BGer 4A_116/2017
 
BGer 4A_116/2017 vom 20.04.2017
{T 0/2}
4A_116/2017
 
Urteil vom 20. April 2017
 
I. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Klett, Hohl,
Gerichtsschreiber Kölz.
 
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Fritz Frey,
Beschwerdeführer,
gegen
B.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Alex Wittmann,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Vor- und Zwischenentscheid,
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des
Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 24. Januar 2017.
 
Sachverhalt:
 
A.
Die B.________ AG (Beschwerdegegnerin) und A.________ (Beschwerdeführer) sowie dessen Ehefrau schlossen am 26. Oktober 2012 einen Werkvertrag über Spengler- und Flachdacharbeiten in der Arealüberbauung C.________ in U.________ ab. Darin wurde unter dem Titel "Weitere Bestandteile und Rangordnung" an erster Stelle die SIA-Norm 118 "Allgemeine Bedingungen für Bauarbeiten" für anwendbar erklärt.
 
B.
Am 10. Oktober 2014 machte die B.________ AG beim Bezirksgericht Dietikon eine Klage gegen A.________ anhängig, mit der sie einen unbezahlt gebliebenen Rechnungsbetrag von Fr. 177'939.25 (sowie Betreibungskosten) geltend macht und die Beseitigung des Rechtsvorschlages verlangt. Nach Durchführung eines doppelten Schriftenwechsels, einer Instruktionsverhandlung gemäss Art. 226 ZPO im Sinne einer Vergleichsverhandlung sowie der Hauptverhandlung wies das Bezirksgericht die Klage mit Urteil vom 19. August 2016 "zur Zeit" ab. In der Begründung liess es offen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die eingeklagte Forderung überhaupt bestehe, da sie jedenfalls noch nicht fällig sei. Die Parteien hätten nämlich unbestrittenermassen "gestützt auf die SIA-Norm 118 vereinbart [...], dass noch offene Zahlungen des Bauherrn erst fällig werden, wenn der Unternehmer die vereinbarte Garantie stellt". Dies sei nicht geschehen, die Garantieleistung also nicht erbracht worden. Sodann führte das Bezirksgericht aus:
"Ob diese Fälligkeitsklausel tatsächlich der SIA-Norm 118 entspricht, ist nicht relevant, da sie nicht bestritten wurde. Ob das Gericht unter der Verhandlungsmaxime nicht bestrittene Behauptungen darauf überprüfen dürfte, ob sie mit den Akten übereinstimmen, muss vorliegend nicht beantwortet werden. Die SIA-Norm 118 wurde von keiner der Parteien zu den Akten gereicht."
Das Obergericht des Kantons Zürich hob dieses Urteil mit Beschluss vom 24. Januar 2017 (Geschäfts-Nr. LB160051) in Gutheissung der dagegen erhobenen Berufung der B.________ AG auf und wies die Sache "zur Fortsetzung des Verfahrens im Sinne der Erwägungen und zu neuem Entscheid" an die Vorinstanz zurück. Entgegen der Erstinstanz beurteilte es die Fälligkeit der Forderung im Lichte der SIA-Norm 118, deren Inhalt und Bedeutung es als "bekannte Tatsachen im Sinne von Art. 151 ZPO" anschaute, und gelangte zum Schluss, es gebe keine Handhabe für einen Rückbehalt.
 
C.
A.________ verlangt mit Beschwerde in Zivilsachen, der Beschluss des Obergerichts sei aufzuheben, und die Klage sei in Bestätigung des Urteils des Bezirksgerichts "zur Zeit abzuweisen". Die Vorinstanz verzichtete auf Vernehmlassung. Die B.________ AG begehrt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, eventualiter sei sie abzuweisen. Der Beschwerdeführer replizierte.
 
D.
Mit Präsidialverfügung vom 20. März 2017 wurde der Beschwerde aufschiebende Wirkung erteilt.
 
Erwägungen:
 
1.
Das Obergericht ist eine Vorinstanz im Sinne von Art. 75 BGG. Weiter übersteigt der Streitwert den nach Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG geltenden Mindestbetrag von Fr. 30'000.--, so dass in der vorliegenden Angelegenheit grundsätzlich die Beschwerde in Zivilsachen offen steht.
 
2.
2.1. Der angefochtene Rückweisungsbeschluss schliesst das kantonale Verfahren nicht ab, womit er keinen Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG darstellt. Ferner hat er weder die Zuständigkeit noch den Ausstand gemäss Art. 92 BGG zum Gegenstand. Es handelt sich somit um einen anderen selbständig eröffneten Vor- und Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG. Gegen solche Entscheide ist die Beschwerde nach Abs. 1 der Bestimmung zulässig, a. wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können; oder b. wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde.
Die selbständige Anfechtbarkeit von Vor- und Zwischenentscheiden bildet eine Ausnahme vom Grundsatz, dass sich das Bundesgericht mit jeder Angelegenheit nur einmal befassen soll. Sie ist restriktiv zu handhaben, können Vor- und Zwischenentscheide doch gemäss Art. 93 Abs. 3 BGG durch Beschwerde gegen den Endentscheid angefochten werden, soweit sie sich auf dessen Inhalt auswirken (BGE 138 III 94 E. 2.2; 135 I 261 E. 1.2; 134 III 188 E. 2.2; 133 III 629 E. 2.1 S. 631; 133 IV 288 E. 3.2).
Dementsprechend ist bei der Anwendung von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG zu berücksichtigen, dass jede Instruktion einer Streitsache mit Aufwand verbunden ist. Ein Beweisverfahren, das den üblichen Rahmen nicht sprengt, rechtfertigt die gesonderte Anrufung des Bundesgerichtes nach ständiger Rechtsprechung nicht. Die zweite Voraussetzung von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG ist etwa dann nicht erfüllt, wenn sich das Beweisverfahren auf die Befragung der Parteien, die Würdigung der eingereichten Unterlagen und die Befragung von wenigen Zeugen beschränkt oder auch eine nicht übermässig aufwendige Expertise umfasst. Dagegen ist die Voraussetzung etwa bejaht worden, wenn Zeugen im entfernten Ausland hätten befragt werden müssen oder wenn eine oder mehrere Expertisen zu komplexen Sachverhaltsfragen, namentlich mit weiteren Zeugenbefragungen im Ausland, erforderlich waren (siehe etwa Urteile 8C_691/2016 vom 30. November 2016 E. 4.1; 5A_148/2015 vom 13. August 2015 E. 1.5; je mit weiteren Hinweisen).
2.2. Es obliegt der beschwerdeführenden Partei, darzutun, dass die Voraussetzungen von Art. 93 BGG erfüllt sind, soweit deren Vorliegen nicht ohne weiteres in die Augen springt (BGE 138 III 46 E. 1.2 S. 47; 137 III 324 E. 1.1 S. 328 f.; 134 III 426 E. 1.2 S. 429; 133 III 629 E. 2.3.1 und 2.4.2 S. 633; 133 IV 288 E. 3.2).
Macht sie wie vorliegend geltend, die Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG seien erfüllt, ist zu differenzieren: Geht bereits aus dem angefochtenen Urteil oder der Natur der Sache hervor, dass ein bedeutender Aufwand an Zeit und Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren erforderlich sein wird, darf auf lange Ausführungen verzichtet werden. Andernfall hat die beschwerdeführende Partei im Einzelnen darzutun, welche Tatfragen offen sind und welche weitläufigen Beweiserhebungen in welchem zeitlichen oder kostenmässigen Umfang erforderlich sind. Zudem hat sie unter Aktenhinweisen darzulegen, dass die betreffenden Beweise im kantonalen Verfahren bereits angerufen oder entsprechende Anträge in Aussicht gestellt wurden (BGE 133 III 629 E. 2.4.2 S. 633; 133 IV 288 E. 3.2; 118 II 91 E. 1a S. 92).
2.3. Dass die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen würde, liegt unter den gegebenen Umständen auf der Hand, hebt das Obergericht im angefochtenen Beschluss doch einen Endentscheid des Bezirksgerichts auf. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass das Bezirksgericht die Klage lediglich "zur Zeit" abgewiesen hat und die Beschwerdegegnerin später eine neue Klage einreichen könnte, wie sie in der Beschwerdeantwort ausführt.
Demgegenüber wird in der Beschwerde nicht aufgezeigt und ist auch nicht erkennbar, inwiefern durch die Gutheissung ein bedeutender Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren erspart würde. Die Vorinstanz wies die Sache in Anwendung von Art. 318 Abs. 1 lit. c Ziff. 2 ZPO an das Bezirksgericht zurück. Zur Begründung führte sie unter Verweis auf die Rechtsschriften im erstinstanzlichen Verfahren aus, die Parteien stritten sich "zunächst über die Grundlagen des Vertrags [...], über die Frage, ob das gelieferte Werk mangelhaft sei oder nicht [...], sowie auch über den Leistungsumfang [...]". Zu allen Themen würden sie Beweismittel nennen, "namentlich Urkunden, Zeugen und Expertise". Der Sachverhalt werde daher im weiteren Verfahrensverlauf "in wesentlichen Teilen zu vervollständigen sein". Alleine aus dieser Erwägung ergibt sich nicht, dass ein allfälliges Beweisverfahren den üblichen Rahmen sprengen würde. Auch der Beschwerdeführer tut nicht dar, welche Tatfragen konkret offen sind und welche weitläufigen Beweiserhebungen in welchem zeitlichen oder kostenmässigen Umfang erforderlich sein werden. Statt im Einzelnen die rechtserheblichen und streitigen Tatsachen zu nennen, die nach Art. 150 Abs. 1 ZPO den Gegenstand des erstinstanzlichen Beweisverfahrens bilden werden, und auszuführen, welche Beweismittel in dessen Rahmen konkret abzunehmen wären, begnügt er sich damit, unter Verweis auf die zitierte Erwägung der Vorinstanz deren allgemein gehaltenen Ausführungen zu wiederholen und darüber hinaus seinerseits pauschal zu behaupten, dass das notwendige Beweisverfahren "offenkundig 'weitläufig' und damit mit einem bedeutenden Aufwand an Zeit und Kosten verbunden" wäre. Damit vermag er die Eintretensvoraussetzung von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG nicht darzutun.
 
3.
Auf die Beschwerde ist nach dem Gesagten nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG). Dem geringen Aufwand des Gerichts wird durch eine reduzierte Gerichtsgebühr Rechnung getragen.
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2. Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3. Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 7'000.-- zu entschädigen.
4. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 20. April 2017
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Kiss
Der Gerichtsschreiber: Kölz