser Betrag bestimmt den Streitwert für das bundesgerichtliche Verfahren. Mithin ist die Mindestsumme von Fr. 30'000.-- nicht erreicht (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG).
1.3. Für den jetzt eingetretenen Fall, dass das Bundesgericht das Streitwerterfordernis als nicht erfüllt erachten sollte, macht der Beschwerdeführer geltend, es stelle sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG). Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn ein allgemeines Interesse besteht, dass eine umstrittene Frage höchstrichterlich geklärt wird, um eine einheitliche Anwendung und Auslegung des Bundesrechts herbeizuführen und damit Rechtssicherheit herzustellen. Soweit es bei der zu beurteilenden Frage hingegen lediglich um die Anwendung von Grundsätzen der Rechtsprechung auf den konkreten Fall geht, handelt es sich nicht um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (BGE 135 III 1 E. 1.3 und 397 E. 1.2; 140 III 501 E. 1.3; 141 II 113 E. 1.4.1). Warum diese Voraussetzung erfüllt ist, hat der Beschwerdeführer zu begründen (Art. 42 Abs. 2 BGG).
1.3.1. Aus der Sicht des Beschwerdeführers stellt sich die grundsätzliche Rechtsfrage, ob im Falle des Obsiegens im Hauptantrag bei der Kostenverteilung gemäss Art. 106 ZPO aufgrund des Prozessausgangs in Nebenpunkten und in Eventualanträgen abgewichen werden darf, ohne dass triftige Gründe und/oder eng auszulegende Ausnahmen nach Art. 107 ZPO oder Art. 108 ZPO vorliegen, so dass sich eine Kostenverlegung nach Ermessen objektiv nicht rechtfertige. Oder anders formuliert stelle sich die Frage, ob und wie weit Art. 106 ZPO ein Ermessen des Richters bei der Kostenverteilung überhaupt zulasse, oder ob auf den Prozessausgang in den streitwertbestimmenden Hauptanträgen abgestellt werden müsse.
1.3.2. Formulierung wie Begründung gehen am wirklich Entschiedenen vorbei. Hier geht es letztlich um die Frage, ob der Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren als 
1.4. Aus den dargelegten Gründen ist das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu verneinen. Die Beschwerde in Zivilsachen erweist sich damit als unzulässig. Die Eingabe kann indes als subsidiäre Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. BGG) entgegengenommen werden. Das angefochtene Urteil ist kantonal letzt- und oberinstanzlich (Art. 114 BGG), trifft den Beschwerdeführer in seinen rechtlich geschützten Interessen (Art. 115 BGG) und schliesst das kantonale Verfahren ab (Art. 90 i.V.m. Art. 117 BGG). Die - rechtzeitig erhobene (Art. 100 Abs. 1 i.V.m. Art. 117 BGG) - Verfassungsbeschwerde ist grundsätzlich zulässig.
1.5. Anfechtungsobjekt ist das Urteil des Kantonsgerichts Luzern vom 2. Februar 2017. Soweit der Beschwerdeführer Rügen gegen das erstinstanzliche Urteil erhebt (die erste Instanz habe ihr Urteil nicht nachvollziehbar begründet, was eine Verletzung des rechtlichen Gehörs bedeute), ist darauf nicht einzutreten.
2. Im Rahmen der subsidiären Verfassungsbeschwerde kann einzig die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 116 BGG). Das Bundesgericht wendet dabei das Recht nicht von Amtes wegen an, sondern prüft nur klar und unter Bezugnahme auf die vorinstanzlichen Erwägungen detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen (Art. 106 Abs. 2 i.V.m. Art. 117 BGG; BGE 140 III 571 E. 1.5); auf ungenügend substanziierte Rügen und rein appellatorische Kritik tritt das Bundesgericht nicht ein.
Der Beschwerdeführer rügt, es verstosse offensichtlich gegen Art. 106 ZPO, die Prozesskosten nicht nach dem Obsiegen in der Hauptsache zu verlegen und stattdessen die Kostenverlegung aufgrund von Eventualanträgen und Nebenpunkten vorzunehmen. Nachdem die Klageanerkennung gemäss Art. 106 ZPO bei den Kosten ausdrücklich als Unterliegen fingiert werde, sei es offensichtlich gesetzeswidrig und auch im Ergebnis stossend, wenn die Kosten ohne triftige Gründe und ohne Vorliegen eines Grundes nach Art. 107 ZPO oder nach Art. 108 ZPO aufgrund des Prozessausgangs in den Nebenpunkten verlegt würden. Es liege daher eine offensichtliche Verletzung von Art. 106 ZPO vor, was insgesamt zu einem stossenden Ergebnis führe, mithin willkürlich sei.
Die Vorinstanz ist von einem lediglich teilweisen Obsiegen des Beschwerdeführers ausgegangen und hat bei der Kostenverlegung weder auf Art. 107 noch Art. 108 BGG, sondern allein auf Art. 106 Abs. 2 ZPO abgestellt. Die Ausführungen des Beschwerdeführers gehen an der Sache vorbei. Dieser begnügt sich mit der Behauptung, er habe vollumfänglich obsiegt; mit den vorinstanzlichen Erwägungen setzt er sich nicht auseinander. Auf die ungenügend substanziierten Beanstandungen tritt das Bundesgericht nicht ein. Ausserdem übersieht der Beschwerdeführer, dass es sich bei einer Klage nach Art. 650 und Art. 651 ZGB um eine sog. actio duplex handelt (vgl. Urteil 5A_174/2015 vom 14. Oktober 2015 E. 6.2), in deren Rahmen jeder Eigentümer eigene Anträge stellen darf, ohne formell Widerklage erheben zu müssen, und der gleichlautende Antrag in der Hauptsache folglich nicht als Anerkennung i.S.v. Art. 106 Abs. 1 letzter Teilsatz ZPO gilt.
3. Aus den dargelegten Gründen ist auch auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde nicht einzutreten. Der Beschwerdeführer wird damit kosten-, und für die Stellungnahme der Beschwerdegegnerin zum Gesuch um aufschiebende Wirkung entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 1 BGG). Er ersucht um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. Wie die vorstehenden Erwägungen zeigen, konnte der Beschwerde von Anfang an kein Erfolg beschieden sein. Entsprechend fehlt es an den materiellen Voraussetzungen für die unentgeltliche Rechtspflege (Art. 64 Abs. 1 BGG) und muss das entsprechende Gesuch folglich abgewiesen werden.
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Auf die Beschwerden wird nicht eingetreten.
2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3. Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4. Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin mit Fr. 500.-- zu entschädigen.
5. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Luzern, 1. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 21. Juli 2017
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: von Werdt
Der Gerichtsschreiber: von Roten