BGE 87 I 223
 
38. Urteil der I. Zivilabteilung vom 13. Juni 1961 i.S. N. N. gegen Eidgenössisches Amt für geistiges Eigentum.
 
Regeste
Art. 47 Abs. 1 PatG, Art. 103 Abs. 1 OG.
 
Sachverhalt
A.- Ottmar Knapp in Sickenhausen, DBR, wollte eine Erfindung, die er am 12. Dezember 1959 in der Bundesrepublik Deutschland zum Schutz als Gebrauchsmuster angemeldet hatte, vom Eidgenössischen Amt für geistiges Eigentum unter Beanspruchung des Prioritätsrechtes patentieren lassen. Zu diesem Zwecke ersuchte in seinem Auftrag ein deutscher Patentanwalt den Zürcher Patentanwalt N. N. am 7. Dezember 1960 schriftlich, die Anmeldung vorzunehmen. Obschon N. N. den Auftrag am 8. Dezember 1960 erhalten haben will und auf dem Schreiben bemerkt war: "Bitte vor dem 12.12.1960 einreichen", stellte er das Patentgesuch - Nr. 13 990/60 - erst am 16. Dezember 1960. Um die Folgen der Verwirkung des Prioritätsrechts abzuwenden, das gemäss Art. 17 Abs.1 PatG nur während zwölf Monaten seit der in Deutschland erfolgten Anmeldung bestand, ersuchte er gleichzeitig das Amt für geistiges Eigentum im Namen Knapps und im eigenen Namen um Wiedereinsetzung in den früheren Stand (Art. 47 PatG). Er wies auf Vorgänge in seinem Büro hin, die seines Erachtens seine Säumnis in der Einreichung des Patentgesuches entschuldigen.
B.- Das Amt für geistiges Eigentum wies am 22. Februar 1961 das Wiedereinsetzungsgesuch, "gestellt von Ottmar Knapp..., vertreten durch N. N.", zurück, weil die Versäumung der Prioritätsfrist einem unentschuldbaren Organisationsfehler im Büro N. N.s zuzuschreiben sei.
C.- N. N. führt im eigenen Namen gemäss Art. 97 ff. OG Beschwerde. Er beantragt dem Bundesgericht, die Verfügung des Amtes für geistiges Eigentum aufzuheben und in Bezug auf die Prioritätsfrist der Patentanmeldung Nr. 13 990/60 die Wiedereinsetzung zu gewähren.
Das Amt für geistiges Eigentum beantragt, die Beschwerde abzuweisen.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Gemäss Art. 103 Abs. 1 OG ist zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde berechtigt, "wer in dem angefochtenen Entscheide als Partei beteiligt war oder durch ihn in seinen Rechten verletzt worden ist".
a) Das Amt für geistiges Eigentum hat die Verfügung vom 22. Februar 1961 zu dem "von Ottmar Knapp ..., vertreten durch N. N.", gestellten Gesuch getroffen, N. N. im angefochtenen Entscheid also ausdrücklich nur als Vertreter, nicht als Partei behandelt, obwohl, er das Wiedereinsetzungsgesuch ausser im Namen des Knapp auch im eigenen Namen gestellt hatte. Der Beschwerdeführer war somit nicht "in dem angefochtenen Entscheide als Partei beteiligt". Er ist daher zur Beschwerdeführung nur berechtigt, wenn er durch diesen "in seinen Rechten verletzt worden ist".
b) Mit der Versäumung der Prioritätsfrist geht nur ein Recht des Patentbewerbers, nicht auch ein solches seines Vertreters unter. Das Gesuch um Wiedereinsetzung in den früheren Stand ist daher im Namen des Patentbewerbers, nicht im Namen seines Vertreters zu stellen, und Wiedereinsetzung kann nur jenem, nicht auch diesem gewährt werden. Der Vertreter hat auch nicht Anspruch darauf, dass der Patentbewerber wiedereingesetzt werde. Dieser allein kann bestimmen, ob er sein Prioritätsrecht wiederherstellen lassen will. Diese Ordnung ergibt sich denn auch deutlich aus Art. 47 Abs. 1 PatG, der lautet: "Vermag der Patentbewerber oder Patentinhaber glaubhaft zu machen, dass er ohne sein Verschulden an der Einhaltung einer durch das Gesetz oder die Vollziehungsverordnung vorgeschriebenen oder vom Amt für geistiges Eigentum angesetzten Frist verhindert wurde, so ist ihm auf sein Gesuch hin Wiedereinsetzung in den früheren Stand zu gewähren". Diese Bestimmung sagt nichts von einem Gesuch des Vertreters oder von dessen Wiedereinsetzung in den früheren Stand. Die Auffassung von BLUM/PEDRAZZINI, Das schweizerische Patentrecht, Bern 1959, S. 668, der Vertreter sei zum Antrag auf Wiedereinsetzung legitimiert, wenn er einen in seiner Person liegenden Wiedereinsetzungsgrund glaubhaft machen könne, entbehrt der gesetzlichen Grundlage.
Die Wiedereinsetzung in die Prioritätsfrist dient selbst dann nicht der Wahrung eines Rechtes des Vertreters, wenn dieser den Ablauf der Frist verschuldet hat und daher Gefahr läuft, vom Patentbewerber auf Ersatz eines Schadens belangt zu werden. Die Wiedereinsetzung würde zwar diese Gefahr bannen, läge also insofern in seinem Interesse, als er dann keinen Schadenersatzprozess zu befürchten brauchte. Zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde befugt ist jedoch jemand nicht schon, wenn ihm die Anfechtung des Entscheides nützen kann, er also an ihr interessiert ist (BGE 75 I 381 ff.). Der Entscheid muss ihn vielmehr in seinen Rechten (droits, diritti) verletzen. Rechte des Vertreters wären durch die Nichtwiederherstellung der Prioritätsfrist jedoch nur verletzt, wenn damit verbindlich festgestellt wäre, dass er dem Patentbewerber Schadenersatz schulde. Von einer solchen Feststellung kann keine Rede sein. Indem das Amt für geistiges Eigentum die Wiedereinsetzung Knapps in den früheren Stand mit der Begründung ablehnte, die Versäumung der Prioritätsfrist sei einem unentschuldbaren Organisationsfehler im Büro des Vertreters des Patentbewerbers zuzuschreiben, entschied es nicht, N. N. sei dem Knapp zum Ersatz von Schaden verpflichtet. Es bejahte damit die Schadenersatzpflicht nicht einmal vorfrageweise und dem Grundsatze nach. Dem Beschwerdeführer bleibt unbenommen, es zu einem Prozesse vor dem Zivilrichter kommen zu lassen, wenn Knapp gegen ihn Schadenersatzansprüche stellt, und der Zivilrichter hat dann in jeder Hinsicht frei zu prüfen, ob der Beschwerdeführer seine Pflichten aus dem Rechtsverhältnis zu seinem Auftraggeber verletzt habe. Auch ein zur Verschuldensfrage Stellung nehmender Entscheid des Bundesgerichtes als Verwaltungsgericht würde den Zivilrichter im Schadenersatzprozess zwischen Knapp und N. N. nicht binden.
Der Beschwerdeführer ist in seinen Rechten auch nicht etwa deshalb verletzt, weil der Vorwurf, er habe den erhaltenen Auftrag nicht mit der nötigen Sorgfalt ausgeführt, sein seelisches Gleichgewicht oder sein berufliches Ansehen beeinträchtigen mag. Der Umstand allein, dass Entscheidungsgründe der Verwaltung jemanden in seinen Gefühlen verletzen oder seinem Ansehen schaden können, also in die Sphäre seiner Persönlichkeit eindringen, berechtigt den Betroffenen nicht, den Entscheid durch Verwaltungsgerichtsbeschwerde anzufechten. Nur wer durch das Dispositiv eines Entscheides in seinen Rechten verletzt wird, ist zur Beschwerde legitimiert.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.