BGer 9C_297/2017
 
BGer 9C_297/2017 vom 06.04.2018
 
9C_297/2017
 
Urteil vom 6. April 2018
 
II. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin,
Bundesrichterin Glanzmann, Bundesrichter Parrino.
Gerichtsschreiber Grünenfelder.
 
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Viktor Estermann,
Beschwerdeführerin,
gegen
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung,
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 7. März 2017 (IV.2015.00466).
 
Sachverhalt:
A. 
A.a. Mit Verfügung vom 14. Januar 2003 und Einspracheentscheid vom 20. Oktober 2003verneinte die IV-Stelle des Kantons Zürich einen Rentenanspruch der 1959 geborenen A.________ (Invaliditätsgrad: 31 %). Die dagegen gerichtete Beschwerde der Versicherten wies das kantonale Gericht am 25. März 2004 ab. Der Entscheid erwuchs unangefochten in Rechtskraft.
A.b. Im Mai 2007 machte A.________ aufgrund der Folgen eines Autounfalles vom 14. Mai 2005 eine gesundheitliche Verschlechterung geltend. Die Verwaltung veranlasste eine polydisziplinäre Abklärung bei der MEDAS Interlaken vom 2. Juni 2009. Nachdem sie Kenntnis von einem Strafverfahren gegen die Versicherte erhalten hatte, gab die IV-Stelle beim Zentrum für Interdisziplinäre Medizinische Begutachtungen (nachfolgend: ZIMB), Schwyz, ein neues Gutachten in Auftrag, das vom 29. März 2014 datiert. Nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren wies sie das Leistungsbegehren ab, da kein invalidisierender Gesundheitsschaden ausgewiesen sei (Verfügung vom 24. März 2015).
B. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 7. März 2017 ab.
C. A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Rechtsbegehren, in Aufhebung des angefochtenen Entscheides sei die Sache zur erneuten Beurteilung an das kantonale Gericht zurückzuweisen. Eventualiter sei ihr rückwirkend ab 1. Mai 2006 eine angemessene Invalidenrente zuzusprechen.
 
Erwägungen:
1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
2. Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen und Grundsätze zur Invalidität und Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 f. ATSG), zum Rentenanspruch bzw. dessen Umfang (Art. 28 Abs. 1 und 2 IVG) und zu Funktion und Beweiswert ärztlicher Berichte und Gutachten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352) zutreffend dargelegt. Korrekt sind auch die Ausführungen über die Rentenrevision (Art. 17 Abs. 1 ATSG), die Neuanmeldung (Art. 87 Abs. 2 und 3 IVV) sowie den relevanten Vergleichszeitpunkt (BGE 133 V 108 E. 5 S. 110 f.). Darauf wird verwiesen.
 
3.
3.1. Die Vorinstanz hat dem polydisziplinären ZIMB-Gutachten vom 29. März 2014Beweiskraft zuerkannt, wonach sich der Gesundheitszustand der Versicherten seit dem 20. Oktober 2003 (bzw. 25. März 2004) nicht verschlechtert habe. Gestützt darauf hat sie die abweisende Verfügung der IV-Stelle vom 24. März 2015 bestätigt.
3.2. Die unvollständige Feststellung rechtserheblicher Tatsachen sowie die Missachtung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 43 Abs. 1 und Art. 61 lit. c ATSG) und der Anforderungen an den Beweiswert ärztlicher Berichte und Gutachten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232) sind Rechtsfragen, welche das Bundesgericht im Rahmen der den Parteien obliegenden Begründungs- bzw. Rügepflicht (Art. 42 Abs. 2 BGG und Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.1 und 1.4.2 S. 254) frei prüft.
 
4.
4.1. Die Beschwerdeführerin macht vorab eine Verletzung der Begründungspflicht (Art. 29 Abs. 2 BV) geltend. Zwar habe sich die Vorinstanz mit den aufgeworfenen formellen Rügen auseinandergesetzt, die materiellen Einwände aber nur zum Teil, unvollständig und teilweise rechtsfehlerhaft behandelt.
Das kantonale Gericht hat im angefochtenen Entscheid klar zu erkennen gegeben, weshalb es den Standpunkt vertritt, dass nach wie vor kein invalidisierender Gesundheitsschaden vorliege. Mit Blick auf diese Begründung war die Beschwerdeführerin zweifellos in der Lage, den kantonalen Entscheid sachgerecht anzufechten. Es ist nicht erforderlich, dass sich die Vorinstanz mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jede einzelne Rüge ausdrücklich widerlegt. Vielmehr kann sie sich, wie die Beschwerdeführerin selber einräumt, auf die für den Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte beschränken (statt vieler: BGE 136 I 229 E. 5.2 S. 236; Urteil 9C_402/2016 vom 12. Oktober 2016 E. 4.2). Eine Verletzung der Begründungspflicht ist nicht ersichtlich.
4.2. Auch die Kritik an der Beweiskraft der ZIMB-Expertise verfängt nicht: Soweit in der Beschwerde gerügt wird, es stehe fest, dass die medizinische Aktenlage, welche den Gutachtern zur Verfügung gestanden habe, entweder unvollständig gewesen oder - falls die fraglichen Akten vorgelegen hätten - nicht in deren Beurteilung einbezogen worden sei, so ist dies zu pauschal bzw. nicht genügend substanziiert. Darauf ist nicht weiter einzugehen (E. 3.2 in fine). Das kantonale Gericht hat im Übrigen willkürfrei (E. 1) festgestellt, die Einschätzung des orthopädischen ZIMB-Experten Dr. med. B.________ korrespondiere durchaus mit der Beurteilung der MEDAS Interlaken vom 2. Juni 2009, wonach die objektiven Beeinträchtigungen weniger deutlich seien als die subjektiv geschilderten; der rechte Arm und die rechte Hand würden mit minimaler Schonung eingesetzt. Dass es die ZIMB-Gutachter verpasst hätten, eine Beurteilung der Arbeitsfähigkeit im Querschnitt vorzunehmen und insbesondere das Gutachten der MEDAS Interlaken zu berücksichtigen, wie dies die Beschwerdeführerin behauptet, trifft vor diesem Hintergrund nicht zu (vgl. ZIMB-Gutachten, S. 89 ["Festlegung des Beginns und des weiteren Verlaufs der Arbeitsunfähigkeit unter kritischer Würdigung der vorliegenden Arztberichte"]). Ebenso wenig fehlt es im ZIMB-Gutachten an detaillierten Ausführungen zu den subjektiven Schmerzangaben der Versicherten. Im Gegenteil würdigten die medizinischen Experten diese ausführlich und gingen dabei nicht nur auf die rechtsseitigen Arm-, Hand- und Fingerbeschwerden, sondern auch auf die HWS-Distorsionsproblematik ein (vgl. ZIMB-Gutachten S. 40 ff.). Wenn die Gutachter schliesslich festhielten, eine gewisse Einschränkung der Arbeitsfähigkeit könne (höchstens) für die Zeit angenommen werden, in welcher die Versicherte im Bereich ihrer rechten Schulter operiert worden sei (d.h. zwischen September 2006 und Oktober 2007), so erscheint auch deren Aussage schlüssig, dass die Beschwerdeführerin seit spätestens Anfang 2008 "wieder" zu 100 % arbeitsfähig sei (ZIMB-Gutachten, S. 90). Dass das Gutachten widersprüchlich sein soll, ist unter diesen Umständen - anders als in der Beschwerde geltend gemacht wird - nicht erkennbar.
4.3. Was die Notwendigkeit weiterer Abklärungen betrifft, ist der orthopädischen ZIMB-Expertise zu entnehmen, insbesondere bei der Untersuchung des rechten Schultergelenks sowie des rechten Zeigefingers lasse sich eine deutliche Aggravationstendenz nicht leugnen. Diese übersteige das Mass einer bei der Begutachtung häufig anzutreffenden Verdeutlichungstendenz und erfülle vollumfassend die Definition der Simulation. Die angegebenen subjektiven Beschwerden entbehrten sowohl in der klinischen als auch in der (röntgen-) radiologischen Untersuchung jedwedem anatomischen morphologischen Korrelat und seien von Seiten des Gutachters nicht nachvollziehbar (ZIMB-Gutachten, S. 63). Dies stützt klarerweise die Auffassung der Vorinstanz, wonach bei der Beschwerdeführerin nach wie vor kein invalidisierender Gesundheitsschaden vorliege (vgl. BGE 141 V 281 E. 2.2.1 S. 287). Folglich bestanden zum vornherein keine Anhaltspunkte für eine weiterführende (MRI-) Bildgebung. Die Beschwerdeführerin vermag mit Blick auf die in jeder Hinsicht plausiblen gutachterlichen Ausführungen auch nicht aufzuzeigen, inwieweit es dem Beweiswert des ZIMB-Gutachtens abträglich sein sollte, wenn der orthopädische Experte die früheren radiologischen Befunde vom Dezember 2013 nur in Textform konsultierte. Die Vorinstanz hat zur Frage, ob die Vergleichsaufnahmen in bildgebender Form eingesehen werden müssen, hinreichend Stellung genommen (vorinstanzliche Erwägung 4.8). Hinzu kommt, dass es grundsätzlich Sache des Gutachters ist zu entscheiden, ob und welche Abklärungen und Untersuchungen für eine umfassende Expertise notwendig sind (statt vieler: Urteil 8C_516/2014 vom 6. Januar 2015 E. 6.2). Auch die sonstigen Vorbringen der Beschwerdeführerin vermögen keine Zweifel an der Beweiskraft der ZIMB-Expertise zu begründen (vgl. BGE 135 V 465 E. 4.4 S. 470). Das kantonale Gericht durfte somit darauf abstellen, ohne Bundesrecht zu verletzen. Die Beschwerde ist unbegründet.
5. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die unterliegende Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 6. April 2018
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Pfiffner
Der Gerichtsschreiber: Grünenfelder