BGer 1B_285/2008
 
BGer 1B_285/2008 vom 03.11.2008
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
{T 0/2}
1B_285/2008 /nip
Urteil vom 3. November 2008
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Féraud, Präsident,
Gerichtsschreiber Pfäffli.
Parteien
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Matthias Fischer,
gegen
Untersuchungsrichteramt II Emmental-Oberaargau, Untersuchungsrichter 4, Kreuzgraben 10, 3400 Burgdorf,
Staatsanwaltschaft II Emmental-Oberaargau, Jurastrasse 22, 4901 Langenthal,
Generalprokuratur des Kantons Bern, Hochschulstrasse 17, 3012 Bern.
Gegenstand
Strafverfahren; Beweisanträge,
Beschwerde gegen den Beschluss vom 23. September 2008 des Obergerichts des Kantons Bern, Anklagekammer.
Erwägungen:
1.
Der Untersuchungsrichter 4 des Untersuchungsrichteramtes II Emmental-Oberaargau führt eine Voruntersuchung gegen X.________ wegen sexueller Handlungen mit Kind. Im Rahmen der (verlängerten) Frist gemäss Art. 249 des Gesetzes über das Strafverfahren des Kantons Bern (StrV) stellte der amtliche Verteidiger von X.________ mit Eingabe vom 26. August 2008 insgesamt 24 Beweisanträge, welche der Untersuchungsrichter mit Beschluss vom 4. September 2008 mehrheitlich abwies. Gegen diesen Beschluss erhob X.________ mit Eingaben vom 15. und 22. September 2008 Rekurs. Mit Beschluss vom 23. September 2008 wies die Anklagekammer des Obergerichts des Kantons Bern den Rekurs ab.
2.
X.________ führt mit Eingabe vom 27. Oktober 2008 Beschwerde in Strafsachen (Art. 78 ff. BGG) gegen den Beschluss der Anklagekammer des Obergerichts des Kantons Bern. Er beantragt, dass sein Beweisantrag, "wonach die gesamten IV-Akten betreffend des Angeschuldigten nochmals zu edieren und der psychiatrischen Expertin zu unterbreiten seien verbunden mit der Ergänzungsfrage, welchen Einfluss die nunmehrige vollständige Aktenkenntnis der IV-Akten auf ihre psychiatrischen Schlussfolgerungen habe", gutzuheissen sei. Das Bundesgericht verzichtet auf die Einholung von Vernehmlassungen.
3.
Der angefochtene Beschluss der Anklagekammer ist ein Entscheid einer letzten kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG). Er ist im Rahmen eines hängigen Strafverfahrens ergangen, ohne dieses Verfahren jedoch abzuschliessen. Der angefochtene Beschluss stellt somit einen Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG dar.
3.1 Gegen Vor- und Zwischenentscheide - die weder die Zuständigkeit noch den Ausstand betreffen (s. dazu Art. 92 BGG) - ist die Beschwerde ans Bundesgericht gemäss Art. 93 Abs. 1 BGG zulässig, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (lit. a) oder - was indes hier von vornherein ausser Betracht fällt - wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b).
3.2 Im Verfahren der Beschwerde in Strafsachen muss ein im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG nicht wieder gutzumachender Nachteil rechtlicher Natur und somit auch mit einem für den Beschwerdeführer günstigen Endentscheid nicht mehr behebbar sein. Eine bloss tatsächliche Beeinträchtigung wie beispielsweise die Verlängerung oder Verteuerung des Verfahrens genügt nicht (BGE 133 IV 139 E. 4).
3.3 Liegt wie hier ein Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG vor, hat der Beschwerdeführer darzulegen, inwiefern die Eintretensvoraussetzungen von Art. 93 BGG erfüllt sein sollen. Es ist nicht Aufgabe des Bundesgerichts, hierzu von Amtes wegen Nachforschungen anzustellen. Der Beschwerdeführer macht zur Frage des nicht wieder gutzumachenden Nachteils geltend, dass die Vorinstanz sämtliche Fragen an die Expertin in die Hauptverhandlung verweise. Im Rahmen der Hauptverhandlung könne sich die Expertin die umfassenden IV-Akten kaum zu Gemüte führen und die wesentlichen Akten in ihre Schlussfolgerung einfliessen lassen. Somit könne die beantragte Beweismassnahme an der Hauptverhandlung unmöglich nachgeholt werden, wodurch ihm ein nicht wieder gutzumachender Nachteil entstehe.
3.4 Nach ständiger Praxis des Bundesgerichts liegt bei Zwischenentscheiden, welche die Beweisführung betreffen, grundsätzlich kein nicht wieder gutzumachender Nachteil rechtlicher Art vor. Weshalb es vorliegend anders sein sollte, ergibt sich aus den Ausführungen des Beschwerdeführers nicht. Einerseits kann das urteilende Gericht - soweit es dies für notwendig erachtet -, die IV-Akten nochmals edieren und der Expertin Gelegenheit geben, diese zu sichten. Andererseits stünden dem Beschwerdeführer gegen eine erstinstanzliche Verurteilung, die nach seiner Auffassung auf einem mangelhaften Gutachten beruhen sollte, die kantonalen und bundesrechtlichen Rechtsmittel zur Verfügung. Dass sich dabei trotz eines günstigen Endentscheides ein rechtlicher Nachteil nicht mehr beheben liesse, legt der Beschwerdeführer nicht dar. Dies ist auch nicht ersichtlich. Somit äussert er sich nicht rechtsgenüglich, inwiefern der angefochtene Beschluss einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken könnte. Da die Beschwerde offensichtlich keine hinreichende Begründung enthält und die Eintretensvoraussetzung von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG offensichtlich fehlt, kann im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG über sie entschieden werden.
4.
Angesichts der offensichtlichen Aussichtslosigkeit der vorliegenden Beschwerde kann dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege unter Beiordnung eines Rechtsbeistandes nicht entsprochen werden (Art. 64 BGG). Auf eine Kostenauflage kann indessen verzichtet werden (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Mit dem Entscheid in der Sache selbst wird das vom Beschwerdeführer gestellte Gesuch um Gewährung der aufschiebenden Wirkung gegenstandslos.
Demnach erkennt der Präsident:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Es werden keine Kosten erhoben.
4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Untersuchungsrichteramt II Emmental-Oberaargau, Untersuchungsrichter 4, der Staatsanwaltschaft II Emmental-Oberaargau sowie der Generalprokuratur und dem Obergericht des Kantons Bern, Anklagekammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 3. November 2008
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Féraud Pfäffli