BVerfGE 52, 223 - Schulgebet
1. Es ist den Ländern im Rahmen der durch Art. 7 Abs. 1 GG gewährleisteten Schulhoheit freigestellt, ob sie in nicht bekenntnisfreien Gemeinschaftsschulen ein freiwilliges überkonfessionelles Schulgebet außerhalb des Religionsunterrichts zulassen.
2. Das Schulgebet ist grundsätzlich auch dann verfassungsrechtliche unbedenklich, wenn ein Schüler oder dessen Eltern der Abhaltung des Gebets widersprechen; deren Grundrecht auf negative Bekenntnisfreiheit wird nicht verletzt, wenn sie frei und ohne Zwänge über die Teilnahme am Gebet entscheiden können.
3. Die bei Beachtung des Toleranzgebots regelmäßig vorauszusetzende Freiwilligkeit ist ausnahmsweise nicht gesichert, wenn der Schüler nach den Umständen des Einzelfalls der Teilnahme nicht in zumutbarer Weise ausweichen kann.
 
Beschluß
des Ersten Senats vom 16. Oktober 1979
-- 1 BvR 647/70 und 7/74 --
in den Verfahren ...
Entscheidungsformel:
1. Die Anordnungen des Schulrats des Schulaufsichtsbereichs I Bergstraße vom 17. Juli 1970 und des Schulleiters der Eichendorff-Schule in Kirschhausen/Bergstraße vom 28. August 1970, das Schulgebet in den Klassen 3b und 5 der Eichendorff-Schule zu unterlassen, sowie die Widerspruchsbescheide des Regierungspräsidenten in Darmstadt vom 5. und 13. November 1970 (VI 2 - 40 f 14/21) verletzen die Beschwerdeführer zu I) in ihren Grundrechten aus Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 4 Absatz 1 und 2 des Grundgesetzes. Sie werden aufgehoben.
2. Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu II) wird zurückgewiesen.
3. Das Land Hessen hat den Beschwerdeführern zu I) die notwendigen Auslagen zu erstatten.
 
Gründe:
 
A.
Die zu gemeinsamer Entscheidung verbundenen Verfassungsbeschwerden betreffen die Frage der Zulässigkeit eines Schulgebets außerhalb des Religionsunterrichts in öffentlichen Pflichtschulen, wenn die Eltern eines Schülers dem Gebet widersprechen.
Die Verfassungsbeschwerden haben gegenläufige Zielsetzungen. Während sich die Beschwerdeführer im Verfahren 1 BvR 647/70 gegen die behördliche Untersagung des Schulgebets wenden, rügt der Beschwerdeführer des Verfahrens 1 BvR 7/74, er sei gerade dadurch in Grundrechten verletzt, daß das Schulgebet durchgeführt werde und ihm Rechtsschutz hiergegen versagt worden sei.
I. Verfassungsbeschwerdeverfahren 1 BvR 647/70
1. Die Beschwerdeführer (im folgenden: Beschwerdeführer zu I) sind die Eltern schulpflichtiger Kinder, die zur Zeit der Erhebung der Verfassungsbeschwerden die Klassen 3b und 5 der Eichendorff-Schule, einer Mittelpunktschule in Kirschhausen im Kreis Bergstraße/Hessen, besuchten. In dieser Schule war es zu jener Zeit üblich, daß täglich zu Beginn des Unterrichts ein gemeinsames überkonfessionelles Schulgebet gesprochen wurde. Ein Elternpaar, dessen Kinder seinerzeit diese Klassen besuchten, nahm am Schulgebet Anstoß und beantragte, es zu untersagen. Der zuständige Schulrat ordnete daraufhin an, das Gebet sei künftig in diesen Klassen zu unterlassen. Auf Weisung des Schulleiters wurde das Schulgebet in den Klassen 3b und 5 eingestellt.
Die Beschwerdeführer zu I) legten gegen die Untersagungsverfügung des Schulrats Widerspruch ein. Dieser wurde vom Regierungspräsidenten in D. zurückgewiesen. Zur Begründung führte er aus: Der Hessische Staatsgerichtshof habe im Urteil vom 27. Oktober 1965 (ESVGH 16, 1) festgestellt, daß die Grundrechte eines Schülers aus Art. 48 Abs. 2 und Art. 9 der Verfassung des Landes Hessen verletzt würden, wenn gegen seinen Widerspruch in der Klasse eine Schulgebet gesprochen werde. Diese Entscheidung binde nach § 49 Abs. 1 des Gesetzes über den Staatsgerichtshof alle Gerichte und Verwaltungsbehörden in Hessen. Im Hinblick auf diese Bindungswirkung, über die sich eine Verwaltungsbehörde nicht hinwegsetzen könne, müsse der Widerspruch zurückgewiesen werden. Die Beschwerdeführer zu I) haben Anfechtungsklage erhoben, über die noch nicht entschieden ist.
2. Der Hessische Staatsgerichtshof hatte in der genannten Entscheidung ein überkonfessionelles gemeinsames Schulgebet in den öffentlichen hessischen Schulen für unzulässig erklärt, wenn auch nur einer der beteiligten Schüler oder dessen Erziehungsberechtigter dem Gebet widerspricht. Dabei richtete sich der Staatsgerichtshof an Art. 9 und Art. 48 Abs. 2 der hessischen Verfassung aus. Die Freiheit des Bekenntnisses schließe das Recht ein, eine Offenbarung jeglicher religiöser oder weltanschaulicher Überzeugung oder Gewissensentscheidung zu verweigern; dies folge aus der negativen Bekenntnisfreiheit. Dieses Recht zum Schweigen gelte unbedingt und ausnahmslos. Da es nicht in fremde Rechtskreise eingreife, sei es weder eingeschränkt noch einschränkbar. Hingegen sei die in Art. 48 Abs. 1 der hessischen Verfassung gewährleistete positive Kultusfreiheit auf ungestörte Religionsausübung ein Anwendungsfall der allgemeinen Handlungsfreiheit und nur in den Schranken der Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 Satz 2 der hessischen Verfassung gewährt; dieses positive Grundrecht sei nur insoweit gesichert, als durch die Religionsausübung die Rechte anderer nicht verletzt würden.
Der das Gebet ablehnende Schüler dürfe - solle sein absolutes Recht auf Schweigen nicht beeinträchtigt werden - innerhalb der öffentlichen Schule nicht vermittels eines Bekenntnisverhaltens anderer in die Situation gebracht werden, durch die Nichtteilnahme am Gebet die eigene religiös-weltanschauliche Überzeugung offenbaren zu müssen. Das Grundrecht dieses Schülers auf Verschweigen seiner Überzeugung werde in seinem Wesensgehalt verletzt, wenn dieser einem Zwang unterworfen werde. Dies könne ebenso durch eine nicht gewollte Teilnahme am Gebet wie dadurch geschehen, daß ihm, um der Teilnahme zu entgehen, nur die Möglichkeit offenstehe, erst nach dem Gebet das Klassenzimmer zu betreten; für ihn gebe es kein zumutbares Ausweichen. Aus diesem Grunde könnten die anderen Kinder der Klasse, die der "betunwillige Schüler" besuche, auf dem Beten vor dem Unterricht nicht bestehen, ohne daß es darauf ankomme, ob eine Entscheidung des andersdenkenden Schülers über eine Teilnahme oder Nichtteilnahme am Schulgebet auf mittelbarem Zwang beruhe oder in freier Willensentschließung möglich sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Charakter der hessischen Schulen; diese seien nicht als christliche Gemeinschaftsschulen zu bezeichnen; das Schulgebet sei deshalb auch kein notwendiger Bestandteil des Schulunterrichts.
3. Gegen die Anordnung des Schulrats und des Schulleiters haben die Beschwerdeführer zu I) Verfassungsbeschwerde eingelegt. Gerügt wird die Verletzung der Art. 3, 4, 6, 7, 33 GG und 140 GG in Verbindung mit Art. 136 Abs. 1 und 2 der Weimarer Reichsverfassung (WRV). Zur Begründung wird vorgetragen:
Die positive Bekenntnisfreiheit trete nicht schlechthin hinter der negativen Bekenntnisfreiheit zurück. Daher könne ein Schüler, der nicht am Schulgebet teilnehmen wolle, nicht verhindern, daß das Schulgebet überhaupt durchgeführt werde; natürlich sei er von der Teilnahme am Gebet freizustellen. Zu einer der verfassungsmäßigen Ordnung entsprechenden Lösung des hier auftretenden Konflikts könne man nur durch einen Ausgleich in gegenseitiger Rücksichtnahme und Toleranz gelangen. Das Grundgesetz fordere nicht, daß die Mehrheit einer Klasse, die das Schulgebet wünsche, von einer Minderheit daran gehindert werde; es gebiete lediglich, daß die Minderheit die volle Freiheit habe, sich nicht zu beteiligen. Dieser Ausgleich verstoße nicht gegen das Recht, seine religiöse Überzeugung verschweigen zu dürfen. Denn durch das Fernbleiben werde diese Überzeugung nicht mehr und nicht weniger offenbart als dadurch, daß dem Schulgebet in einer Klasse überhaupt widersprochen werde oder daß ein Schüler nicht am Religionsunterricht teilnehme.
Im übrigen sei auch das Schulgebetsproblem im Lichte der allgemeinen staatskirchenrechtlichen Rechtsgrundlage in Deutschland zu sehen. Danach sei ein Zusammenwirken staatlicher und kirchlicher Kräfte Verfassungsgebot. Der Rechtssatz der Verfassung, daß keine Staatskirche bestehe, bedeute nicht die völlige Indifferenz des Staates gegenüber kirchlichen oder religiösen Einrichtungen und Handlungen. Auch die Verpflichtung des Staates zur weltanschaulichen Neutralität besage nur, daß der Staat sich allen Richtungen gegenüber in gleicher Weise verhalten müsse; er dürfe daher auch nicht dem religiösen Indifferentismus allein Rechtsgeltung verschaffen. Eine religiöse Betätigung, wie sie im gemeinsamen Schulgebet als Ausübung der positiven Bekenntnisfreiheit zum Ausdruck komme, könne nicht durch die Ausübung des gleichen Grundrechts in umgekehrter Richtung einfach unterbunden werden.
4. Zu den Verfassungsbeschwerden haben der Hessische Ministerpräsident sowie das Kommissariat der Bischöfe des Landes Hessen namens der drei hessischen Ordinariate und das Landeskirchenamt der Evangelischen Kirche von K. namens der Evangelischen Landeskirchen in Hessen Stellung genommen.
a) Der Hessische Ministerpräsident hält die Verfassungsbeschwerde für zulässig. Im übrigen fühle sich die Hessische Landesregierung an die - gegen ihren Antrag ergangene - Entscheidung des Staatsgerichtshofs vom 27. Oktober 1965 gebunden und halte ihrerseits an den Grundsätzen fest, die sie nach Prüfung des Urteils des Staatsgerichtshofs erarbeitet habe. Danach folge weder aus dem Urteilsausspruch noch aus seinen tragenden Gründen, daß das Schulgebet in Hessen generell unzulässig sei; ein allgemeines Verbot des Schulgebets komme daher nicht in Frage. Nur wenn im Einzelfall ein Erziehungsberechtigter oder ein religionsmündiger Schüler dem Schulgebet widerspreche, müsse es nach dem Urteil des Staatsgerichtshofs als gemeinsames Gebet in dieser Klasse unterbleiben.
b) Das Kommissariat der Bischöfe des Landes Hessen hält die Verfassungsbeschwerden für zulässig und begründet und schließt sich der von den Beschwerdeführern gegebenen Begründung an.
c) Auch das Landeskirchenamt der Evangelischen Kirche von K. hält die Untersagung des Schulgebets für verfassungswidrig und teilt die in den Verfassungsbeschwerden vorgetragene Rechtsauffassung. Ergänzend wird darauf hingewiesen, die hessischen Schulen hätten - entgegen der Ansicht des Hessischen Staatsgerichtshofs - den Charakter christlicher Gemeinschaftsschulen; im Vertrag der Evangelischen Landeskirchen mit dem Lande Hessen vom 18. Februar 1960 (GVBl. 1960 S. 54) sei die tatsächliche und rechtliche Lage mit den Worten "Die öffentlichen Schulen sind Gemeinschaftsschulen auf christlicher Grundlage" zutreffend wiedergegeben.
II. Verfassungsbeschwerdeverfahren 1 BvR 7/74
1. Der Beschwerdeführer (im folgenden: Beschwerdeführer zu II) ist der Vater einer Schülerin, welche zunächst in eine evangelische Volksschule in A. eingeschult worden war. Er beantragte, das Schulgebet in der Klasse seiner Tochter zu unterlassen. Das Schulamt entsprach diesem Antrag nicht, da es sich hier um eine Bekenntnisschule handele und das Schulgebet wesentlicher Bestandteil der Erziehung der Kinder im Geiste ihres Glaubens sei. Der Widerspruch des Beschwerdeführers blieb erfolglos. Später wurde die evangelische Volksschule geteilt. Beide Nachfolgeschulen wurden als Gemeinschaftsgrundschulen weitergeführt. Die Tochter des Beschwerdeführers besuchte nunmehr eine dieser Schulen, in welcher weiterhin ein Schulgebet zu Beginn und bei Beendigung des Unterrichts gesprochen wurde. Der Beschwerdeführer hatte bereits vor Umwandlung der Schule mit dem Ziel der Untersagung des Schulgebets in der evangelischen Volksschule Klage zum Verwaltungsgericht erhoben; nach der Umwandlung der Schule begehrte er die Untersagung des Schulgebets an der Gemeinschaftsgrundschule.
2. Das Verwaltungsgericht gab der Klage unter Berufung auf die negative Bekenntnisfreiheit (Schweigerecht) im wesentlichen statt. Die beklagte Stadt A. wurde verurteilt zu untersagen, daß in der von der Tochter des Beschwerdeführer zu II) besuchten Klasse der Gemeinschaftsgrundschule außerhalb des Religionsunterricht ein Schulgebet angeordnet oder von Lehrkräften zum Gebet angehalten werde, soweit diese Schülerin am Unterricht teilnehme.
3. Die Berufung des Schulamts wies das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen mit folgender Begründung zurück:
In den Gemeinschaftsschulen Nordrhein-Westfalen würden zwar die Kinder auf der Grundlage christlicher Bildungswerte und Kulturwerte gemeinsam unterrichtet und erzogen. Die Verbindlichkeit dieser Werte einschließlich der in der nordrhein-westfälischen Landesverfassung mit den Worten "Ehrfurcht vor Gott" umschriebenen Werte für die Erziehung in den Gemeinschaftsschulen bedeute jedoch nicht, daß es zulässig sei, trotz Widerspruchs eines Kindes oder seiner Eltern im Unterricht - außerhalb des Fachs Religion - ein Schulgebet zu veranstalten. Eine Pflicht zur Teilnahme auch widersprechender Kinder am Schulgebet führen im Hinblick auf Art. 12 Abs. 6 der Landesverfassung und Art. 4 Abs. 1 GG sowie Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 136 Abs. 4 WRV zu einer Verletzung ihrer Rechte. Anderseits komme eine Befreiung dieser Schüler von der Teilnahme an dem während der Unterrichtszeit - außerhalb der Religionsstunden - veranstalteten Schulgebet nicht in Betracht, weil die Schüler grundsätzlich verpflichtet seien, alle Unterrichtsveranstaltungen zu besuchen. Den andersdenkenden Kindern könne nicht gestattet werden, während des Gebets das Klassenzimmer zu verlassen, da sie verpflichtet seien, den gesamten Unterricht zu besuchen. Eine Befreiung sei gemäß Art. 7 Abs. 2 GG lediglich vom Religionsunterricht möglich.
Werde trotz dieser Teilnahmepflicht des widersprechenden Kindes das Schulgebet durchgeführt, so verstoße dies gegen Art. 4 Abs. 1 GG und gegen Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 136 Abs. 4 WRV; denn das Schulgebet stelle eine religiöse Übung dar. Im übrigen sei die vom Schulgebet ausgehende Wirkung geeignet, in den Glauben solcher Kinder empfindlich einzugreifen, die nach dem Willen ihrer Eltern zu einer anderen religiösen oder weltanschaulichen Überzeugung erzogen worden seien oder erzogen werden sollten.
Durch die Unterlassung des Schulgebets werde die durch Art. 4 Abs. 1 GG geschützte positive Bekenntnisfreiheit der Schüler, die beten wollten oder sollten, nicht berührt. Die Glaubensfreiheit habe nicht zum Inhalt, daß der Gläubige jederzeit, gegebenenfalls unter Störung des geordneten Zusammenlebens, in der Gemeinschaft Kulthandlungen vornehmen oder gar staatliche Mithilfe hierzu verlangen dürfe. Daher hätten Schüler keinen Anspruch darauf, daß die Schule während der Unterrichtszeit ein Gebet veranstalte.
4. Auf die Revision des Schulamts hob das Bundesverwaltungsgericht mit dem angegriffenen Urteil vom 30. November 1973 (BVerfGE 44, 196) die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts auf und wies die Klage ab.
Zur Begründung führt das Gericht aus: Aus dem Grundgesetz lasse sich nicht herleiten, daß an nicht bekenntnisfreien Schulen ein während der Unterrichtszeit außerhalb des Religionsunterrichts gesprochenes Schulgebet verfassungswidrig sei oder bei Widerspruch eines Schülers oder dessen Erziehungsberechtigten unterbleiben müsse. Auch die weltanschaulich-religiöse Neutralität des Staates stehe dem nicht entgegen. Den Ländern werde in Art. 7 GG eine weitgehende Gestaltungsfreiheit in weltanschaulich-religiöser Hinsicht eingeräumt; sie könnten eine religiöse Erziehung in der Schule ermöglichen und auf Wunsch der Erziehungsberechtigten in einer Gemeinschaftsschule ein Schulgebet zulassen. Das folge aus der grundsätzlichen Zulässigkeit der nicht bekenntnisfreien Schulen, die Art. 7 Abs. 3 GG und für den Bereich des Volksschulwesen insbesondere Art. 7 Abs. 5 GG als grundsätzlich zulässige Schultypen voraussetze. Damit seien auch die religiösen Elemente einer nicht bekenntnisfreien Schule, zu denen das Schulgebet gehöre, grundsätzlich als zulässig anerkannt.
Allerdings dürfe durch das Schulgebet nicht das Grundrecht der Glaubensfreiheit und Bekenntnisfreiheit der Schüler, die (oder deren Eltern) das Schulgebet ablehnten, verletzt werden. Eine Verletzung dieses Grundrechts komme jedoch nicht in Betracht, wenn die andersdenkenden Schüler sich in zumutbarer Weise der Teilnahme am Schulgebet entziehen könnten. Die allgemeine Schulpflicht könne betunwillige Schüler nicht zur Teilnahme am Schulgebet verpflichten; sie werde vielmehr durch Art. 136 Abs. 4 WRV in Verbindung mit Art. 140 GG überlagert, wonach niemand zu religiösen Übungen gezwungen werden dürfte. Dies ergebe sich auch aus Art. 4 Abs. 1 GG. Solche Schüler könnten entweder dem Klassenraum während der Dauer des Gebets fernbleiben oder dem Gebet stillschweigend beiwohnen, ohne die betenden Schüler zu stören. um die Freiwilligkeit der Teilnahme sicherzustellen, sei es erforderlich, daß bei religionsunmündigen Schülern alle Erziehungsberechtigten über die Tatsache der Veranstaltung des Schulgebets und die Möglichkeit der Nichtbeteiligung unterrichtet würden. Im übrigen müsse sich das Schulgebet nach Dauer und Häufigkeit in angemessenen Grenzen halten, dürfe etwa nicht zu Beginn und am Schluß einer jeden Unterrichtsstunde gesprochen werden. Würden diese Grenzen eingehalten, könne ausgeschlossen werden, daß ein betunwilliger Schüler dadurch, daß er sich dem Gebet entziehe, psychischen Schaden erleide. Seine religiös-weltanschauliche Überzeugung müsse ein andersdenkender Schüler ohnehin bei der Entscheidung über die Teilnahme am Religionsunterricht offenbaren. Die aufgezeigte Lösung des Interessenkonflikts entspreche dem in Art. 4 Abs. 1 GG enthaltenen Toleranzgebot.
Die Veranstaltung des Schulgebets beeinträchtige nicht die negative Bekenntnisfreiheit der Schüler oder Eltern, die das Schulgebet ablehnten. Art. 4 Abs. 1 GG gewähre kein Recht, die Bekenntnisäußerung anderer zu verhindern. Die vom Hessischen Staatsgerichtshof vertretene Auffassung, ein Schulgebet sei bei Widerspruch eines Schülers unzulässig, weil es dessen Grundrecht der negativen Bekenntnisfreiheit verletze, werde der Bedeutung des Art. 4 Abs. 1 GG nicht gerecht. Ein Vorrang der negativen vor der positiven Bekenntnisfreiheit lasse sich dem Grundgesetz nicht entnehmen.
Das Schulgebet sei auch mit dem in der nordrhein-westfälischen Verfassung geregelten Schultyp der Gemeinschaftsschule vereinbar.
5. Gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hat der Beschwerdeführer zu II) Verfassungsbeschwerde eingelegt. Gerügt wird die Verletzung des Art. 4 GG. Zur Begründung trägt er vor:
Der Staat sei als Heimstatt aller Staatsbürger zu weltanschaulich- religiöser Neutralität verpflichtet; die Einführung staatskirchlicher Rechtsformen sei ihm verwehrt und die Privilegierung bestimmter Bekenntnisse untersagt. Dies gelte auch für die Gemeinschaftsschule in Nordrhein-Westfalen. Eine Ausnahme sei in Art. 7 Abs. 3 Satz 1 GG für den Religionsunterricht normiert. Diese Ausnahme sei eng auszulegen. Eine weitergehende Förderung von Religion und Weltanschauung dürfe in öffentlichen Schulen nicht stattfinden. Die Religionsfreiheit des Art. 4 GG gewähre dem Beschwerdeführer ein subjektives Freiheitsrecht, mit dem er sich auch dagegen wehren könne, daß der Staat in seinen Schulen das Neutralitätsgebot verletze.
Auch das elterliche Erziehungsrecht sei nicht geeignet, ein anderes Ergebnis zu rechtfertigen. Aus Art. 7 Abs. 1 GG ergebe sich das seit langem anerkannte Schulbestimmungsrecht des Staates. Das Schulgebet in Gemeinschaftsschulen sei auch dann nicht zulässig, wenn alle Schüler oder deren Erziehungsberechtigte damit einverstanden seien. Die Schule des religiös-weltanschaulich neutralen Staates, dem es verwehrt sei, selbst religiöse Übung zu veranstalten, anzuregen oder durchführen zu lassen, sei schlechthin kein Ort für die Abhaltung eines Gebetes. Dem stehe auch nicht entgegen, daß in der Gemeinschaftsschule des Landes Nordrhein-Westfalen Kinder auf der Grundlage christlicher Bildungswerte und Kulturwerte erzogen werden sollten. Denn dies könne nur dahin ausgelegt werden, daß das Christentum keineswegs als Religion die Grundlage der Erziehung sein dürfe, da dies einmal der Offenheit einer Aufgeschlossenheit für andere Religionen und Weltanschauungen, zum anderen aber auch der Tatsache widerspräche, daß nicht das Christentum, sondern die in ihm enthaltenen Bildungswerte und Kulturwerte die Grundlage der Erziehung darstellen sollten. Die Gemeinschaftsschule in Nordrhein-Westfalen sei daher keine christliche, sondern eine in konfessioneller Hinsicht neutrale Schule, wie dies auch dem Wesen des Staates entspreche.
Diese sich aus der weltanschaulich-religiösen Neutralität des Staates ableitenden Grundsätzen habe das Bundesverwaltungsgericht in der angegriffenen Entscheidung verkannt. Es habe zu Unrecht aus der Zulässigkeit der nicht bekenntnisfreien Schulen in Art. 7 Abs. 3 GG die grundsätzliche Anerkennung religiöser Elemente in der nicht bekenntnisfreien Schule hergeleitet. Der Sinn des Art. 7 Abs. 3 Satz 1 GG bestehe darin, auf dem Gebiet der religiösen Unterweisung der Jugend die Verbindung von Staat und Kirche aufrechtzuerhalten; daraus folge zwingend, daß außerhalb des Religionsunterrichts irgendeine Verbindung nicht bestehen dürfe.
6. Zur Verfassungsbeschwerde haben der Bundesminister der Justiz sowie Prof Dr S. für das Schulamt der Stadt A. Prof Dr I. für die Deutsche Bischofskonferenz und Prof Dr H. für die Evangelische Kirche im Rheinland Stellung genommen.
a) Nach Auffassung des Bundesministers der Justiz wird das Grundrecht der Glaubensfreiheit und Gewissensfreiheit nicht berührt, wenn dem Einzelnen ohne jegliche weitere Offenbarungspflicht, ohne jede Beeinflussung und Sanktion die Möglichkeit der Grundrechtsausübung in Form der Nichtteilnahme an einer gemeinsamen religiösen Übung anheimgestellt ist.
b) Die Professoren H., I. und Sch. kommen in ausführlichen Stellungnahmen ebenfalls zu dem Ergebnis, daß Art. 4 GG durch die Veranstaltung eines Schulgebets in einer Gemeinschaftsschule bei Wahrung der gebotenen Freistellung Andersdenkender nicht verletzt wird.
 
B.
Die Verfassungsbeschwerden sind zulässig.
I.
Die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu I) richten sich vor Erschöpfung des Rechtswegs unmittelbar gegen die das Schulgebet untersagenden Verfügungen der Schulbehörde. Es ist zwar Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht erhoben; dieses Verfahren ruht aber im Einverständnis der Parteien bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Unter den besonderen Umständen des Falles sind die Voraussetzungen des § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG für eine Entscheidung vor Rechtswegerschöpfung erfüllt.
II.
Auch wenn die Kinder sämtlicher Beschwerdeführer inzwischen die betreffenden Schulen durchlaufen haben, ist durch den Zeitablauf, auf den sei keinen Einfluß hatten, ihr schutzwürdiges Interesse an der Feststellung einer etwaigen Grundrechtswidrigkeit gerade in dem für Verfassungsverstöße besonders empfindlichen religiös-weltanschaulichen Bereich nicht entfallen. Würde man in einem solchen Falle das Rechtsschutzbedürfnis verneinen, so würde der Grundrechtsschutz der Beschwerdeführer in unzumutbarer Weise verkürzt (vgl. BVerfGE 34, 165 [180] - hessische Förderstufe; 41, 88 [105] - nordrhein-westfälische Gemeinschaftsschule).
 
C.
Die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu I) führen zur Aufhebung der angegriffenen Verwaltungsakte; hingegen kann die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu II) keinen Erfolg haben.
I.
1. Prüfungsmaßstab für die Beurteilung der durch das Schulgebet aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen sind in erster Linie Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG (Erziehungsrecht der Eltern), Art. 4 Abs. 1 und 2 GG (Glaubensfreiheit und Recht auf ungestörte Religionsausübung) sowie Art. 7 Abs. 1 GG (Bildungsauftrag und Erziehungsauftrag des Staates).
Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG gewährt den Eltern das Recht und die Pflicht, die Pflege und Erziehung ihrer Kinder nach ihren eigenen Vorstellungen frei und - vorbehaltlich des Art. 7 GG - mit Vorrang vor anderen Erziehungsträgern zu gestalten (vgl. BVerfGE 24, 119 [138, 143 f.]; 47, 46 [69 f.]). Hierzu gehört auch das Recht zur Erziehung der Kinder in religiöser und weltanschaulicher Hinsicht (BVerfGE 41, 29 [44]).
Auch Art. 4 Abs. 1 Satz 2 GG schließen das Recht der Eltern ein, ihren Kindern die von ihnen für richtig gehaltene religiöse oder weltanschauliche Überzeugung zu vermitteln (BVerfGE 41, 29 [47 f.]).
Andererseits erteilt Art. 7 Abs. 1 GG dem Staat einen verfassungsrechtlichen Erziehungsauftrag hinsichtlich der Schulerziehung (BVerfGE 34, 165 [181 f.]). Zum staatlichen Gestaltungsbereich, der den Ländern im Schulwesen übertragen ist (vgl. BVerfGE 6, 309 [355]), gehört nicht nur die organisatorische Gliederung der Schule, sondern auch die inhaltliche Festlegung der Ausbildungsgänge und der Unterrichtsziele. Der Staat kann daher in der Schule grundsätzlich unabhängig von den Eltern eigene Erziehungsziele verfolgen (BVerfGE 34, 165 [182]; 47, 46 [71 f.]). Der Erziehungsauftrag des Staates ist eigenständig und dem Erziehungsrecht der Eltern gleichgeordnet; weder dem Elternrecht noch dem Erziehungsauftrag des Staates kommt ein absoluter Vorrang zu (BVerfGE 41, 29 [44]; 47, 46 [72]).
2. Das Problem des Schulgebets ist zunächst in dem weiteren Rahmen zu sehen, ob religiöse Bezüge in öffentlichen Gemeinschaftsschulen (Pflichtschulen) überhaupt zulässig sind oder ob der Staat gehalten ist, jeden religiösen und weltanschaulichen Bezug in der Gestaltung des Schulwesens - mit Ausnahme des in Art. 7 Abs. 3 GG ausdrücklich garantierten Religionsunterrichts - in solchen Schulen, die nicht Bekenntnisschulen sind, zu unterlassen.
Mit dieser Frage hat sich das Bundesverfassungsgericht ausführlich in den Beschlüssen vom 17. Dezember 1975 zur Gemeinschaftsschule badischer Überlieferung (BVerfGE 41, 29 [44 ff.]) und zur bayerischen Gemeinschaftsschule (BVerfGE 41, 65 [77 ff.]) auseinandergesetzt. Auf diese Ausführungen wird verwiesen.
Danach ist die Einführung christlicher Bezüge bei der Gestaltung der öffentlichen Schulen nicht schlechthin verboten, mag auch eine Minderheit der Erziehungsberechtigten, die bei der Erziehung ihrer Kinder dieser Schule nicht ausweichen kann, keine religiöse Erziehung wünschen. Die Schule darf jedoch keine missionarische Schule sein und keine Verbindlichkeit christlicher Glaubensinhalte beanspruchen; sie muß auch für andere weltanschauliche und religiöse Inhalte und Werte offen sein. Das Erziehungsziel einer solchen Schule darf - außerhalb des Religionsunterrichts, zu dessen Besuch niemand gezwungen werden kann - nicht christlich konfessionell fixiert sein. Die Bejahung des Christentums in den profanen Fächern bezieht sich in erster Linie auf die Anerkennung des prägenden Kulturfaktors und Bildungsfaktors, wie er sich in der abendländischen Geschichte herausgebildet hat, nicht auf die Glaubenswahrheit und ist damit auch gegenüber dem Nichtchristen durch das Fortwirken geschichtlicher Gegebenheiten legitimiert. Zu diesem Faktor gehört nicht zuletzt der Gedanke der Toleranz für Andersdenkende.
Im Vergleich zu diesen spezifischen verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Gestaltung des Schulwesens durch die Länder hinsichtlich der religiös-weltanschaulichen Ausprägung öffentlicher Schulen können die im Grundgesetz niedergelegten institutionellen Grundsätze des Staat-Kirchen-Verhältnisses keinen primären Maßstab abgeben. Soweit sich aus diesen kirchenpolitischen Bestimmungen ein Prinzip der Nichtidentifikation herleiten lassen sollte, kann dieses angesichts der bestehenden ausdrücklichen verfassungsrechtlichen Regelungen jedenfalls nicht die Gestaltung des Schulwesens bestimmen, wenn dieses den dargelegten spezifischen Anforderungen entspricht.
Das Bundesverfassungsgericht hat auf der Grundlage dieser Überlegungen die in Baden-Württemberg und in Bayern eingeführte christliche Gemeinschaftsschule für verfassungsgemäß angesehen; auch die nordrhein-westfälische Gemeinschaftsschule wurde verfassungsrechtlich nicht beanstandet (BVerfGE 41, 88).
3. Sind unter Beachtung der vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätze religiöse Bezüge in öffentlichen Pflichtschulen nicht unzulässig, so ist die Durchführung eines Schulgebets dann grundsätzlich verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn auch seine Vornahme sich im Rahmen der den Ländern in Art. 7 Abs. 1 GG überlassenen Schulgestaltung hält und dabei andere Verfassungsgrundsätze, insbesondere Grundrechte Beteiligter aus Art. 4 GG, nicht verletzt werden. Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem vom Beschwerdeführer zu II) angegriffenen Urteil die Zulässigkeit des Gebets unter Hinweis auf Art. 7 GG bejaht, wobei es für die religiösen Bezüge der Schule auf Art. 7 Abs. 3 und Abs. 5 GG abgestellt hat. Diese Überlegungen begegnen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
a) Das Schulgebet, wie es Gegenstand der vorliegenden Verfassungsbeschwerdeverfahren ist, stellt eine auf christlicher Glaubensgrundlage gehaltene, überkonfessionelle (ökumenische) Anrufung Gottes dar. Das Schulgebet in dieser Form kann - schon deswegen, weil es gerade für beide großen christlichen Konfessionen akzeptabel sein soll - nicht Ausdruck des Bekennens eines bestimmten, konfessionell gebundenen Glaubens im Rahmen der jeweils festgelegten Glaubenslehren sein; es ist somit nicht Teil de Ausübung des eigentlichen religiösen Bekenntnisses der Konfession, der der Schüler angehört.
Dennoch bleibt auch dieses allgemein gehaltene Gebet ein Akt religiösen Bekennens, nämlich die Anrufung Gottes aus christlichem Glauben heraus. Insofern ist das Gebet eine religiöse Übung (vgl. dazu BVerfGE 24, 236 [246]), an der teilzunehmen gemäß Art. 4 Abs. 1 GG und Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 136 Abs. 4 WRV niemand verpflichtet ist.
Das Schulgebet als religiöser Bekenntnisakt, das außerhalb des Religionsunterrichts gesprochen wird, ist nicht Teil des allgemeinen Schulunterrichts, der im Rahmen des staatlichen Bildungsauftrags und Erziehungsauftrags erteilt wird. Es ist keine Unterweisung, wie sie den Unterricht als solchen kennzeichnet, keine Weitergabe von Wissen an die Schüler, aber auch keine gezielte erzieherische Einflußnahme seitens Schule und Lehrer auf die Kinder, sondern eine im Regelfall gemeinsam mit dem Lehrer ausgeübte religiöse Betätigung. Damit fällt das Schulgebet auch nicht unter die Vermittlung christlicher Kulturwerte und Bildungswerte, wie sie das Bundesverfassungsgericht im Rahmen des allgemeinen Unterrichts an christlichen Gemeinschaftsschulen für zulässig erachtet hat (BVerfGE 41, 29 [52]). Aus der Zulässigkeit solcher Schulen folgt noch nicht ohne weiteres die verfassungsrechtliche Zulässigkeit des Schulgebets.
b) Da das Schulgebet keinen Teil des Unterrichts im Sinne einer schulischen Unterweisung darstellt, kann es auch nicht Bestandteil eines verbindlichen Lehrplans sein. Seine Durchführung muß - das ist angesichts der Regelung in Art. 4 Abs. 1 und 2 GG sowie Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 136 Abs. 4 WRV auch allgemein unbestritten - auf der Basis völliger Freiwilligkeit beruhen. Das gilt nicht nur für die Schüler, sondern auch für den Lehrer jeder Klasse, in der ein Schulgebet stattfindet (vgl. hierzu auch Art. 7 Abs. 3 Satz 3 GG).
Zur Abhaltung eines Schulgebets kann es daher nicht auf der Grundlage von Anordnungen, sondern nur von - letztlich nicht verbindlichen - Anregungen kommen, die von der staatlichen Schulverwaltung, von der Schulleitung, vom Lehrer der jeweiligen Klasse, von den Schülern selbst oder von ihren Erziehungsberechtigten ausgehen können. Das Schulgebet kann während der für den Unterricht vorgesehenen Zeit, etwa gleich nach Beginn der ersten oder kurz vor Ende der letzten Schulstunde stattfinden, aber auch außerhalb der Unterrichtszeit. Es kann in der Klasse oder gemeinsam für mehrere Klassen oder die ganze Schule abgehalten werden; der Lehrer kann das Gebet beginnen, es mitsprechen oder dies ganz den Schülern überlassen. In den vorliegenden Fällen ging es um Schulgebete, die innerhalb der Unterrichtszeit in den Klassen gesprochen wurden, und zwar unter Mitwirkung des Lehrers. Dabei handelte es sich ersichtlich um einen herkömmlichen Vorgang in allen Klassen dieser Schulen.
Auch wenn das Schulgebet nicht Teil des verbindlich geregelten Unterrichtsbetriebes ist und sein kann, bleibt es dennoch - und zwar in jeder der genannten Formen - eine dem Staat zuzurechnende schulische Veranstaltung. Das gilt jedenfalls dann, wenn das Schulgebet auf Anregung des Lehrers innerhalb der Unterrichtszeit stattfindet. Die Rolle des Staates beschränkt sich allerdings darauf, daß er für das Schulgebet den organisatorischen Rahmen schafft und das Gebet auf Wunsch der Eltern oder Schüler zuläßt oder es auch selbst anregt. Der Staat ordnet hier nicht an, er gibt ein Angebot, von dem die Schulklasse Gebrauch machen kann (vgl. dazu Meyer-Teschendorf, Staat und Kirche im pluralistischen Gemeinwesen 1979 S. 176 f.).
c) Wenn der Staat im genannten Sinne das Schulgebet außerhalb der Religionsstunde als religiöse Übung und als "schulische Veranstaltung" zuläßt, so fördert er allerdings die Anschauung des Christentums und damit ein religiöses Element in der Schule, das über die religiösen Bezüge hinausgeht, die sich aus der Anerkennung des prägenden Kulturfaktors und Bildungsfaktors des Christentums (BVerfGE 41, 29 [52]) ergeben. Das Gebet knüpft auch in seiner überkonfessionellen Form an eine Glaubenswahrheit an, nämlich an den Glauben, daß Gott das Erbetene gewähren kann. Dennoch bleibt auch die Zulassung dieses religiösen Elements in der Gemeinschaftsschule (Pflichtschule) - bei Wahrung der Freiwilligkeit der Teilnahme - noch im Rahmen der gestalterischen Freiheit, welche den Ländern als Trägern der Schulhoheit nach Art. 7 Abs. 1 GG gewährt ist, und zwar auch dann, wenn das Grundrecht Andersdenkender nach Art. 4 GG zur Erreichung einer Konkordanz mit in die Bewertung einbezogen wird:
Art. 4 GG gewährt nicht nur die Freiheit zu glauben, sondern auch die äußere Freiheit, den Glauben in der Öffentlichkeit zu bekennen (BVerfGE 32, 98 [106]; 33, 23 [28]; 41, 29 [49]); Art. 4 Abs. 1 und 2 GG sichern in diesem Sinne einen Raum für die aktive Betätigung der Glaubensüberzeugung. Läßt der Staat in Gemeinschaftsschulen das Schulgebet zu, so tut er damit nichts anderes, als das ihm nach Art. 7 Abs. 1 GG aufgegebene Schulgestaltungsrecht in der Weise auszuüben, daß die Schüler, die dies wollen, ihren religiösen Glauben - wenn auch nur in der eingeschränkten Form einer allgemein gehaltenen und überkonfessionellen Anrufung Gottes - bekennen können. Der Staat gibt hier der positiven Bekenntnisfreiheit Raum in einem Bereich, den er ganz in seine Vorsorge genommen hat und in welchem religiöse und weltanschauliche Vorstellungen von jeher relevant waren (BVerfGE 41, 29 [49]).
Diesen Freiraum für die Ausübung positiver Bekenntnisfreiheit durch Zulassung des Schulgebets muß der Staat allerdings von vornherein ausgleichen gegenüber der negativen Bekenntnisfreiheit anderer Eltern und Schüler, die das Schulgebet ablehnen. Der Ausgleich erfolgt hier grundsätzlich durch die Garantie der Freiwilligkeit der Teilnahme für Schüler und Lehrer. Im Gegensatz zu den christlich-religiösen Bezügen einer Schule, die deren Charakter im ganzen bestimmen und in ihre Erziehungsziele und damit in den für alle Schüler verbindlichen Lehrplan eingehen, weil sie einen Teil des Unterrichts darstellen, ist das Schulgebet nicht Teil der verbindlichen Unterweisung, sondern eine neben diesem zugelassene - durch Freiwilligkeit gekennzeichnete - schulische Veranstaltung. Auch wenn das Schulgebet, soll es einen Sinn haben, von einer Glaubenswahrheit ausgeht, beansprucht die Schule hier nicht Verbindlichkeit für christliche Glaubensinhalte; sie ermöglicht nur denjenigen, die es wollen, den Glauben an solche Inhalte zu bekennen. Unter der Voraussetzung der völligen Freiwilligkeit der Teilnahme begegnet deshalb die Zulässigkeit des religiösen Elements "Schulgebet" durch die Länder in einer von ihnen nicht ohne religiöse Bezüge gestalteten Gemeinschaftspflichtschule (Pflichtschule) grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
4. Steht die Zulassung eines Schulgebets im dargestellten Sinn den für die Gestaltung des Schulwesens zuständigen Ländern frei, so sind diese andererseits nicht gezwungen, in Gemeinschaftsschulen stets die Durchführung eines Schulgebets zuzulassen.
Von Verfassungs wegen gehalten sind die Länder nur, den Religionsunterricht in nicht bekenntnisfreien Schulen als ordentliches Lehrfach vorzusehen (Art. 7 Abs. 3 Satz 1 GG). Ein positives Bestimmungsrecht auf Einführung des Schulgebets haben die Eltern ebensowenig, wie ihnen ein solches Recht auf die Einrichtung von Schulen bestimmter religiöser oder weltanschaulicher Prägung zusteht; sie haben auch keinen Anspruch darauf, daß ihre Kinder in der gewünschten weltanschaulichen Form erzogen werden (BVerfGE 41, 29 [46, 48]). Das Recht der Schüler auf ungestörte Religionsausübung bedeutet nicht, daß ihnen vom Staat im Bereich der Schule außerhalb des Religionsunterrichts ein Schulgebet angeboten werden muß. Der Staat hat bei der Gestaltung des Schulwesens im religiösen Bereich im Sinne einer Konkordanz der verfassungsrechtlichen Wertvorstellung einen Ausgleich zwischen den verschiedenen Grundrechtspositionen vorzunehmen, auch zwischen dem Recht auf Vornahme religiöser Übungen und dem Recht Andersdenkender, von solchen verschont zu werden. Wie der Staat diesen Ausgleich vornimmt, ist im Rahmen seiner Schulhoheit aus Art. 7 GG grundsätzlich seiner freien Gestaltung anheimgestellt: Er kann Gemeinschaftsschulen mit religiösen Bezügen ausstatten oder darauf verzichten. Er kann in solchen Gemeinschaftsschulen, die er in zulässigem Umfang (BVerfGE 41, 29 [52]) mit religiösen Elementen versieht, ein Schulgebet zuzulassen; er kann sich aber auch - unabhängig davon, ob er die Schule ansonsten mit religiösen Bezügen ausgestaltet - dazu entschließen, allgemein auf Schulgebete zu verzichten.
5. Wie das Bundesverwaltungsgericht in dem vom Beschwerdeführer zu II) angegriffenen Urteil zu Recht annimmt, ist auch die Ausgestaltung der Schule in den einzelnen Ländern für die Frage der Zulässigkeit eines Schulgebets außerhalb des Religionsunterrichts von Bedeutung; denn darin liegt die vorrangige Grundentscheidung der Länder, ob sie generell religiöse Bezüge - über den verfassungsmäßig gebotenen Religionsunterricht hinaus - in der Pflichtschule zulassen wollen. Bedenken gegen ein Schulgebet könnten jedenfalls dann in einer Gemeinschaftsschule bestehen, wenn sich der Landesgesetzgeber betont gegen religiöse Bezüge in der von ihm verwirklichten Schulform ausgesprochen hätte. Das ist jedoch weder in Hessen noch in Nordrhein-Westfalen der Fall. In keinem der beiden Länder handelt es sich bei der zu beurteilenden Schule um eine bekenntnisfreie Schule im Sinne des Art. 7 Abs. 3 GG oder um eine Schule, die betont von christlichen Wertvorstellungen frei gehalten wäre; vielmehr haben sich beide Länder für religiöse Bezüge in den Gemeinschaftsschulen entschieden.
a) In Nordrhein-Westfalen (vgl. dazu BVerfGE 41, 88) sind seit der im Jahre 1968 erfolgten Neuordnung des Volksschulwesens nach Art. 12 Abs. 3 der Landesverfassung (in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 5. März 1968 - GVBl. S. 36 - im folgenden: LV NW) Grundschulen Gemeinschaftsschulen, Bekenntnisschulen oder Weltanschauungsschulen. Nach Art. 12 Abs. 6 LV NW werden in Gemeinschaftsschulen Kinder auf der Grundlage christlicher Bildungswerte und Kulturwerte in Offenheit für die christlichen Bekenntnisse und für andere religiöse und weltanschauliche Überzeugungen gemeinsam unterrichtet und erzogen. Gemäß Art. 7 Abs. 1 LV NW ist Ziel der Erziehung, auch die Ehrfurcht vor Gott zu wecken. An den Gemeinschaftsschulen ist nach Art. 14 LV NW der Religionsunterricht ordentliches Lehrfach.
Eine dem Art. 12 Abs. 6 LV NW entsprechende Regelung enthält § 19 des Ersten Gesetzes zur Ordnung des Schulwesens im Lande Nordrhein-Westfalen (Schulordnungsgesetz - SchOG) in der Fassung vom 5. März 1968 (GVBl. S. 36). Wie der Abgeordnete Bargmann bei der Erörterung des § 19 SchOG im Landtag betonte (vgl. Landtag Nordrhein-Westfalen, 6. Wp, StenBer, Bd 2, S. 1095), habe allgemein Übereinstimmung darüber geherrscht, daß die Gemeinschaftsschule keine wertneutrale Schule sei. Sie sei vielmehr eine Schule, in der die christlichen Bildungswerte und Kulturwerte nicht nur im Sinne eines unverbindlichen Kulturchristentums Platz hätten. Der Abgeordnete Dr Dr Hofmann bezeichnete im übrigen bei den Landtagsberatungen das Schulgebet ausdrücklich als zulässig (Landtag Nordrhein-Westfalen, 6. Wp, StenBer, Bd 2, S. 1092).
b) In Hessen werden auf der Grundlage des Art. 56 Abs. 2 der hessischen Landesverfassung (im folgenden: HV) die Kinder aller religiösen Bekenntnisse und Weltanschauungen in der Regel gemeinsam erzogen. Nach Art. 56 Abs. 3 HV ist auf die religiösen und weltanschaulichen Empfindungen aller Schüler Rücksicht zu nehmen. Art. 56 Abs. 7 HV steht vor, daß das Nähere durch Gesetz zu regeln sei, welches Vorkehrungen dagegen treffen müsse, daß in der Schule die religiösen und weltanschaulichen Grundsätze verletzt würden, nach denen die Erziehungsberechtigten ihre Kinder erzogen haben wollten. Gemäß Art. 156 Abs. 1 HV soll es bis zum Erlaß des in Art. 56 Abs. 7 HV vorgesehenen Gesetzes im Schulwesen bei dem derzeitigen tatsächlichen Zustand bleiben; bei Inkrafttreten der hessischen Verfassung waren die öffentlichen Schulen christliche Gemeinschaftsschulen (vgl. Erwin Stein, in: Friesenhahn-Scheuner (Hrsg), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd 2, 1975, S. 455 (481); Zinn-Stein, Verfassung des Landes Hessen, 1954, Anm 8 zu Art. 56). Gemäß § 1 Abs. 1 des hessischen Gesetzes über die Unterhaltung und Verwaltung der öffentlichen Schulen und die Schulaufsicht (Schulverwaltungsgesetz - SchVG -) in der Fassung vom 4. April 1978 (GVBl. S. 232) sind die Schüler zu befähigen, auf der Grundlage der christlichen und humanistischen Tradition zu handeln sowie religiöse und kulturelle Werte zu achten. In Art. 15 Abs. 1 des Vertrags des Landes Hessen mit den Evangelischen Landeskirchen in Hessen vom 18. Februar 1960, dem der Landtag durch Gesetz vom 10. Juni 1960 (GVBl. S. 54) zugestimmt hat, werden die öffentlichen Schulen als Gemeinschaftsschulen auf christlicher Grundlage bezeichnet; diese Einschätzung wurde auch durch die Drei-Fraktionen-Erklärung vom 30. März 1966 im Hessischen Landtag (Hessischer Landtag, 5. Wp, StenBer, Bd 4, S. 2297) bestätigt (vgl. auch BVerfGE 41, 29 [55]). Auf der Grundlage dieser rechtlichen Bestimmungen wird die hessische Schule überwiegend als eine christliche Gemeinschaftsschule angesehen (vgl. Erwin Stein, NJW 1950, S. 658, sowie in: Handbuch des Staatskirchenrechts, a.a.O., S. 455 (481); W Geiger, in: Handbuch des Staatskirchenrechts, a.a.O., S. 483 (497); Böckenförde, DÖV 1966, S. 30 (36); Scheuner, DÖV 1966, S. 145 (153); Schultze, in: Erwin Stein (Hrsg), 30 Jahre hessische Verfassung 1946-1976, 1976, S. 230 (231); anderer Ansicht: Hessischer Staatsgerichtshof in dem oben wiedergegebenen Urteil vom 27. Oktober 1965). Es braucht hier nicht im einzelnen auf die Frage eingegangen zu werden, in welchem Umfang sich aus den genannten Vorschriften ein christlicher Einfluß auf die hessischen Schulen herleiten läßt. Jedenfalls sind auch den hessischen Schulen religiöse Bezüge nicht fremd.
II.
Bestehen gegen das Schulgebet grundsätzlich keine verfassungsrechtlichen Bedenken, so könnte dies anders zu beurteilen sein, wenn im konkreten Fall ein Schüler oder seine Eltern der Abhaltung des Gebets widersprechen. Diese Auffassung haben der Hessische Staatsgerichtshof im Urteil vom 27. Oktober 1965 und das Oberverwaltungsgericht Münster im Urteil vom 28. April 1972 mit unterschiedlicher Begründung vertreten. Den Überlegungen beider Gerichte kann nicht gefolgt werden.
1. Der Hessische Staatsgerichtshof meint, ein Schulgebet müsse bei Widerspruch eines Schülers deshalb untersagt werden, weil der Schüler nicht in die Lage gebracht werden dürfe, seine religiöse oder weltanschaulich motivierte Ablehnung des Schulgebets durch Nichtteilnahme nach außen kundzugeben. Eine solche Ausdehnung des Rechts auf Schweigen, das nicht erst durch den Zwang, das zu offenbaren, was man selbst glaubt oder denkt, sondern schon durch die Kundgabe einer positiven oder negativen Einstellung zum bekenntnisgeprägten Verhalten anderer verletzt würde, ist vom Grundrecht der negativen Bekenntnisfreiheit nicht gedeckt (vgl. BVerwG, DVBl. 1970, S. 929 [930]; Scheuner, DÖV 1966, S. 145 [152]; Böckenförde, DÖV 1966, S. 30 [32]; Hamel, NJW 1966, S. 18, [19]). Dies zeigt schon eine verfassungssystematische Überlegung: Die Freiheit, selbst zu entscheiden, ob man an einer religiösen Übung teilnehmen will, setzt voraus, daß überhaupt solche religiösen Übungen stattfinden. Durch die Ausübung des Grundrechts, nicht teilzunehmen, offenbart der Betroffene zwangsläufig, daß er mit der Überzeugung der anderen nicht übereinstimmt. Die Verfassung setzt in diesem Falle, ebenso wie bei der Nichtteilnahme am Religionsunterricht (Art. 7 Abs. 2 GG) oder bei der Verweigerung des Kriegsdienstes mit der Waffe (Art. 4 Abs. 3 GG), für die Ausübung des Verweigerungsgrundrechts gerade die Offenbarung der Überzeugung voraus.
Damit hängt eng die Rechtsauffassung des Hessischen Staatsgerichtshofs zusammen, die negative Bekenntnisfreiheit gelte unbedingt und ausnahmslos, sei weder eingeschränkt noch einschränkbar, da sie nicht in fremde Rechtskreise eingreife; hingegen sei die positive Bekenntnisfreiheit den Schranken des Art. 2 Abs. 1 GG unterworfen. Dies trifft nicht zu. Art. 4 Abs. 1 GG gewährt ein Spezialgrundrecht, das nicht den Schranken des Art. 2 Abs. 1 GG unterliegt (BVerfGE 23, 50 [55 f.]; 32, 98 [107]); andererseits ist dann, wenn eine hoheitliche Maßnahme mit Art. 4 GG vereinbar ist, auch kein Raum mehr für eine Prüfung am Maßstab des Art. 2 Abs. 1 GG (BVerfGE 6, 32 [37]; 17, 302 [306]; 28, 243 [264]). Allerdings ist das Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG nicht schrankenlos gewährt; dies gilt jedoch sowohl für die positive als auch für die negative Bekenntnisfreiheit. Zwar unterliegt dieses Grundrecht keinem Gesetzesvorbehalt. Grenzen können den Freiheiten des Art. 4 GG nach dem Grundsatz der Einheit der Verfassung jedoch durch andere Bestimmungen des Grundgesetzes gezogen werden (BVerfGE 32, 98 [107 f.]; 33, 23 [29]; 44, 37 [50]). Insbesondere findet die Bekenntnisfreiheit dort ihre Grenzen, wo die Ausübung dieses Grundrechts durch einen Grundrechtsträger auf die kollidierenden Grundrechte andersdenkender Personen trifft (BVerfGE 28, 243 [260 f.]; 32, 98 [108]; 41, 29 [50]). Denn als Teil des grundrechtlichen Wertsystems ist die Bekenntnisfreiheit auf die in Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Würde des Menschen bezogen, die als oberster Wert das ganze grundrechtliche Wertsystem beherrscht (BVerfGE 6, 32 [41]; 27, 1 [6]; 32, 98 [108]), und damit dem Gebot der Toleranz zugeordnet. Überall dort, wo Spannungsverhältnisse zwischen negativer und positiver Bekenntnisfreiheit auftreten, besonders im Schulwesen, so solche Spannungsverhältnisse angesichts der gemeinsamen Erziehung von Kindern der verschiedensten Weltanschauungsrichtungen und Glaubensrichtungen letztlich unvermeidlich sind (vgl. BVerfGE 41, 29 [50]), muß unter Berücksichtigung des Toleranzgebots ein Ausgleich gesucht werden. Hingegen darf nicht einem mißverstandenen Recht auf Schweigen der absolute Vorrang vor der Religionsausübung anderer gegeben werden, wie dies der Hessische Staatsgerichtshof getan hat.
2. Das Oberverwaltungsgericht Münster bezeichnet das während der Unterrichtszeit gesprochene Schulgebet in seinem Urteil vom 28. April 1972 als eine unter Teilnahmezwang durchgeführte Unterrichtshandlung und Erziehungshandlung der Schule, der sich andersdenkende und widersprechende Kinder im Hinblick auf die allgemeine Schulpflicht nicht entziehen könnten. Diese Argumentation hat bereits das Bundesverwaltungsgericht in dem mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Urteil widerlegt. Die allgemeine Schulpflicht wird, wenn es um die Teilnahme an religiösen Übungen geht, von dem Grundrecht des Art. 4 Abs. 1 GG, frei über die Teilnahme an einer solchen Religionsausübung entscheiden zu können, überlagert (vgl. dazu auch Böckenförde, DÖV 1974, S. 253 [254]; Maurer, DVBl. 1974, S. 663 [664]; Hollerbach, JZ 1974, S. 578 [579]). Im übrigen stellt das Schulgebet als religiöser Bekenntnisakt zwar eine schulische Veranstaltung, aber keinen Teil des auf Bildung und Unterweisung der Schüler gerichteten Unterrichts dar.
3. Der Widerspruch eines andersdenkenden Schülers oder seiner Erziehungsberechtigten könnte nur dann zur Unzulässigkeit des Schulgebets führen, wenn das Recht des abweichenden Schülers, über seine Teilnahme am Schulgebet frei und ohne Zwang zu entscheiden, nicht gewährleistet wäre. In aller Regel kann jedoch ein Schüler in zumutbarer Weise der Teilnahme ausweichen, so daß er sich in voller Freiheit zur Nichtteilnahme am Gebet entschließen kann.
a) Als Ausweichmöglichkeiten kommen in Betracht: Der Schüler kann dem Klassenraum während der Verrichtung des Gebets fernbleiben; er kann zB das Zimmer erst nach Ende des Gebets betreten oder den Raum am Unterrichtsende vor Sprechen des Abschlußgebets verlassen. Der andersdenkende Schüler kann aber auch während des Gebets im Klassenzimmer anwesend bleiben, jedoch das Gebet nicht mitsprechen; dabei mag er - im Gegensatz zu den betenden Mitschülern - an seinem Platz sitzen bleiben.
b) Es ist zuzugeben, daß jede dieser Ausweichmöglichkeiten den betroffenen Schüler immer dann, wenn ein Schulgebet stattfindet, gegenüber den betenden Schülern in seinem Verhalten heraushebt. Dies gilt besonders, wenn es sich nur um einen andersdenkenden Schüler handelt: Er verhält sich sichtbar anders als seine sämtlichen Mitschüler. Diese Heraushebung könnte dann für den Betroffenen unzumutbar sein, wenn sie ihn zwangsläufig in eine Außenseiterrolle bringen und ihn gegenüber der Klassengemeinschaft diskriminieren würde (Bedenken in dieser Richtung vor allem bei Böckenförde, DÖV 1974, S. 253 (257) im Anschluß an Podlech, Das Grundrecht der Gewissensfreiheit und die besonderen Gewaltverhältnisse, 1969, S. 109f; wohl auch Niehues, Schulrecht und Prüfungsrecht, 1976, Rdnr. 331). In der Tat ist die Stellung des Schülers in einer Klasse eine andere, weit schwierigere als die des erwachsenen Bürgers, der in der Öffentlichkeit durch Nichtteilnahme an bestimmten Veranstaltungen seine abweichende Überzeugung offenbart. Dies gilt insbesondere für das jüngere Schulkind, das noch kaum zu kritischer Selbstbehauptung seiner eigenen Position gegenüber seiner Umgebung in der Lage ist; im allgemeinen wird es in der Schulgebetsfrage in einen nicht von ihm selbst, sondern von seinen Erziehungsberechtigten einerseits, den Eltern anderer Schüler oder den Lehrern andererseits getragenen Konflikt gestellt.
4. Dennoch kann nicht davon ausgegangen werden, daß das Ausweichen vor dem Schulgebet den andersdenkenden Schüler in der Regel oder auch nur in einer erheblichen Zahl von Fällen in die dargestellte unzumutbare Außenseiterposition drängt. Eine Würdigung der Rahmenbedingungen, unter denen das Gebet stattzufinden hat, der Aufgaben, die dem Lehrer im Zusammenhang damit obliegen, und der tatsächlichen Verhältnisse im Schulbereich führt dazu, daß jedenfalls regelmäßig eine Diskriminierung des am Gebet nicht teilnehmenden Schülers nicht zu befürchten sein wird.
a) Das Bundesverwaltungsgericht hat in der vom Beschwerdeführer zu II) angegriffenen Entscheidung bereits Bedingungen für die organisatorische Durchführung des Schulgebets aufgestellt, die eine unangemessene Belastung andersdenkender Schüler verhindern sollen. Zum einen müsse sich das Schulgebet nach Dauer und Häufigkeit in angemessenen Grenzen halten; so dürfe es nicht zu Beginn und am Ende jeder Unterrichtsstunde gesprochen werden. In der Tat erscheint es für einen Nichtteilnehmer weit weniger belastend, wenn etwa nur zu Beginn eines jeden Schultags ein kurzes Gebet gesprochen wird, wie dies ersichtlich in den hier zu beurteilenden Fällen gehandhabt wurde. Zum andern seien bei religionsunmündigen Schülern, um die es hier geht, alle Erziehungsberechtigten über die Tatsache der Veranstaltung des Schulgebets und die Möglichkeit der Nichtbeteiligung zu unterrichten. Auch dieses Erfordernis, das eine echte Freiwilligkeit der Teilnahme ermöglichen soll, ist berechtigt. Die Erziehungsberechtigten können erforderlichenfalls darauf hingewiesen werden, daß es in einer freiheitlichen Rechtsordnung und Gesellschaftsordnung ein selbstverständliches Recht jedes Einzelnen darstellt, über die Teilnahme an einer religiösen Übung in völliger Freiheit zu entscheiden, und daß weder die Teilnahme noch die Nichtteilnahme einer Wertung in irgendeiner Form unterliegen.
b) Über diese äußerlich-organisatorischen Maßnahmen hinaus wird eine Diskriminierung der nicht am Schulgebet teilnehmenden Schüler dadurch in aller Regel ausgeschlossen werden können, daß die Lehrkräfte entsprechend dem Erziehungsziel der Schule auf alle Schüler im Hinblick auf die Gebote der gegenseitigen Achtung von Überzeugungen, der Duldsamkeit und der Toleranz einwirken. Hierzu sind die Lehrer sowohl in Nordrhein-Westfalen als auch in Hessen verpflichtet.
Nach Art. 7 Abs. 2 LV NW soll die Jugend im Geiste der Freiheit, zur Duldsamkeit und zur Achtung vor der Überzeugung des anderen erzogen werden. Gemäß Art. 12 Abs. 6 LV NW sind die Kinder in Offenheit für die christlichen Bekenntnisse und für andere religiöse und weltanschauliche Überzeugungen zu unterrichten und zu erziehen. Diese Erziehungsziele sind in § 1 Abs. 2 SchOG sowie in § 19 SchOG nochmals niedergelegt. § 1 Abs. 5 SchOG bestimmt darüber hinaus, daß in Erziehung und Unterricht alles zu vermeiden ist, was die Empfindungen andersdenkender verletzen könnte.
In Art. 56 Abs. 3 HV ist bestimmt: Grundsatz eines jeden Unterrichts muß die Duldsamkeit sein. Der Lehrer hat in jedem Fach auf die religiösen und weltanschaulichen Empfindungen aller Schüler Rücksicht zu nehmen und die religiösen und weltanschaulichen Auffassungen sachlich darzulegen. Nach Art. 56 Abs. 4 HV soll der junge Mensch unter anderem zur Achtung und Duldsamkeit erzogen werden. Gemäß § 1 Abs. 1 SchVG sollen die Schulen den Schüler auch befähigen, die Grundrechte für sich und andere wirksam werden zu lassen und die Beziehungen anderen Menschen nach den Grundsätzen der Toleranz, der Gerechtigkeit und der Solidarität zu gestalten.
Dieses verbindliche Erziehungsziel des Geistes der Duldsamkeit muß die Lehrer einer Klasse, in der ein oder mehrere Schüler - abweichend von den Mitschülern - an einem Schulgebet nicht teilnehmen, dazu veranlassen, die Schüler in geeigneter Form und mit dem gebotenen pädagogischen Nachdruck über die Rechte jedes Einzelnen auf Glaubensfreiheit und über die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Veranstaltungen zu belehren; der Lehrer wird auf ein solches Klima in der Klasse hinzuwirken haben, daß die betenden Schüler das abweichende Verhalten ihres andersdenkenden Mitschülers als selbstverständlich hinnehmen und ihn nicht in eine Außenseiterrolle drängen. Gegebenenfalls wird der Lehrer hier versuchen müssen, auch auf diejenigen Eltern einzuwirken, die - aus intoleranter eigener religiöser Einstellung heraus - das abweichende Verhalten eines am Gebet nicht teilnehmenden Mitschülers ihrer Kinder mißbilligen.
Andererseits hat auch der Schüler, der am Gebet nicht teilnehmen will oder auf Geheiß seiner Eltern nicht teilnehmen soll, Duldsamkeit gegenüber dem Interesse der Mitschüler und ihrer Eltern an der Vornahme des Schulgebets, an ihrer ungestörten Religionsausübung zu lernen. Er darf sich nicht deswegen zurückgesetzt fühlen, weil die Mitschüler eine Bekenntnishandlung vornehmen, von der er sich ausschließen will oder soll.
In diesem Zusammenhang ist von besonderer Bedeutung, daß das Grundrecht der positiven und der negativen Bekenntnisfreiheit unter dem Gebot der Toleranz steht (vgl. dazu BVerfGE 32, 98 [109 f.]; 41, 29 [51]; 47, 46 [77]). Die Frage, ob eine Nichtteilnahme am Schulgebet Andersdenkenden zumutbar ist, läßt sich nicht ohne einen Blick darauf lösen, daß hier zwei Grundrechtsausübungen aufeinandertreffen, deren Ausgleich nur unter Beachtung des grundgesetzlichen Toleranzgebots möglich ist. Die bei Berücksichtigung dieses Gebots seitens aller Beteiligten, in erster Linie der Lehrer und Eltern aller Schüler einer Klasse, aber auch der Schüler selbst hervortretende Bemühung, Recht und Empfindungen des jeweils Andersdenkenden so wenig wie möglich zu beeinträchtigen, schließt es in der Regel aus, daß ein am Gebet nicht teilnehmender Schüler in eine Außenseiterposition gerät.
c) Den Rest einer Sonderstellung, der ihm aufgrund seiner Nichtteilnahme trotz alledem noch verbleiben mag, wird der andersdenkende Schüler ertragen müssen und können. In gewissem Umfang bleibt ihm diese Stellung auch bei anderer Gelegenheit kraft ausdrücklicher Regelung der Verfassung nicht erspart: Der nicht am Schulgebet teilnehmende Schüler wird regelmäßig auch den Religionsunterricht nicht besuchen. Hier setzt das Grundgesetz in Art. 7 Abs. 2 ersichtlich voraus, daß es entsprechend dem Gebot der Toleranz zu keiner Diskriminierung kommt.
d) Im übrigen darf auch nicht außer acht gelassen werden, daß heute in sehr vielen Schulklassen wohl kaum noch von einer geschlossenen christlichen Haltung der Schüler und ihren Eltern gesprochen werden kann, welche einen andersdenkenden Schüler in eine diskriminierende Isolation zu treiben geeignet wäre. In einer pluralistischen Gesellschaft und in einer Zeit, in welcher der Kirchenaustritt keine Besonderheit mehr darstellt, demgemäß auch zahlreiche Schüler sich vom Religionsunterricht abmelden oder von den Eltern abgemeldet werden, ist eine auch nach außen zur Kenntnis gebrachte, der Religion und der Kirche gegenüber ablehnende Haltung nichts besonderes mehr. Gewiß werden Unterschiede zwischen den Verhältnissen in Großstädten, in Kleinstädten und auf dem flachen Land, möglicherweise auch zwischen Schulformen sowie Altersstufen und wiederum von Schule zu Schule zu berücksichtigen sein. Insgesamt aber ist die Tendenz wohl nicht zu bezweifeln, daß eine religiöse Bindungen ablehnende Einstellung auch in der Schule immer weniger als eine vom "normalen" Verhalten abweichende Besonderheit verstanden wird.
5. Unter Berücksichtigung all dieser Erwägungen wird im Regelfall eine dem am Schulgebet nicht teilnehmenden Schüler drohende diskriminierende Außenseiterstellung ausgeschlossen werden können. Jedenfalls kann nicht von einer Vermutung ausgegangen werden, daß das Ausweichen vor dem Schulgebet für den andersdenkenden Schüler unzumutbar und diskriminierend sei. Für diese Vermutung fehlen sowohl die tatsächlichen als auch die rechtlichen Voraussetzungen; eine solche Vermutung würde dem Land, das dennoch ein Schulgebet zulassen möchte, einen praktisch nicht zu führenden Negativbeweis auferlegen. Vielmehr kann umgekehrt angenommen werden, daß eine zu einer Grundrechtsbeeinträchtigung führende unzumutbare Situation für den abweichenden Schüler nicht eintritt.
Andererseits wird allerdings auch nicht ganz auszuschließen sein, daß es Ausnahmesachverhalte geben mag, in welchen doch eine nicht unerhebliche psychische Beeinträchtigung des andersdenkenden Schülers eintreten kann. Es ist denkbar, daß ein psychisch besonders labiler Schüler in einer durch verhärtete Fronten gekennzeichneten unduldsamen Schulatmosphäre, die im Sinne der Toleranz aufzulockern die Lehrer nicht in der Lage sind, in eine Ausnahmesituation gedrängt wird, die in diesem konkreten Fall keine andere Möglichkeit als die Beseitigung des Anlasses der Ausnahmelage, also den völligen Verzicht auf das Schulgebet, übrig läßt. Ob die tatsächlichen Voraussetzungen einer solchen zu einer Grundrechtsverletzung durch die weitere Zulassung des Schulgebets führenden Situation gegeben sind, muß der Entscheidung im Einzelfall überlassen bleiben.
Abgesehen von solchen Ausnahmefällen kann der Widerspruch des andersdenkenden Schülers oder seiner Eltern nicht dazu zwingen, das Schulgebet, das von den Mitschülern oder ihren Eltern weiterhin gewünscht wird, zu untersagen.
III.
Am Maßstab dieser Grundsätze gemessen ist das vom Beschwerdeführer zu II) angegriffene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts verfassungsrechtlich unbedenklich. Hingegen verletzen die von den Beschwerdeführern zu I) angegriffenen Verwaltungsakte Grundrechte dieser Beschwerdeführer.
1. Gegen die Erwägungen, mit denen das Bundesverwaltungsgericht im Verfahren des Beschwerdeführers zu II) die Abhaltung des Schulgebets trotz Widerspruchs dieses Beschwerdeführers für zulässig erachtet und die entgegengesetzten Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben hat, sind keine verfassungsrechtlichen Bedenken zu erheben. Grundrechte des Beschwerdeführers zu II) werden nicht verletzt. Seinen Kindern war die Nichtteilnahme am Schulgebet freigestellt. Die Entscheidungen über Teilnahme oder Nichtteilnahme konnte in diesem Fall in völliger Freiwilligkeit ohne jeden Zwang erfolgen. Irgendwelche Anhaltspunkte, daß ein Fernbleiben vom Schulgebet unzumutbar gewesen wäre, hat der Beschwerdeführer zu II) nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich; vielmehr hat sein Prozeßbevollmächtigter, worauf das Bundesverwaltungsgericht besonders hinweist, in der mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht eine solche unzumutbare Situation ausdrücklich verneint. Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu II) ist daher unbegründet.
2. Dagegen verletzen die in dem Verfahren 1 BvR 647/70 angefochtenen Bescheide des Schulrats, des Schulleiters und des im Widerspruchsverfahren tätig gewordenen Regierungspräsidenten in Darmstadt die Beschwerdeführer zu I) in ihren Grundrechten aus Art. 6 Abs. 2 und Art. 4 Abs. 1 und 2 GG. Zwar haben die Erziehungsberechtigten keinen nach dem Grundgesetz gesicherten Anspruch darauf, daß an öffentlichen hessischen Schulen auf ihren Wunsch hin in den Klassen, die ihre Kinder besuchen, ein Schulgebet abgehalten wird. Hat der Staat jedoch ein Schulgebet allgemein zugelassen und ist das Gebet bisher auch tatsächlich abgehalten worden, so verletzt es die betroffenen Erziehungsberechtigten in den genannten Grundrechten, wenn das Gebet in bestimmten Klassen ohne rechtfertigenden Grund verboten wird. Dies ist hier der Fall.
Die Untersagungsverfügungen beruhen weder auf allgemein gültigen sachlichen Erwägungen noch auf der Überlegung, daß dem widersprechenden Schüler aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls ein Ausweichen durch Nichtteilnahme am Schulgebet unzumutbar gewesen sei; für eine Ausnahmesituation, die zur Unzumutbarkeit führen würde, ist keinerlei Anhaltspunkt ersichtlich. Vielmehr stützt sich die Untersagung, wie dem Widerspruchsbescheid zu entnehmen ist, ausschließlich auf das Urteil des Hessischen Staatsgerichtshofs vom 27. Oktober 1965 (ESVGH 16, 1), wonach ein Schulgebet bei Widerspruch eines Schülers oder dessen Erziehungsberechtigten schlechthin unzulässig sein soll. Die Verwaltungsbehörden haben sich ohne eigene Sachprüfung des Einzelfalls an die Entscheidung des Staatsgerichtshofs im Hinblick auf § 49 des hessischen Gesetzes über den Staatsgerichtshof gebunden gefühlt. Die Untersagungsverfügungen entbehren daher der tragfähigen Rechtsgrundlage. Die Entscheidung des Hessischen Staatsgerichtshofs steht, wie dargestellt, mit Bundesverfassungsrecht nicht in Einklang; aus diesem Grunde ist das Urteil hinsichtlich seiner Bindungswirkung gegenstandslos (vgl. BVerfGE 24, 289 [298]). Die Untersagung des Schulgebets mit der gegebenen Begründung ohne jede Prüfung des Einzelfalls greift in die durch Art. 6 Abs. 2 GG und Art. 4 Abs. 1 und 2 GG geschützten Grundrechte der Beschwerdeführer zu I) ein. Die angegriffenen Verwaltungsakte waren daher aufzuheben, ohne daß es unter den gegebenen Umständen einer Zurückverweisung bedurfte.
IV.
Die Entscheidung über die den Beschwerdeführern zu I) zu erstattenden notwendigen Auslagen beruht auf § 34 Abs. 4 BVerfGG.
Dr. Benda, Dr. Böhmer, Dr. Simon, Dr. Faller, Dr. Katzenstein, Dr. Niemeyer, Dr. Heußner