BGE 102 IV 21
 
6. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 5. Februar 1976 i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich.
 
Regeste
Art. 165 Ziff. 1 in Verbindung mit Art. 172 Abs. 1 StGB.
 
Sachverhalt


BGE 102 IV 21 (21):

A.- Die Kunststoffwerk Horgen AG (KWH) war mittellos und überschuldet. Infolge ungenügenden Umsatzes war sie nicht in der Lage, ihre enormen Verbindlichkeiten ordnungsgemäss zu regeln. Dieser Umstand war X. als Bevollmächtigtem der genannten Firma Ende Oktober 1967 bekannt, als er von der KWH beauftragt und bevollmächtigt wurde, nach eigenem Ermessen und mit Einzelunterschrift die vorgesehenen Finanzierungen durchzuführen.
Mit KWH-Wechseln vom 31. Oktober, 20. und 22. November 1967 im Nominalwert von Fr. 70'000.-- und drei alten KWH-Akzepten erwarb X. zwei wertlose Schuldbriefe von je Fr. 50'000.-- im 4. und 5. Rang, welche auf einer Liegenschaft der Sennefelder Offsetdruck AG hafteten, welche im Dezember 1967 in Konkurs fiel.
Gegen KWH-Akzepte von nominal Fr. 360'000.-- beschaffte X. 730 bzw. 830 Holiday-Zertifikate.
In der Zeit vom Februar bis April 1968 setzte er zur Beschaffung von Bargeld KWH-Obligationen in grosser Zahl zu ungünstigen Bedingungen in Umlauf, von denen sich zur Zeit der Konkurseröffnung der Gesellschaft (d.h. am 2. Mai 1968) noch mindestens 299 Titel à Fr. 5'000.-- (total Fr. 1'495'000.--) im Umlauf befanden.


BGE 102 IV 21 (22):

B.- Das Bezirksgericht Zürich sprach X. am 3. Juli 1972 des leichtsinnigen Konkurses im Sinne von Art. 165 Ziff. 1 in Verbindung mit Art. 172 Abs. 1 StGB schuldig und bestrafte ihn, unter Gewährung des bedingten Strafvollzugs und unter Anrechnung von 16 Tagen Untersuchungshaft, mit drei Monaten Gefängnis.
Das Obergericht des Kantons Zürich bestätigte am 18. März 1975 diesen Entscheid.
Eine dagegen eingereichte Nichtigkeitsbeschwerde des X. hat das Kassationsgericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom 1. September 1975 gutgeheissen, das Urteil des Obergerichtes vom 18. März 1975 in bezug auf den Angeklagten aufgehoben und die Sache zur Beweisergänzung und Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an das Obergericht zurückgewiesen.
Dieses hat weisungsgemäss die Sache neu beurteilt und eine Verschlimmerung der Vermögenslage der KWH durch Ankauf von Holiday-Zertifikaten verneint. Im übrigen hat es den Schuldspruch bestätigt und die Gefängnisstrafe auf zwei Monate herabgesetzt. Was die restlichen Anklagepunkte betrifft, verweist das Obergericht auf das frühere Urteil vom 18. März 1975.
C.- X. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde. Er beantragt Freisprechung von Schuld und Strafe, eventuell Rückweisung an die Vorinstanz zur Ergänzung des Sachverhaltes.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Der Beschwerdeführer muss also in einer der in Art. 172 Abs. 1 StGB genannten Eigenschaften gehandelt haben und, wenigstens im Sinne des Eventualvorsatzes, die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft gekannt haben. Sodann muss er die Vermögenslage der schon zahlungsunfähigen Gesellschaft verschlimmert haben durch argen Leichtsinn, unverhältnismässigen

BGE 102 IV 21 (23):

Aufwand, gewagte Spekulationen oder grobe Nachlässigkeit in der Berufsausübung. Zwischen diesem Verhalten und der Verschlimmerung der Vermögenslage muss Kausalzusammenhang bestehen.
Durch diese Finanzoperation vermehrten sich die Schulden der Gesellschaft um den Nominalwert der Wechsel. Als Gegenwert erhielt die KWH wertlose Schuldbriefe einer überschuldeten Druckerei, also keinen entsprechenden Gegenwert. Diese Transaktion hat somit die Vermögenslage der schon zahlungsunfähigen KWH erheblich verschlimmert. Damit ist auch der Kausalzusammenhang zwischen der Handlung des Beschwerdeführers und dem Erfolg (der Verschlimmerung der Vermögenslage) gegeben.
Daran ändert nichts, dass die KWH diese Schuldbriefe angeblich kurz nach dem Erwerb und bevor die Sennefelder Offsetdruck AG im Dezember 1967 in Konkurs fiel, weiterveräussert hat. Der Schaden wäre nur dann behoben worden, wenn die KWH bei Weiterveräusserung der Schuldbriefe einen Gegenwert erhalten hätte, welcher dem Nominalwert der Wechsel entsprochen hätte, zu dem die Schuldbriefe erworben worden waren. Das behauptet aber auch der Beschwerdeführer nicht. Die Frage, ob auch eine vorübergehende Schädigung, welche vor der Konkurseröffnung wieder wettgemacht wird, den Tatbestand des leichtsinnigen Konkurses ebenfalls erfüllt, stellt sich daher hier nicht. Ein Kausalzusammenhang der Bankrotthandlung mit der Konkurseröffnung muss aber nicht nachgewiesen werden, denn nur die Vermögensverschlimmerung, nicht die Konkurseröffnung, ist der tatbestandsmässige Erfolg (BGE 74 IV 37; HAFTER, Bes. Teil I S. 336; HAEFLIGER, BlSchK 1954 S. 101; LOGOZ, vor Art. 163 N. 4; SCHWANDER, SJK Nr. 1128 S. 12/Nr. 1129 S. 4 V; STRATENWERTH, Bes. Teil I S. 277).