BVerfGE 23, 288 - Kriegsfolgelasten II
1. Es gibt keine allgemeine Regel des Völkerrechts (Art. 25 GG), die es verbietet, Ausländer zur Deckung der Folgelasten eines Krieges zu besteuern.
2. a) Eine Vorlage an das BVerfG nach Art. 100 Abs. 2 GG ist bereits dann geboten, wenn das erkennende Gericht bei Prüfung der Frage, ob und mit welcher Tragweite eine allgemeine Regel des Völkerrechts gilt, auf ernstzunehmende Zweifel stößt, und nicht nur dann, wenn das Gericht selbst Zweifel hat.
b) Ernstzunehmende Zweifel bestehen dann, wenn das Gericht abweichen würde von der Meinung eines Verfassungsorgans oder von den Entscheidungen hoher deutscher, ausländischer oder internationaler Gerichte oder von den Lehren anerkannter Autoren der Völkerrechtswissenschaft.
 
Beschluß
des Zweiten Senats vom 14. Mai 1968
-- 2 BvR 544/63 --
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde 1. der Frau .. 2. des Herrn .. 3. der Frau .. 4. des Herrn .. 5. des Herrn .. - Erben und Erbeserben nach dem verstorbenen .... - Bevollmächtigte: Rechtsanwalt .., Rechtsanwalt .., gegen das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 26. April 1963 -- III 237/58 U -, das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 25. April 1958 -- VI (1 b) 159/57 -, die Einspruchsentscheidung des Finanzamts Braunschweig-Stadt vom 15. Februar 1957 -- Rechtsmittelliste Nr. 42 VA -- und den Vermögensabgabebescheid des Finanzamts Braunschweig-Stadt vom 27. April/11. Mai 1956 -- Steuernummer 69/493 -.
Entscheidungsformel:
Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.
 
Gründe:
 
A. -- I.
Der am 27. Februar 1966 verstorbene Beschwerdeführer war finnischer Staatsangehöriger und hatte seinen Wohnsitz in Finnland. Er ist für seinen in Braunschweig belegenen Grundbesitz als beschränkt Abgabepflichtiger nach § 17 des Lastenausgleichsgesetzes (LAG) zur Vermögensabgabe veranlagt worden. Einspruch und Berufung gegen die Veranlagung waren erfolglos, ebenso seine Rechtsbeschwerde, die der Bundesfinanzhof durch Urteil vom 26. April 1963 (BStBl. III S. 413 ff.) als unbegründet zurückgewiesen hat. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen dieses Urteil, gegen das Berufungsurteil des Niedersächsischen Finanzgerichts und gegen die zugrunde liegenden Bescheide des Finanzamts Braunschweig-Stadt: die Auferlegung der Vermögensabgabe sei unter anderem deshalb ungerechtfertigt, weil eine allgemeine Regel des Völkerrechts verbiete, die Folgelasten eines völkerrechtswidrigen Angriffskrieges auf Ausländer abzuwälzen.
Die Verfassungsbeschwerde ist von den Erben und Erbeserben fortgeführt worden.
II.
1. Art. 6 Abs. 1 des Zehnten Teils des Vertrages zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen (Überleitungsvertrag) vom 26. Mai 1952/23. Oktober 1954 (BGBl. 1955 II S. 405 [444]; künftig: ÜbV Teil X) lautet:
    Bis zur endgültigen Regelung der sich aus dem Krieg ergebenden Ansprüche gegen Deutschland sind die in Abs. (2) dieses Artikels näher bestimmten Personen und ihr Vermögen von allen Sondersteuern, -abgaben oder -auflagen befreit, die sich tatsächlich auf das Vermögen auswirken und zu dem besonderen Zweck auferlegt werden, Lasten zu decken, die sich aus dem Kriege oder aus Reparationen oder Restitutionen an eine der Vereinten Nationen ergeben.
Art. 6 Abs. 2 Satz 1 ÜbV Teil X bestimmt:
    Wird eine solche Steuer, Abgabe oder Auflage nur zu einem Teil für die in Absatz 1 dieses Artikels bezeichneten Zwecke erhoben, so richtet sich die zu gewährende Befreiung grundsätzlich danach, in welchem Ausmaß die Steuern, Abgaben oder Auflagen den genannten Zwecken dienen.
Art. 6 Abs. 2 Satz 2 ÜbV Teil X sowie die sich anschließenden Bestimmungen des Artikels treffen eine Sonderregelung für die "besonderen Fälle" der Abgaben nach dem Soforthilfegesetz und nach dem Lastenausgleichsgesetz. Diese Sonderregelung geht im wesentlichen dahin, daß den Begünstigten eine zeitlich bemessene, also teilweise Befreiung von der Vermögensabgabe gewährt wird. Sie sind auf sechs Jahre, also bis zum 31. März 1955, von der Vermögensabgabe befreit. Da die Vermögensabgabe (unter Einschluß der Soforthilfeabgabe) 30 Jahre lang erhoben wird, entspricht die Befreiung für sechs Jahre einer Befreiung von einem Fünftel der gesamten Vermögensabgabe. Für die übrigen Abgaben nach dem Lastenausgleichsgesetz (Hypothekengewinnabgabe und Kreditgewinnabgabe) sind in Art. 6 ÜbV Teil X Vergünstigungen nicht vorgesehen.
Die §§ 26, 56 und 56 a LAG entsprechen den Bestimmungen von Art. 6 ÜbV Teil X.
2. Art. 6 ÜbV Teil X begünstigt lediglich die Staatsangehörigen der Vereinten Nationen, deren juristische Personen sowie in gewissem Umfang Rückerstattungsberechtigte (Art. 6 Abs. 2 Satz 2a bis c). Nach Art. 9 ÜbV Teil X ist maßgebend für die Bedeutung des Ausdrucks "Vereinte Nationen" das AHK-Gesetz Nr. 54 vom 31. Mai 1951 (ABlAHK S. 915). Danach gehören - von hier nicht interessierenden weiteren Fällen abgesehen - zu den Vereinten Nationen nur die in einer Anlage zum Gesetz aufgeführten Staaten. Finnland ist in der Anlage zum AHK-Gesetz Nr. 54 nicht aufgeführt.
3. a) Die Regelung von Art. 6 ÜbV Teil X ist von vier Staaten, nämlich der Bundesrepublik Deutschland, den Vereinigten Staaten von Amerika, Großbritannien und Frankreich vereinbart worden. Die Regelung soll aber zugunsten der Staatsangehörigen von rund 50 Staaten wirken, die in der Anlage zum AHK-Gesetz Nr. 54 aufgezählt sind.
b) Ausdrücklich anerkannt haben die in Teil X des Überleitungsvertrages getroffenen Abmachungen sieben Staaten, die gemäß Art. 17 Abs. 2 der Satzung der Schiedskommission für Güter, Rechte und Interessen in Deutschland (Anhang zum Überleitungsvertrag) dieser Satzung beigetreten sind (vgl. Art. 12 ÜbV Teil X). Der Beitritt hat nach Art. 17 Abs. 3 der Satzung zur Folge, daß der beitretende Staat voll als Partei u. a. des im Teil X des Überleitungsvertrags enthaltenen Übereinkommens zwischen den Unterzeichnerstaaten gilt.
Der Satzung der Schiedskommission sind folgende Staaten beigetreten:
    Italien, die Niederlande und Griechenland: Bekanntmachung vom 20. Dezember 1955 (BGBl. II S. 1136);
    Belgien: Bekanntmachung vom 23. Mai 1956 (BGBl. II S. 598);
    Luxemburg: Bekanntmachung vom 24. Mai 1958 (BGBl. II S. 128);
    Norwegen: Bekanntmachung vom 26. Oktober 1958 (BGBl. II S. 570);
    Dänemark: Bekanntmachung vom 28. März 1961 (BGBl. II S. 460).
c) Anerkannt haben die in Art. 6 ÜbV Teil X getroffene Regelung auch diejenigen Staaten, die ihren Staatsangehörigen durch besondere Verträge mit der Bundesrepublik Deutschland "beim Lastenausgleich die gleiche Behandlung, wie sie den Angehörigen der meistbegünstigten Nation auf diesem Gebiet zusteht", gesichert haben.
Es handelt sich um folgende Abkommen und Verträge:
    Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zum deutschen Lastenausgleich vom 26. August 1952 (Vertragsgesetz vom 7. März 1953, BGBl. II S. 15), Art. 1;
    Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Schweden zum deutschen Lastenausgleich vom 22. März 1956 (Vertragsgesetz vom 23. Juli 1956, BGBl. II S. 811), Art. 1;
    Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Portugiesischen Republik über deutsche Vermögenswerte in Portugal vom 3. April 1958 (Vertragsgesetz vom 25. März 1959, BGBl. II S. 264), Art. 8;
    Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Spanien über gewisse Auswirkungen des zweiten Weltkrieges vom 8. April 1958 (Vertragsgesetz vom 25. März 1959, BGBl. II S. 245), Art. 4;
    Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Regelung von Schäden der Vertriebenen, Umsiedler und Verfolgten, über weitere finanzielle Fragen und Fragen aus dem sozialen Bereich vom 27. November 1961 - Finanz- und Ausgleichsvertrag - (Vertragsgesetz vom 21. August 1962, BGBl. II S. 1041), Art. 19.
III.
Die Verfassungsbeschwerde wird im einzelnen wie folgt begründet:
1. Die Beschwerdeführer seien in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt.
Nach § 17 LAG seien Ausländer mit ihrem in der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin belegenen Vermögen zur Vermögensabgabe heranzuziehen. Die Sonderregelung des § 56 a LAG zugunsten von Staatsangehörigen der Vereinten Nationen komme für die Beschwerdeführer nicht zum Zuge. Die Vermögensabgabe sei dazu bestimmt, einen Ausgleich der Kriegsfolgen des zweiten Weltkriegs zu schaffen, der von Deutschland als völkerrechtswidriger Angriffskrieg begonnen worden sei. Das habe der Bundesfinanzhof nicht gewürdigt. Nach einer allgemeinen Regel des Völkerrechts im Sinne von Art. 25 GG sei ein Staat, der einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg geführt hat, nicht berechtigt, die Folgen des von ihm begangenen völkerrechtlichen Delikts - auch nicht teilweise - auf solche Personen abzuwälzen, die außerhalb seiner staatsrechtlichen Organisation stehen, d. h. auf Nichtstaatsangehörige. Finnland habe sich bei seiner Kriegsfolgenregelung streng an diese Völkerrechtsregel gehalten. Art. 6 Abs. 1 ÜbV Teil X konkretisiere diesen allgemeinen Satz für einen bestimmten Sachverhalt, habe also im Grunde nur deklaratorische Bedeutung.
Finnland gehöre weder zu den Unterzeichnerstaaten des Überleitungsvertrags noch sei es der Satzung der Schiedskommission beigetreten, noch bestünden vertragliche Vereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Finnland über die Vermögensabgabe. Die allgemeine Völkerrechtsregel könne deshalb hier nicht durch vertragliche Vereinbarungen verdrängt worden sein.
Die Beschwerdeführer haben ein Gutachten von Professor Dr. Seidl-Hohenveldern vorgelegt. Dieses Gutachten kommt zu dem Ergebnis, die Vermögensabgabe sei für die Zwecke ihrer völkerrechtlichen Einordnung als sozialreformatorische Maßnahme und nicht als Steuer anzusehen. Das Lastenausgleichsgesetz strebe eine Umschichtung von Vermögen an; durch die Vermögensabgabe würden 50 v.H. des Vermögens nach dem Stande vom 21. Juni 1948 ohne Entschädigung enteignet, was einer Konfiskation gleichkomme. Ein derartiger Eingriff sei nach den völkerrechtlichen Regeln über den Schutz des Privateigentums, die weiter reichten als Art. 14 GG, unzulässig.
Sollte jedoch die Vermögensabgabe völkerrechtlich als Steuer angesehen werden, so greife die allgemeine Regel des Völkerrechts ein, die es verbiete, Kriegs- und Kriegsfolgelasten eines völkerrechtswidrigen Angriffskrieges auf Ausländer abzuwälzen. Diese Regel, die vorrangig geltendes Bundesrecht sei, verdränge § 17 LAG, soweit diese Vorschrift Ausländer der beschränkten Abgabepflicht unterwerfe. Werde § 17 LAG dennoch angewandt, so liege darin ein Verstoß gegen das Grundrecht der Beschwerdeführer auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG).
2. Das angefochtene Urteil des Bundesfinanzhofs verstoße aus mehreren Gründen gegen Art. 3 GG.
a) Es sei sachwidrig und mit der Gerechtigkeitsidee nicht vereinbar, daß Ausländer und die Staatsangehörigen des Staates, der die Folgen eines völkerrechtswidrigen Angriffskrieges auszugleichen habe, ohne Unterschied zur Vermögensabgabe herangezogen werden. § 17 LAG enthalte insofern eine "Nichtdifferenzierung", die mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar sei.
b) Art. 3 Abs. 1 GG sei ferner deshalb verletzt, weil die in Art. 6 ÜbV Teil X und §§ 26, 56, 56 a LAG vorgesehenen Vergünstigungen nur den Angehörigen der Vereinten Nationen gewährt würden sowie den Staatsangehörigen der Staaten, die der Satzung der Schiedskommission beigetreten oder mit denen besondere Abkommen geschlossen worden seien. Dadurch werde innerhalb der Gruppe der Ausländer eine Teilgruppe ungerechtfertigt schlechter gestellt.
c) Ausländer seien beim Lastenausgleich auf der Leistungs- und der Abgabenseite gegenüber Deutschland unmittelbar oder mittelbar in mindestens fünf Punkten diskriminiert:
"Vertriebene" seien gemäß § 11 LAG nur Deutsche. Ausländer erhielten demnach keinen Ersatz für Vertreibungsschäden. Bei der Vertreibung aus den deutschen Ostgebieten sei aber bei der Liquidation der Vermögenswerte kein Unterschied gemacht worden zwischen Vermögen von deutschen und nichtdeutschen Staats- oder Volkszugehörigen.
Ohne Rücksicht auf die Staatszugehörigkeit würden unbeschränkt Vermögensabgabepflichtige nach § 16 Abs. 1 Satz 1 LAG mit ihrem Gesamtvermögen zur Vermögensabgabe herangezogen, also mit dem Inlands- und dem Auslandsvermögen. Die Berücksichtigung des Auslandsvermögens treffe vorwiegend unbeschränkt abgabepflichtige Ausländer.
Beschränkt wie unbeschränkt Abgabepflichtige erhielten nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Urteil vom 14. Juni 1963 - III 105/60 U -, BStBl. III S. 447) keine Ermäßigung der Vermögensabgabe wegen Kriegsschäden gemäß §§ 39, 47 Abs. 3 LAG, wenn sie Angaben über ihr ausländisches Vermögen verweigerten. Diese Gesetzesanwendung treffe vorwiegend Ausländer.
Der Freibetrag gemäß § 29 Abs. 1 LAG und die Familienermäßigung gemäß § 53 LAG stünden beschränkt Abgabepflichtigen nicht zu. Hierdurch seien vorwiegend Ausländer betroffen.
d) Die Regelung des Lastenausgleichsgesetzes habe den verstorbenen Beschwerdeführer ... auch wegen seiner Heimat diskriminiert. Der Begriff "Heimat" meine nicht nur die örtliche Beziehung zur Umwelt oder die Ansässigkeit, sondern auch die landsmannschaftliche Zugehörigkeit und damit die Staatsangehörigkeit. Auch Art. 3 Abs. 3 GG sei deshalb verletzt.
3. Liege ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vor, so sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG verletzt.
4. Bereits im Verfahren vor dem Bundesfinanzhof sei vorgetragen worden, daß eine Vorlage gemäß Art. 100 Abs. 2 GG erfolgen müsse, wenn ein Prozeßbeteiligter begründete Zweifel an dem Bestehen und der unmittelbaren Geltung einer allgemeinen Völkerrechtsregel habe. Solche Zweifel seien geäußert und demzufolge eine Vorlage gemäß Art. 100 Abs. 2 GG beantragt worden. Der Bundesfinanzhof vertrete jedoch in dem mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Urteil die Ansicht, eine Vorlagepflicht nach Art. 100 Abs. 2 GG bestehe nur dann, wenn dem Gericht zweifelhaft sei, ob eine Regel des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts ist. Solche Zweifel habe der Bundesfinanzhof nicht gehabt und infolgedessen eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht unterlassen. Damit habe der Bundesfinanzhof den verstorbenen Beschwerdeführer ... seinem gesetzlichen Richter entzogen.
Der Bundesfinanzhof sei nicht zuständig gewesen, darüber zu befinden, ob es die allgemeine Regel des Völkerrechts gebe, auf die der Beschwerdeführer sich berufen habe. Die Frage, ob diese Regel bestehe oder nicht, sei eine verfassungsrechtliche Frage, deren Entscheidung durch Art. 100 Abs. 2 GG ausschließlich dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten sei; einen anderen gesetzlichen Richter zur Entscheidung dieser Frage gebe es nicht.
Die Eigenart des Verfahrens nach Art. 100 Abs. 2 GG habe zur Folge, daß seine Voraussetzungen andere seien als die des Normenkontrollverfahrens nach Art. 100 Abs. 1 GG. Weil nur das Bundesverfassungsgericht kompetent sei zu entscheiden, ob eine allgemeine Regel des Völkerrechts bestehe und Bestandteil des Bundesrechts geworden sei, werde die Vorlage schon bei Zweifelhaftigkeit einer solchen Regel erforderlich. Gemeinsam sei den Absätzen 1 und 2 des Art. 100 GG nur, daß beide eine Kompetenzsperre errichteten. Die Sperre des Art. 100 Abs. 1 GG setze ein, nachdem sich der Richter eine Überzeugung gebildet habe, die Sperre des Art. 100 Abs. 2 GG werde schon wirksam, bevor der Richter durch Prüfung der Zweifel zu einer Überzeugung gelange. Es genügten auch Zweifel, die von einem Beteiligten geltend gemacht würden.
Es habe einen tieferen Sinn, daß in Art. 100 Abs. 2 GG eine Verfahrensregel mit Verfassungskraft ausgestattet sei. Das Grundgesetz konstituiere eine Rangordnung der Normen dergestalt, daß die Verfassung nicht nur Recht höheren Ranges sei, sondern auch aus anderer Quelle fließe als die Gesetze. Dieser Ranghierarchie der Normen entspreche eine Kompetenzhierarchie der Rechtsprechungsorgane; nicht jedes Gericht sei kompetent, jedes Recht zu finden. Deshalb ordne Art. 100 GG Kompetenzsperren an. Art. 100 Abs. 2 GG ordne den Kompetenzrang für die innerstaatlich und völkerrechtlich entstandenen Normen. Die allgemeinen Regeln des Völkerrechts seien mindestens ranggleich mit dem Grundgesetz.
Art. 25 GG gehöre zu den staatsgestaltenden Grundwertentscheidungen, für deren Auswirkungen eine einheitliche Rechtsprechung gewährleistet sein müsse. Die Rechtsprechung nach Art. 25 GG in Verbindung mit Art. 100 Abs. 2 GG sei Jurisdiktion über Recht mit Verfassungsrang. Bei völkerrechtlich gewachsenem Recht ersetze die Verifikation durch das Bundesverfassungsgericht gewissermaßen das Gesetzgebungsverfahren. Die dazu erforderliche Ermittlungsarbeit könne in der Regel nicht ohne die Mitwirkung der anderen Verfassungsorgane und der wissenschaftlichen Institutionen geleistet werden.
Die im Verfahren vor dem Bundesfinanzhof vorgetragene Ansicht, eine allgemeine Regel des Völkerrechts stehe der Abgabepflicht entgegen, sei durch das Gutachten von Professor Dr. Seidl- Hohenveldern glaubhaft gemacht worden. Nach der Ächtung des Krieges durch den Briand-Kellog-Pakt müsse vermutet werden, daß sich die behauptete Regel in den letzten Jahrzehnten durchgesetzt habe. Der Bundesfinanzhof sei deshalb zur Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 2 GG verpflichtet gewesen und habe durch die Unterlassung der Vorlage gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßen.
5. Schließlich habe der Bundesfinanzhof auch den Anspruch auf rechtliches Gehör mißachtet.
Der Bundesfinanzhof habe das Gutachten des Professor Seidl- Hohenveldern verkannt. Das wäre nicht geschehen, hätte der Bundesfinanzhof den Gutachter auch in der mündlichen Verhandlung gehört. Auf Anfrage habe der Bundesfinanzhof am 11. April 1963 erklärt, daß er eine Anwesenheit des Gutachters in der mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich halte. Zu diesem Zeitpunkt sei den Beteiligten noch unbekannt gewesen, daß der Bundesfinanzhof bereits in anderer Sache durch Urteil vom 1. März 1963 (BStBl. III S. 300) gegen die Auffassung des Gutachters entschieden hatte. Diese Verfahrensweise verletze den Anspruch auf rechtliches Gehör.
IV.
Für die Bundesregierung hat sich der Bundesminister der Finanzen wie folgt geäußert:
1. Eine allgemeine Regel des Völkerrechts stehe der Heranziehung von Ausländern zur Vermögensabgabe nach dem Lastenausgleichsgesetz nicht entgegen; das habe der Bundesfinanzhof in dem angegriffenen Urteil vom 26. April 1963 und in dem darin angeführten Urteil vom 1. März 1963 zu Recht dargelegt. Die Vermögensabgabe sei innerstaatlich bereits durch Art. 106 Abs. 1 Nr. 5 GG als Steuer qualifiziert. Auch völkerrechtlich sei sie als Steuer anzusehen.
Eine allgemeine Völkerrechtsregel, die die Heranziehung von Ausländern zur Deckung von Kriegsfolgelasten verbiete, lasse sich weder aus dem Kontributionsverbot mit Gültigkeit für die Folgelasten jedweden Krieges herleiten noch gelte eine solche Regel für die Folgelasten eines völkerrechtswidrigen Angriffskrieges. Ein Angriffskrieg könne als Völkerrechtsdelikt zwar Entschädigungs- oder Wiedergutmachungsansprüche auslösen. Er könne aber schwerlich kraft Völkerrechts innerstaatliche Wirkung in Form individueller Steuerfreiheit begründen.
2. Das Lastenausgleichsgesetz enthalte keine Diskriminierung der Ausländer. Es sei ein allgemeiner Grundsatz des deutschen Steuerrechts, zwischen unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht zu unterscheiden. Auf die Staatsangehörigkeit komme es dabei nicht an. Ausländer seien deshalb durch Sonderregelungen für beschränkt Abgabepflichtige nicht diskriminiert.
3. Aus Art. 14 GG könnten gegen die Vermögensabgabe Bedenken nicht hergeleitet werden, da die Vermögensabgabe in Art. 106 Abs. 1 Nr. 5 GG vorgesehen sei. Die völkerrechtlichen Grenzen des sogenannten Steuervorbehalts seien nicht überschritten. Das abgabepflichtige Vermögen werde in einem Tilgungszeitraum von 27 Jahren - je nach der Art des Vermögens - jährlich nur mit 2,2 bis 3,4 v. H. seines Wertes belastet. Das Lastenausgleichsgesetz enthalte auch keine sozialreformatorischen Maßnahmen; ihm fehle ein sozialistischer oder sozialreformatorischer Gestaltungswille.
4. Eine Gegenüberstellung von Art. 100 Abs. 1 GG und 100 Abs. 2 GG könne nicht zur Begründung der Auffassung herangezogen werden, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG sei verletzt. Art. 100 Abs. 2 GG müsse im Zusammenhang mit Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG und Art. 126 GG gesehen werden, in denen ebenfalls die Behebung von Meinungsverschiedenheiten und Zweifeln der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts anvertraut sei. In Art. 100 Abs. 2 GG komme als Besonderheit lediglich hinzu, daß diese Zweifel in einem Rechtsstreit bestehen müßten. Wenn auch die Entscheidung darüber, ob eine Regel des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts sei, große Bedeutung habe, so sei doch zu berücksichtigen, daß die Entscheidung über die Aussetzung eines Verfahrens nach allen geltenden Verfahrensordnungen in der Hand des erkennenden Gerichts liege. Auch die Auslegung, die das Bundesverfassungsgericht dem Art. 126 GG in Verbindung mit § 86 Abs. 2 BVerfGG gegeben habe, spreche für die Auffassung des Bundesfinanzhofs.
 
B.
Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.
1. Eine Verfassungsbeschwerde kann zwar nicht unmittelbar auf die Verletzung von Art. 25 GG gestützt werden (BVerfGE 6, 389 [440]; 18, 441 [451]). Mit ihr kann jedoch geltend gemacht werden, daß Vorschriften des Lastenausgleichsgesetzes, die zur Zahlung von Vermögensabgabe verpflichten, zu einer allgemeinen Regel des Völkerrechts in Widerspruch stehen und von dieser verdrängt werden. Wegen Art. 25 GG gehört es zur verfassungsmäßigen Ordnung, daß bei der Gestaltung und Anwendung des Bundesrechts den durch Art. 25 GG in das Bundesrecht inkorporierten allgemeinen Regeln des Völkerrechts Rechnung getragen wird. Ein Bundesgesetz, das mit einer solchen Regel kollidiert, ist deshalb keine rechtswirksame Besteuerungsgrundlage und vermag die durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten Rechte der Beschwerdeführer nicht zu beschränken (vgl. BVerfGE 6, 32 [41]; 6, 389 [432 f., 440]; 7, 111 [119]; 9, 3 [11]).
2. Die Verfassungsbeschwerde ist nach dem Tode des Beschwerdeführers ... von seinen Erben und nach dem Tode eines dieser Erben auch von dessen Erben fortgeführt worden. Insofern bestehen gegen die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde jedoch keine Bedenken. Es geht um finanzielle Ansprüche (vgl. BVerfGE 17, 86 [90 f.]).
 
C.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht begründet.
I.
Es gibt keine allgemeine Regel des Völkerrechts, die es verbietet, Ausländer für ihr in der Bundesrepublik Deutschland belegenes Vermögen zur Vermögensabgabe nach dem Lastenausgleichsgesetz heranzuziehen.
1. Die Vermögensabgabe ist kein völkerrechtswidriger konfiskatorischer Zugriff auf Vermögen im Zuge einer Sozialreform, sondern eine Steuer.
a) Nach § 1 LAG ist Ziel des Lastenausgleichs
    die Abgeltung von Schäden und Verlusten, die sich infolge der Vertreibungen und Zerstörungen der Kriegs- und Nachkriegszeit ergeben haben, sowie die Milderung von Härten, die infolge der Neuordnung des Geldwesens ... eingetreten sind...
Nach § 4 LAG werden als Ausgleichsleistungen gewährt:
    1. Hauptentschädigung,
    2. Eingliederungsdarlehen,
    3. Kriegsschadenrente,
    4. Hausratsentschädigung,
    5. Wohnraumhilfe,
    6. Leistungen aus dem Härtefonds,
    7. Leistungen auf Grund sonstiger Förderungsmaßnahmen,
    8. Entschädigung im Währungsausgleich für Sparguthaben Vertriebener,
    9. Entschädigung nach dem Altsparergesetz,
    10. Darlehen ... zur verstärkten Förderung der Flüchtlingssiedlung
    ...
Danach dienen die nach dem Lastenausgleichsgesetz aufgebrachten Mittel verschiedenen Zwecken, nämlich einerseits der Abgeltung von aus dem Krieg herrührenden Schäden, andererseits der Milderung sozialer Härten für die vom Krieg und der Neuordnung des Geldwesens besonders betroffenen Bevölkerungsteile, insbesondere also der sozialen und wirtschaftlichen Eingliederung der aus ihrer Heimat Vertriebenen. Mit beiden Zwecken dient der Lastenausgleich der Verwirklichung größerer sozialer Gerechtigkeit.
Es ist offensichtlich, daß der Lastenausgleich, soweit er der Abgeltung von Kriegsschäden unter sozialen Gesichtspunkten dient, eine Umgestaltung der Sozialordnung nicht zum Ziel hat. Aber auch insofern, als mit dem Lastenausgleich das Ziel verfolgt wird, soziale Härten zu mildern und insbesondere die Millionen aus ihrer Heimat Vertriebenen sozial und wirtschaftlich einzugliedern, stellt sich der Lastenausgleich nicht als sozialreformatorische Maßnahme dar und verfolgt nicht das Ziel, durch Umschichtung von Vermögen die soziale Ordnung umzugestalten. Der Lastenausgleich dient vielmehr der Erhaltung und Sicherung der bestehenden Sozial- und Wirtschaftsordnung, indem er Maßnahmen zur Eingliederung der vom Krieg und von der Währungsreform besonders betroffenen Kreise in diese Sozial- und Wirtschaftsordnung vorsieht. Die Maßnahmen des Lastenausgleichs haben konservativen Charakter; sozialreformatorische Züge sind ihnen fremd. Sie dienen damit nicht zuletzt der Erhaltung des Eigentums in seinem wirtschaftlichen Wert und seiner Verwertbarkeit.
Es kann nicht berechnet, sondern nur pauschal geschätzt werden, in welchem Verhältnis zueinander die durch die Vermögensabgabe aufgebrachten Mittel stehen, die für den einen und die für den anderen mit dem Lastenausgleich verfolgten Zweck verwendet werden. Wie die Schiedskommission für Güter, Rechte und Interessen in Deutschland in ihrem Urteil vom 23. März 1962 im Fall Gilis (Entscheidungen der Schiedskommission, Band V, Seite 40) zu Recht festgestellt hat, geht Art. 6 ÜbV Teil X davon aus, daß ein Fünftel der Mittel dem Zweck dient, die aus dem Krieg herrührenden Schäden abzugelten, vier Fünftel hingegen der Milderung sozialer Härten. Die Schiedskommission hat in diesem Urteil unter Verwertung der ihr vorliegenden Materialien der Unterzeichnerstaaten zu Art. 6 ÜbV Teil X ausführlich die Umstände dargelegt, die es unmöglich machen, die den verschiedenen Zwecken dienenden Anteile genau zu bestimmen. In der Entscheidung heißt es, die Schiedskommission lege Wert darauf, diese Umstände hervorzuheben, "um zu zeigen, wie klug die Unterzeichnerstaaten handelten, als sie einen Pauschalsatz von 20% für die aus dem Krieg herrührenden Schäden und einen solchen von 80% für diejenigen Schäden anerkannten, die Folgen sozialer Härten sind ..." (aaO, S. 63).
Weder mit der Abgeltung von Kriegsschäden noch mit der Milderung sozialer Härten für die vom Krieg und von der Neuordnung des Geldwesens besonders betroffenen Bevölkerungsteile verfolgt der Lastenausgleich sozialreformatorische Ziele.
b) Die Abgaben nach dem Lastenausgleichsgesetz, also auch die Vermögensabgabe, sind völkerrechtlich als Steuern zu qualifizieren. Das ergibt sich aus Art. 6 ÜbV Teil X sowie aus weiteren internationalen Vereinbarungen, die im Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zu zahlreichen Staaten verbindlich sind.
Das Urteil der Schiedskommission vom 23. März 1962 geht zu Recht davon aus, daß die Lastenausgleichsabgaben nach Art. 6 ÜbV Teil X als Steuern anzusehen sind. Art. 6 Abs. 1 betreffe Steuern, die ausdrücklich zu dem Zweck auferlegt werden, Lasten zu decken, die sich aus dem Krieg oder aus Reparationen oder Restitutionen ergeben. Art. 6 Abs. 2 betreffe die "gemischten Zwecken" dienenden Abgaben. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 sei eine notwendige Ergänzung von Absatz 1; hingegen diene Absatz 2 Satz 2 lediglich der Durchführung von Satz 1 und regle dessen positive Auswirkungen für den besonderen Fall des Lastenausgleichs, dessen Abgaben einerseits der Abgeltung von Kriegsschäden, andererseits dem Ausgleich sozialer Härten, insbesondere zugunsten der Vertriebenen, dienten (aaO, S. 59).
Das Urteil versteht also Art. 6 ÜbV Teil X als eine vertragliche Regelung über die Erhebung von Steuern, nicht als eine solche über Maßnahmen einer Umgestaltung der sozialen Ordnung. Dem ist zuzustimmen.
Nach Art. 6 ÜbV Teil X gilt die Vermögensabgabe also im Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zu den Vereinigten Staaten von Amerika, zu Großbritannien und Frankreich sowie zu den Vereinten Nationen im Sinne des AHK-Gesetzes Nr. 54 als Steuer. Gleiches gilt für die Staaten, die der Satzung der Schiedskommission beigetreten sind, also für Italien, die Niederlande, Griechenland, Belgien, Luxemburg, Norwegen und Dänemark (siehe oben A II 3 b) sowie für die Staaten, die - wie die Schweiz, Schweden, Portugal, Spanien und Österreich - durch besondere Abkommen oder Verträge ihren Staatsangehörigen beim Lastenausgleich die gleiche Behandlung gesichert haben wie sie den Angehörigen der meistbegünstigten Nation auf diesem Gebiet zusteht (siehe oben A II 3 c). Die Vermögensabgabe wird ferner als Steuer angesehen in folgenden Abkommen und Verträgen:
    Zusatzprotokoll vom 21. Juli 1959 über die Anwendung des Abkommens vom 21. Juli 1959 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern bei den einmaligen Abgaben vom Vermögen (Vertragsgesetz vom 14. April 1961, BGBl. II S. 397);
    Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie verschiedener sonstiger Steuern und zur Regelung anderer Fragen auf steuerlichem Gebiete vom 15. Juni 1959 in Verbindung mit dem Zusatzprotokoll hierzu vom 16. Juni 1959 (Vertragsgesetz vom 10. Juni 1960, BGBl. II S. 1781);
    Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien über eine Berichtigung der deutsch-belgischen Grenze und andere die Beziehungen zwischen beiden Ländern betreffende Fragen vom 24. September 1956 (Vertragsgesetz vom 6. August 1958, BGBl. II S. 262);
    Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Großherzogtum Luxemburg vom 11. Juli 1959 (Vertragsgesetz vom 8. August 1960, BGBl. II S. 2077).
Angesichts dieser völkerrechtlichen Vertragspraxis ist nicht zweifelhaft, daß die Vermögensabgabe völkerrechtlich als Steuer anzusehen ist. Daß sie nach innerdeutschem Recht eine Steuer ist, ergibt sich eindeutig bereits aus Art. 106 Abs. 1 Nr. 5 GG.
c) Ist die Vermögensabgabe auch völkerrechtlich als Steuer zu qualifizieren, so kann die Regelung dieser Steuer nicht im Widerspruch stehen zu allgemeinen Regeln des Völkerrechts, die den entschädigungslosen Zugriff auf Vermögen von Ausländern im Zuge einer Sozialreform verbieten.
2. Die Vermögensabgabe stellt sich auch nach ihrer Höhe nicht als völkerrechtlich unzulässige Konfiskation dar. Zwar beträgt die Vermögensabgabe 50 v. H. des abgabepflichtigen Vermögens (§ 31 LAG). Es muß jedoch berücksichtigt werden, daß die Zahlung der Abgabe auf einen sehr langen Zeitraum verteilt wird. Sie ist in gleichen vierteljährlichen Teilbeträgen, die eine Verzinsung und Tilgung der Schuld darstellen, bis zum 31. März 1979 zu entrichten. Das abgabepflichtige Vermögen wird während eines Tilgungszeitraums von 27 Jahren ab 1952 je nach der Art des Vermögens jährlich nur mit 2,5 bis 3,4 v. H. seines Wertes belastet. Es darf ferner nicht außer acht gelassen werden, daß bei Grundstücken der sogenannte Einheitswert, nicht der in aller Regel höhere reale Wert des Grundstücks, der Besteuerung zugrunde gelegt wird. Der Steuerpflichtige ist also nicht genötigt, seine Vermögenswerte zu verschleudern, um seine Steuerschuld zu begleichen. Die Bedingungen der Entrichtung der Vermögensabgabe sind so gestaltet, daß die Abgabe in der Regel - wenn auch nicht in jedem Fall - aus den Erträgnissen des Vermögens aufgebracht werden kann (ebenso: Urteil der Schiedskommission vom 23. März 1962, aaO, S. 55).
Die Vermögensabgabe ist also keine Steuer mit konfiskatorischem Effekt, deren Erhebung mit völkerrechtlichen Regeln über die Besteuerung von Ausländern kollidieren könnte.
3. Die allgemeine Regel des Völkerrechts, die nach Ansicht der Beschwerdeführer ihrer Heranziehung zur Vermögensabgabe entgegensteht, könnte nur eine Regel des Völkergewohnheitsrechts sein. Es gibt jedoch kein Völkergewohnheitsrecht und auch keinen dieses Recht ergänzenden anerkannten allgemeinen Rechtsgrundsatz (vgl. BVerfGE 15, 25 [34 f.]; 16, 27 [33]), die es verbieten, Ausländer zur Deckung der Folgelasten eines Krieges zu besteuern.
Im Gutachten Seidl-Hohenveldern wird dargelegt, daß Ausländer durch eine größere Zahl bilateraler völkerrechtlicher Verträge von außerordentlichen Kriegssteuern freigestellt worden seien und daß sich hieraus eine gewohnheitsrechtliche Regel gebildet habe, die seit den Pariser Friedensverträgen von 1947 auch der Besteuerung von Ausländern zur Deckung von Kriegsfolgelasten entgegenstehe. Es kann jedoch nicht festgestellt werden, daß eine solche Regel gilt.
a) Eine zusammenfassende Würdigung der Vertragspraxis der Staaten, der Rechtsprechung und der Meinungen der Völkerrechtslehre in der Zeit bis zum Beginn des zweiten Weltkriegs ergibt, daß in dieser Zeit die Besteuerung von Ausländern zur Deckung von Kriegs- und Kriegsfolgelasten nicht durch völkerrechtliches Gewohnheitsrecht beschränkt war und daß eine entsprechende Regel auch nicht im Entstehen war. Hierzu ist auf folgendes hinzuweisen:
aa) Art 276 Abs. c des Versailler Friedensvertrages von 1919 verpflichtete Deutschland lediglich, die Staatsangehörigen der alliierten und assoziierten Mächte keinen anderen oder höheren direkten oder indirekten Gebühren, Abgaben oder Steuern zu unterwerfen, als sie den eigenen Staatsangehörigen auferlegt seien oder auferlegt würden (zur Übergangsvorschrift des Art. 297 j vgl. Stier-Somlo, NiemeyersZ, Bd. 29 [1921], S. 263 [291 ff.]).
In der Konvention über das Niederlassungsrecht und die Gerichtsbarkeit, einer Zusatzvereinbarung zu dem am 24. Mai 1923 zwischen den Alliierten und der Türkei geschlossenen Friedensvertrag von Lausanne, ist vorgesehen, daß den Staatsangehörigen der Vertragspartner der Türkei, die sich in der Türkei niedergelassen haben oder dort ihre Tätigkeit ausüben, Zwangsanleihen oder andere außerordentliche Vermögensabgaben selbst im Fall eines Krieges nicht auferlegt werden dürfen. Diese Steuerbefreiung erklärt sich aus der Ablösung des veralteten Kapitulationssystems durch ein modernes System des Niederlassungsrechts für Ausländer in der Türkei. Von diesem Zweck her ist auch die Bezugnahme auf das "moderne Völkerrecht" zu verstehen, das nach der Präambel der Konvention für die Regelung der Niederlassungsbedingungen für Staatsangehörige der Alliierten in der Türkei maßgebend sein soll (siehe Urteil der Schiedskommission vom 23. März 1962, aaO, S. 57).
bb) Der Reichsfinanzhof hat in zwei Entscheidungen über die Heranziehung von Ausländern zu Kriegsabgaben und Kriegsfolgelasten entschieden. In der Entscheidung vom 27. April 1920 (RFH 3, 10 ff.) ging es um die Frage, ob die Heranziehung eines argentinischen Staatsangehörigen zur Kriegsabgabe 1918 mit dem Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrag mit Argentinien vom 19. September 1857 vereinbar sei; nach Art. 10 dieses Vertrages waren argentinische Staatsangehörige von Zwangsanleihen, Requisitionen und Kriegskontributionen befreit. Der Reichsfinanzhof führte aus, es könne nicht ausgeschlossen werden, daß nach Art. 10 des Vertrags die gegenseitigen Staatsangehörigen nur zu den in normalen Zeiten und zu friedlichen Zwecken geforderten Abgaben herangezogen werden sollten, daß dagegen die auf den besonderen Staatsbürgerrechten beruhende Pflicht zur Mittragung der außerordentlichen Kriegslasten ausgeschlossen sein solle (aaO, S. 12 f.). Die Entscheidung gibt jedoch keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß sich auch abgesehen von der vertraglichen Vereinbarung eine Befreiung von Ausländern von der Kriegsabgabe 1918 aus dem allgemeinen Völkerrecht ergeben könnte. Die Rechtsbeschwerde wurde zurückgewiesen, weil der Vertrag nach Ansicht des Reichsfinanzhofs allenfalls eine völkerrechtliche Verpflichtung der vertragschließenden Staaten begründe, für das Gericht jedoch das etwa widersprechende innerstaatliche Recht maßgebend bleibe.
Zur Tilgung der deutschen Reparationsschulden aus dem Versailler Friedensvertrag wurde der deutschen Industrie die Last der Verzinsung und Tilgung eines Betrages von fünf Milliarden Goldmark auferlegt. Die Aufbringung dieser Mittel wurde durch das Gesetz zur Aufbringung der Industriebelastung vom 30. August 1924 (RGBl. II S. 269) geregelt. Zu Leistungen nach diesem Gesetz wurde auch eine juristische Person herangezogen, die die italienische Staatszugehörigkeit in Anspruch nahm, und sich darauf berief, sie sei nach allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsätzen nicht der Aufbringungspflicht unterworfen. Staatsfremde hätten einerseits keinen Anspruch auf Gewährung staatsbürgerlicher Rechte, seien andererseits aber auch den staatsbürgerlichen Pflichten im engeren Sinn nicht unterworfen; ihre Heranziehung zur Wehrpflicht, zur Wehrsteuer oder anderen Kriegsleistungen sei völkerrechtswidrig. In der Entscheidung des Reichsfinanzhofs vom 8. August 1928 (RFH 24, 69 [72 f.]) heißt es, es könne keine Rede davon sein, daß die Aufbringung der Industriebelastung zu den "Kriegsleistungen" gehöre; Kriegsleistungen seien nur solche Leistungen, die mit der Kriegführung im Zusammenhang stünden. Die hier in Frage stehenden Leistungen dienten, wenigstens mittelbar, der Deckung der dem Deutschen Reich auferlegten Kriegsentschädigung, seien also eine Folge des Krieges. "Einen allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsatz, daß solche Lasten Staatsfremden nicht auferlegt werden dürfen, gibt es nicht."
Art. 4 Abs. 2 des französisch-spanischen Niederlassungsvertrages vom 7. Januar 1862 befreite die in Frankreich ansässigen Spanier von "jeder Kriegskontribution und jeder anderen außerordentlichen Kontribution". Auf Grund des Gesetzes vom 1. Juli 1916 wurde in Frankreich eine Kriegsgewinnsteuer erhoben, zu der auch die in Frankreich ansässigen Spanier herangezogen werden sollten. Zur Schlichtung der sich daraus ergebenden Differenzen ernannten Frankreich und Spanien den Schweizer Gustav Ador zum Schiedsrichter. Dieser entschied durch Schiedsspruch vom 15. Juni 1922 (abgedruckt in "Reports of International Arbitral Awards, hrsg. von den Vereinten Nationen, Leyden, Bd. I [1948], S. 302 ff.), daß Spanier nicht zur Kriegsgewinnsteuer herangezogen werden dürften. Die Kriegsgewinnsteuer sei eine "Kriegskontribution oder andere außerordentliche Kontribution" im Sinne des Niederlassungsvertrages.
Nach diesem Schiedsspruch beruht die Befreiung von der französischen Kriegsgewinnsteuer auf dem bilateralen Vertrag. Der Spruch wird offensichtlich nicht von der Überzeugung getragen, die vertragliche Freistellung von dieser Steuer entspreche einer allgemeinen Regel des Völkerrechts.
Mit einer Kriegsgewinnsteuer befaßt sich ferner die Entscheidung des gemischten bulgarisch-belgischen Schiedsgerichts vom 13. November 1923 (abgedruckt in: Recueil Des Decisions Des Tribunaux Arbitraux Mixtes, hrsg. von den Präsidenten der Schiedsgerichte, Paris, Bd. III [1924], S. 830 ff.). Art. 177 Abs. e des Friedensvertrages von Neuilly untersagte Bulgarien "Kriegsmaßnahmen" (mesures de guerre) gegen Angehörige der Alliierten. Eine belgische Aktiengesellschaft wurde in Bulgarien zu der auch dort erhobenen Kriegsgewinnsteuer herangezogen und rief deshalb die Entscheidung des Schiedsgerichts an. Dieses erklärte sich für unzuständig. Die bulgarische Kriegsgewinnsteuer, die alle Einwohner des Landes treffe, sei kein Akt wirtschaftlicher Kriegsführung und damit keine verbotene "Kriegsmaßnahme". Ähnliche Steuern seien auch von den neutralen Staaten unangefochten erhoben worden. Die Entscheidung bietet keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß die Erhebung einer solchen Steuer als unvereinbar mit dem allgemeinen Völkerrecht anzusehen sei.
cc) Aus den Äußerungen der Völkerrechtswissenschaft läßt sich entnehmen, daß es nach allgemeinem Völkerrecht als unzulässig angesehen wurde, Ausländer zu Wehrdienstersatzsteuern heranzuziehen, also zu einem finanziellen Ausgleich für die Freistellung vom Militärdienst. Es war aber vorherrschende Ansicht, daß für die Besteuerung von Ausländern völkerrechtliche Schranken hinsichtlich der Verwendung der Steuern nicht bestanden und daß also Ausländer auch zu den allgemeinen Abgaben aus Anlaß eines Krieges oder zur Beseitigung von Kriegsfolgen herangezogen werden konnten, sofern nicht bilaterale Vereinbarungen entgegenstanden.
    # ergänzen #; Lippert, Handbuch des internationalen Finanzrechts, 2. Aufl., Wien 1928, S. 443 (460); Isay, Internationales Finanzrecht, Stuttgart/Berlin 1934, S. 67 f.; Griziotti, L'Imposition Fiscale Des etrangers, in Recueil Des Cours De L'Academie De Droit International De La Haye, Bd. 13/III (1926), S. 5 ff. (66); Allix, La Condition des Etrangers Au Point De Vue Fiscal, in: Recueil Des Cours, Bd. 61/III (1937), S. 545 (603), mit Hinweisen.
b) Auch in der Zeit seit Beginn des zweiten Weltkrieges hat sich eine allgemeine Völkerrechtsregel des von den Beschwerdeführern behaupteten Inhalts nicht gebildet.
Aus den Darlegungen der Beschwerdeführer zur Vermögensabgabe in Finnland kann nicht geschlossen werden, daß der finnischen Gesetzgebung, nach der Ausländer von dieser Abgabe befreit waren, maßgebend die Erwägung zugrunde lag, das allgemeine Völkerrecht fordere diese Befreiung. Wesentlich scheint vielmehr gewesen zu sein, daß bilaterale Vereinbarungen, insbesondere der finnisch-schwedische Handelsvertrag, die Angehörigen der Partnerstaaten Finnlands von Zwangsanleihen und Kontributionen jeglicher Art für Kriegszwecke freistellten und hierauf Rücksicht genommen werden sollte.
Die 1947 von den Alliierten mit den ehemaligen Verbündeten Deutschlands in Paris geschlossenen Friedensverträge befreien die Angehörigen der Vereinten Nationen und ihr Eigentum von allen Sondersteuern und Sonderabgaben, die ihrem Kapitalvermögen zwischen dem Waffenstillstand und dem Inkrafttreten des Friedensvertrages zu dem besonderen Zweck der Deckung der durch den Krieg entstandenen Lasten oder der Kosten für die Besatzungstruppen oder für Reparationen auferlegt worden waren.
    Art. 24 Abs. 7, mit Bulgarien Art. 23 Abs. 6, mit Ungarn Art. 26 Abs. 7, mit Finnland Art. 25 Abs. 6; ebenso Art. 25 Abs. 6 des Österreichischen Staatsvertrages vom 15. Mai 1955.
Zu Art. 78 Abs. 6 des Friedensvertrages mit Italien hat die französisch-italienische Schiedskommission am 29. August 1949 entschieden, daß die zur Bekämpfung der Inflation in Italien gemäß Gesetz vom 11. Oktober 1947 erhobene außerordentliche Vermögensabgabe unter diese Bestimmung falle und die Angehörigen der Vereinten Nationen demgemäß von dieser Abgabe befreit seien.
    Franco-Italienne, hrsg. von der französischen Vertretung bei der französisch-italienischen Schiedskommission, ohne Angabe von Erscheinungsort und Jahr, Bd. I S. 95 ff., Entscheidung Nr. 32.
Die völkerrechtliche Bedeutung dieser Bestimmungen der Friedensverträge von 1947 ist von dem Rechtsberater der englischen Delegation auf der Pariser Konferenz von 1946/1947, Fitzmaurice, ausführlich dargelegt worden (The Juridical Clauses of the Peace Treaties, in: Recueil Des Cours, Bd. 73/II [1948]: Es sei ungeklärt, ob Ausländer in Kriegszeiten auch zu Kriegssteuern und -abgaben herangezogen werden dürften. Es scheine so zu sein, daß dem Fremden jedenfalls in einem Kriege, der nicht gegen sein Heimatland geführt werde, auch spezifische Kriegssteuern auferlegt werden dürften. Es sei aber nicht klar, ob dies auch dann gelte, wenn der Krieg gegen das Heimatland des Fremden geführt werde. Nach Ende der Feindseligkeiten würden oft Sondersteuern zur Wiedergutmachung der Kriegsschäden und zur Zahlung der Besatzungskosten erhoben. Die Regelung in den Friedensverträgen von 1947 sehe für die Staatsangehörigen keine Befreiung von Steuern und Abgaben vor, die während der Feindseligkeiten erhoben worden seien. Sie berücksichtige aber, daß es nicht tragbar wäre, wenn die Angehörigen der Vereinten Nationen und ihr Eigentum in den ehemaligen Feindstaaten während der Zeit des Waffenstillstandes zu Steuern herangezogen werden könnten, deren Aufkommen für Besatzungskosten, Reparationen oder andere Kriegszwecke bestimmt sei. Damit sei aber auch stillschweigend anerkannt, daß die Angehörigen der Vereinten Nationen nach dem Inkrafttreten der Friedensverträge eine besondere Steuerfreiheit nicht mehr beanspruchen könnten, sondern jeder allgemeinen Besteuerung unterworfen seien [aaO, S. 259 ff.].
Nach diesen Ausführungen können die Bestimmungen der Friedensverträge von 1947 nicht als Ausdruck einer allgemeinen Regel gedeutet werden, derzufolge Ausländer nicht zu Kriegsfolgelasten herangezogen werden dürften. Diese Bestimmungen statuieren vielmehr eine zeitlich beschränkte Ausnahme von dem allgemeinen Grundsatz, daß Ausländer, abgesehen vom Sonderfall der Wehrdienstersatzsteuer, auch zu Kriegssteuern und zu Steuern zur Deckung der Kriegsfolgelasten herangezogen werden dürfen (ebenso Ciurea, Le Traite de Paix avec la Roumanie du 10. Fevrier 1947, Paris 1954, S. 160).
Art. 6 Abs. 1 ÜbV Teil X muß im Zusammenhang mit den entsprechenden Bestimmungen der Friedensverträge von 1947 gesehen werden (siehe Schreiben des Vorsitzenden der Alliierten Hohen Kommission, John McCloy, vom 23. Mai 1952 an den Bundeskanzler, wiedergegeben in der Entscheidung der Schiedskommission vom 23. März 1962, aaO, S. 50). Auch bei Art. 6 Abs. 1 ÜbV Teil X handelt es sich um eine bis zum Inkrafttreten eines Friedensvertrages befristete, nur Angehörige der Alliierten und der Vereinten Nationen begünstigende Ausnahmeregelung, wie sie in ähnlicher Weise mit den Verbündeten Deutschlands, zu denen auch Finnland gehörte, vereinbart worden ist. Es würde der Rechtfertigung entbehren, wenn die Angehörigen der Alliierten und der Vereinten Nationen zu Steuern herangezogen würden, die zu dem besonderen Zweck auferlegt werden, Lasten zu decken, die sich aus dem Krieg oder aus Reparationen oder Restitutionen an eine der Vereinten Nationen ergeben.
Für die Zeit seit Beginn des zweiten Weltkrieges läßt sich also ein von der weitaus größeren Zahl der Staaten im Bewußtsein rechtlicher Verpflichtung über längere Zeit geübter Brauch, Ausländer nicht zum Zwecke der Deckung von Kriegs- und Kriegsfolgelasten zu besteuern, nicht feststellen. Nur eine bestimmte Gruppe von Staaten, nämlich die der im zweiten Weltkrieg unterlegenen Nationen, hat in den Friedensverträgen von 1947 und im Überleitungsvertrag eine zeitlich begrenzte Beschränkung ihrer Steuerhoheit in bezug auf die Heranziehung der Angehörigen der Alliierten und der Vereinten Nationen zur Deckung von Kriegs- und Kriegsfolgelasten hingenommen. Diese wenigen, sich als Ausnahmen darstellenden Regelungen vermögen einen neuen allgemeinen, im Bewußtsein rechtlicher Verpflichtung geübten Brauch nicht zu begründen.
Auch die Behauptung, Kriegs- und Kriegsfolgelasten dürften im Wege der Besteuerung wenigstens dann nicht auf Ausländer abgewälzt werden, wenn es sich um die Lasten eines völkerrechtswidrigen Angriffskrieges handele, kann nicht als bestätigt erachtet werden. Die Abwicklung der Folgen des zweiten Weltkrieges, der ein Angriffskrieg Deutschlands war, hat - wie dargelegt - nicht zur Entstehung einer allgemeinen Regel des von den Beschwerdeführern behaupteten Inhalts geführt.
Die Beschwerdeführer können also als Ausländer zur Vermögensabgabe herangezogen werden. Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 25 GG ist nicht verletzt (vgl. auch BVerfGE 16, 276; 18, 441).
II.
Die Heranziehung der Beschwerdeführer zur Vermögensabgabe verstößt offensichtlich unter keinem der von ihnen vorgetragenen Gesichtspunkte gegen den Gleichheitssatz.
Es stellt keine gleichheitswidrige "Nichtdifferenzierung" dar, daß Ausländer, die ihren Wohnsitz im Ausland haben, mit ihrem inländischen Grundvermögen aber der deutschen Steuerhoheit unterworfen sind, ebenso wie Deutsche, bei denen dieselben Voraussetzungen bestehen, als beschränkt Abgabepflichtige gemäß § 17 LAG zur Vermögensabgabe herangezogen werden. Es entspricht dem Verfassungsrecht ebenso wie dem Völkerrecht, daß Ausländer grundsätzlich in bezug auf ihre im Inland belegenen Grundstücke und die Grundpfandrechte an ihnen zu Abgaben herangezogen werden können (BVerfGE 18, 441 [452] unter Hinweis auf das Urteil der Schiedskommission vom 23. März 1962, aaO, S. 53 ff.). Es gibt keine allgemeine Regel des Völkerrechts, die die Heranziehung von Ausländern zu einer Steuer wie der Vermögensabgabe nach dem Lastenausgleichsgesetz verbietet. Hinsichtlich der beschränkten Abgabepflicht besteht zwischen Ausländern und Deutschen kein Unterschied, der dem Gesetzgeber Anlaß zu einer differenzierenden Regelung hätte geben müssen (vgl. auch BVerfGE 18, 441 [452]).
Ebensowenig liegt ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz darin, daß der Gesetzgeber nicht allen Ausländern die Vergünstigungen gewährt hat, welche bestimmte Ausländer, nämlich die Angehörigen der Vereinten Nationen und die Angehörigen derjenigen Staaten, die der Satzung der Schiedskommission beigetreten oder mit denen besondere Abkommen über den Lastenausgleich abgeschlossen worden sind, bei der Vermögensabgabe genießen. Diese Vergünstigungen sind allein durch die besonderen völkerrechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und diesen Staaten gerechtfertigt.
Auch soweit die Beschwerdeführer vortragen, Ausländer seien durch mehrer Einzelbestimmungen des Lastenausgleichsgesetzes diskriminiert, kann die Verfassungsbeschwerde keinen Erfolg haben. Die Beschwerdeführer haben nicht dargetan, daß diese Bestimmungen für sie eingreifen. Die von ihnen beanstandeten Regelungen sind zudem mit Art. 3 GG vereinbar.
Es ist nicht sachwidrig, daß Ausländer keinen Ersatz für Vertreibungsschäden erhalten. Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, daß die Vertreibungsmaßnahmen in den Ostgebieten gegen die dort ansässigen Deutschen gerichtet waren. Es mag sein, daß sich die Vermögensabgabe auf Auslandsvermögen vorwiegend bei unbeschränkt abgabepflichtigen Ausländern, die in Deutschland leben, auswirkt. Das beruht jedoch darauf, daß das Auslandsvermögen deutscher Staatsangehöriger während des Krieges und nachher in vielen - jedoch keineswegs allen - Staaten konfisziert worden ist. Es ist nicht sachwidrig, daß Abgabepflichtige, die eine Ermäßigung der Vermögensabgabe wegen eigener Kriegsschäden in Anspruch nehmen wollen, gehalten sind, zur Berechnung der Ermäßigung Angaben über ihr Auslandsvermögen zu machen. Es trifft Ausländer und Deutsche in gleicher Weise, daß die besonderen Freibeträge nach §§ 29, 53 LAG beschränkt Abgabepflichtigen nicht gewährt werden.
Schließlich ist nicht zu erkennen, daß die "Heimat" des verstorbenen Beschwerdeführers ... für dessen Heranziehung zur Vermögensabgabe irgendeine Bedeutung gehabt hat oder rechtlich relevant sein könnte.
III.
Die Heranziehung der Beschwerdeführer zur Vermögensabgabe nach dem Lastenausgleichsgesetz steht zu Art. 14 GG offensichtlich nicht in Widerspruch. Mit der Vermögensabgabe wird eine Geldleistungspflicht in Form einer Steuer auferlegt. Solche Pflichten lassen die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG grundsätzlich unberührt (BVerfGE 4, 7 [17]; 6, 290 [298]; 8, 274 [330]; 10, 89 [116]; 10, 354 [371]; 11, 105 [126]; 14, 221 [241]; 18, 441 [452]). Ein Verstoß gegen Art. 14 GG kann allenfalls dann in Betracht kommen, wenn die Geldleistungspflichten den Pflichtigen übermäßig belasten und seine Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtigen würden (BVerfGE 14, 221 [241]), also eine Konfiskation darstellen würden. Das ist bei der Vermögensabgabe nicht der Fall.
IV.
Die Rüge, der Bundesfinanzhof habe den verstorbenen Beschwerdeführer ... seinem gesetzlichen Richter entzogen, ist unbegründet. Der Bundesfinanzhof war zwar nach Art. 100 Abs. 2 GG zur Vorlage an das Bundesverfassungsgericht verpflichtet. Er hat aber gegen diese Pflicht nicht willkürlich verstoßen; Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ist deshalb nicht verletzt.
1. a) Nach Art. 100 Abs. 2 GG hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen, wenn in einem Rechtsstreit zweifelhaft ist, ob eine Regel des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt. Die Frage, wann in einem Rechtsstreit zweifelhaft ist, ob eine Regel des Völkerrechts zum Bundesrecht gehört, ist vom Bundesverfassungsgericht bisher nicht entschieden worden. In der Rechtslehre ist sie umstritten. Es wird einerseits die Ansicht vertreten, das erkennende Gericht sei zur Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nur dann verpflichtet, wenn es selbst Zweifel hinsichtlich des Bestehens und der Tragweite der allgemeinen Regel des Völkerrechts habe.
    # ergänzen #; Stern, Bonner Kommentar, Zweitbearbeitung, Rdnr. 235 zu Art. 100 GG; Münch, JZ 1964, 163 (164); Ipsen, Deutsche Verwaltung 1949, 489.
Andererseits werden schon ernsthafte Zweifel, die von den Prozeßbeteiligten vorgebracht werden, als ausreichend angesehen, um die Vorlagepflicht nach Art. 100 Abs. 2 GG auszulösen.
    Vgl. Friesenhahn, Die Verfassungsgerichtsbarkeit in der Bundesrepublik Deutschland, 1962, S. 65 (Sonderdruck aus: Die Verfassungsgerichtsbarkeit in der Gegenwart); Geiger, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Anm. 3 zu § 83; Aubin, JZ 1954, 120; Wengler, JZ 1965, 24; vgl. auch Mann, SJZ 1950, 547 und Kraus, Der deutsche Richter und das Völkerrecht, in: Gegenwartsprobleme des internationalen Rechts und der Rechtsphilosophie, Festschrift für Rudolf Laun zum 70. Geburtstag, S. 225 sowie Tomuschat, ZaöRV Bd. 28 (1968), S. 61.
b) Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 2 GG ist bereits dann geboten, wenn das erkennende Gericht bei der Prüfung der Frage, ob und mit welcher Tragweite eine allgemeine Regel des Völkerrechts gilt, auf ernstzunehmende Zweifel stößt, und nicht nur dann, wenn das Gericht selbst Zweifel hat.
Für diese Auslegung spricht bereits der Wortlaut von Art. 100 Abs. 2 GG. Nach Art. 100 Abs. 1 GG kommt es auf die Überzeugung des Gerichts an, ein Gesetz sei verfassungswidrig. Hätte auch für die Vorlage nach Art. 100 Abs. 2 GG die Meinung des Gerichts maßgebend sein sollen, so hätte eine dem Absatz 1 entsprechende Fassung nahegelegen.
Nur die Auslegung, nach der bereits ernstzunehmende Zweifel hinsichtlich des Bestehens und der Tragweite der allgemeinen Völkerrechtsregel die Vorlagepflicht auslösen, wird Sinn und Zweck des Art. 100 Abs. 2 GG gerecht.
Mit der durch Art. 25 GG vollzogenen Eingliederung der allgemeinen Regeln des Völkerrechts in das Bundesrecht mit Vorrang vor den Gesetzen erzwingt die Verfassung eine dem allgemeinen Völkerrecht entsprechende Gestaltung des Bundesrechts. Der Sinn der unmittelbaren Geltung der allgemeinen Regeln des Völkerrechts liegt darin, kollidierendes innerstaatliches Recht zu verdrängen oder seine völkerrechtskonforme Anwendung zu bewirken. Da die allgemeinen Regeln des Völkerrechts sich ständig fortentwickeln, ist die Zahl der möglichen Kollisionen zwischen allgemeinem Völkerrecht und innerstaatlichem Recht nicht übersehbar. Der Prozeß der Umformung des innerstaatlichen Rechts durch das inkorporierte völkerrechtliche Bundesrecht vollzieht sich außerhalb des von der Verfassung vorgesehenen formellen Gesetzgebungsverfahrens. Die allgemeinen Regeln des Völkerrechts sind vorwiegend universell geltendes Völkergewohnheitsrecht, ergänzt durch anerkannte allgemeine Rechtsgrundsätze (BVerfGE 15, 25 [32 f., 34 f.]; 16, 27 [33]). Sie sind nur in manchen Fällen evident; in vielen Fällen muß ihre Existenz und Tragweite (BVerfGE 15, 25 [31 f.]; 16, 27 [32 f.]; 18, 441 [448]) erst festgestellt werden.
Der Verfassunggeber hat die Gefahren, die sich aus der Eingliederung der allgemeinen Regeln des Völkerrechts in das Bundesrecht mit Rang über den Gesetzen für die Autorität des Gesetzgebers und für die Rechtssicherheit ergeben - beide gehören zum Fundament der rechtsstaatlichen Ordnung -, in Kauf genommen, soweit diese Gefahren in der Natur der Sache liegen. Das Verfahren nach Art. 100 Abs. 2 GG zielt vornehmlich darauf ab, die sich aus der Eingliederung des Völkerrechts für die Autorität des Gesetzgebers und die Rechtssicherheit ergebenden Gefahren auf das unvermeidbare Maß zu beschränken. Bei Zweifeln über Existenz und Tragweite einer allgemeinen Völkerrechtsregel soll nur das Bundesverfassungsgericht, dieses aber allgemeinverbindlich und mit Gesetzeskraft, entscheiden. Vom Fall der Evidenz abgesehen, soll nur das Bundesverfassungsgericht befugt sein, über Bestehen oder Nichtbestehen und über die Tragweite einer allgemeinen Völkerrechtsregel zu entscheiden.
Eine Auslegung des Art. 100 Abs. 2 GG, nach der bei objektiv zweifelhaften allgemeinen Regeln des Völkerrechts die Vorlagepflicht von der subjektiven Meinung des erkennenden Gerichts abhängig wäre, würde diesem Zweck des Art. 100 Abs. 2 GG nicht gerecht werden.
Käme es nur auf die Meinung des jeweils erkennenden Gerichts an, so bestünde die Gefahr, daß die Gerichte über die Existenz einer bestimmten - nicht evidenten - Regel des Völkerrechts und ihre Tragweite divergierend entscheiden; gerade das will aber Art. 100 Abs. 2 GG im Interesse der Rechtssicherheit soweit wie möglich verhindern (vgl. BVerfGE 15, 25 [33]).
§ 83 Abs. 2 BVerfGG gewährt den an der Gesetzgebung beteiligten Verfassungsorganen das Recht, sich im Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht zu äußern und dem Verfahren beizutreten. Im Ausgangsverfahren hingegen haben die Verfassungsorgane - wenn sie nicht zufällig am Verfahren beteiligt sind - keine Gelegenheit, an den Erörterungen über Bestehen und Tragweite der allgemeinen Regel des Völkerrechts teilzunehmen. Das Bundesverfassungsgericht entscheidet im Verfahren nach Art. 100 Abs. 2 GG, § 83 BVerfGG zwar nicht unmittelbar darüber, ob ein Bundesgesetz mit einer allgemeinen Regel des Völkerrechts vereinbar ist, sondern nur darüber, ob die Regel besteht; das Verfahren nach Art. 100 Abs. 2 GG dient der Normenverifikation, nicht der Normenkontrolle. Da sich die Entscheidung aber auch auf die "Tragweite" der allgemeinen Regeln des Völkerrechts erstrecken kann (BVerfGE 15, 25 [31 f.]; 16, 27 [32 f.]; 18, 441 [448]), kann das Bundesverfassungsgericht im Einzelfall jeweils auch prüfen, ob eine bestimmte allgemeine Regel des Völkerrechts nach ihrer Tragweite auf innerstaatliches Recht einzuwirken geeignet ist. Das Verifikationsverfahren nach Art. 100 Abs. 2 GG ersetzt im Ergebnis das Gesetzgebungsverfahren; der Tenor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat Gesetzeskraft (Art. 94 Abs. 2 GG, § 13 Nr. 12 und § 31 Abs. 2 BVerfGG). Vor allem dann, wenn ein Gericht dazu neigt, die Existenz einer objektiv zweifelhaften, Bundesrecht verdrängenden allgemeinen Regel des Völkerrechts zu bejahen, müssen die Verfassungsorgane des Bundes Gelegenheit erhalten, sich zu äußern. Im Hinblick auf die Eingliederung der Bundesrepublik in die Völkergemeinschaft ist es nicht minder wichtig, daß die an der Pflege der auswärtigen Beziehungen beteiligten Verfassungsorgane die Möglichkeit haben, ihre Auffassung darzulegen, damit die Gerichte die bestehenden allgemeinen Regeln des Völkerrechts nicht verkennen. Bei einer Auslegung des Art. 100 Abs. 2 GG, nach der die Vorlage allein von der Meinung des Gerichts abhängt, sind die an der Gesetzgebung beteiligten Verfassungsorgane jedoch - von Ausnahmen abgesehen - von der Mitwirkung bei der Verifikation zweifelhafter allgemeiner Regeln des Völkerrechts in all den Fällen ausgeschlossen, in denen das erkennende Gericht nicht zweifelt oder seine Zweifel überwindet.
Die Gründe, die für die gegenteilige Ansicht vorgebracht werden, vermögen nicht zu überzeugen. Der Hinweis auf den Grundsatz "iura novit curia" übersieht, daß dieser Grundsatz ein non liquet in Rechtsfragen ausschließt und daß es, wäre dieser Grundsatz maßgebend, den Zweifelsfall, von dem Art. 100 Abs. 2 GG ausgeht, nicht geben dürfte. Das Grundgesetz geht aber zu Recht davon aus, daß die allgemeinen Regeln des Völkerrechts im Einzelfall ermittelt werden müssen; ihre Verifikation in objektiven Zweifelsfällen ist durch Art. 100 Abs. 2 GG beim Bundesverfassungsgericht konzentriert.
c) Ernstzunehmende Zweifel, ob und gegebenenfalls mit welcher Tragweite eine allgemeine Regel des Völkerrechts gilt, bestehen dann, wenn das Gericht abweichen würde von der Meinung eines Verfassungsorgans oder von den Entscheidungen hoher deutscher, ausländischer oder internationaler Gerichte oder von den Lehren anerkannter Autoren der Völkerrechtswissenschaft (vgl. BVerfGE 7, 18 [23 f.]; 8, 186 [191]; 9, 153 [157]; 11, 89 [92]; 13, 367 [371] zu Art. 126 GG und § 86 Abs. 2 BVerfGG).
Dem Bundesfinanzhof lag das Gutachten Seidl-Hohenveldern vor, das die Behauptungen der Beschwerdeführer mit ernstzunehmenden völkerrechtlichen Argumenten stützt. Die Frage, ob es die von den Beschwerdeführern behauptete allgemeine Regel des Völkerrechts gibt, war danach objektiv zweifelhaft. Der Bundesfinanzhof hätte deshalb diese Frage nicht selbst entscheiden dürfen, sondern gemäß Art. 100 Abs. 2 GG die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einholen müssen.
2. a) Der gesetzliche Richter kann auch dadurch entzogen werden, daß ein Gericht die gesetzliche Pflicht zur Vorlage an ein anderes Gericht außer acht läßt (vgl. BVerfGE 3, 359 [363 f.]; 9, 213 [215]; 13, 132 [143]; 17, 99 [104]; 18, 441 [447]; 19, 38 [42 f.]).
Durch Maßnahmen, Unterlassungen oder Entscheidungen eines Gerichts wird der gesetzliche Richter jedoch nur dann entzogen, wenn die Maßnahme, Unterlassung oder Entscheidung des Gerichts auf Willkür beruht (vgl. BVerfGE 19, 38 [43] mit Nachweisen).
Dies gilt auch dann, wenn die Pflicht zur Vorlage sich nicht aus "einfachem Recht", sondern aus der Verfassung durch eine Vorschrift ergibt, die eine ausschließliche Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts begründet. Art. 100 Abs. 2 GG ist eine verfahrensrechtliche Vorschrift ohne Grundrechtscharakter, die sich an das jeweils erkennende Gericht wendet. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG bietet keine Handhabe, eine gerichtliche Entscheidung darauf zu überprüfen, ob das erkennende Gericht das Verfahrensrecht frei von Rechtsirrtum angewendet hat.
Mit Rücksicht auf die bisher umstrittene und durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts noch nicht geklärte Auslegung des Art. 100 Abs. 2 GG kann im vorliegenden Fall nicht angenommen werden, der Bundesfinanzhof habe durch Unterlassen der Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßen. Diese Frage wird in der Regel jedoch anders zu beurteilen sein, wenn ein Gericht künftig - nachdem die Auslegung des Art. 100 Abs. 2 GG geklärt ist - unter Verkennung von Sinn und Zweck des Art. 100 Abs. 2 GG die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht unterläßt, obwohl hinsichtlich des Bestehens oder der Tragweite einer allgemeinen Regel des Völkerrechts objektiv gesehen ernstzunehmende Zweifel bestehen.
V.
Art. 103 Abs. 1 GG gewährt den Beteiligten ein Recht darauf, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt vor Erlaß der Entscheidung zu äußern. Dieses Recht ist hier offensichtlich nicht dadurch verletzt worden, daß der Bundesfinanzhof der Anregung, den Gutachter Professor Seidl-Hohenveldern zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens zum Termin zu laden, keine Folge gegeben hat.
VI.
Diese Entscheidung ist zu Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 25 GG und zu Art. 3 Abs. 1 GG mit fünf gegen drei Stimmen, zu Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG mit sechs gegen zwei Stimmen und im übrigen einstimmig getroffen worden.
(gez.) Seuffert, Henneka, Dr. Leibholz, Geller, Dr. v.Schlabrendorff, Dr. Rupp, Dr. Geiger, Dr. Kutscher