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Original
 
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
[img]
8C_563/2017
Urteil vom 14. März 2018
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Frésard, Wirthlin,
Gerichtsschreiber Hochuli.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
gegen
IV-Stelle Bern,
Scheibenstrasse 70, 3014 Bern,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente),
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern
vom 26. Juni 2017 (200 17 286 IV).
Sachverhalt:
A.
A.________, geboren 1987, war seit März 2013 - zuletzt mit einem 60%-Pensum - als Hilfselektromonteur erwerbstätig. Zudem ist er gemäss Handelsregistereintrag vom........ einzelzeichnungsberechtigter Inhaber der an seiner Privatadresse domizilierten Firma "B.________". Am 24. Februar 2015 meldete er sich wegen seit Juni 2014 anhaltender psychischer Überlastung mit voller Arbeitsunfähigkeit bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Ein geplantes Belastbarkeitstraining, welches die behandelnde Psychotherapeutin med. pract. C.________ befürwortete, konnte trotz Einleitung des Mahn- und Bedenkzeitverfahrens nicht durchgeführt werden. Nach weiteren Abklärungen verneinte die IV-Stelle Bern mangels eines invalidisierenden Gesundheitsschadens einen Anspruch auf Leistungen der Invalidenversicherung (Verfügung vom 24. Februar 2017).
B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde des A.________ wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern ab, soweit es darauf eintrat (Entscheid vom 26. Juni 2017).
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________ die Aufhebung des angefochtenen Gerichtsentscheides und der Verfügung der IV-Stelle vom 24. Februar 2017. Ihm sei eine angemessene Invalidenrente zuzusprechen. Eventualiter sei die Sache zwecks Durchführung medizinischer Abklärungen an die IV-Stelle zurückzuweisen.
Während die IV-Stelle auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichten das kantonale Gericht und das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) auf eine Vernehmlassung.
D.
Im Sinne von "freiwilligen Bemerkungen" reicht der Beschwerdeführer innert verlängerter Frist am 8. Januar 2018 (Poststempel) nochmals eine Eingabe ein, welche nicht unterzeichnet ist. Die nachträglich angesetzte Frist zur Behebung dieses formellen Mangels liess der Beschwerdeführer ungenutzt verstreichen, indem er der Abholungseinladung der Post innert Frist nicht Folge leistete.
Erwägungen:
1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen).
2.
Das kantonale Gericht hat die rechtlichen Grundlagen betreffend die Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 Abs. 2 ATSG), die Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG; Art. 4 Abs. 1 IVG) und die Invaliditätsbemessung nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art. 16 ATSG) richtig dargelegt. Gleiches gilt in Bezug auf die Hinweise zu den bei der Beweiswürdigung zu beachtenden Grundsätzen (BGE 143 V 124 E. 2.2.2 S. 126 f.) sowie zum Beweiswert ärztlicher Berichte (BGE 137 V 210 E. 2.2.2 S. 232, 134 V 231 E. 5.1 S. 232, 125 V 351 E. 3a und b S. 352 f.). Darauf wird verwiesen.
Ergänzend ist festzuhalten, dass in tatsächlicher Hinsicht grundsätzlich der bis zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 24. Februar 2017) eingetretene Sachverhalt massgebend ist (BGE 132 V 215 E. 3.1.1 S. 220 mit Hinweis).
3.
Strittig ist, ob das kantonale Gericht zu Recht entschieden hat, dass der Beschwerdeführer keinen Anspruch auf eine Invalidenrente hat.
4.
4.1. Das kantonale Gericht stellte fest, die involvierten Ärzte seien sich einig, dass der Versicherte an depressiven Beschwerden leide. Es schloss eine schwere depressive Störung aus und liess offen, ob es sich um eine leichte oder mittelschwere Störung aus dem depressiven Formenkreis handle. Weil solche Störungen gut therapierbar seien, könne daraus praxisgemäss keine invalidenversicherungsrechtlich relevante Einschränkung der Arbeitsfähigkeit resultieren. In medizinischer Hinsicht stellte die Vorinstanz massgeblich auf das psychiatrische Gutachten des Dr. med. D.________ vom 13. März 2015 (nachfolgend: psychiatrisches Gutachten) ab. Er diagnostizierte unter anderem eine leichtgradige depressive Episode und ging in Bezug auf eine leidensangepasste Tätigkeit von einer verbleibenden 70%-igen Leistungsfähigkeit aus. Zudem berücksichtigte das kantonale Gericht die Aktenbeurteilungen des Dr. med. E.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH des Regionalen Ärztlichen Dienstes (RAD) der Invalidenversicherung. Er qualifizierte das psychiatrische Gutachten als schlüssig und nachvollziehbar. Zudem lehnte er in seiner Aktenkurzbeurteilung vom 28. Dezember 2016 die von der behandelnden Psychiaterin empfohlene psychologische Testung ab und verneinte gleichzeitig den Eintritt einer psychopathologischen Veränderung seit der im Auftrag des Krankentaggeldversicherers veranlassten psychiatrischen Exploration.
4.2. Demgegenüber macht der Beschwerdeführer eine schwere Depression sowie Therapieresistenz geltend. Das Gutachten des Dr. med. D.________ beruhe auf einer Konsultation vom 19. Februar 2015. Seither habe sich sein Gesundheitszustand stark verschlechtert. Obwohl dies im Laufe des Verwaltungsverfahrens mehrfach geltend gemacht worden sei, habe sich die IV-Stelle geweigert, ergänzende Abklärungen zu tätigen.
5.
5.1. Ob die Vorbringen des vor Bundesgericht nicht mehr rechtskundig vertretenen Beschwerdeführers den Anforderungen mit Blick auf das Rügeprinzip und die eingeschränkte Kognition (vgl. dazu E. 1 hievor) genügen, braucht hier nicht im Einzelnen geprüft zu werden. Denn die seitens der Vorinstanz zitierte Rechtsprechung betreffend die Voraussetzungen, unter denen leichten bis mittelschweren Depressionen invalidisierende Wirkung zukommen kann (BGE 140 V 193 E. 3.3 S. 197 mit Hinweis; Urteil 9C_841/2016 vom 8. Februar 2017 E. 3.1), ist mit BGE 143 V 409 und 418 geändert worden. Gemäss BGE 143 V 418 sind sämtliche psychischen Leiden, laut BGE 143 V 409 namentlich auch leichte bis mittelschwere Depressionen, einem strukturierten Beweisverfahren nach BGE 141 V 281 zu unterziehen. Diese neue Rechtsprechung ist auf alle im Zeitpunkt der Praxisänderung noch nicht erledigten Fälle anzuwenden (ZAK 1990 S. 255; Urteil 9C_580/2017 vom 16. Januar 2018 E. 3.1 Hinweisen) und ist somit auch im vorliegenden Fall massgebend.
5.2. Nach dem Gesagten ist den diagnostizierten psychischen Störungen - entgegen dem angefochtenen Entscheid - weder mangels Ausschöpfung der zumutbaren Behandlungsmöglichkeiten noch infolge des Schweregrades jede invalidenversicherungsrechtliche Relevanz abzusprechen. Soweit das kantonale Gericht basierend auf der früheren Rechtsprechung eine invalidisierende Einschränkung der Arbeitsfähigkeit gestützt auf das 2015 im Auftrag des Krankentaggeldversicherers erstellte psychiatrische Gutachten ausschloss, kann daran nicht festgehalten werden. Schlüssige medizinische Ausführungen, die eine zuverlässige Beurteilung der Arbeitsfähigkeit im nunmehr anzuwendenden strukturierten Beweisverfahren nach BGE 141 V 208 für den massgebenden Zeitpunkt (vgl. hievor E. 2 i.f.) erlauben würden, liegen nicht vor. Der angefochtene Entscheid ist daher aufzuheben und die Sache an die IV-Stelle zurückzuweisen, damit sie ein den Grundsätzen von BGE 141 V 281 entsprechendes psychiatrisches Gutachten einhole, wobei auf die Fragen nach Therapieerfolg bzw. -resistenz und nach invaliditätsfremden psychosozialen Faktoren ein besonderes Augenmerk zu richten sein wird. Gestützt auf dieses Gutachten wird sie in Berücksichtigung des gesundheitlichen Verlaufs erneut über den Rentenanspruch zu entscheiden haben.
6.
6.1. Die Rückweisung der Sache zu erneuter Abklärung gilt für die Frage der Auferlegung der Gerichtskosten vollständiges Obsiegen im Sinne von Art. 66 Abs. 1 BGG, unabhängig davon, ob sie beantragt und ob das entsprechende Begehren im Haupt- oder im Eventualantrag gestellt wird (BGE 137 V 210 E. 7.1 S. 271 mit Hinweisen).
6.2. Die unterliegende IV-Stelle hat die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 26. Juni 2017 und die Verfügung der IV-Stelle Bern vom 24. Februar 2017 werden aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verfügung an die IV-Stelle Bern zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
3.
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten des vorangegangenen Verfahrens an das Verwaltungsgericht des Kantons Bern zurückgewiesen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 14. März 2018
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Maillard
Der Gerichtsschreiber: Hochuli