BGE 136 II 380 |
33. Auszug aus dem Entscheid der Verwaltungskommission i.S. X. gegen Bundesverwaltungsgericht (Aufsichtsbeschwerde) |
12T_4/2010 vom 2. August 2010 |
Regeste |
Administrative Aufsicht des Bundesgerichts (Art. 1 Abs. 2 BGG); Prüfungsgegenstand, Nichtleisten des Kostenvorschusses, Rechtsverweigerung. |
Eine Zahlungsfrist von gut zehn Tagen zur Leistung des Kostenvorschusses bedeutet keine Rechtsverweigerung (E. 3.1). |
Aus den Erwägungen: |
X. hat beim Bundesgericht mit Eingabe vom 19. April 2010 Aufsichtsanzeige gegen das Urteil vom 8. April 2010 eingereicht. Der Anzeiger beschwert sich im Wesentlichen darüber, dass das Bundesverwaltungsgericht sein Gesuch um Erstreckung der Frist zur Bezahlung des Kostenvorschusses trotz Gerichtsferien und Ferienabwesenheit nicht erstreckt habe. Dies verletze rechtsstaatliche Verfahrensgrundsätze, sei willkürlich und begründe eine Rechtsverweigerung.
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Das Bundesverwaltungsgericht verzichtet in der Vernehmlassung vom 14. Juni 2010 auf eine Stellungnahme und beantragt, auf die Anzeige nicht einzutreten. Diese beanstande die Rechtsprechung in einem konkreten Einzelfall und berühre keine aufsichtsrechtlich relevanten Bereiche.
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2. Die Rechtsprechung ist von der Aufsicht des Bundesgerichts ausgenommen (Art. 2 Abs. 2 des Reglements des Bundesgerichts vom 11. September 2006 betreffend die Aufsicht über das Bundesstrafgericht und das Bundesverwaltungsgericht [Aufsichtsreglement des Bundesgerichts, AufRBGer; SR 173.110.132]). Die Frage, ob ein Kostenvorschuss rechtzeitig geleistet worden ist oder ein Fristerstreckungsgesuch verlängert werden soll, sind typische Fragen der Rechtsanwendung, die der administrativen Aufsicht grundsätzlich entzogen sind. Vorbehalten ist, dass der Nichteintretensentscheid wegen Nichtleistung des Kostenvorschusses nicht in eine Rechtsverweigerung mündet, die auf organisatorische Mängel hinweist. Ob eine Rechtsverweigerung vorliegt, prüft das Bundesgericht als Aufsichtsbehörde nach den gleichen Grundsätzen, welche die Rechtsprechung im Rechtsmittelverfahren entwickelt hat (Entscheide des Bundesgerichts 12T_1/2007 vom 29. Mai 2007, 12T_2/2007 vom 16. Oktober 2007 und 12T_3/2007 vom 11. Dezember 2007; je E. 3). Als besondere Spielart der Rechtsverweigerung gilt dies auch für die Frage, ob der Zugang zum Gericht in rechtsgleicher Weise gewährleistet ist (Entscheid 12T_3/2008 vom 10. Oktober 2008) und dieser nicht durch eine übertriebene Beurteilung der formellen oder finanziellen Voraussetzungen ungebührlich eingeschränkt wird. Dass auch Letzteres Prüfungsgegenstand der administrativen Aufsicht ist, ergibt sich schon daraus, dass dies beim Bundesgericht von der parlamentarischen Oberaufsichtsbehörde geprüft wird (Parlamentarische Oberaufsicht über die eidgenössischen Gerichte, Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 28. Juni 2002, BBl 2002 7630 ff., 7632; Bericht der Parlamentarischen Verwaltungskontrollstelle zuhanden der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 11. März 2002, Zur Tragweite der parlamentarischen Oberaufsicht über die Gerichte - Positionen in der Rechtslehre, BBl 2002 7690 ff., 7706). Ob überhaupt Recht gesprochen wird, ist eben nicht nur eine Rechtsfrage, sondern auch eine Frage, ob der Geschäftsgang den Anforderungen entspricht und das Gericht seine Aufgabe wahrnimmt. Dem Bundesverwaltungsgericht kann somit nicht beigepflichtet werden, wenn es diese Fragen in jedem Fall allein der Rechtsprechung zuordnet. |
3.1 Eine Zahlungsfrist von zehn Tagen oder etwas mehr mag als kurz betrachtet werden, ist jedoch nicht so kurz, dass dadurch der Zugang zum Gericht de facto ausgeschlossen und damit eine Rechtsverweigerung begangen würde, die als organisatorischer Mangel im Zahlungsablauf bzw. als Mangel im Geschäftsgang betrachtet werden kann. Zahlungsfristen von zehn Tagen für Kostenvorschüsse mit der Androhung des Nichteintretens kommen auch in anderen Rechtsgebieten vor, ohne dass diese vom Bundesgericht bisher als solche beanstandet worden wären (BGE 135 I 102 betreffend Art. 9 Abs. 2 VZG; Urteil 1P.400/1995 vom 23. Februar 1996 betreffend Beschwerde gegen eine strafrechtliche Einstellungsverfügung). In letzterem Fall hat das Bundesgericht zwar angemerkt, dass eine solche Frist knapp bemessen sei und auch ein aufmerksamer Gesuchsteller, der sich ohne Verzug um die Beschaffung der amtlichen Belege über seine finanziellen Verhältnisse kümmere, auf die volle Frist angewiesen sein könne. Als rechtsverweigernd kurz hat es sie nicht betrachtet. |